Durch den Frieden von Bukarest (1812) gewann Russland das Gebiet zwischen Pruth, Donau, Dnestr und dem Schwarzen Meer, das seinen Namen auf das Fürstengeschlecht der Basarab zurückführt, das die Walachei vom 14. bis zum 17. Jahrhundert und zeitweise auch den Süden Bessarabiens beherrscht hat. Im 15. Jahrhundert geriet das Land unter die Herrschaft der Türken, die seinen südlichen Teil als ______ (tatarisch: Winkel) bezeichneten. Nach dem Frieden von Bukarest (1812) fiel es an Russland. 1818 wurde Bessarabien als Gebiet (oblast)_______ dem Generalgouverneur von Neurussland unterstellt und 1873 in ein Gouvernement umgewandelt. Zur Zeit der Volkszählung von 1897 lebten im Gouvernement Bessarabien____________ ________ 1.935.412 Menschen, unter ihnen 60.206 Deutsche. Bei der rumänischen Volkszählung von 1930 bekannten sich 74.077 Personen als Deutsche.
a. __________ _ __________
Die deutschen Kolonisten wanderten in der Zeit von 1814 bis 1842 ein und legten 24 Kolonien im ____________ _____ (rum.: Cetatea Alb_) an. Alexander I. bot 1813 auf seinem Weg durch das __________ __________ den dortigen deutschen Kolonisten die Übersiedlung ins Russische Reich an. Die meisten von ihnen stammten aus Württemberg bzw. aus Ostpommern und Westpreußen, waren erst in den Jahren 1800 bis 1806 auf Einladung des preußischen Königs in den damaligen Provinzen "Neu-Ostpreußen" und "Südpreußen" angesiedelt worden und nach der Niederlage Preußens gegen Frankreich unter polnische Herrschaft geraten. In den Jahren 1814 bis 1816 wurden 1.743 Familien __________ __________ im ______ in elf lutherischen Dörfern und einem katholischen Dorf angesiedelt. Diese Kolonien erhielten die Namen von Schlachten des Krieges gegen Napoleon: ________ (Borodino), ________ (Tarutino), _______ (Krasna), _______ (Klöstitz), _____ (Kulm), _______ (Leipzig), _____________ I (Malojaroslawetz I, dt.: Wittenberg), _____ (Alt-Arzis), ________ (Beresina), _____ (Brienne), _____ (Paris), ____________ (Fère-Champenoise, dt.: Alt-Elft). Nachzügler aus dem ehemaligen Herzogtum Warschau errichteten 1821 die Kolonie ______ (Katzbach). Durch Teilung entstanden 1823 _____________ II (Malojaroslawetz II, dt.: Alt-Posttal) und 1825 ____________ II (Fère Champenoise II, dt.: Neu-Elft) sowie _____ II (Neu-Arzis). Den Dörfern wurden so viel Land zugemessen, dass 60 Desjatinen auf jede Familie entfielen. Die Regierung gewährte ihnen Kredite in der Höhe von 270 Rubel und auf Vorschuss zwei Ochsen, je eine Kuh, einen Wagen, einen Pflug und kleinere Geräte sowie Nahrungsgelder in Höhe von 5 Kopeken pro Tag bis zur ersten Ernte. Den Kolonisten wurde eine zehnjährige Steuerfreiheit eingeräumt. Nach dem polnischen Aufstand von 1830/31 erhielten weitere deutsche Siedler aus dem Königreich Polen die Erlaubnis, sich in Bessarabien niederzulassen. Sie füllten die Lücken, die die Pest 1829 und die Cholera 1831 gerissen hatten und gründeten außerdem die Kolonien ___________ (Friedenstal, 1834 gegründet) und _____ (Plotzk, 1836), erhielten aber keine staatliche Unterstützung, ebensowenig wie einige junge Familien aus den Altkolonien Bessarabiens, die sich 1834 in ________ (Dennewitz) ansiedelten.
