KANTON GNADENFLUR, im Januar 1935 aus dem Kanton Fjodorowka ausgegliederte Gebietskörperschaft der Republik der Wolgadeutschen (1935-41). Kantonszentrum war das Dorf Gnadenflur. Nach Stand zum 1. Januar 1941 hatte der Kanton eine Fläche von 1728,3 km2. Flächennutzung (in Tausend Hektar): Ackerland - 138,9; Wiesen – 0,3; Höfe – 2,1; Nutz- und Gemüsegärten – 0,4; Obstgärten – 0,03; Gewässer – 1,5; sonstige Flächen - 3,0. Insgesamt 146.230 Hektar. Bevölkerung: 20.300 Einwohner, davon 51% Deutsche. Bevölkerungsdichte: 11,2 Einwohner pro km2. Auf dem Gebiet des Kantons befanden sich 20 Dörfer und eine Siedlung.
Industrie und Gewerbe: 30 Staatsunternehmen, eine gewerbliche Genossenschaft und 110 kleinere Kolchosbetriebe. Hauptgewerbezweig war die Mehlproduktion. In der Industrie des Kantons waren 350 Arbeiter beschäftigt, davon 160 in den Staatsunternehmen.
Die Kollektivierungsquote lag bei 100%, 2.650 Bauernwirtschaften waren in 26 Kolchosen zusammengeschlossen. Die durchschnittliche Saatfläche pro Kolchose lag bei 3.131,5 Hektar.
Auf dem Gebiet des Kantons befand sich die größte Getreide-Sowchose des Gebiets der Wolgadeutschen („Spartak“). Die Saatfläche des Kantons betrug 106.170 Hektar, davon entfielen 79.415 Hektar auf Getreide, 3037 Hektar auf Industriepflanzen, 732 Hektar auf Gemüse, Melonen und Kürbisgewächse (davon 284 auf Kartoffeln) und 22.986 Hektar auf Futterpflanzen. Die Kolchosen des Kantons wurden von vier Maschinen-Traktoren-Stationen bedient (Wosnesenka, Gnadenflur, Miuss, Soljanka), die über 270 Traktoren, 120 Mähdrescher und 33 Lastkraftwagen verfügten. In den Kolchosen des Kantons gab es 46 Kraftwagen. Die Getreide-Sowchose „Spartak“ hatte 50 Traktoren, 76 Mähdrescher, 14 Kraftwagen und 485 Arbeiter. Der durchschnittliche Ernteertrag für Getreide lag im Kanton in den Jahren 1935-40 bei 5,6 Doppelzentnern pro Hektar. 369 Hektar wurden künstlich bewässert.
Kantonsführung (nach Stand zum 1. Januar 1941):
Posten |
Name |
Geburtsjahr |
Nationalität |
Bildungsstand |
Parteimitglied seit |
Amtszeit seit |
1. Sekretär des Kantonsparteikomitees der WKP(b) |
A.W. Kitschajew |
1911 |
Russisch |
Grundschule |
1932 |
1938 |
2.Sekretär des Kantonsparteikomitees der WKP(b) |
D.Ch. Gildenberg |
1904 |
Deutsch |
Grundschule |
1932 |
1938 |
Vorsitzender des Kantonsexekutivkomitees |
G.S. Krasnopolskij |
1901 |
Russisch |
Grundschule |
1930 |
1938 |
Chef der Kantonsabteilung des NKWD |
W.A. Rodionow
|
1909 |
Russisch |
Siebenklassenschule |
1929 |
1940 |
In den Kolchosen gab es 93 Farmen, davon jeweils 26 Rinder-, Schaf- und Schweinefarmen, zwei Pferdehöfe und vier Kaninchenfarmen.
Viehbestand im Kanton (nach Zählung von 1940):
Tierart |
Gesamtzahl |
in den Sowchosen |
in den Kolchosen |
privat |
Rinder |
7523 |
677 |
2807 |
4039 |
davon Kühe |
3562 |
201 |
828 |
2533 |
davon Ochsen |
550 |
100 |
450 |
– |
Schafe und Ziegen |
19.626 |
4197 |
8846 |
6583 |
Schweine |
313 |
– |
1314 |
1999 |
Pferde |
1812 |
189 |
1623 |
– |
davon Arbeitspferde |
223 |
123 |
100 |
– |
Kamele |
164 |
7 |
157 |
– |
Im Kanton gab es 22 Grundschulen, acht Siebenklassenschulen und drei Mittelschulen mit insgesamt 4.165 Schülern, einen Kindergarten für zwölf Kinder, ein Kulturhaus, 21 Lesehütten, 32 Klubs und sieben Bibliotheken. 1940 wurde ein Kino mit 180 Plätzen eröffnet. Die Kantonszeitung „Stalinez“ erschien in deutscher und russischer Sprache. Eine Rundfunkzentrale mit einer Leistung von 9 Watt bediente 149 Rundfunkanschlüsse. Es gab ein Post- und Telegrafenkontor. Im Gesundheitswesen gab es zwei Krankenhäuser mit 32 Betten, vier Ambulanzen, neun Sanitäts- und Geburtshilfepunkte, sieben Trachom-Punkte, drei Entbindungsstationen mit neun Betten und eine Apotheke.
Die Kantonsorganisation der WKP(b) hatte 282 Mitglieder und 182 Kandidaten für die Mitgliedschaft, 38 Basisparteiorganisationen und zwei Kandidatengruppen. Es gab im Kanton 967 Komsomolzen und 51 Basisorganisationen des Komsomol.