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Die Russische Montanindustrie-Aktien-Gesellschaft

Rubrik: Wirtschaftsgeschichte

Die Russische Montanindustrie-Aktien-Gesellschaft wurde am 10. Oktober 1989 in Deutschland gegründet. Am 24. Juni 1899 wandte sich der Bevollmächtigte der Gesellschaft Winterhalten an das Finanzministerium mit der Bitte um die Genehmigung zur Vornahme von Operationen im Russischen Reich. Sie beabsichtigte, Steinkohle-Vorkommen in den Gouvernements Jekaterinoslaw und Cherson zu erwerben und auszubeuten, aber auch mit Koks und anderen Produkten der Steinkohleindustrie Handel zu treiben.

Am 9. Juli 1899 wurden die Bedingungen für die Arbeit der Gesellschaft bestätigt. Am 1. Oktober 1899 erwarb die Gesellschaft die Jasinowski-Kohlezechen in der Siedlung Nischne-Krynskij der Wolost Sujewka im Taganrog-Bezirk des Don-Verwaltungsgebietes. Im Juli 1900 wandte sich Winterhalten an das Finanzministerium und den amtierenden Ataman des Donkosaken-Heeres mit der Bitte, die Ausbeutung von Kohlevorkommen nicht nur in den Gouvernements Jekaterinoslaw und Cherson, sondern auch auf dem Territorium des Don-Verwaltungsgebietes zu genehmigen. Nach Erhalt einer Zustimmung des Kriegsministers (da sich ein Abschnitt auf dem Boden des Donkosaken-Heeres befand) erlaubte das Finanzministerium der Gesellschaft, die Tätigkeit im Russischen Reich aufzunehmen. In der Satzung der Gesellschaft wurden die folgenden Änderungen vorgenommen: Eingeschränkt ist die Tätigkeit von Personen jüdischen Glaubens. Obligatorisch sind die Kenntnis der russischen Sprache durch die Führungskräfte der Aktiengesellschaften und die für die betrieblichen Arbeiten. Buchführung in russischer Sprache. Eine Pflicht ist gleichfalls, „den Kriegsminister über den Sitz der verantwortlichen Agentur in Kenntnis zu setzen und dessen Genehmigung zur Änderung der Satzung und Fusionierung mit anderen Gesellschaften einzuholen sowie über die Liquidierung der Gesellschaft zu informieren“.

Die Gesellschaft erhielt die Möglichkeit, bis Juni 1915 eine Förderung von Anthrazit vorzunehmen. Das Stammkapital der Gesellschaft belief sich auf 2 Mio Mark (2 000 Aktien zum Stückpreis von 1 000 Mark). Die Existenzdauer der Gesellschaft wurde mit 230 Jahren bestimmt.

Gründer und Aktionäre waren die Aktiengesellschaft „Oberschlesische Kokswerke und Chemische Fabriken“ (Berlin), die Kommanditgesellschaft „Berliner Handels-Gesellschaft“, der Unternehmer Fritz von Friedlaender-Fuld (Berlin), der Ingenieur Clément Bernard (Brüssel) und der Unternehmer Adolf Zindler (Berlin).

Dem Rat der Gesellschaft gehörten F. v. Friedlaender-Fuld (Unternehmer), Cl. Bernard (Ingenieur), E. Berve (Generaldirektor), F. Bremme (Ingenieur, Direktor), Hermann Rosenberg (Bankier, Generalkonsul), E. Dury (Unternehmer aus Brüssel) und A. Martin (geschäftsführender Direktor) an.

Der Vorstand der Gesellschaft bestand aus Staatsbürgern Deutschlands, die in Russland lebten: W. Linard, G. Spiegel und A. Zindler. Leiter der Zechen war der russische Staatsbürger I. A. Minorskij, Leiter der kommerziellen Sparte – der belgische Bürger K. N. Ser, der kommerzielle Bevollmächtigte – der finnische Staatsbürger D. Ju. Seeberg.

Für die Realisierung der Tätigkeit musste die Gesellschaft einen verantwortlichen Agenten haben, der ständig in Russland lebt. 1899 wurden A. Zindler (er lebte in unmittelbarer Nähe der Kohlezechen, in Taganrog) und W. Linard als Agenten der Gesellschaft benannt. Im Jahr 1900 legte Linar die Pflichten eines verantwortlichen Agenten nieder. 1903 wurde E. G. Nowizkij zum Agenten der Gesellschaft ernannt, 1904 – B. L. Treuenfels, 1907 – W. L. Mauve und 1912 – Minorskij.  