Ein Teil der Württemberger, die sich 1817 mit den Chiliasten auf den Weg zum Berg Ararat gemacht hatten, ließen sich von der russischen Verwaltung überreden, in Neurussland zu bleiben. In Bessarabien legten sie 1818 die Kolonien ______ (Teplitz) und _________ (Karlstal) an. Als sie dieses Dorf verlassen mussten, wurden sie 1841 zusammen mit Umsiedlern aus dem Gouvernement Cherson in der neuen Kolonie _____________ (Hoffnungstal) untergebracht. Die Kolonie ______ (Sarata) wurde 1822 von Ignatz Lindl, einem katholischen Priester mit evangelischen und chiliastischen Neigungen gegründet. Jüngere Familien aus Sarata sowie Neueinwanderer aus Württemberg siedelten sich ohne staatliche Untertützung in der Nachbarschaft Saratas an, und zwar in den Kolonien __________ (Gnadental, 1830) und __________ (Lichtental, 1834). Am Dnestr-Liman gründeten Schweizer 1822 die Kolonie ____ (Chabag).
Im Kreis ______ legten deutsche Siedler 1816 die Kolonie ________ _an, allerdings auf Gutsbesitzerland. In den 1860er Jahren kamen weitere deutsche Kolonisten aus Galizien nach Nord- und Mittel-Bessarabien, wo sie sich in 5 Pachtdörfern im Kreis Belcy (rum.: B_l_i), 2 im Kreis Chotin (rum.: Hotin) und einer im Kreis _______ (rum.: Chi_in_u) ansiedelten. Nur einem Teil von ihnen gelang es, Land zu kaufen, die übrigen lebten in großer Not.
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Die deutschen Kolonien Bessarabiens wurden zu drei ______ (Gebiete) mit Sitz in _____________, _______ und ______ zusammengefasst. Alle drei Jahre wählten die _____ ihre ________ (Dorfschulzen) und _________ (Beisitzer) auf der Ebene der Dörfer sowie der ______. Bis 1819 unterstanden die Kolonien Bessarabiens der ______ __________ _________ __________, __________ __ ______ _____ ______________ _______ __________ ___________ __________, ___ _____________ _______________ ________ ___________ _______. Wegen der wachsenden Zahl der ausländischen Siedler ernannte Alexander I. am 7. März 1818 General Ivan N. Inzov zum _______ __________ und Vorsitzenden des _____________ _______ _ __________ ______ ____ ______. Dessen ____________ _______ __________ ___________ mit Sitz in Tarutino kontrollierte die Kolonien mit Hilfe von __________. 1833 wurden die Kontore aufgelöst und die Kolonien direkt dem _____________ _______ mit Sitz in Odessa unterstellt, für dessen Unterhalt sie Abgaben entrichten mussten, bis das _____________ _______ aufgelöst wurde und die Kolonien durch das Gesetz vom 4. Juni 1871 über ®"_______ __ ___________ _______-_____________ (______ __________)" in die allgemeine Verwaltung eingegliedert wurden. Dabei wurden einerseits die beiden großen ______ _____________ _ _______, die durch die Gründung zahlreicher Tochterkolonien noch gewachsen waren, in überschaubare _______ mit ein bis zehn Dörfern aufgeteilt. Andererseits wurden einige Tochterkolonien ___________-_________ ________ angegliedert. Als Russland nach dem verlorenen Krimkrieg den südöstlichen Teil Bessarabiens an Rumänien abtreten musste, geriet der Kreis Izmail mit 11 deutschen Tochterkolonien für 22 Jahre, bis zum Frieden von San Stefano, unter rumänische Herrschaft.
