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DRUAG Deutsch-Russische Agrargesellschaft), reichsdeutsche landwirtschaftliche Aktiengesellschaft, deren Anteile zu einem erheblichen Teil von russlanddeutschen Emigranten gehalten wurden

Rubrik: Wirtschaftsgeschichte

DRUAG (Deutsch-Russische Agrargesellschaft), reichsdeutsche landwirtschaftliche Aktiengesellschaft, deren Anteile zu einem erheblichen Teil von russlanddeutschen Emigranten gehalten wurden. Der Hauptsitz der Aktiengesellschaft befand sich in Berlin (Hardenbergstr. 10). In den 1920er Jahren wurde sie von Baron von Rheinbaben geführt, Vertreter des Vorstands im Wolgagebiet war von Schönberg. Am 25. Oktober 1923 schloss die Gesellschaft einen Subkonzessionsvertrag mit der Deutschen Wolgabank für Landwirtschaftskredit (siehe: Deutsche Wolgabank), aufgrund dessen die Deutsche Wolgabank der DRUAG für 36 Jahre (bis 1959) 25.000 Desjatinen auf dem Territorium des Gebiets der Wolgadeutschen gelegenes Nutzland (in den Kantonen Fjodorowka, Krasnyj Kut und Pallasowka) überließ, das zu jenen 100.000 Desjatinen Land gehörte, die die Deutsche Wolgabank selbst zur Pacht vom Staat bekommen hatte, um sie an ausländische Gesellschaften weiterzuverpachten und mit den Einnahmen die Zinsen für ein großes Staatsdarlehen zu begleichen. Die DRUAG verpflichtete sich, das erhaltene Land innerhalb von vier Jahren vollständig zu erschließen und auf diesem landwirtschaftliche Betriebe aufzubauen. Sie erhielt das  Recht, die erzielten Ernteerträge weiterzuverarbeiten und zu verkaufen. Im Gegenzug zahlte sie der Deutschen Wolgabank in Form von Naturalien (Sommerweizen) eine jährliche Einlage, die folgende Anteile an der Bruttoproduktion des gesamten Konzessionsunternehmens ausmachte: 1923/24 – 14,5%, 1925/26 – 17% sowie in den Folgejahren jeweils 19,5%. Einige in Süddeutschland ansässige Aktionäre mit den bayerischen Landbesitzern von Roderspitz und von Meckel an der Spitze erachteten die Bedingungen der Subpacht für unvorteilhaft und weigerten sich, ihre Einlagen zu zahlen. Aber der von von Rheinbaben geführte Vorstand der Gesellschaft erwirkte vor Gericht die juristische Anerkennung der Rechtsgültigkeit des Subpachtvertrags, der alle Aktionäre verpflichtete, die Finanzierung des Projekts zu gewährleisten.

Angesichts des sich über viele Monate hinziehenden Konflikts innerhalb der DRUAG, einer schweren Dürre im Wolgagebiet (1924) sowie der vorübergehenden Aussetzung der Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und der UdSSR konnte die deutsche Seite in den ersten beiden Jahren des Bestehens der DRUAG nicht alle Bedingungen der Subpacht erfüllen. 1925 stimmte die Sowjetregierung auf Initiative der Führung der ASSR der Wolgadeutschen der Aufnahme einiger Änderungen in den Subpachtvertrag zu: Die Pachtfläche wurde auf 11.100 Desjatinen verkleinert und der an die Deutsche Wolgabank ausgezahlte Gewinnanteil gesenkt. In der Folge erlebte die Subkonzession in den Jahren 1925–28 einen schnellen ökonomischen Aufschwung und konnte alle sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen erfüllen. Der nach dem Standort der Ländereien „Tschischi“ genannte Subkonzessionsbetrieb baute auf seinen Feldern Hartweizen (Hauptkultur), Hirse, Hafer, Gerste,  Sorghumhirse, Kartoffeln, Schneckenklee sowie Weizengras an und beschäftigte 54 feste Mitarbeiter, zu denen in den Sommermonaten weitere 300 Saisonarbeiter kamen. Seinen Arbeitern zahlte „Tschischi“ deutlich höhere Löhne als die Sowchosen oder die örtlichen wohlhabenden Bauern. Die ökonomischen Erfolge der Subkonzession sorgten sowohl bei der örtlichen Partei- und Sowjetführung als auch bei den wohlhabenden Bauern der Nachbardörfer für Unmut, die in dieser kapitalistischen Insel des Wohlstands wahlweise die Untergrabung ihrer Autorität und ideologischen Position oder einen Konkurrenten sahen. Die sowjetische Außenpolitik, die die Ein- und Ausreise in bzw. aus der Sowjetunion immer weiter erschwerte, wirkte sich unmittelbar auf die Tätigkeit der Subkonzessionen aus, da die Leiter der DRUAG nur einen eingeschränkten Zugang zu ihren Subpachtbetrieben hatten.

Im Zuge der Abkehr von der NEP und des Übergangs zur durchgängigen Kollektivierung schufen die Machthaber Bedingungen, unter denen ein normaler Arbeitsbetrieb von „Tschischi“ praktisch unmöglich wurde. So machten insbesondere die vollständige Übernahme der Deutschen Wolgabank durch den Staat und der Entzug ihrer Landkonzession die weitere Existenz der Subkonzession DRUAG unmöglich. In den Jahren 1929/30 wurde sie nach und nach abgewickelt. 

Autoren: German A.

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