Im Jahr 1900 waren durch die Gesellschaft Koksöfen in den Siedlungen Krinitschnoje, Makejewka, Jusowo, Wolynzowo, Jasinowskaja, Perwoswanowka und Kreslawka errichtet worden. Außerdem waren Erkundungsarbeiten durchgeführt worden, um Kohlefelder zu erwerben oder zu pachten.  

Faktisch wurde die Arbeit der Aktiengesellschaft ab 1901 aufgenommen. In ihr waren 700 Arbeiter beschäftigt. Bis 1913 hatte sich die Zahl der Arbeiter auf 3000 Mann erhöht, von denen 1687 Mann im Bergwerk von Jasinowskaja arbeiteten. Der Umfang der Bruttoeinnahmen des Unternehmens belief sich 1901 auf 238 200 Mark, 1903 – auf 256 700 Mark. Das Unternehmen war mit 55 Dampf- und elektrischen Antriebsmaschinen sowie 130 Koksöfen ausgestattet und besaß 6,5 Werst (6,89 km) eigenen Bahnanschlussgleise zur Jekaterininskaja-Bahnlinie.  

Ungeachtet der weltweiten Krise arbeitete der Partner der Aktiengesellschaft – die Societé miniere et industrielle d’Ekaterinovka (Bergbau- und Industriegesellschaft von Jekaterinowka) – stabil und belieferte weiterhin das deutsche Unternehmen mit Kohle für die Herstellung von Koks. Das Unternehmen besaß mit Stand von 1907 nicht nur die Kohlezechen von Jasinowskaja im Bezirk Taganrog des Don-Verwaltungsgebietes, sondern auch Steinkohlezechen im Gouvernement Jekaterinoslaw. Die Gesellschaftsführung investierte gleichfalls 20 000 Mark in die Entwicklung der Uraler Bergbau- und Industriegesellschaft. Zu dieser Zeit wurde das Vermögen der Gesellschaft auf 3 002 800 Mark geschätzt, und das Reservekapital belief sich auf 19 200 Mark.  

1914 wurde im Lugansker Bezirk auf Pachtland eine Grube von Bauern des Dorfes Wasiljewka für die Dauer von 19 Jahren für eine alljährliche Zahlung von 5000 Rubel erworben. Der Umfang des Aktienkapitals erhöhte sich im Vergleich zu 1899 (2 164 351 Rbl. oder 2 Mio. Mark) um das 2fache und machte 4 675 000 Mark (4 000 Aktien zum Stückpreis von 1 000 Mark) aus.

1915 besaß die Gesellschaft:

1) 75 Häuser (für Arbeiter mit Familien) mit einer Fläche von 2250 Quadratsaschen (4799,25 m2) für 1512 Personen;

2) 41 Kasernen (Internate bzw. Wohnkasernen) mit einer Fläche von 2000 Quadratsaschen (4266 m2) für Arbeiter ohne Familien;

3) ein Krankenhaus mit 34 Bettenplätzen und mit einer Cholera-Baracke;

4) ein Geschäft der Konsumgesellschaft, ein Gästehaus und Kontoreigebäude und

5) eine Schule mit drei Abteilungen für 130 Schüler.

Die Gesellschaft besaß Eigentumsrechte auf Grundstücke beim Dorf Nischnjaja Krynka des Taganroger Bezirkes des Verwaltungsgebietes des Donkosaken-Heeres mit einer Fläche von 80 Desjatinen (87,2 ha): 1) 74 Desjatinen 2389 Quadratsaschen (81,17 ha); 2) 2 Desjatinen 2331 Quadratsaschen (2,68 ha); 3) 2 Desjatinen 180 Quadratsaschen (2,22 ha). Ein Großteil des Bodens nahmen Schächte, Fabrik- und Betriebsgebäude sowie Bauten für die Angestellten und Arbeiter ein. Die freien Bodenflächen überließ die Gesellschaft den Arbeitnehmern zum Weiden von Vieh.  

Im Verzeichnis der Aktionäre, des geschäftsführenden Direktors, des Vorsitzenden sowie der Mitglieder des Aufsichtsrates hatten 1915 die deutsche Staatsbürgerschaft: F. v. Friedlaender-Fuld, Berliner Handelsgesellschaft, H. Berkemeier, A. Martin, E. Berve, M. von Bethusy-Huc, P. von Schwabach, B. Herbst und K. Burel. Am 14. Februar 1915 unterbreitete der amtierende Heeresataman des Donkosaken-Heeres der Südöstlichen Bergbau-Verwaltung, die Immobilien der Gesellschaft zu sequestrieren, da sie als ein rein deutsches Unternehmen angesehen wurde.

