KANTON UNTERWALDEN, am östlichen Ufer der Wolga, im äußersten Norden der ASSR der Wolgadeutschen gelegene, in den Jahren 1935-41 bestehende Gebietskörperschaft. Hauptort und Verwaltungszentrum des Kantons war das Dorf Unterwalden (Podlesnoje). Die Hauptstadt der ASSR der Wolgadeutschen Engels lag 85 Kilometer südlich und war über eine am linken Ufer der Wolga entlangführende Naturstraße zu erreichen
Fläche: 1206,1 Quadratkilometer.
Flächennutzung: 91.600 Hektar Ackerland (76%); 2.900 Hektar Wald (2,4%); 12.000 Hektar Wiesen und Weideflächen (9,9%); 14.110 Hektar sonstige Flächen (11,7%). 460 Hektar Ackerland wurden künstlich bewässert.
Bevölkerung (nach Stand zum 1. Januar 1941): 32.800 Einwohner, davon 98,6% Deutsche (16.700 Männer und 16.100 Frauen). Bevölkerungsdichte: 27 Einwohner pro Quadratkilometer. Im Kanton gab es 25 Ortschaften, von denen Unterwalden, Zürich, Basel, Schaffhausen, Glarus und Solothurn die größten waren. Die aus der Schweiz entlehnten Dorfnamen gingen auf deren Gründer Baron K. de Beauregard zurück, der am Ufer der Wolga ein „Schweizer Projekt“ umsetzen wollte (Siehe Artikel „Kantone“).
Es gab insgesamt siebzig Dorfsowjets und zwanzig Industriebetriebe, von denen elf vom Staat, sieben von Produktionsgenossenschaften und zwei von Verbrauchergenossenschaften geführt wurden. Die Gesamtzahl der Arbeiter lag bei 497 Personen. 99,89% aller bäuerlichen Wirtschaften waren kollektiviert und in 29 Kolchosen zusammengeschlossen. Die durchschnittliche Saatfläche pro Kolchose betrug 2.490 Hektar. Auf dem Gebiet des Kantons gab es keine Sowchosen. Von den insgesamt 75.400 Hektar Saatfläche entfielen 60.514 Hektar auf Getreidekulturen, 6.284 Hektar auf Industriepflanzen, 3.120 Hektar auf Gemüse, Melonen und Kürbisgewächse sowie 5.482 Hektar auf Futterpflanzen.
Im Kanton gab es vier Maschinen-Traktoren-Stationen (in Unterwald, Basel, Kind und Zürich), die über 341 Traktoren (davon 37 Raupenfahrzeuge), 100 Mähdrescher und 28 Lastwagen verfügten. Insgesamt gab es in den Kolchosen des Kantons 54 Lastfahrzeuge.
Tabelle 1
Ernteerträge der wichtigsten landwirtschaftlichen Kulturen
Kultur |
Jahr
|
В лет |
Fünfjahresschnitt
|
|
|||||
1935 |
1936 |
1937 |
1938 |
1939 |
im Kanton |
in der ASSR der Wolgadeutschen |
|||
Getreide insgesamt |
5,7 |
3,1 |
13,1 |
6,0 |
3,7 |
6,3 |
5,3 |
||
Winterroggen |
7,0 |
3,7 |
16,2 |
11,1 |
1,4 |
7,8 |
6,4 |
||
Sommerweizen |
5,7 |
3,3 |
12,5 |
4,6 |
4,1 |
6,0 |
5,3 |
||
Gerste |
6,5 |
2,7 |
19,5 |
4,7 |
4,5 |
7,5 |
5,9 |
||
Hafer |
3,0 |
1,4 |
3,6 |
2,0 |
5,0 |
8,0 |
1,7 |
||
Sonnenblumen |
2,8 |
2,4 |
4,7 |
2,3 |
2,1 |
2,8 |
1,9 |
||
In den 29 Kolchosen gab es 29 Milchbetriebe, jeweils 29 Schaf- und Schweinefarmen, sieben Pferdehöfe, siebzehn Geflügelfarmen und neun Kaninchenfarmen.
