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GATTSCHINA (1923-29 Trotzk, 1929-44 Krasnogwardeisk)

Rubrik: Geschichte und Geographie der Ansiedlung der Deutschen im Russischen Reich, in der UdSSR und GUS / Geschichte der Ansiedlung

GATTSCHINA (1923-29 Trotzk, 1929-44 Krasnogwardeisk). Im Gebiet Leningrad gelegene Stadt (seit 1796).

Das etwa 30 km südlich des Finnischen Meerbusens auf der Ischorischen Hochebene gelegene Gattschiner Land liegt in einer von Flüssen und Seen durchzogenen einst waldreichen Gegend, die ursprünglich von den Stämmen der Woten und Ischoren bewohnt wurde. Im 9. Jahrhundert begann von Nowgorod aus die slawische Kolonisierung des Landes. Im Jahr 1499 wurde Gattschina erstmals schriftlich erwähnt.

Viele Male versuchten die Schweden, das Land in ihren Besitz zu bringen. Infolge der russischen Niederlage im Russisch-Schwedischen Krieg von 1610-17 und des Friedens von Stolbowo (1617) kam Ingermanland unter schwedische Herrschaft und fiel erst im Jahr 1702 infolge des Sieges der russischen Truppen am unweit von Gattschina gelegenen Fluss Ischora an Russland zurück.

Im Laufe der folgenden Jahre wechselte Gattschina mehrfach den Besitzer: Nachdem Peter I. das Gut zunächst seiner Schwester Natalia Alexejewna geschenkt hatte, gehörte es zwischenzeitlich dem Chef des Apothekenamtes R. Apraxin, dem Leibarzt und Oberaufseher über das russische Medizinwesen Johann Deodat Blumentrost und Fürst A.B. Kurakin. Im Jahr 1765 schenkte Katharina II. die mittlerweile sehr weitläufigen Besitzungen ihrem Favoriten Grigori Grigorjewitsch Orlow (1734-1783), unter dem im Jahr 1766 der Bau der Schlossanlage von Gattschina, die Anlegung des Englischen Gartens und die Einrichtung des Jagdreviers begann. Im Jahr 1783 erhielt Großfürst Pawel Petrowitsch (der spätere Zar Pawel I., 1754-1801) Gattschina mit den dazugehörigen Dörfern zum Geschenk.

Der Landbezirk unterstand der Führung Major Benckendorffs. Die Aufsicht über das Bauwesen lag bei Friedrich Wilhelm Kiesling, der militärische Teil wurde von Steinwehr verwaltet. Die Stadt selbst wurde vor allem von Militärangehörigen geführt, die in aller Regel mindestens im Rang eines Oberst standen. Unter den Führern (bzw. später Kommandanten) der Stadt und der Hofverwaltung waren insgesamt neun Deutsche: der einem livländischen Adelsgeschlecht entstammende W. Rehbinder, die aus dem Gouvernement Estland stammenden E.A. (Gustav) Roop und Karl-August von Gernet usw.

Das heutige Stadtbild von Gattschina wird durch das Schloss beherrscht, das einzigartige Sammlungen von Waffen, Porzellan und Gemälden beherbergt und von den Arbeiten zahlreicher ausländischer und nicht zuletzt deutscher Künstler geschmückt wird, unter denen z.B. die lange Zeit in Russland tätigen Porträtmaler Johann Gottfried Tannauer (1680-1737), Georg Christoph Grooth (1716-1749) und Carl Ludwig Christineck (1732/33–1792/94) genannt werden können. In den Jahren 1876-80 fertigte der zu dieser Zeit am Hof tätige Eduard Hau (1807–1887) mehrere Dutzend Aquarelle an, die die Schönheit der Säle des Schlosses mit einzigartiger Genauigkeit wiedergeben und heute dabei helfen, die im Krieg zerstörte Innenausstattung des Schlosses zu rekonstruieren.

Eine Vorstellung davon, wie das Landgut aussah, als es sich im Besitz des Großfürsten und späteren Zaren Pawel Petrowitsch befand, vermitteln neben den Bauplänen die Landschaftsbilder Johann Jacob Mettenleiters (1750−1825). Auf seiner (um das Jahr 1790 entstandenen) Darstellung des Schlossparks ist im Hintergrund die beim Schloss gelegene Siedlung zu sehen. Links liegt der einstöckige Viehhof, der mit seinem quadratischen Grundriss, seinen kleinen Fenstern, dem hohen Dach und vor allem den an den Ecken aufragenden vier zweistöckigen Türmen an eine kleine Festung erinnert.