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Mit wenigen Ausnahmen wurden die deutschen Kolonien in zum Teil recht tiefen Tälern angelegt. Die Bäche oder Flüßchen boten den Siedlern Wasser, die Talwände Schutz gegen Stürme. Die Bauernhöfe liegen meist auf beiden Seiten einer 30 bis 40 Meter breiten Straße. In der Mitte eines solchen einstraßigen Dorfes wurden die Kirche und Schule gebaut. Wo der Talboden breit genug war, wurde die wachsende Bevölkerung in Häusern an einer zweiten Straße untergebracht. Nur die Lage der Dörfer Sarata, Gnadental, Lichtental und Beresina erlaubte eine schachbrettartige Anlage mit mehreren Straßen. Bei der Gründung von Tochterkolonien übernahmen die Kolonisten das Prinzip der Einstraßendörfer. Der Hof war 40 bis 50 Meter breit und 80 bis 100 Meter lang, wurde aber besonders seit den 1860er Jahren meist in Längsrichtung in zwei Höfe geteilt. Die Siedler ersetzten ihre Kronshäuschen, die aus einer Stube und Küche bestanden hatten, allmählich durch größere Häuser mit Wirtschaftsanbauten. Das Wohnhaus schaute mit dem Giebel zur Straße; unmittelbar an das Wohnhaus schlossen sich die Sommerküche, der Wagen- und Geräteschuppen, die Ställe für Pferde, Kühe und Schafe, der Schuppen für die Maschinen sowie das Spreuhaus an. Auf der anderen Seite des Hofes lagen der Brunnen, der Keller mit einem Schuppen darüber und im hinteren Teil des Hofes der Dreschplatz sowie der Obst- und der Weingarten.
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Von der Regierung hatten Mutterkolonien (einschließlich der Schweizer Kolonie ____) 135.099 Desjatinen ________ _____ erhalten. Obwohl die Kolonisten ihren _____ offiziell nicht nicht aufteilen durften, nahmen sie unter der Hand doch Zerstückelungen der Familienanteile vor. Dennoch nahm die Bevölkerung der Kolonien wegen ihres Kinderreichtums schnell zu, und zwar von 10.038 (1834) auf 24.296 (1858). Deshalb standen schon 1858 den 2.139 Wirten schon 2.668 Landlose gegenüber. Aufgrund des Gesetzes vom 4. Juni 1871 konnten die Landlosen in den _________ ____ je einen Vertreter für 10 Familien entsenden, doch spielten diese wegen ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit von den Wirten kaum eine Rolle. Die Wirte durften seit 1871 ihren _____ unter den Erben aufzuteilen, allerdings nur mit Zustimmung der Gemeinde. Mit einer Zweidrittel-Mehrheit durfte die Gemeindeversammlung den Übergang vom Gemeinde- zum Einzelbesitz beschließen. Aufgrund eines Ukazes vom 14. Juni 1910 konnten sich die Bauern den augenblicklichen Landbesitz auf Dauer bestätigen lassen. Für die Zusammenlegung der zahlreichen über die gesamte Gemeindeflur verteilten kleinen Landstücke (_______________) bedurfte es jedoch der einfachen Mehrheit in der Gemeindeversammlung. Die konservativen deutschen Bauern Bessarabiens hatten sich jedoch erstens an das Vielfelder-System gewöhnt, das ihnen Land in jeder Güte und Lage sicherte. Vor allem aber fürchteten sie das Eindringen ___________ ___, weshalb bis 1914 nur eine einzige Gemeinde, nämlich Gnadental, zum Einzelbesitz (_____) überging.
Für den Kauf von Land konnten die B.d. Kredite von den ®Waisenkassen erhalten. Landsucher aus Bessarabien, zum Teil auch aus dem Gouvernement Cherson vereinigten sich zu Genossenschaften, die bei Gutsbesitzern Land pachteten oder kauften und bis 1890 auf Pachtland 35 sowie auf gekauftem Land 15 Tochterkolonien anlegten. Zählt man die 8 Pachtkolonien der Einwanderer aus Galizien hinzu, so verfügten die deutschen Bauern im Jahre 1890 außer der ________ _____ über über 76.231 Desjatinen ___________ _ 85.112 ___. __________ _____. 5/8 ihres Eigenlandes erwarben bessarabische Kolonisten im Kreis Akkerman sowie je 1/10 in den Kreisen Bendery (rum.: Tighina) und Izmail. Dennoch lebten in den Kolonien Bessarabiens im Jahre 1890 1.095 landlose Familien. In vielen Fällen gelang es den Pächtern, ihr Pachtland zu kaufen, in anderen wurden sie durch durch deutsche oder Käufer anderer Nationalität verdrängt. Von 1890 bis 1914 wuchs die Zahl der deutschen Siedlungen um weitere 36 Dörfer und ______, von denen nur noch wenige auf Pachtland lagen. B.d. zogen auch auf die Krim, in den Nordkaukasus und nach Sibirien oder wanderten nach Nordamerika aus. Beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs hatten B.d. 167.243 Desjatinen Land gekauft und 22.126 Desjatinen gepachtet. In diesem Krieg galten auch die B.d. als potentielle Vaterlandsverräter. Ihr Landbesitz sollte entsprechend den Gesetzen von Februar und Dezember 1915 liquidiert werden.
