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WARENBURGER KONGRESS , auf Initiative der deutschen Mitarbeiter der Semstwo-Einrichtungen des Bezirks Nowousensk einberufener Kongress von Vertretern der auf der Wiesenseite (linkes Ufer) der Saratower Wolgaregion gelegenen deutschen Kolonien (Bezirke Nowousensk und Nikolajew, Gouvernement Samara), der vom 24.–28. Februar 1918 im Dorf Warenburg (Priwalnoe) stattfand und die nationale Selbstbestimmung der Wolgadeutschen vorantreiben sollte

Rubrik: Republik der Wolgadeutschen

 WARENBURGER KONGRESS, auf Initiative der deutschen Mitarbeiter der Semstwo-Einrichtungen des Bezirks Nowousensk einberufener Kongress von Vertretern der auf der Wiesenseite (linkes Ufer) der Saratower Wolgaregion gelegenen deutschen Kolonien (Bezirke Nowousensk und Nikolajew, Gouvernement Samara), der vom 24.–28. Februar 1918 im Dorf Warenburg (Priwalnoe) stattfand und die nationale Selbstbestimmung der Wolgadeutschen vorantreiben sollte. Das Zentralbüro der Partei der „Wolgadeutschen“ entsandte einen eigenen Vertreter auf den Kongress. Der Bund der deutschen Sozialisten des Wolgagebiets war in der Frage der Einschätzung des Kongresses und der mit einer Beteiligung an dessen Arbeit verbundenen Möglichkeiten gespalten: Während das Katharinenstädter ZK eine von A. Emich geführte Delegation auf den Kongress entsandte, boykottierte das vor allem aus Bolschewiki bestehende Saratower Komitee den Kongress unter Verweis auf dessen konterrevolutionären Charakter.

Auf dem Kongress traten widersprüchliche Tendenzen zu Tage: Einerseits verurteilten die Kongressdelegierten die mit Billigung der örtlichen Machtorgane in den deutschen Dörfen verübten Gewalt- und Willkürakte (Requirierung von Lebensmitteln, Vieh und sonstigem Besitz der Kolonisten) und protestierten gegen die Schließung der „Saratower Deutschen Volkszeitung“ und die Verfolgung der  Aktivisten der deutschen nationalen Bewegung. Andererseits fassten die Delegierten unter dem Eindruck der im November 1917 von der Sowjetregierung verabschiedeten „Deklaration der Rechte der Völker Russlands“ den Beschluss, sich für die Gründung einer territorialen Autonomie und den Zusammenschluss aller im Wolgagebiet gelegenen deutschen Kolonien zu einer eigenen innerhalb der Russischen Föderation bestehenden selbstverwalteten Republik der Wolgadeutschen einzusetzen, arbeiteten ein entsprechendes Aktionsprogramm aus und wählten eine Delegation (Emich, Kisner, Gross), die in die Hauptstadt reisen sollte, um dort im Volkskommissariat für Nationalitätenfragen Verhandlungen zu führen.

Auf Drängen Emichs wandte sich die Delegation des Warenburger Kongresses mit der Bitte um Unterstützung an das Saratower Komitee des Bunds der deutschen Sozialisten des Wolgagebiets. Dieses sprach sich auf seiner Sitzung vom 7. April 1918 zwar mehrheitlich gegen die Autonomie aus, weil  deren Gründung die deutschen Werktätigen hindere, die internationalistischen Verbindungen mit dem russischen Proletariat zu stärken, und den Einfluss der nationalen Bourgeoisie auf die Werktätigen wahren helfe, äußerte aber zugleich auch die Befürchtung, dass die nationale Bewegung in die Hände der Bourgeoisie fallen könne, wenn es der Delegation des Warenburger Kongresses tatsächlich gelinge, in Moskau eine Autonomie zu erreichen. Um im weiteren Verlauf der Ereignisse nicht beseite zu stehen, wurde schließlich beschlossen, eigene Vertreter des Bundes der deutschen Sozialisten des Wolgagebiets (G. Klinger und Kellner) in die Delegation zu entsenden und sich an die Spitze der Bemühungen um eine wolgadeutsche Autonomie zu stellen. Als die Delegation am 10. April schließlich nach Moskau aufbrach, stellten deutsche Sozialisten in dieser nicht nur die Mehrheit, sondern spielten auch bei den Verhandlungen im Volkskommissariat für Nationalitätenfragen eine zentrale Rolle, bei denen das Kommissariat seine prinzipielle Zustimmung gab, die „Selbstverwaltung der deutschen Werktätigen auf sowjetischer Grundlage“ zu organisieren.

Literatur

 Герман А. А., Немецкая автономия на Волге, 1918–1941. Ч. 1., Автономная область. 1918–1924, Саратов 1992; SchleuningJ.. Die deutschen Kolonien im Wolgagebiet, Berlin, 1919; Eisfeld A. Deutsche Kolonien an der Wolga 1917–1919 und das Deutsche Reich, Wiesbaden, 1985.

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