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ZERR, Alexander Albertowitsch * 08.10.1950 in Tscheljabinsk, † 01.03.2019 in Moskau. Person des öffentlichen und religiösen Lebens

Rubrik: Biographische Beiträge (Personalien)
А.А. Церр

ZERR, Alexander Albertowitsch, * 08.10.1950 in Tscheljabinsk, † 01.03.2019 in Moskau. Person des öffentlichen und religiösen Lebens.

Zerr stammte aus einer ursprünglich im Gebiet Odessa ansässigen Familie repressierter Russlanddeutscher, die zum Zeitpunkt seiner Geburt in der Sondersiedlung in Tscheljabinsk lebte, wo sie sich nach der Entlassung aus der Arbeitsarmee niedergelassen hatte. Er lernte früh lesen und war ein leidenschaftlicher Leser. Von klein auf interessierte er sich für Musik und schloss an der Musikschule die Akkordeonklasse ab. Zeit seines Lebens spielte er für sich und im Freundeskreis. In den höheren Klassen war er aktiver Sportler (Tischtennis u.a.).

1968 nahm er ein Studium an der Fakultät für Kraftfahrzeuge und Traktoren des Polytechnischen Instituts Tscheljabinsk auf, das er 1973 mit Auszeichnung abschloss. Nach dem Studium arbeitete er in der Stadt Nabereschnyje Tschelny, wo er in den Jahren 1973-88 beim Kraftfahrzeughersteller KamAZ vom jungen Ingenieur zum Wirtschaftsdirektor des Motorenwerks aufstieg. 1988 übernahm er den Posten des Stellvertretenden Wirtschaftsdirektors der kurz zuvor errichteten Autofabrik Jelabuga (heute Produktionsvereinigung Autofabrik Jelabuga AG).

Zur Zeit der aufkommenden nationalen Bewegung der Sowjetdeutschen zog A.A. Zerr nach Saratow, wo er sich im Kampf für die Rehabilitierung und Rückkehr der Deutschen in das Saratower Wolgagebiet engagierte. Zerr gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Stiftung „Republik“ und war in den Jahren 1992–94 Stellvertretender Generaldirektor der Organisation „Hoffnung“. Als 1993 die überregionale Landsmannschaft der Wolgadeutschen gegründet wurde, war Zerr deren erster geschäftsführender Direktor.

Im September 1994 fand in Russland erstmals das Internationale Festival der deutschen Kultur statt, in dessen Rahmen in vier Städten des Wolgagebiets (Uljanowsk, Samara, Saratow und Wolgograd) Konzerte der besten Ensembles aus Russland, Kasachstan, Kirgisien, Deutschland, Usbekistan und der Ukraine durchgeführt wurden. Für die technische und organisatorische Umsetzung war größtenteils die Direktion der Landsmannschaft der Wolgadeutschen zuständig. Dank der von A.A. Zerr und seinen Mitarbeitern geleisteten Arbeit verlief das Festival erfolgreich und auf einem hohen künstlerischen und organisatorischen Niveau. Zehntausende Bewohner des Wolgagebiets konnten sich mit Kultur, Tradition, Bildender Kunst und Kunsthandwerk der Russlanddeutschen bekannt machen.

Auf Grundlage des der Förderung der sozialen, ökonomischen und kulturellen Entwicklung der Russlanddeutschen dienenden Föderalen Zielprogramms des Präsidenten wurden im Wolgagebiet mehrere Organisationen gegründet, die sich um die Umsetzung der dort formulierten Zielvorgaben kümmern sollten. Eine dieser Organisationen („Arbeitsplatz“), deren Ziel vor allem darin bestand, in den Dörfern Beregowoje und Tschkalowskoje (Rayon Rownoje, Gebiet Saratow) für russlanddeutsche Übersiedler bestimmte Wohnhäuser zu bauen, wurde in den Jahren 1994–97 von A.A. Zerr geleitet. Dank der von dieser Organisation geleisteten Arbeit konnten Dutzende russlanddeutscher Familien aus Mittelasien und Kasachstan in ihre historische Heimat zurückkehren.

A.A. Zerr war Delegierter aller Kongresse der Landsmannschaft der Wolgadeutschen, Teilnehmer aller Konferenzen der nationalen Kulturautonomie des Gebiets Saratow und mehrerer Kongresse der Föderalen nationalen Kulturautonomie der Russischen Föderation. Seit der Entstehung der gesellschaftlichen Bewegung der Russlanddeutschen war A.A. Zerr zudem Delegierter aller Kongresse der Russlanddeutschen.

1997 wurde A.A. Zerr nach der Gründung der staatlichen Stiftung „Russlanddeutsche“ in Abstimmung mit der Landsmannschaft der Wolgadeutschen für die Arbeit des Stellvertretenden geschäftsführenden Wirtschaftsdirektors dieser Stiftung empfohlen. 1999 wechselte Zerr in die Direktion des Föderalen Zielprogramms des Präsidenten für die Förderung der sozialen, ökonomischen und kulturellen Entwicklung der Russlanddeutschen des Ministeriums für Nationalitätenfragen der Russischen Föderation auf den Posten des Stellvertretenden geschäftsführenden Direktors für administrative Wirtschaftsarbeit.

1993 wurde in Saratow eine evangelisch-lutherische Gemeinde gegründet, zu deren Gründern und aktiven Mitgliedern auch A.A. Zerr gehörte. 2001 berief das Präsidium der Synode der Evangelisch-lutherischen Kirche des Europäischen Teils Russlands Zerr zu ihrem Verwaltungschef. In dieser Funktion leistete er in den Jahren 2001–11 einen unschätzbaren Beitrag zur Vollendung des strukturellen Aufbaus der Evangelisch-lutherischen Kirche in Russland sowie zu den Restaurierungsarbeiten der Evangelisch-lutherischen Peter-und-Paul-Kirche in Moskau.

Was immer er anging, in jeder Organisation und in jeder Funktion stand für A.A. Zerr das Ziel im Mittelpunkt, allen Schwierigkeiten und Hindernissen zum Trotz gewissenhaft die ihm auferlegten Aufgaben zu erfüllen, wodurch er sich bei allen, die ihn kannten und mit ihm arbeiteten, hohes Ansehen erwarb.

Auf dem Höhepunkt seines Schaffens und seiner Energie wurde A.A. Zerr auf tragische Weise aus dem Leben gerissen, was für alle Russlanddeutschen und ihre gesellschaftliche Bewegung einen schweren Verlust bedeutet.

Autoren: Tschikunowa N. Saratow

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