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Bernhard . Firma für den Handel mit Klavieren in Sankt Petersburg

Rubrik: Wirtschaftsgeschichte

„BERNHARD“, Klavierhandel in St. Petersburg.

Der Verkauf von Klavieren begann in St. Petersburg bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die ersten Instrumente wurden aus Schweden, Deutschland und Österreich eingeführt. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war der Markt für Musikinstrumente erheblichen Veränderungen unterworfen. Neben dem Verkauf von Instrumenten durch die Handwerksmeister selbst wurden auch Geschäfte eröffnet, die mit importierten Instrumenten und Musikzubehör handelten.

Einer der Verkäufer von Musikinstrumenten und insbesondere Klavieren und Flügeln in St. Petersburg war der Kaufmann der 2. Gilde und erbliche Ehrenbürger Karl Iwanowitsch (Karl Emil) Bernhard (*1868).

K.I. Bernhard, der eine für seine Zeit übliche häusliche Bildung erhalten hatte, begann seine unternehmerische Tätigkeit im Alter von nahezu 30 Jahren. Nachdem er im Jahr 1897 die Urkunde eines Kaufmanns der 2. Gilde bekommen hatte, eröffnete er ein Geschäft für Klaviere und Flügel auf dem Newski Prospekt Nr. 45. Unter dieser Adresse unterhielt er über zehn Jahre den Handel mit Instrumenten verschiedener Klavierfirmen, unter denen die Firma „Carl Rönisch“ eine zentrale Stellung einnahm, die eine der ersten deutschen Firmen war, die vor allem für den Export produzierte.

Die deutsche Pianofortefabrik „Carl Rönisch“ wurde 1845 in Dresden gegründet und war Ende des 19. Jahrhunderts in der Musikwelt allseits bekannt. 1898 eröffneten die Söhne des Firmengründers Albert und Hermann (Carl Rönisch selbst war 1895 verstorben) in St. Petersburg eine Vertretung der Firma. Sie kauften ein im Stadtteil Kolomna unter der Adresse Krjukow-Kanal Nr. 23 gelegenes Grundstück und errichteten im Hof des einst von Generalissimus A.W. Suworow bewohnten Hauses ein vierstöckiges Fabrikgebäude. Die Fabrik war gut ausgestattet. Das für die Fertigung der Klaviere benötigte Material (Mechanismen, Leim, Metall- und Stahlteile, Ersatzteile) wurde aus Dresden bezogen. Der jährliche Produktionsumfang war auf 1.000 Musikinstrumente ausgelegt. In den 1910er Jahren lieferte die Fabrik unterschiedlichen Quellen zufolge 900-2.000 Instrumente pro Jahr aus. 1913 waren in der Fabrik 200 Arbeiter beschäftigt. 1915 musste die Petersburger Filiale der Firma Rönisch infolge des Ersten Weltkriegs schließen.

1911 verfügte K.I. Bernhard bereits über für den Verkauf von Klavieren und Flügeln bestimmte Lager- und Geschäftsräume in dem neben der Petersburger Kaufmannsgesellschaft gelegenen Haus Nr. 72 auf dem Newski Prospekt. Mehrfach wies die Firma „Carl Rönisch“ in ihrer Reklame darauf hin, dass K.I. Bernhard der einzige Vertreter der Firma in St. Petersburg sei und die Flügel und Klaviere zu Fabrikpreisen verkaufe. Karl Emil Bernhards Söhne Lew Wilhelm (*1897) und Richard Woldemar halfen ihrem Vater im Geschäft.

In den Jahren 1906-08 (?) war Karl Emil Bernhard parallel zum Verkauf von Musikinstrumenten und -zubehör Redakteur und Herausgeber der monatlich erscheinenden Klavier- und Musikzeitschrift „Nouvelliste“, deren Hauptinhalt für das häusliche Musizieren geeignete Klavierlieder und Romanzen russischer und westeuropäischer Komponisten bildeten, die sich an breite Kreise von Musikliebhabern richteten. Der Reklame des Firmenchefs nach zu urteilen organisierte er neben dem Verkauf von Klavieren auch Konzerte für Musikliebhaber.

Über die letzten Lebensjahre Karl Emil Bernhards ist wenig bekannt. Bei Maximilian Woloschin findet sich lediglich der Hinweis, dass im Sommer 1924 am Newski Prospekt Nr. 59 in der Wohnung Nr. 1. der frühere Besitzer des „Klavierlagers“ K.I. Bernhard gelebt habe.

Literatur

Весь Петербург: адресная и справочная книга г. Санкт-Петербурга. – [СПб.]: издание А.С. Суворина. 1897–1917; Барышников М.Н. Деловой мир Петербурга: Исторический справочник. – С.-Пб.: Издательство «Logos», 2000. – С. 71; Три века Санкт-Петербурга. Энциклопедия в 3 т. Т.2: Девятнадцатый век. Кн.7. У-Ч. – СПб.: Факультет филологии и искусств СПб ГУ, 2009. – С. 365–370.

Autoren: Semenova L.N.

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