Jacob Mettenleiter war Hofmaler am „Kleinen Hof“. Nachdem er im Jahr 1786 nach Russland gekommen war, arbeitete er von 1790 an im Auftrag des Großfürsten Pawel Petrowitsch und der Großfürstin Maria Fjodorowna und malte Ansichten von Pawlowsk und Gattschina. Im Jahr 1797 fertigte der Künstler für den am Ufer des Weißen Sees (Liebesinsel) gelegenen Venus-Pavillon das Deckengemälde „Der Triumph der Venus“ an.

Als Hofgärtner diente Friedrich (Fjodor) Helmholtz († 1852), dessen Familie 1793 nach Gattschina gekommen war. Eben zu dieser Zeit wurde der Botanische Garten angelegt, in dem Tausende zum Teil exotische Pflanzen angepflanzt wurden. In den Jahren 1799-1801 wurden im Park Orangerien und Gewächshäuser errichtet. Helmholtz Sohn Alexander lebte ebenfalls in Gattschina und diente als Arzt im örtlichen Hospital.

Im Jahr 1793 begann von der nördlichen (St. Petersburger) Seite her der Bau der Festung Ingerburg. Faktisch handelte es sich dabei um eine kleine deutsche Vorstadt, in der neben den Kasernen auch Häuser der Vertrauten Pawel Petrowitschs, das Rathaus und andere Verwaltungsbauten errichtet wurden. Auf dem Tor der Ingerburger Festung war 1798 erstmals das Wappen von Gattschina zu sehen, das Zar Pawel I. am 13. Dezember 1800 als Stadtwappen bestätigte. Unweit von Ingerburg wurden an einem Platz eine lutherische Holzkirche, die Schule der Kinder der Ausländer und Andersgläubigen, eine Lehranstalt und das Haus des Pastors errichtet. Die Festung selbst wurde nie fertiggestellt. Die verfallenden Bauten wurden ausgeschlachtet.

Heute erinnert nur noch das 1830-32 von dem Architekten W. Glinka errichtete Ingerburger Tor an die frühere Festung, das an der Einfahrt in die historische Altstadt steht, wo die drei aus der Hauptstadt, aus Peterhof und aus Zarskoje Selo kommenden Straßen zusammenliefen. An ein weiteres unvollendet gebliebenes Projekt Pawels I. erinnert der in den Jahren 1796-98 gegenüber dem Küchen-Karree des Schlosses von dem Architekten Vincenzo Brenna errichtete Jekaterinenwerder Turm, der als Teil des für die Dienste des Hofmarschalls bestimmten, an der Straße nach Kipen gelegenen Gebäudekomplexes errichtet wurde. Der Aufbau von Jekaterinenwerder kopiert fast exakt den von Ingerburg.

Mit der Thronbesteigung Pawels I. erhielt Gattschina im Jahr 1796 das Stadtrecht. Anfänglich bestand die Stadt aus mehreren einzelnen Teilen: neben Ingerburg die um die Straßen Bolschoi Prospekt, Kanonier-Straße und Kleingattschina-Straße gelegenen Komplexe. Von Beginn an war Gattschina deutsch geprägt. Die örtliche Garnison wurde von dem aus Preußen stammenden Baron Steinwehr kommandiert. Was die Truppen betraf, hätte man - wie N.A. Sablukow bemerkte - „sein Vermögen verwetten können, dass sie eben erst aus Berlin gekommen seien“. Der militärische Geist der Stadt blieb über das gesamte 18. Jahrhundert erhalten und es war sicher kein Zufall, dass Gattschina immer wieder mit dem deutschen Potsdam verglichen wurde. Im Jahr 1797 gab es in der Stadt 237 Bürgerhäuser. Die Deutschen waren in allen sozialen Gruppen der Stadtbevölkerung vertreten. In Gattschina gab es zwei Vorstädte mit deutschem Namen - Ingerburg und das nach Maria Fjodorowna (der Gattin des Zaren Pawel I.) benannte Marienburg.