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Der hohe Anteil fruchtbarer Schwarzerde im ______ begünstigte den Ackerbau, der geringe Niederschlag von durchschnittlich 300 mm im Jahr schadete ihm. In den Jahren 1823 bis 1825 und nochmals im Jahre 1855 vernichteten Heuschrecken einen großen Teil der Ernte.
In den Kolonien Bessarabiens erhielt jeder Wirt im Dorf ein Stück Land, auf dem er sein Haus baute und seinen Garten anlegte. In der Nähe des Dorfes befand sich die gemeinsame Weide, zu der jeder Wirt einen Teil seines _____ beisteuern musste. Das Ackerland und der Heuschlag wurden in eine größere Zahl von Gewannen geteilt, in der jeder Wirt durch Los einen Anteil bekam. ___________ _____ nahmen die Kolonisten regelmäßig vor, besonders aber wenn sie das Ackerland ausdehnten oder vom in den 1830er Jahren vom ________ ______ zum __________ ______ und in den 60er Jahren zur Dreifelderwirtschaft, allerdings ohne geregelten Fruchtwechel übergingen.
Die Kolonisten pflügten mit hölzernen Pflügen mit eiserner Schar, säten mit der Hand, eggten mit einer hölzernen Egge, mähten mit Sicheln oder Sensen und droschen mit Dreschflegeln oder ließen das Getreide von Pferden austreten. 1825 nahmen die Bauern Saratas durchschnittlich 3, 1832 schon 9 Desjatinen unter den Plug. 1833 erlebte Bessarabien eine totale, im folgenden Jahr eine teilweise Missernte. Die guten Ernten von 1836 bis 1838 und der Export von Weizen nach Westeuropa verhalfen den Kolonien zu einem wirtschaftlichen Aufschwung. In den 1840er Jahren wurden die ersten Eisenpflüge, seit den 1850er Jahren Steinwalzen zum Dreschen, in den 1870er Jahren die ersten Mähmaschinen und Putzmühlen für die Trennung von Spreu und Korn und nach der Jahrhundertwende auch Sämaschinen eingeführt. Die Bauern pflanzten anfangs vor allem Sommerweizen (meist ________), Gerste und Hafer an. Als sie durch die Putzmühlen, Mähmaschinen und Dreschsteine Zeit gewonnen hatten, konnten sie zum Anbau von Winterweizen (meist _______ _______ und _________) übergehen und damit die Winterfeuchtigkeit ausnützen. Seit 1869 erhöhten sich die Weizenpreise, blieben einige Jahre auf dem gleichen Niveau und stiegen von 1876 bis 1881 kontinuierlich an. Hatten die B.d. Anfang der 60er Jahre nur 30% ihres Landes als Ackerland genutzt, so waren es im Jahre 1905 schon 60%. Die Ernteerträge schwankten in extremem Maße: Sehr guten Ernten wie jenen von 1852 und 1888 standen sehr schlechte wie die in den Jahren 1855 und 1862 bis 1864 und die verheerenden Missernten von 1891, 1892, 1897 und 1899 gegenüber. Zudem sanken die durchschnittlichen Ernteergebnisse wegen der extensiven Wirtschaftsweise ohne Düngung, geregelten Fruchtwechsel und Brache. Seit den 1820er Jahren hatten die B.d. Wein angebaut; 1858 besaßen sie fast 10 Millionen Weinstöcke, den sie allerdings wegen seiner geringen Qualität und wegen der besseren ausländischen Konkurrenz nur billig verkaufen konnten. Als in den 1880er und 1890er Jahren die Reblaus die Weinstöcke vernichtete, gaben sie den Weinbau auf.