Als Konkursverwalter des Unternehmens wurden am 15. Februar 1915 auf Beschluss des Taganroger Bezirksgerichts die folgenden Gläubiger der Gesellschaft ernannt: den vereidigten Bevollmächtigten A. S. Bestschinskij, die Genossenschaft „Hirschfeld & Mounaim“ und die Verwaltung der Jekaterinoslawer Eisenbahndirektion. Am 4. April 1915 wies die Leitung der Gesellschaft den Vorschlag (vom 21. Januar) der Verwaltung der Industrieabteilung zum Verkauf der Steinkohlegruben und Kokereiöfen, die der Gesellschaft gehörten, innerhalb von zwei Wochen an russische Hand zurück. Minorskij teilte dem Ministerium für Handel und Industrie mit, dass der Vorstand der Gesellschaft gegen den Vorschlag zum Verkauf des Unternehmens protestiere: 1) Der Verkauf innerhalb so einer kurzen Zeit würde mit wesentlichen Verletzungen der Interessen der Aktionäre, Treuhänder und Gläubiger der Gesellschaft vollzogen werden. 2) Es könne kein Käufer gefunden werden, der in bar den Wert des Unternehmens entsprechend der Bilanz per 31. Dezember 1914 – 9 631 986 deutsche Mark und 81 Pfennige – bezahlen und der alle Rechte und Pflichten der Gesellschaft übernehmen könne.

Um auf die Führung der Aktiengesellschaft Druck auszuüben, war am 26. April durch den amtierenden Heeresataman des Donkosaken-Heeres in der Zeitung „Donskije oblastnyje vedomosti“ der Beginn eines Liquidationsverfahrens hinsichtlich des Unternehmens auf der Grundlage des „Liquidierungsgesetzes“ vom 2. Februar 1915 bekanntgegeben worden, das am 20. Oktober abgeschlossen werden sollte. Im Zusammenhang mit der durchgeführten Kampagne zur Liquidierung von Unternehmen ausländischer Staatsbürger von gegen Russland kämpfenden Staaten wurde am 9. Juni 1915 auf einer Sitzung des Ministerrates die Frage über die Liquidierung der „Russischen Montanindustrie-Aktien-Gesellschaft“ behandelt. Im Ergebnis wurde entschieden, die Behandlung dieser Frage bis zum Erhalt „ausführlicher Angaben über das Wesen und den Charakter der Tätigkeit der genannten Gesellschaft“ zu verschieben.

Um einen Verlust der investierten Mittel zu vermeiden, verkaufte die „Russische Montanindustrie-Aktien-Gesellschaft“ der Gesellschaft der Tulaer Gießereiwerke am 10. Oktober 1915 die Erzgruben Jasinowskij und Wassiljewskij, Kokereiöfen und einen Betrieb zur Gewinnung von Ammoniak und Gasteer mit allen Bauten, Inventar und Materialien.  

Am 24. Mai 1916 beschloss der Ministerrat, der Aktiengesellschaft die Genehmigung zur Vornahme von Operationen in Russland abzuerkennen. Am 13. Juli wurde diese Entscheidung gesetzgeberisch fixiert und veröffentlicht. 

INHALT

Archive

Staatsarchiv des Verwaltungsgebietes Rostow. F. 353. Op. 1. D. 496. Ll. 19–20; F. 455. Op. 1. D. 25. Ll. 3–4; Russisches historisches Staatsarchiv. F. 23. Op. 28. D. 1816. Ll. 1–3, 6, 9, 36, 52–52 ob., 71 ob., 74 ob., 83 ob.; Russisches militärhistorisches Staatsarchiv. F. 330. Op. 44. D. 1316. Ll. 3–9; Russisches staatliches Wirtschaftsarchiv. F. 218. Op. 1. D. 1. L. 63, 89.

Literatur

Ukazatel‘ deystvujuščich v Imperii akcionernych predprijatiy (Verzeichnis der im Reich arbeitenden Aktienbetriebe) / Unter der Red. von V. A. Dmitrieva-Mamontova. St. Petersburg, 1907. S. 1921; Ščerbakov, I. V. Germanskie predprijatija v gornodobyvajuščey promyšlennosti juga Rossii (konez XIX – načalo XX vv.) (Deutsche Unternehmen in der Bergbauindustrie von Südrussland (Ende des 19. – Anfang des 20. Jh.)) // Rubikon. 2001. № 13. S. 50; Tupolev, B. M. Ekspansija germanskogo imperializma v Jugo-Vostočnoy Evrope v konce XIX – načale XX vv. (Die Expansion des deutschen Imperialismus in Südosteuropa Ende des 19. – Anfang des 20. Jh.). M., 1971. S. 16. 

Autoren: Jerochina O. W.

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