RU

neue
illustrierte elektronische

BIBELGESELLSCHAFTEN , Vereinigungen von Christen, die zur massenhaften Verbreitung der Bibel und evangelischen Lehre geschaffen werden

Rubrik: Religion

BIBELGESELLSCHAFTEN, christliche Organisationen größtenteils protestantischer Ausrichtung, deren Gründungsziel darin bestand, die Bibel (insbesondere das Neue Testament) und die Lehre des Evangeliums unter den Massen zu verbreiten. Die Bibelgesellschaften entstanden in Westeuropa Anfang des 19. Jahrhunderts unter dem Einfluss der sich innerhalb des Pietismus verbreitenden „Erweckungsbewegung“, in deren Folge das Interesse für Fragen der Religion bzw. konkret des Christentums erheblich zunahm. Nach dem Vorbild der seit 1804 bestehenden „British and Foreign Bible Society“ [„Britische und Ausländische Bibelgesellschaft“], die die weltweit größte Bibelgesellschaft darstellte, gründete Fürst Alexander Golizyn im Jahr 1812 die Russische Bibelgesellschaft, deren Ziel darin bestand, die Bibel in die Sprachen der im Russischen Reich siedelnden Völker zu übersetzen. An der Tätigkeit der Gesellschaft waren Vertreter aller in Russland vertretenen christlichen Konfessionen beteiligt. Zweigstellen der Russischen Bibelgesellschaft entstanden in vielen größeren Städten, so auch in Kiew und Odessa. 1821 wurde auch in der im Molotschnaer Mennonitenbezirk gelegenen Kolonie Halbstadt eine Zweigstelle der Russischen Bibelgesellschaft gegründet, die zusammen mit anderen Zweigstellen in deutschen Kolonien Südrusslands deutsch- und russischsprachige Ausgaben der Bibel und des Neuen Testaments verbreitete. 1821 wurde in der im Molotschnaer Mennonitenbezirk gelegenen Kolonie Orlowo unter dem Dach der Russischen Bibelgesellschaft ein christlicher Schulverein gegründet, dem die am gleichen Ort gegründete Schule unterstand. Die an der Molotschna bestehende Zweigstelle der Russischen Bibelgesellschaft leistete auch Missionsarbeit unter den islamischen Nogajern, wofür eigens Pastor Daniel Schlatter (1824-40) aus Basel eingeladen wurde, der enge Kontakte zu deutschen Pietisten unterhielt. Die Tätigkeit der Russischen Bibelgesellschaft und die von dieser gepredigten Ideen der Ökumene sorgten in den Jahren 1822-27 für eine Spaltung der flämischen Mennonitengemeinde (Große Gemeinde) in Halbstadt und Tiege. In den Jahren 1813-23 konnte die Russische Bibelgesellschaft etwa 185.000 Exemplare der Bibel, 316.000 Exemplare des Neuen Testaments sowie über 204.000 Exemplare verschiedener Teile der Heiligen Schrift in über vierzig verschiedenen Sprachen erwerben bzw. selbst drucken, die sie dann weiter verbreitete. Die Russische Bibelgesellschaft unterhielt Verbindungen zur Schwedischen, zur Frankfurter, zur Dänischen, zur Königsberger, zur Polnischen und zur Amerikanischen Bibelgesellschaft. Die Tätigkeit der Russischen Bibelgesellschaft und aller ihrer Zweigstellen wurde aufgrund eines entsprechenden Erlasses Zar Nikolais I. vom 12. April 1826 eingestellt. Aufgrund eines weiteren Erlasses vom 15. August 1826 fiel ihr (auf 2 Mio. Rubel geschätzter) Besitz an die Synode.

Fortgesetzt wurde die Tätigkeit der Russischen Bibelgesellschaft von der 1831 gegründeten Protestantischen (Evangelischen) Bibelgesellschaft, die unter der protestantischen Bevölkerung des Russischen Reichs aktiv war. Die gesamte von ausländischen religiösen Organisationen bezogene Literatur unterlag der Zensur. Anfang der 1840er Jahre wurde im Zusammenhang mit dem wiedererwachten Interesse an religiöser Literatur auf Initiative der Russisch-Orthodoxen Kirche die Arbeit zu ihrer Verbreitung wiederaufgenommen. Nach dem Erscheinen einer vollständigen russischen Übersetzung der Bibel (1868) wurde am 2. Mai 1869 die von O.B. Forghammer geleitete Gesellschaft zur Verbreitung der Heiligen Schrift in Russland gegründet.

Auf dem Gebiet des Russischen Reichs waren darüber hinaus auch die Schottische (Edinburgher), die Amerikanische und weitere Bibelgesellschaften aktiv, die die Bibel in der Londoner und der Leipziger Edition und später auch in der synodalen Übersetzung (1876) verbreiteten. In den 1870er-1890er Jahren war die Zweigstelle der „British and Foreign Bible Society“ in Odessa besonders aktiv, an deren Spitze M.M. Morrison und der Vorsitzende der Europäischen Evangelischen Allianz und Theologe Friedrich Wilhelm Baedeker standen.

INHALT

Государственный архив Одесской обл. (ГАОО), ф. 89, оп. 1, д. 660, 873; ЦГИА Украины, ф. 127, оп. 167, д. 860; оп. 772, д. 315; ф. 442, оп. 1, д. 8263.

Literatur

Пыпин А. Н., Библейская секта 20-х гг., «Вестник Европы», 1871, кн. 3; он же, Исследования и статьи по эпохе Александра I. Т. 1. Религиозные движения при Александре I, Пг., 1916; Чистович И. А., История перевода Библии на русский язык, ч. 1–2, СПБ, 1873; Гильтебрандт П., Император

Александр I и Библейское общество, «Древняя и Новая Россия», 1879, т. 2, № 9; Астафьев Н. А., Опыт истории Библии в России, СПБ, 1889; его же, Общество для распространения Священного писания в России (1863–1893), СПБ, 1895; Алексий, архиепископ, Религиозно-рационалистическое

движение на Юге России во 2-й половине XIX столетия, Казань, 1909, с. 267–268; Осипов А., К изданию русской Библии, «Журнал Московской патриархии», 1955, № 8; История евангельских христиан-баптистов в СССР М., 1989; Вернер А. В., Из истории общественных евангелических

учреждений в Санкт-Петербурге, в кн.: Российские немцы. Проблемы истории, языка и современного положения, М., 1996; Krause W., Die Bibel in Russland, «Kirche im Osten», 1958, № 1; Urri J., John Melville and Mennonites: a British Evangelist in South Russia, «Mennonite Quarterly Review», LIV (4), 1980,

October, p. 305–322; idem, Servants from far: Mennonites and the Pan-Evangelical impulse in early nineteenth-century Russia, LXI (2), 1987, April, p. 213–227

Autoren: Čerepanova N.G.

ЗEINE FRAGE STELLEN