Zu Zeiten Pawels entstand südwestlich der Schlossanlage am Ende des Silvia-Parks die Siedlung Marienburg. An der nach Kipen führenden Straße wurden sieben Kasernen und auf dem zum Park hin gelegenen Ufer des Flüsschens Kolpank hölzerne Kasernen mit Pferdeställen, ein Getreide- und ein Heuspeicher sowie das Gebäude der militärischen Erziehungsanstalt errichtet. In Marienburg befand sich auch die sogenannte Jäger-Vorstadt. Erster Oberforstmeister von Gattschina war unter Pawel I. Anton Gundius, dessen Sohn Willem Antonowitsch Gundius während des Vaterländischen Krieges von 1812 zum Helden wurde.

Nach Pawels Tod ging Gattschina in den Besitz seiner Gattin Maria Fjodorowna über, die zahlreiche wohltätige Einrichtungen errichten ließ. Nach erheblichen Um- und Aufbauarbeiten wurde im Gebäude des früheren Viehhofs im Jahr 1803 das Landerziehungsheim von Gattschina eröffnet, in dem 600 Personen lernen konnten. Im Jahr 1823 wurde für das Erziehungsheim und spätere Waiseninstitut ein am Bolschoi Prospekt gelegener Neubau errichtet. Unter den Direktoren des Waiseninstituts waren auch zahlreiche Deutschstämmige wie z.B. Wladimir Iwanowitsch Rehbinder, Gustaw Gustawowitsch von Brimmer, Karl Karlowitsch von Lüdewich, Nikolai Matwejewitsch Lambsdorff und Nikolai Karlowitsch Schilder. Das Institut stand unter der Schirmherrschaft des Grafen P.G. von Oldenburg.

Im 19. Jahrhundert wurde Gattschina zum Ort der Kaiserlichen Jagd, die 1847 aus Peterhof dorthin verlegt wurde. In den Jahren 1851-60 wurden in der Jäger-Vorstadt nach den Plänen des deutschstämmigen Architekten Heinrich Georg Ludwig Theodor (Jegor Fjodorowitsch) Gross (1824–1877) zahlreiche Neubauten errichtet. Für das aus 60 Wohn-, Dienst- und Nebengebäuden bestehende Projekt wurde der Architekt in die Akademie der Wissenschaften aufgenommen.

Die Jäger-Vorstadt wurde als Musterstadt aufgebaut. Auf ihrem Gebiet wurden die Jagd-Verwaltung und die Kanzlei, eine Schule, eine große Kaserne für unverheiratete Jäger, eine Schmiede, ein Pumpwerk, eine Banja sowie Wohnhäuser und weitere Nebengebäude errichtet. Die Hauptstraße war gepflastert und wurde von Linden, Fliederbüschen und Blumenbeeten gesäumt. Für die Jäger wurden mit Schnitzwerk geschmückte fünfwändige Holzhäuser auf einem Fundament aus örtlichem Kalkstein errichtet, an deren Dachfirsten jeweils zwei ausgesägte Elchköpfe mit echten Geweihen befestigt waren. In den 1880er Jahren wurde das Ensemble der Jäger-Vorstadt durch das von dem in St. Petersburg geborenen deutschstämmigen Architekten und Künstler David Iwanowitsch Grimm (1823–1898) geplante Gebäude der Mariä Schutz und Fürbitte-Kirche ergänzt.

Während der Jagden wurden die gekrönten Häupter von dem 1857 nach Russland gekommenen deutschen Künstler Rudolf Fjodorowitsch Frentz (1831–1919) und dem Jagdmeister seiner Majestät (seit 1882) Baron Wladimir Robertowitsch von Diez (1850–1917) begleitet, dessen Haus sich unweit der Jäger-Vorstadt befand. Auf seinen Gemälden stellte der aus Berlin stammende Frentz die malerische Umgebung der Stadt, Ansichten von Gattschina, Jagdszenen sowie Jagd- und Windhunde dar. Frentz, der zu den Lieblingskünstlern Alexanders III. gehörte, lebte in der Marienburger Kustow-Straße, wo auch sein Sohn Rudolf Rudolfowitsch geboren wurde, der ebenfalls Künstler wurde und in den Jahren des Ersten Weltkriegs an die Front fuhr, um dort Skizzen zu machen. Baron W.R. von Diez leitete die Jagd von 1874 bis 1917. 1887 wurde auf seine Initiative die Gesellschaft der Freunde von Rassehunden gegründet.

Heute ist Marienburg ein Stadtteil von Gattschina, nach dem auch der dortige Bahnhof der Baltischen Eisenbahn benannt ist.

