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BAPTISMUS , eine der Strömungen im Protestantismus, die im 17. Jh. in England aufkam

Rubrik: Religion

BAPTISMUS, (vom griechischen baptizein, „untertauchen“ bzw. „taufen“), im 17. Jahrhundert in England entstandene Strömung des Protestantismus.

Die Baptisten erkennen als einzige Quelle ihres Glaubens die Bibel an (in erster Linie das Neue Testament), betonen stärker als andere Protestanten die Bedeutung des persönlichen Glaubens für die Erlösung und messen der göttlichen Offenbarung und der Prädestinationslehre große Bedeutung bei. Sie lehnen Ämterhierarchie, Mönchtum und Heiligenverehrung ab und erkennen allein Jesus Christus als Mittler zwischen Gott und den Menschen an, der den Gläubigen durch sein Opfer Erlösung und Reinigung von den Sünden brachte. Sie vertreten das Prinzip des Priestertums aller Gläubigen, dem zufolge jeder Gläubige ein zur Verbreitung des christlichen Glaubens verpflichteter Missionar ist. Gemäß der Regel: „In der Welt leben, aber nicht von dieser Welt sein“ folgen die Baptisten dem Prinzip, sich den weltlichen Gesetzen zu fügen, ihr Herz aber Jesus Christus zu schenken. Ihr Hauptaugenmerk gilt der strengen Befolgung sittlich-moralischer Normen (gegenseitige Hilfe und Unterstützung, Verzicht auf Alkohol und Fluchen usw.). Sie fordern eine bewusste Glaubenstaufe, die nach einer Prüfungszeit an Erwachsenen durch vollständiges Eintauchen vollzogen wird (oft in offenen Gewässern). Darüber hinaus praktizieren sie die Traditionen des Brotbrechens und des Handauflegens sowie Bestattungs- und Hochzeitsriten und stellen sich gegen die Verbeugung vor Kreuz und Ikonen, gegen die Bekreuzigung und gegen ein besonderes Gewand der Geistlichen.

2-3 Mal pro Woche kommen die Baptisten zu Betversammlungen zusammen. Im Zentrum des Gottesdienstes steht die Predigt, die mit Chordarbietungen geistlicher Lieder einhergeht. Die Baptisten begehen die hohen christlichen Feiertage (d.h. die Hochfeste), auch wenn diese nicht mit einem besonderen Ritual verbunden sind, sowie einige besondere Feste wie das Erntedankfest (25. September) und den Tag der Einigkeit (27. September). Die Kirchenorganisation basiert auf demokratischen Prinzipien. Die Leiter des Gottesdienstes (Presbyter und Diakone als ihre Helfer) werden aus den Reihen der Gemeindemitglieder gewählt und und von Vertretern der höheren Kirchenführung durch Weihe im Amt bestätigt. Die einzelnen baptistischen Gemeinden sind autonom und werden von einem gewählten Kirchenrat geführt.

Anfang des 17. Jahrhunderts entstanden unabhängig voneinander zwei Formen des Baptismus: persönliche Baptisten („particilar baptists“) und allgemeine Baptisten („general baptists“).

Von den 1830er Jahren an verbreitete der 1834 von Johann Georg Oncken (*1800, † 1884) als Filiale des in Philadelphia ansässigen Baptistischen Weltbundes gegründete Deutsche Baptistenbund von Hamburg aus den Baptismus in Europa. Mit der von ihnen veröffentlichten Missionsliteratur betrieben die deutschen Baptisten eine passive Predigertätigkeit in ganz Europa einschließlich des Russischen Reiches, wo der Baptismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und insbesondere in der Nachreformzeit zunehmend Verbreitung fand. 1855 fassten die ersten Baptisten im Großfürstentum Finnland, 1858 im Königreich Polen und in Wolhynien sowie 1860 im Gouvernement Livland Fuß. Besonders viele Anhänger fand der Baptismus unter den in den südrussischen deutschen Kolonien (Gouvernements Cherson, Taurien und Jekaterinoslaw) ansässigen Mitgliedern der Stundistengemeinden (siehe Stundismus).