Tabelle 2
Viehbestand (nach Zählung von 1940)
Tierart |
Tiere insgesamt |
in den Kolchosen |
bei Kolchosbauern |
in Betrieben und Einrichtungen |
Rinder, davon Kühe Schafe und Ziegen Schweine Pferde Kamele |
9691 4436 17200 6411 1529 282 |
3899 1100 3932 2370 1330 282 |
5140 2936 11899 3245 – – |
652 400 1369 796 199 – |
Im Kanton gab es 22 Schulen (acht Grund-, zwölf Siebenklassen- und zwei Mittelschulen), die von insgesamt 6.809 Schüler besucht wurden, von denen 4.822 auf die Klassen 1-4, 1.806 auf die Klassen 5-7 und 181 auf die Klassen 8-10 entfielen. Es gab zwei Kindergärten (mit insgesamt 54 Plätzen), zwei Kinderspielplätze (mit insgesamt 80 Plätzen), zwei Krippen (mit insgesamt 30 Plätzen), ein Kulturhaus, vierzehn Klubs, fünfzehn Lesehütten, sechs Bibliotheken und zwei mobile Filmvorführanlagen. Eine Rundfunkanlage bediente insgesamt 80 Anschlüsse. Die Kantonszeitung „Der Stalinez“ erschien in deutscher Sprache. Im Gesundheitswesen des Kantons gab es zwei Krankenhäuser (mit 28 Betten); drei Ambulanzen, drei Sanitäts- und Geburtshilfepunkte, zwei Kolchos-Geburtshäuser (mit acht Plätzen) und zwei Apotheken.
Der Hauptort des Kantons Unterwalden hatte 2.400 Einwohner. Es gab die folgenden Unternehmen: die Mühle Nr. 30, eine Molkerei, eine Druckerei, ein Kraftwerk mit einer Leistung von 15 Kilowatt, eine Telefonstation, eine Rundfunkanlage und eine Sauna.
Die Kantonsparteiorganisation der WKP(b) umfasste 188 Mitglieder und 172 Kandidaten für eine Mitgliedschaft, also insgesamt 360 Kommunisten, darunter 44 Frauen. Es gab 31 Basisorganisationen und neun Kandidatengruppen der Partei. Im Kanton gab es insgesamt 777 Komsomolzen, darunter 760 Deutsche und 360 Frauen, die in insgesamt 56 Basisorganisationen organisiert waren. Der „Parteikern“ des Komsomol wurde von sechs Mitgliedern bzw. Kandidaten der Partei gebildet.
Tabelle 3
Kantonsführung
Posten |
Name |
Geburtsjahr |
Bildungsstand |
Parteimitglied seit |
Nationalität |
Amtszeit seit |
Erster Sekretär des Kantonsparteikomitees der WKP(b) |
A.P. Berns |
1905 |
Mittelschule |
1928 |
Deutsch |
1940 |
Zweiter Sekretär des Kantonsparteikomitees der WKP(b) |
A.I. Kling, |
1901 |
Mittelschule |
1928 |
Deutsch |
1938 |
Sekretär des Kantonsparteikomitees der WKP(b) für Kaderfragen |
I.I. Steinbach |
1897 |
Siebenklassen-Schule |
1931 |
Deutsch |
1940 |
Vorsitzender des Kantonsexekutivkomitees |
I.I. Schönberger |
1897 |
Siebenklassen-Schule |
1929 |
Deutsch |
1940 |
Chef der Kantonsabteilung des NKWD |
P.A. Remisow |
1905 |
Grundschule |
1931 |
Russisch |
1939 |
Staatsanwalt |
A.A. Golzer |
1901 |
Grundschule |
1938 |
Deutsch |
1939 |