Gattschina ist eng mit den Namen der Familie Stackenschneider verbunden. In dem nahegelegenen Dorf Pudost lebte Johann Stackenschneider, Sohn eines Gerbers und Besitzer der Mühle, den Pawel I. oft aufsuchte, um innige Gespräche zu führen. Sein Sohn A.I. Stackenschneider war Mitte des 19. Jahrhundert als Architekt am Umbau des Großen Schlosses beteiligt.

In den ersten 50 Jahren des Bestehens der Stadt wurden dort unter anderem das Hospital-Städtchen, die Post, zwei Banjas und zwei private Apotheken errichtet. 1828 baute der Architekt A.M. Baikow nach Plänen von Giacomo Quarenghi am Standort der früheren Holzkirche den Steinbau der lutherischen St. Nikolaus-Kirche. Ab 1838 verkehrte zwischen Gattschina und Zarskoje Selo eine Postkutsche.

Mitte des 19. Jahrhundert lebten in Gattschina etwas mehr als 300 Deutsche (insgesamt 83 Familien).

1855 baute die deutsche Firma „Siemens und Halske“ zwischen Stadttor, Schloss und Bahnhof einen Lufttelegraphen.

1864 wurde die Sagwosdki-Straße (heute Tschkalow-Straße) nach Johann Wilhelm Ludwig Luce und 1871 die Boulevard-Straße (heute Karl Marx-Straße) nach Karl Fjodorowitsch Baggowut umbenannt. So dankten die Zeitgenossen General-Major Luce und General Baggowut, die als Schlossverwalter bzw. Stadtkommandant jeweils 20 Jahre gedient hatten. Baggowut war (auf Initiative des Zaren) auch der erste „Ehrenbürger“ der Stadt.

In den Jahren 1877-82 war Ludwig Franzewitsch Sperer (1835–1898) Hauptarchitekt der Stadt, von dem auch die Metallbrücken im Park von Gattschina stammen.

1873 wurden der deutsche Kaiser Wilhelm I., Reichskanzler Otto von Bismarck und Feldmarschall H. von Moltke feierlich empfangen, die zur Unterzeichnung des russisch-deutschen militärischen Beistandspakts nach Gattschina kamen.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde in Gattschina das erste militärische Flugfeld in Russland gebaut, von dem aus die ersten Fernflüge nach Moskau und Kiew unternommen wurden. Mit dem Flugfeld von Gattschina ist nicht nur der Name des Flugzeugkonstrukteurs Jakow Modestowitsch Gakkel (1874−1945), sondern auch das Schicksal der Familie Jungmeister verbunden, deren Ursprünge bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen. Der Stammvater Heinrich Gottfried Jungmeister wurde 1784 in Thüringen geboren und kam 1805 ins Russische Reich (Gouvernement Livland).

In den 1910er-1930er Jahren brachte die Familie Jungmeister gleich mehrere bekannte Piloten hervor. So lernten vor und während des 1. Weltkriegs gleich zwei Nachkommen der Familie an der Militärflugschule in Gattschina – Wladimir Andrejewitsch (1881–1942) und Wassili Juljewitsch (1889–1938). Ersterer wurde später Mitglied der Moskauer Luftfahrtgesellschaft und schloss 1911 die an die Gesellschaft angeschlossene Flugschule, 1913 die Flugabteilung der Luftfahrtschule in Gattschina und schließlich die Flugschule der 1. Kategorie mit Auszeichnung ab. In den Kriegsjahren machte W.A. Jungmeister nicht nur Aufklärungsflüge, sondern schützte auch die Bodentruppen und im Hinterland der Front liegende Objekte aus der Luft. 1920 schloss er sich der Armee Denikins und später Koltschaks an und emigrierte nach dem Fall der Krim ins Ausland.

Wassili Juljewitsch Jungmeister, der Urenkel des Stammvaters des russischen Zweigs der Familie, war der herausragendste der aus der Familie hervorgegangenen Flieger. Sein Weg zur Luftfahrt führte über eine Ausbildung zum Flugmotorenmechaniker, nach deren Abschluss er in die Soldatenklasse der Militär-Flugschule von Gattschina aufgenommen wurde. Nach Ablegung der Prüfungen ging er als Pilot sofort an die Front und wurde mit dem Georgskreuz für Soldaten 1. Stufe und dem Orden des Heiligen Wladimir mit Schwertern und Band ausgezeichnet. 1917 nahm er die Revolution mit großer Hoffnung auf. Während des Bürgerkriegs war er Inspektor der Luftstreitkräfte der Westlichen Front und kommandierte die Luftstreitkräfte bei den Operationen gegen die Tschechen, an der Nord- und Südfront sowie gegen Polen. An der Südfront war er unter dem Oberkommando M.W. Frunses Chef der Luftstreitkräfte. Nach Kriegsende kommandierte er den ukrainischen Militärbezirk. W.Ju. Jungmeister war einer der Gründer der größten Flugzeugfabrik der Sowjetunion in Charkow. Im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs wurde er im Zusammenhang mit dem Fall Tuchatschewski verhaftet und erschossen. Später wurde er posthum rehabilitiert.