1858 kamen die ersten deutschen Baptisten aus Polen und Preußen in die in Wolhynien gelegenen Bezirke Rowno und Schitomir. 1874 zählte die dortige deutsche baptistische Bruderschaft bereits 1.000 Mitglieder, deren Presbyter der im gesamten Süden des Russischen Reiches aktive Missionar und Prediger des Deutschen Baptistenbundes Karl Ondra wurde. 1861 weihte Johann Oncken Adam Gärtner als eigenen Presbyter für Kurland und entsandte zunächst Juli Geschan und später S. Lehman als Presbyter nach Riga. 1880 gab es in den Ostseeprovinzen etwa 3.300 Baptisten und 50 Bethäuser, die innerhalb des Deutschen Baptistenbunds zunächst der Preußischen Vereinigung angehörten und sich später in der Vereinigung der baltischen Baptisten mit Zentrum in Hamburg und Berlin zusammenschlossen. Von den 1860er Jahren an betrieben die deutschen Baptisten (sowohl Kolonisten als auch Ausländer) im europäischen Teil des Russischen Reichs aktive Missionsarbeit. 1864 vollzog der Presbyter der brüdermennonitischen Kirche in Einlage (Chortiza) Abraham Unger in der Kolonie Neu-Danzig an einigen dem örtlichen neupietistischen Zirkel zugehörigen Lutheranern, Reformierten und Katholiken die erste Taufe nach baptistischem Ritus, woraufhin in der Kolonie eine von F. Engel geführte deutsche Baptistengemeinde entstand. Infolge eines Konfliktes mit der örtlichen lutherischen Gemeinde wurden allerdings bereits 1865 fast alle zum Baptismus übergetretenen Gläubigen aus dem Russischen Reich ausgewiesen. Im gleichen Jahr 1864 vollzog die Führung der Brüdermennoniten in der Kolonie Alt-Danzig eine erste Taufe nach baptistischem Ritus. Wenig später war fast die gesamte Bevölkerung der Kolonie zum neuen Glauben übergetreten. 1866 kamen die Repräsentanten des Deutschen Baptistenbunds A. Liebig und K. Benzien auf Einladung Ungers in die Kolonie, um den Einfluss der „Hüpfer“ innerhalb der Bewegung zurückzudrängen und den organisatorischen Aufbau der brüdermennonitischen Gemeinden auszuarbeiten. 1869 fand in Alt-Danzig eine Massentaufe von etwa 30 Personen statt, unter denen in Person von Jefim Zombal auch der erste Ukrainer war, was den Beginn der baptistischen Bewegung unter der ukrainischen Bevölkerung markierte.

Einen großen Beitrag zur Verbreitung des Baptismus unter den deutschen Kolonisten leistete der Vorsteher des Deutschen Baptistenbunds Oncken, der im Herbst 1869 auf Einladung der Absolventen des Hamburger Predigerseminars Johann Pritzkau und Johann Wieler in die Kolonien kam, um dort für die baptistische Lehre zu werben. Innerhalb eines Monats besuchte Oncken Odessa sowie die Kolonien Alt- und Neu-Danzig, Einlage und Tschernoglasowka. 1870 entstanden auf Grundlage der von Pritzkau, Wieler und Ondra in Odessa und Umgebung vollzogenen Taufen drei große deutsche baptistische Gemeinden in Odessa, Annental und Johannestal. Später erhielt die Odessaer Kirchengemeinde einen eigenständigen Status. In den Jahren 1874-87 wurde sie von Presbyter Liebig, in den Jahren 1885-95 von P.M. Friesen und in den Jahren 1898-1914 von K. Filbrandt geleitet. 1885 entstand in Odessa infolge des Werbens der deutschen Baptisten und Brüdermennoniten auch eine kleine jüdische Baptistengemeinde.