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In den ersten Jahrzehnten widmeten sich die deutschen Bauern wie ihre Nachbarn vor allem der Zucht von Schafen. Noch 1852 erzielten die _________ ________________ _ ___________ _______ 18% ihrer Einnahmen aus dem Verkauf von Wolle. 1866 besaßen die B.d. 49.322 Schafe. Als aber Ende der 1860er Jahre viele Schafe einer Seuche erlagen, entledigten sich die Kolonisten ihrer Herden fast völlig. Als Zugvieh nutzten sie in den ersten Jahrzehnten fast ausschließlich Ochsen, bis sie in den 60er Jahren zu Pferden übergingen; 1866 betrug das Verhältnis von Pferden zu Ochsen schon 7:1. Noch in den 1860er Jahren hielten die Kolonisten die ukrainischen grauen Steppenrinder, die zwar viel Fleisch, aber wenig Milch gaben (1866 hatten sie 15.423 Stück); erst in den 1880er Jahren gingen sie zur Zucht der "Molotschnaer roten Kuh" über, die mehr Milch gab. Schweine hielten sie nur für den eigenen Bedarf.
_. _______ und ______________
1897 lebten noch 64% der selbständigen Beruftätigen unter den B.d. von der Landwirtschaft. Weitere 2,4% ernährten sich von der Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte. In den 1870er Jahren ersetzten die B.d. ihre Wind- und Pferdemühlen durch Dampfmühlen. 1895 gehörten ihnen 18 von 21 Dampfmühlen _____________ _____. Von 1825 bis 1855 wuchs die Zahl der Handwerker in den bessarabischen Kolonien von 25 auf 92, von denen 67 _______ _ _____________ ______ herstellten. 1897 widmeten sich allein in der Kolonie Teplitz 56 Wagenbauer und 46 Schmiede diesem Gewerbe. Insgesamt verdienten 4,7% der B.d. ihren Lebensunterhalt mit der _________ ______ und weitere 3,4% durch die _________ ________. Aus der Schlosserei des Kolonisten Samuel Meske in Alt-Arzis entwickelte eine Pflugfabrik mit Eisengießerei. Die Fabrik F.F. Hobbacher & Karl K. Layher in Sarata stellte 1901 zwei Drittel aller landwirtschaftlichen Maschinen Bessarabiens her. Preußische Untertanen errichteten in Tarutino (1860), Sarata (1886) und Teplitz (1895) kleine Tuchfabriken, die die einheimische Wolle spannen, walkten und färbten. Insgesamt 3,3% der berufstätigen B.d. waren mit der Herstellung von Textilien beschäftigt. Zu Beginn der 1890er war die größte deutsche Kolonie Tarutino ein lebhaftes Handelsstädtchen mit 230 Geschäften, in dem die Bauern der weiteren Umgebung ihre Produkte auf den Markt brachten und gewerbliche Produkte kauften und in dem nicht nur 2.373 Deutsche, sondern auch 1.906 Juden wohnten.
