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"JERUSALEMFREUNDE" , Templer, "Jerusalembrüder", Strömung im Protestantismus

Rubrik: Religion

JERUSALEMSFREUNDE, Templer, Jerusalemsbrüder. Mitte des 19. Jahrhunderts von dem Theologen Christoph Hoffmann in Deutschland begründete Strömung des Protestantismus.

Die Jerusalemsbrüder predigen die baldige Wiederkehr Christi sowie die Notwendigkeit, die Menschheit durch den Aufbau einer neuen, auf den Geboten des Evangeliums basierenden Ordnung auf dieses Ereignis vorzubereiten. Sie rufen dazu auf, die Gläubigen in einem „Neuen Jerusalem“ zu sammeln und einen „Tempel“ des Glaubens zu gründen (daher der Name „Templer“). Die Jerusalemsfreunde legten großen Wert auf die religiöse Erziehung der Jugend und gründeten eigene Schulen.

Im Russischen Reich wurden die Ideen der Jerusalemsfreunde erstmals von den in der Kolonie Neuhoffnungstal (Gouvernement Taurien) tätigen Geistlichen Eduard Wüst und Friedrich Schock gepredigt, woraufhin die Bewegung Ende der 1850er Jahre unter den Mennoniten der Kongregation Gnadenfeld (Mennonitenbezirk Molotschna) erste Anhänger fand. 1861 veröffentlichte der Sohn des örtlichen Geistlichen Johann Lange, der sich zu diesem Zeitpunkt in Württemberg aufhielt, einen Artikel, in dem er heftige Kritik an den Mennoniten übte und ein Reformprogramm vorlegte, woraufhin er auf Weisung der Führung der russischen Mennonitengemeinden aus Württemberg abberufen wurde. Nach seiner Rückkehr nach Russland, wo er in der Kolonie Gnadenfeld als Lehrer an der von der „Wüst-Bruderschaft“ unterhaltenen Schule tätig war, hielt Lange an seiner kritischen Haltung fest und warf dem Kirchenkonvent (dem höchsten Führungsorgan der mennonitischen Gemeinden) und den mennonitischen Ältesten zusammen mit N. Schmidt Machtmissbrauch, Verletzung der Rechte der einfachen Gemeindemitglieder sowie „moralischen Verfall“ vor, was nun schon den Argwohn der russischen Behörden provozierte. So wies das Fürsorgekomitee für die ausländischen Siedler der südlichen Regionen Russlands die Führungen der Amtsbezirke der deutschen Kolonien Südrusslands 1862 an, alle nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um eine weitere Ausbreitung „dieser Sekte gefährlicher Träumer“ zu unterbinden. Im April 1863 erklärten Lange, Schmidt und ihre Anhänger ihren Austritt aus der Kirchengemeinde und gründeten eine Gemeinde „mennonitischer Templer“. Die Jerusalemsfreunde hielten an den Grundprinzipien der mennonitischen Glaubenslehre fest, führten aber verpflichtende Kindergottesdienste ein und hielten die Kinder in den Schulen zu einem vertieften Studium des Evangeliums und zu „nicht einstudierten“ Gebeten an.

Wenig später ging ein Teil der Mitglieder der neuen Gemeinde nach Palästina (wo die Wiederkehr Christi erwartet wurde), während der andere Teil in den Kaukasus übersiedelte und dort die Kolonie Tempelhof gründete. An Stelle des nach Palästina ausgewanderten Lange wurde Schmidt zum Gemeindeältesten gewählt. Lehrer wurde Langes Bruder. 1883 eröffneten die „Jerusalemsfreunde“ ein klassisches Progymnasium, das auch den Kindern orthodoxer Arbeiter offenstand. Da diesen auf Weisung der Parochialbehörden kein Religionsunterricht erteilt werden durfte, wurde für die orthodoxen Schüler ein Bethaus gebaut. Ende des 19. Jahrhunderts - Anfang des 20. Jahrhunderts wanderten die meisten Jerusalemsfreunde nach Kanada aus.

Literatur

Алексий (Дородницын), епископ, Материалы для истории и исследования религиозно-рационалистического движения на Юге России во 2-й половине XIX столетия, Казань, 1908; Stumpp К., Die Pastoren der evangelisch-lutherischen Kirche in Südrußland von 1789–1910, in: Heimatbuch der Deutschen aus Rußland, Stuttgart, 1960, S. 81–90; Dоerksen V. G., Mennonite Templars in Russia, “Journal of Mennonite Studies”, 1985, vol. 3, p. 128–137; Urri J., None but Saints: The Transformation of Mennonite Life in Russia 1789–1889, Hyperion Press Ltd, 1989, p. 44–46.

Autoren: Čerepanova N.G.

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