Von Ende der 1860er Jahre an versuchten die deutschen Baptisten, die in der Ukraine entstandenen unterschiedlichen baptistischen Bewegungen zusammenzuschließen. 1870 fand in Alt-Danzig eine Konferenz statt, auf der Pritzkau (als Presbyter der örtlichen deutschen Baptistengemeinde), Ondra und einige Vertreter der brüdermennonitischen Gemeinden zugegen waren. 1874 fand eine weitere Konferenz statt, auf der Delegierte der deutschen Baptisten aus Wolhynien, dem Gouvernement Cherson und Tulcea (Rumänien), Vertreter der Brüdermennoniten aus der Gemeinde Einlage sowie einige Vertreter der ukrainischen Baptistengemeinden zugegen waren. Da die Brüdermennoniten einer strukturellen Vereinigung mit den deutschen Baptisten angesichts ideologischer Differenzen keine Zustimmung gaben und es nur wenige ukrainische und russische Baptisten gab, fassten die deutschen Baptisten den Beschluss, eine eigenständige Organisation zu gründen – die von Liebig geführte Südwestrussische und Bulgarische Vereinigung der deutschen Baptisten (1884 traten die bulgarischen Baptisten der Österreichischen Vereinigung bei und in Wolhynien wurde eine eigenständige Westrussische Abteilung gegründet).

Bis Ende der 1870er Jahre agierten die Baptisten im Russischen Reich ohne legalen Status. Da die Missionstätigkeit der Russisch-Orthodoxen Kirche vorbehalten war, wurde die von den Baptisten betriebene aktive Propagierung ihrer Glaubenslehre von der Regierung als Straftat gewertet, insbesondere in den Fällen, in denen sie an die orthodoxe Bevölkerung gerichtet war. Auf dieser Grundlage wurden baptistische Prediger wie J. Wieler, A. Liebig, L. Nasgowitz, K. Ondra und R. Schiewe von den russischen Behörden verhaftet und des Landes verwiesen. Die Baptisten kämpften vom ersten Tag der Gründung ihrer Gemeinden an aktiv für eine offizielle Anerkennung ihrer Konfession, was mit Blick auf die deutschen, litauischen, lettischen und tschechischen Baptisten auch von Erfolg gekrönt war, denen mit dem am 27. März 1879 veröffentlichten sogenannten „Makow-Rundschreiben“ unter anderem gestattet wurde, ihren Glauben frei zu bekennen und ein Register zu führen. Da die Missionstätigkeit unter Orthodoxen aber auch weiterhin verboten war, wurden von der Orthodoxie Abgefallene nicht als Baptisten anerkannt. Nichtsdestotrotz konnten sich die deutschen baptistischen Gemeinden dank ihres neu erlangten legalen Status konsolidieren und schnell neue Mitglieder werben.

1882 wurde auf einer in der Kolonie Rückenau (Gouvernement Taurien) durchgeführten Konferenz der Gemeinden Südrusslands und des Kaukasus eine erste regionale Vereinigung der Baptisten gegründet. Im Mai 1884 wurde auf einem im Dorf Nowowassiljewka (Gouvernement Taurien) durchgeführten Kongress der Baptisten der nordwestlichen und südlichen Gouvernements der Bund der russischen Baptisten Südrusslands und des Kaukausus gegründet, aus dem nach dem Anschluss der baptistischen Gemeinden des Wolgagebiets, Sibiriens und der Region Steppe eine gesamtrussische Organisation wurde, der auch die russischen und ukrainischen Baptisten, die Neumolokane und ein Teil der Brüdermennoniten angehörten. Zum ersten Vorsitzenden des Bundes wurde Wieler gewählt. Auf den Kongressen des Bunds wurde ein Vorstand als Exekutivorgan gewählt. Die regionalen Vereinigungen wurden von Ober-Presbytern, die Gemeinden von Presbytern geführt. Der Bund unterhielt enge Verbindungen zum Deutschen Baptistenbund. Die Presbyter wurden an der Berliner Bibelschule, am Hamburger Seminar und in Hinsdorf bei Leipzig ausgebildet. In den Jahren 1907-14 gab der Russische Baptistenbund die Zeitschrift „Baptist“ heraus.