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In den ersten Jahrzehnten wurde der Schulunterricht meist in der Kirche oder in der Wohnung des Lehrers abgehalten. Erst als sich die wirtschaftliche Lage der Kolonisten verbesserte, wurden neben den Kirchen Schulgebäude errichtet. Die Aufsicht über die Schulen wurde 1819 den Geistlichen übertragen. Das lutherische Kirchengesetz von 1832 erklärte den Religionsunterricht zum Hauptzweck des Schulbesuchs. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts wechselten in den Lehrplänen Religion, Lesen, Rechnen und Schreiben in monotoner Reihenfolge miteinander ab, Erdkunde, Geschichte oder Zeichnen fehlten völlig. Alle Jungen und Mädchen besuchten diese deutschsprachigen "Kirchenschulen", da sie andernfalls nicht zur Konfirmation bzw. der Kommunion zugelassen wurden. Die tatsächlich erworbenen Kenntnisse waren aber meist gering, da das Schuljahr nur von Oktober bis März dauerte, viele Eltern ihre Kinder nur unregelmäßig zur Schule schickten und die sparsamen Bauern nur einen Lehrer einstellten, so dass noch 1858 auf einen Lehrer durchschnittlich 200 bis 290 Schüler entfielen. 1881 wurden die Schulen dem Ministerium für Volksaufklärung unterstellt und die russische Sprache als Fach eingeführt. 1890 hatte sich das Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern auf 1:94 verbessert. Vom Schuljahr 1891/92 bis 1905 konnten nur noch die Fächer Religion und Deutsch mit 12 Stunden in deutscher und mussten die übrigen Gegenstände mit 18 Stunden in russischer Sprache unterrichtet werden. Die Volksschuldirektionen wiesen die Kolonien an, nicht mehr als 60 Kinder pro Klasse aufzunehmen und nur noch Personen mit russischem Lehrerexamen zu akzeptieren. 1897 waren - unter Einschluss der noch nicht schulpflichtigen Kinder - ________ __ ______ _____ 66% der deutschen Lutheraner und 44% der deutschen Katholiken Bessarabiens. Nach der Revolution von 1905 gestattete die Regierung, die Schüler der beiden ersten Klassen wieder ausschließlich in deutscher Sprache zu unterrichten.
Als der Mangel an geeigneten Küsterlehrern immer fühlbarer wurde, wurde 1842 die Werner-Schule in Sarata gegründet und zwei Jahre darauf eröffnet. Den Grundstock ihres Kapitels bildete die Erbschaft des Kaufmann Christian Friedrich Werner, eines Anhänger Ignatz Lindls. An der Werner-Schule sollte in Deutsch und Russsich unterrichtet werden, doch war die Stelle des zweiten, des russischen Lehrers häufig vakant. Eine Versammlung von Vertretern der südrussischen Kolonien in Odessa erklärte 1866 die Werner-Schule zur Zentralschule für Bessarabien. Das Schulkapital wurde durch Einlagen der Bezirke so weit aufgestockt, dass die Werner-Schule statt wie bisher 21 nunmehr 45 Schüler aufnehmen konnte. 1910 erweiterte man die vierjährige Ausbildung um zwei "pädagogische Klassen". Im Zuge der Russifizierungspolitik Alexanders III. mussten auch an der Werner-Schule seit 1889 alle Fächer außer Religion und Deutsch in russischer Sprache gelehrt werden. 1908 eröffnete der Deutschbalte Udo von Beuningen in Tarutino eine private Knabenschule mit dem Programm eines russischen klassischen Gymnasiums, das 1912 von der Gemeinde Tarutino übernommen wurde. Während der Unterricht an diesem Gymnasium in russischer Sprache erteilt wurde, fand der Unterricht an dem 1906 gegründeten vierjährigen Progymnasium für Mädchen - ebenfalls in Tarutino - in deutscher Sprache statt.
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Schon 1815 kam der Prediger Friedrich Schnabel nach Tarutino und wurde zum "Pastor der evangelischen Gemeinden Bessarabiens" ernannt. Als die Zahl der Gläubigen zunahm, wurden weitere Kirchspiele in Arzis (1819), Sarata (1822), _______ (1837), ____________ (1842), _______ (1845), __________/______ _____ (1864), _____ ______ (1889) und A______ (1911) gebildet. Entsprechend dem Gesetz über die evangelisch-lutherische Kirche in Russland von 1832 gehörten die Kirchspiele zusammen mit jenen des Gouvernements Cherson zum "Ersten Südrussischen Propstbezirk" und unterstanden dem Petersburger Konsistorialbezirk. Die lutherischen Pastoren wurden in den 1820er Jahren von der Basler Mission entsandt; ihre Nachfolger, die meist die Theologische Fakultät in Dorpat absolviert hatten, trafen seit den 30er Jahren in Bessarabien ein. 1897 betreuten 7 Pastoren - insgesamt 52.920 Lutheraner in 87 Dörfern, so dass sie sich während ihrer Abwesenheit durch die Küsterlehrer vertreten lassen mussten. Um die 5.821 deutschsprachigen Katholiken kümmerten sich der Pfarrer von _______ sowie die Stadtpfarrern von _______ _ _______. Die Gemeinden brachten die Kosten für den Bau und Unterhalt der Kirchen und Schulen durch _____________ auf und wählten und besoldeten die Pastoren und Küsterlehrer ebenfalls selbst.