In den 1920er Jahren machte die Bevölkerung von Gattschina alle durch die Revolution und den Bürgerkrieg hervorgerufenen Schwierigkeiten durch: Machtwechsel, Hunger, sinkender Lebensstandard der Bevölkerung, Wohnraummangel usw. Die Hauptaufgabe jener Zeit bestand darin, überhaupt zu überleben. In den 1930er Jahr normalisierten die Lebensumstände sich einigermaßen und es gelang, Hunger, Epidemien und Brennstoffkrise allmählich zu überwinden. So überraschend es klingen mag, waren in den 1920er und frühen 1930er Jahren alle Kirchen und Gotteshäuser der Stadt weiterhin geöffnet (bevor sie dann 1937 fast alle geschlossen wurden). Schloss und Park von Gattschina wurden zu einem bevorzugten Erholungs- und Ausflugsziel nicht nur für die Bewohner der Stadt, sondern auch für die Leningrader Bevölkerung. Bis Anfang der 1940er Jahre hatte die Stadt gleich zweimal ihren Namen geändert: Trozk (1923-29) und Krasnogwardeisk (1929-44). Kurz vor Ausbruch des Deutsch-Sowjetischen Kriegs hatte die Stadt etwa 40.000 Einwohner.

Am 13. September 1941 wurde Krasnogwardeisk (Gattschina) von den deutschen Invasoren besetzt, die in der Stadt eigene Verwaltungseinrichtungen, eine deutsche Kommandantur und ein Polizeirevier gründeten. Während der insgesamt 867 Tage dauernden faschistischen Besatzung herrschte ein grausames Terrorregime. So wurden in dieser Zeit nicht weniger als 750 Menschen hingerichtet. Nach der Einnahme der Stadt plünderten die Deutschen deren Schätze. Bis heute ist nicht bekannt, was aus den Ritterrüstungen wurde, die das Smolensker und das Ingerburger Tor schmückten. Das Schloss von Gattschina wurde verwüstet und beim Rückzug der Besatzer in Brand gesetzt. Als Gattschina am 26. Januar 1944 befreit wurde, lebten dort nur noch etwa 2.500 Einwohner. Am 6. April 2015 wurde der Stadt auf Erlass des Präsidenten der Ehrentitel der Russischen Föderation „Stadt des Kriegsruhms“ verliehen.

Heute ist in Gattschina (unter der Adresse Prospekt des 25. Oktober Nr. 2) die „Deutsch-Russische Gesellschaft Ettlingen“ aktiv. Die Städtepartnerschaft mit dem baden-württembergischen Ettlingen reicht bis ins Jahr 1989 zurück und geht auf eine Initiative des damaligen Oberbürgermeisters von Ettlingen Josef Offele und des Mitglieds des Stadtrats Wolf Lorch zurück. Die Kontakte zwischen den beiden Städten verlaufen auf allen Ebenen – von offiziellen Treffen und Besuchen über den Kulturaustausch bis hin zur „Volksdiplomatie“.

Literatur

Иванов В.П. Братство военлетов (Летчики Юнгмайстеры) // В.П. Иванов, В.В. Король, Д.А. Юнгмайстер. – СПб.: Политехника, 2009. – 254 с; Иванова Н.И. Немцы в Санкт-Петербурге и окрестностях (материалы исследований). – СПб., 1999. – 83 с; Иванова Н.И. Немцы Санкт-Петербургской губернии XVIII–XX вв. Научное издание. СПб. : ИВЭСЭП, 2008. – 203 с; Национально-культурные общества Санкт-Петербурга и Ленинградской области: Справочник. – 2015. – 164 с; Родионова Т.Ф. Гатчина: страницы истории. – Гатчин: Изд. СЦДБ, 2006. – 240 с; Столетие города Гатчины. 1796–1896. – Гатчина, 1896.

Autoren: Semenova L.N.

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