1887 wurde der Russische Bund deutscher Baptisten gegründet, dem die west- und südrussischen Vereinigungen der deutschen Baptisten angehörten. Bis 1888 wurde er von A. Liebig, anschließend zunächst vom Presbyter der Gemeinde Neu-Danzig I. Kessler und dann von Filbrandt aus Odessa geführt. 1887 gehörten dem Russischen Bund der deutschen Baptisten (einschließlich der baltischen Gemeinden) 10.271 Personen an. Ende 1901 hatte er 22.244 (davon 8.000 in Lettland und Estland) und 1908 6.592 Mitglieder, die in 16 Sprengeln mit insgesamt 150 Filialgemeinden zusammengeschlossen waren. Der Südrussische Baptistenbund hatte zum gleichen Zeitpunkt 2.750 Mitglieder, die in 16 Sprengeln mit insgesamt 51 Filialgemeinden zusammengeschlossen waren. Jedes Jahr wurden Konferenzen des Bundes abgehalten. Es gab Bibelkurse sowie das Predigerseminar in Lodz (1907), an dem Baptisten aller Nationalitäten ausgebildet wurden. In den Jahren 1893-1910 gab der Südrussische Bund die Zeitschrift „Der Hausfreund“ heraus.

In den 1880er und 1890er Jahren waren die Baptisten Verfolgungen von Seiten der Behörden ausgesetzt, die von der Russisch-Orthodoxen Kirche unterstützt wurden. 1894 erklärte das Innenministerium die Baptisten in einem Rundschreiben zu einer „mit Blick auf Kirche, Staat und Gesellschaft besonders schädlichen Sekte“. Nach den Zahlen der Volkszählung von 1897 gab es etwa 20.000 (1,1%) und 1912 etwa 30.000 russlanddeutsche Baptisten.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde aufgrund von Beschlüssen der Kongresse von 1907,1908 und 1909 der von Iwan Stepanowitsch Prochanow geführte Allrussische Bund der Evangeliumschristen gegründet. In der 1913 erschienenen „Kurzen Darlegung der Glaubenslehre der Evangeliumschristen“ wurden die Normen der baptistischen Dogmatik festgehalten. 1911 wurde der Allrussische Bund der Evangeliumschristen in den Weltbund der Baptisten aufgenommen. Versuche, den Russischen Baptistenbund und den Allrussischen Bund der Evangeliumschristen zu vereinen, wurden bereits seit Beginn des 20. Jahrhundert unternommen, scheiterten allerdings an Meinungsverschiedenheiten in Fragen der Glaubenslehre und Kirchenorganisation. So schlossen sich die beiden Konfessionen erst 1944 zum Bund der Evangeliumschristen und Baptisten zusammen.

Von 1910 an sahen sich die Baptisten vor dem Hintergrund des heraufziehenden Ersten Weltkriegs im Rahmen der Kampagne zur Bekämpfung der „deutschen Dominanz“ Verfolgungen ausgesetzt. Die deutschen baptistischen Organisationen wurden verboten, unter anderem wurde auch der Russische Bund der deutschen Baptisten aufgelöst. Ausländische Missionare und Presbyter wurden des Landes verwiesen, das Predigerseminar in Lodz geschlossen. Während des Ersten Weltkriegs wurde den Baptisten der Gebrauch der deutschen Sprache im Gottesdienst verboten und die Zeitschrift „Der Hausfreund“ geschlossen. In Wolhynien und Polen ansässige Deutsche, die die russische Staatsangehörigkeit nicht angenommen hatten, wurden des Landes verwiesen, darunter auch Gemeindepastoren und Presbyter.

Nach dem Ersten Weltkrieg, der Revolution von 1917 und dem Bürgerkrieg fanden sich etwa zwei Drittel der deutschen Baptisten Russlands in Gebieten wieder, die nicht zur Sowjetunion gehörten. Die verbliebenen Gläubigen waren gezwungen, ihre zerstörten Gemeinden, Bethäuser und Missionsschulen wiederaufzubauen. Relativ günstige Bedingungen für die Verbreitung des Baptismus bestanden im ersten Jahrzehnt des Bestehens der Sowjetmacht. Die 1918 verkündete Trennung von Kirche und Staat, die den Rechtsstatus aller Konfessionen anglich, sowie das in den Jahren der Neuen Ökomischen Politik vergleichsweise freie Klima in der Gesellschaft ließen die Zahl der baptistischen Gemeinden schnell anwachsen.