Die Predigten Ignaz Lindls lösten in den lutherischen Gemeinden eine starke Erweckungsbewegung aus, die auch nach seiner Ausweisung aus Russland im Jahre 1823 anhielt. Ein Teil der "Erweckten" folgte der Aufforderung Lindls, der sich den Nazarenern angeschlossen hatte, sich von der alten Kirche ganz loszusagen und eine ®"Neue Kirche" zu bilden, die in 13 Gemeinden Bessarabiens Anhänger gewann. Als Lindl 1845 starb und im folgenden Jahr weder, wie von Lindl vorausgesagt, der "Antichrist" erschien, kehrten viele der Neukirchler ernüchtert zur lutherischen Kirche zurück. 1851 sank die Zahl dieser "Sectisten" auf 200 und 1858 auf 68 Personen.
Den Basler Missionaren gelang es, die meisten "Erweckten" in das kirchliche Leben einzubinden, während die Absolventen der Universität Dorpat der Laienbewegung misstrauisch gegenüberstanden. Diese "Erweckten" bildeten die Basis der pietistischen Brüderkreise, die sich mehrmals wöchentlich zu besonderen Gebetsversammlungen (auch "Stunden" genannt) in Privathäusern versammelten. Auch in 1870er Jahren und nach den Missernten von 1891 und 1892 gab es in Bessarabien "Erweckungen" und Konflikte zwischen den "Bekehrten" und den übrigen Lutheranern.
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In Sarata wurde 1866 ein Haus für Geisteskranke, Krüppel und Blinde gegründet, das zum Gedenken an die Errettung des Zaren beim Attentat des Studenten Karakosov den Namen "Alexander-Asyl" erhielt und zwei Jahre später durch eine Hospitalabteilung erweitert wurde, für deren Unterhalt das Kreis-Zemstvo einen Zuschuss gewährte. 1908 wurde es durch ein Siechenhaus für Frauen ergänzt.
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Bibel, Katechismus und Gesangbuch waren lange Zeit der einzige Lesestoff der B.d. im Haus und in der Schule. Von 1840 bis 1863 gab das Fürsorgekomitee in Odessa das ®"Unterhaltungsblatt für die deutschen Ansiedler im südlichen Russland" heraus, das von ®Johann Heinrich Sonderegger aus Großliebental redigiert wurde und auch von den Dorfämtern Bessarabiens abonniert werden musste. Seit 1863 brachte die Druckerei Nitzsche und K. Kiessig die ®"Odessaer Zeitung", die Leser in den südrussischen Kolonien fand, als der Lehrer ®Karl Wilhelm die Redaktion übernahm und die Spalten der Zeitung den Debatten zwischen Wirten und Landlosen und zwischen Geistlichen und Lehrern öffnete. Dieselbe Druckerei brachte auch den ®"Christlichen Volksboten für die evangelisch-lutherischen Gemeinden in Südrussland" sowie den "Neuen Haus- und Landwirtschaftskalender für deutsche Ansiedler im südlichen Russland" (1868-1918) heraus. Die Zahl der Abonennten politischer Zeitungen blieb aber gering: Von den 19.000 Einwohner der __________ _______ hatten 1904 nur 27 Personen die "Odessaer Zeitung", 5 den ®"Petersburger Herold" und 12 Zeitungen russlanddeutscher Auswanderer in den USA, aber 302 Personen christliche Familienblätter abonniert.
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Durch den starken Einfluss pietistischer Vorstellungen waren die Volkslieder weitgehend durch geistliche Lieder ersetzt worden. Die jahreszeitlichen Feste und die Feiern zu den wichtigen Einschnitten im Leben wie Hochzeiten wurden bescheiden und recht nüchtern begangen. Je nach der Herkunft der Einwanderer überwogen in den deutschen Kolonien die schwäbische bzw. die plattdeutsche Mundart, wobei das Plattdeutsche im Laufe der Zeit Boden an das Schwäbische verlor.
