KANTON BALZER, Gebietskörperschaft des Gebiets (1921–23) bzw. der Republik (1924–41) der Wolgadeutschen (bis 1926 Kanton Golyj Karamysch).
Nach Stand zum 1. Januar 1941 hatte der Kanton Balzer eine Fläche von 1.425 km2. Flächennutzung (in Tausend Hektar): Höfe – 2,2; Nutz- und Gemüsegärten – 1,2; Obstgärten – 0,5; Ackerland – 91,6; Wiesen – 4,3; Weideland – 13,5; Wald und Buschland – 15,4; Gewässer – 3,9; sonstige Flächen – 9,9. Insgesamt 142.500 Hektar. Bevölkerung: 46.600 Einwohner, davon 84,9% Deutsche. Bevölkerungsdichte: 34,1 Einwohner pro km2. Im Kanton lagen eine Stadt (Balzer) und 13 Dörfer. Der Kanton Balzer gehörte zu den wirtschaftlich am weitesten entwickelten Kantonen: Es gab über 130 Gewerbebetriebe, darunter 22 Staatsunternehmen, 49 Handwerkergenossenschaften, acht Konsumgenossenschaften und über 50 Kolchosbetriebe, in denen insgesamt 5.300 Arbeiter beschäftigt waren. Die größten Unternehmen waren die Weberei „Karl Liebknecht“, die Trikotagenfabrik „Klara Zetkin“, das Maschinenreparaturwerk „Arbeiter“, die Butterei „Spartak“ sowie drei mechanische Mühlen.
Kantonsführung (nach Stand zum 1. Januar 1941):
Posten |
Name |
Geburtsjahr |
Nationalität |
Bildungsstand |
Parteimitglied seit |
Amtszeit seit |
1. Sekretär des Kantonsparteikomitees der WKP(b) |
A.P. Nesynow |
1900 |
Russisch |
Siebenklassenschule |
1923 |
01.09.38 |
2.Sekretär des Kantonsparteikomitees der WKP(b) |
A.A. Foos |
1901 |
Deutsch |
Siebenklassenschule |
1928 |
April 1938 |
Vorsitzender des Kantonsexekutivkomitees |
W.Ja. Götttinger |
1911 |
Deutsch |
Mittelschule |
1932 |
März 1940 |
Chef der Kantonsabteilung des NKWD |
I.Ja. Chmelew |
1909 |
Ukrainisch |
Grundschule |
1927 |
März 1939 |
Staatsanwalt |
I.Ja. Ort |
1912 |
Deutsch |
Siebenklassenschule |
1937 |
Juli 1940 |
99,8% der Bauernwirtschaften waren kollektiviert. Es gab 27 Kolchosen sowie eine Sowchose für Schweinezucht (Nr. 595). Die Saatfläche des Kantons betrug 70.536 Hektar, davon 57.817 Hektar für Getreide, 5.816 Hektar für Industriekulturen, 2.504 Hektar für Gemüse, Melonen und Kürbisgewächse und 4.399 Hektar für Futterpflanzen. Die Kolchosen des Kantons wurden von vier Maschinen-Traktoren-Stationen bedient (Balzer, Beideck, Huck und Norka), deren Maschinenpark 331 Traktoren (darunter 36 Raupenfahrzeuge), 92 Mähdrescher und 30 Lastkraftwagen umfasste. In den Kolchosen des Kantons gab es 38 Lastkraftwagen, in der Sowchose für Schweinezucht 42 Traktoren, elf Mähdrescher und elf Lastkraftwagen. Der durchschnittliche Ernteertrag für Getreide lag im Kanton in den Jahren 1935–39 bei 5,5 Doppelzentnern pro Hektar. In den Kolchosen gab es 95 Farmen: jeweils 24 Rinder- und Schaffarmen, 20 Schweinefarmen zwei Pferdehöfe, 19 Geflügelfarmen und sechs Kaninchenfarmen.
Viehbestand im Kanton (nach Zählung von 1940):
Tierart |
Gesamtzahl |
in der Sowchose |
in den Kolchosen |
Privatvieh |
Rinder |
9900 |
271 |
3546 |
4259 |
davon Kühe |
5189 |
131 |
879 |
2835 |
davon Ochsen |
1045 |
12 |
1007 |
|
Schafe, Ziegen |
17 772 |
|
6869 |
7597 |
Schweine |
6717 |
1921 |
972 |
20 088 |
Pferde |
2314 |
150 |
1590 |
7 |
davon Arbeitspferde |
1481 |
74 |
808 |
7 |
Kamele |
1 |
1 |
|
|
Im Kanton Balzer gab es sieben Grundschulen, 15 Siebenklassenschulen und sechs Mittelschulen mit einer Gesamtzahl von 8.893 Schülern, eine Fabrikschule mit 47 Schülern, eine medizinische Schule (für Sanitäts- und Geburtshelfer) mit 187 Auszubildenden, neun Kindergärten für 270 Kinder und eine Kinderkrippe für 160 Kinder. Kultur- und Bildungseinrichtungen: 13 Lesehütten, 16 Kolchosklubs, 19 Klubs verschiedener Organisationen, elf Bibliotheken, ein Kino mit 350 Plätzen. Es erschien die Kantonszeitung “Lenins Weg” in deutscher Sprache. Es gab eine Rundfunkzentrale mit einer Leistung von 500 Watt und 581 Rundfunkanschlüsse.
Im Gesundheitswesen gab es im Kanton Balzer vier Krankenhäuser mit insgesamt 187 Betten, sechs Ambulanzen, sieben Sanitäts- und Geburtshilfepunkte, fünf Entbindungsstationen mit 21 Betten, eine Erste-Hilfe-Station und eine Malaria-Station.
1941 gab es unter den Einwohnern des Kantons Balzer 337 Mitglieder der WKP(b), 247 Kandidaten für die Mitgliedschaft in der WKP(b) und 1.623 Mitglieder des Leninschen Komsomol. Es gab 42 Basisparteiorganisationen, sieben Kandidatengruppen und 88 Basisorganisationen des Komsomol.