Die Sowjetregierung war allerdings nicht bereit, den deutschen Baptisten das Recht auf Gründung nationaler religiöser Organisationen zuzugestehen. So beschlossen die deutschen Baptisten auf ihrer 1922 in Güldendorf (bei Odessa) durchgeführten Konferenz, sich dem Russischen Baptistenbund anzuschließen, wo sie innerhalb des Ukrainischen Bunds eine deutsche Sektion bildeten. (1926 wurde der Bund der russischen Baptisten zunächst zum Föderalen Bund der Baptisten und anschließend zum Bund der Baptisten der UdSSR umgewandelt, der nach eigenen Aussagen etwa 500.000 Mitglieder hatte). 1923 erklärten die drei geistlichen Führer der deutschen Baptisten unter dem Druck der Sowjetorgane öffentlich ihre loyale Einstellung gegenüber der Sowjetmacht und verpflichteten sich im Namen der deutschen Baptisten, alle bürgerlichen Pflichten einschließlich der Ableistung des Wehrdienstes zu erfüllen (1926 wurde diese Erklärung vom Verwaltungskomitee der Generalkonferenz der deutschen Baptisten bestätigt). Im November 1925 fand in Odessa die erste Gesamtkonferenz der deutschen Baptisten statt. Auch wenn die Behörden nur den auf dem Gebiet der Ukrainischen SSR bestehenden deutschen baptistischen Kirchen die Teilnahme gestatteten, nahmen auch Delegierte anderer baptistischer Kirchen mit vollem Stimmrecht teil. Viele deutsche Baptisten betrieben Missionsarbeit unter den ukrainischen Baptisten und hielten mit diesen gemeinsame Betversammlungen ab, woraufhin einige deutsch-ukrainisch gemischte Kongregationen entstanden. 1926 lebten 60% aller in der UdSSR ansässigen deutschen Baptisten in der Ukrainischen SSR: 7.056 Personen, die in insgesamt 30 Gemeinden zusammengeschlossen waren, bildeten zwei Bünde – den Wolhynischen und den Schwarzmeer-Bund. 1926 durften die deutschen Baptisten religiöse Kalender und Gesangbücher, die Zeitschrift „Der Familienfreund“ sowie die Bibel in deutscher Sprache (1928) herausgeben.

Die in der Sowjetunion ansässigen deutschen Baptisten arbeiteten eng mit der Konferenz der deutschen Baptisten (USA) zusammen, die ihnen während der Hungersnöte von 1920-22 und 1932-33 humanitäre Hilfe leistete.

Von Ende der 1920er Jahre an waren die deutschen Baptisten wie auch andere religiöse Gruppen im Rahmen der antireligiösen Kampagnen massiven Verfolgungen ausgesetzt. 1928 wurde die Durchführung der 2. Gesamtkonferenz der Baptisten verboten und die Zeitschrift „Der Hausfreund“ geschlossen. Der Unterhalt der Bethäuser sowie die Gehälter der Presbyter wurden mit hohen Steuern belegt, was viele Gemeinden in den Ruin trieb und die Einstellung der gemeinsamen Betversammlungen nach sich zog. Im Oktober 1930 wurden drei Mitglieder des Exekutivkomitees der deutschen Sektion des Ukrainischen Bunds der Baptisten sowie der Bundesmissionar D.I. Pritzkau (Sohn J. Pritzkaus) verhaftet. Die seit 1928 in Odessa bestehenden theologischen Kurse wurden geschlossen und ihre Hörer repressiert. Ende 1932 bestanden nur noch einige wenige baptistische Gemeinden. Im Zuge der antireligiösen Politik der Sowjetmacht wurden 33 der 1928 insgesamt 52 unter den in der UdSSR (größtenteils in der Ukraine) lebenden Baptisten tätigen Presbyter und Missionare ins Landesinnere verbracht. Drei von ihnen kamen ums Leben, 18 flohen, einer starb im Gefängnis, fünf wurden nach Deutschland ausgewiesen, sechs später wieder freigelassen. Die Tätigkeit der baptistischen Gemeinden wurde illegal fortgesetzt. Die Zahl der in der Ukraine lebenden deutschen Baptisten ging infolge der umfassenden Kollektivierung und der Hungersnot von 1932-33 massiv zurück. Ende der 1930er Jahre stellte der Bund der Baptisten der UdSSR seine Tätigkeit ein.