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Die Kolonisten lebten in der kleinen Welt ihres Dorfes. Kirche, Schule und Gemeinde waren der Inhalt ihres geistigen und sozialen Lebens. Mit Misstrauen begegneten sie schon den Kolonisten aus anderen Gouvernements. Ehen mit Partnern anderer Sprache oder Konfession schlossen sie aus. Auch die Unterstellung unter die Fürsorgebehörden trennte die Kolonisten von ihren andersnationalen Nachbarn. Die Beteiligung an den zemstva (seit 1869), die Aufhebung des Fürsorgekomitees (1871) und die Eingliederung mancher Tochterkolonien in gemischnationale volosti sowie der Dienst in der Armee (1874) zwang die Kolonisten allerdings, in engeren Kontakt zu anderen ethnischen Gruppen zu treten. Außerdem kamen Ukrainer als landwirtschaftliche Knechte und Saisonarbeiter, Juden als Schuster, Schneider und Schankwirte sowie Bulgaren und Gagausen als Handwerkslehrlinge in die deutschen Kolonien.
Mehr oder weniger freiwillig demonstrierten die Kolonisten ihre Untertanentreue. Im Türkenkrieg von 1828/29 gaben sie durchziehenden russischen Truppen Quartier, leisteten Fuhrdienste und lieferten Proviant und Futter. Die Reform von 1871 brachte den Kolonisten die Wehrpflicht. Im Türkenkrieg von 1877/78 dienten sie erstmals in der Armee. Junge Kolonisten begleiteten die russischen Truppen als Sanitäter. In Tarutino unterhielten sie zusammen mit den bulgarischen Kolonisten ein Kriegslazarett.
Zu den zemstva, die in Bessarabien 1869 eingeführt wurden, konnten diejenigen Deutschen, die über eigenes Land verfügten, in der 1. Kurie der Landbesitzer wählen. Zusammen mit den Vertretern der 3. Kurie der Bauerngemeinden waren sie im _______ _____________ _____ stark vertreten. Von 1887-1890 hatten die deutschen _______ sogar die Mehrheit gegenüber Bulgaren und Russen und wählten Deutsche auch in die _______ ______.
Ihre Zaren- und Staatstreue konnten die B.d. erneut im Krieg gegen Japan beweisen, der auch deutsche Soldaten in die Mandschurei brachte. Während der Revolution von 1905 beteiligten sich die Lutheraner Bessarabiens an der Gründung des "Südrussischen Deutschen Vereins", der mehrere Zweigstellen in Kolonien der Gouvernements Bessarabien und Cherson bildete, aber 1910 mit der Begründung verboten wurde, dass er geeignet sei, die nationalen Gegensätze zu verschärfen. In die 1. Duma schickten die B.d. den langjährigen Zemstvo-Abgeordneten Andreas Widmer, in die 2. Duma den Gutsbesitzer Johann Gerstenberger, in der 3. und 4. Duma waren sie nicht mehr mit eigenen Abgeordneten vertreten.
Nach der Februarrevolution beteiligten sich Vertreter der B.d. am allrussischen Kongress der Deutschen in Odessa vom 14.-16. Mai 1917. Nach dem Anschluss Bessarabiens an Rumänien im Jahre 1918 führte die rumänische Regierung eine Bodenreform durch (13. März 1920), durch welche die B.d. 16% ihres Landbesitzes verloren. Als Rumänien im Juni 1940 Bessarabien an die Sowjetunion abtreten musste, wurden die B.d. vor allem im sog. "Warthegau" angesiedelt.
Bessarabien. In: Handwörterbuch des Grenz- und Ausland-Deutschtums. Breslau 1934, Bd. 1, S. 390-422; Brandes, Detlef: Von den Zaren adoptiert. Die deutschen Kolonisten und die Balkansiedler in Neurußland und Bessarabien 1751-1914. München, Wien 1993.