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erlaubten die deutschen Behörden in den von der Wehrmacht besetzten Gebieten der Ukraine die Tätigkeit der religiösen Organisationen. In den Jahren 1941-43 gab es vier deutsche baptistische Gemeinden: zwei in der Südukraine und zwei in Wolhynien. Mit dem Vormarsch der Roten Armee in Richtung Westen flüchteten 1943-44 zahlreiche deutsche Baptisten aus den befreiten Gebieten ins Ausland. Die meisten der in der UdSSR zurückgebliebenen Baptisten wurden verhaftet und in die östlichen Landesteile verbannt. Jene, die sich der Verhaftung hatten entziehen können, gehörten von 1944 an dem Allunionsrat der Evangeliumschristen und Baptisten (Moskau) an, dem 1945 auch ein Teil der Pfingstler und später einige Vereinigungen der Mennoniten sowie 1963 die Brüdermennoniten angeschlossen wurden. Da es in der UdSSR keine legal aktiven Gemeinden der evangelisch-lutherischen Kirche gab, besuchten auch einige deutsche Lutheraner die baptistischen Versammlungen. In den 1950er-1960er Jahren waren die Baptisten im Zusammenhang mit dem Beginn einer neuerlichen antireligiösen Kampagne verstärktem administrativem Druck ausgesetzt. Erst Ende der 1980er Jahre erhielten die Evangeliumschristen-Baptisten das Recht auf freie Ausübung ihrer Religion (ungehinderte Missions-, Wohltätigkeits-, Publikations- und Bildungstätigkeit).

Im Februar 1990 wurde der Allunionsrat der Evangeliumschristen und Baptisten auf dem 44. Kongress der Evangeliumschristen und Baptisten zum Bund der Evangeliumschristen und Baptisten umgewandelt, aus dem wiederum im November 1992 die Föderation der Bünde der Evangeliumschristen und Baptisten hervorging, zu deren elf regionalen Bünden auch der Kirchenrat der Evangeliumschristen und Baptisten der Russischen Föderation zählt, dem 1994 über 1.000 Gemeinden angehörten. Die Föderation der Bünde der Evangeliumschristen und Baptisten beteiligt sich an der Tätigkeit des Baptistischen Weltbunds, der Europäisch-Baptistischen Föderation und des Ökumenischen Rats der Kirchen (Weltkirchenrat).

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion (1991) blieben die deutschen Baptisten auch weiterhin in ethnisch gemischten Gemeinden. Nach Angaben für das Jahr 1998 waren in der Russischen Föderation 750 religiöse Vereinigungen der Evangeliumschristen-Baptisten registriert (33 religiöse Zentren, 667 Gemeinden, zwei geistliche Bildungseinrichtungen und 48 Missionen). Deutsche baptistische Gemeinden gibt es in den Gebieten Omsk, Nowosibirsk und Orenburg sowie in den Regionen Altai, Krasnojarsk und Chabarowsk. In einer Reihe von Fällen unterhalten diese enge Kontakte zu lutherischen (darunter auch deutschen) Gemeinden.

INHALT

ЦГИА Украины (Киев), ф. 442, оп. 690 (1892 г.), д. 70, 110; оп. 620 (1891 г.), д. 148; ГА Херсонской обл., ф. 1, оп. 1, д. 40, л. 12–13, 24 и др.

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Autoren: Čerepanova N.G.

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