RU

neue
illustrierte elektronische

LITZENBERGER (Litsenberger), Olga Andrejewna, * 30. Mai 1971 in Saratow, russisch-deutsche Historikerin

Rubrik: Geschichte und Geographie der Ansiedlung der Deutschen im Russischen Reich, in der UdSSR und GUS

LITZENBERGER (Litsenberger), Olga Andrejewna, * 30. Mai 1971 in Saratow, russisch-deutsche Historikerin. Doktor der Historischen Wissenschaften und Professorin.

Litzenbergers Vater Andrei Filippowitsch Litzenberger (1949–2006) entstammte einer in Jagodnaja Poljana und Schönfeld ansässigen wolgadeutschen Familie und war hochrangiger Führungskader und Rechtsanwalt, Absolvent des Juristischen Instituts Saratow und der Akademie für Zivile Luftfahrt in St. Petersburg. Litzenbergers Mutter Tatjana Anfinogenowna, geborene Unschakowa (1949-2006) war Volkswirtin und Absolventin des Saratower Ökonomischen Instituts und entstammte der ethnokonfessionellen Gruppe der altgläubigen Kerschaki. 1982 zog die Familie von Saratow nach Raduschny (Gebiet Tjumen). Nach Abschluss der dortigen Allgemeinbildenden Schule Nr. 4 mit einer Silbernen Medaille kehrte Litzenberger nach Saratow zurück.

In den Jahren 1988-93 studierte sie an der Historischen Fakultät der Staatlichen N.G. Tschernyschewski-Universität Saratow, die sie mit der Qualifikation „Historiker und Geschichtslehrer“ abschloss. In den Jahren 1993-97 studierte sie in der Aspirantur an der Staatlichen Universität Saratow und verteidigte im Juni 1997 ihre dem Thema „Die evangelisch-lutherische Kirche und der Sowjetstaat (1917-38)“ gewidmete Promotionsschrift (wissenschaftlicher Betreuer: A.I. Awrus). In den Jahren 1995-1997 setzte sie ihr Studium am Seminar für Osteuropäische Geschichte der Philosophischen Fakultät der Universität Köln bei Professor A. Kappeler fort. In den Jahren 1997-2000 studierte sie an der Juristischen Fakultät der Wolga-Akademie für Öffentliche Verwaltung, die sie mit Auszeichnung abschloss. Von 1998 an war sie Leitende Lehrkraft und in den Jahren 1999-2008 Dozentin am Lehrstuhl für Rechtstheorie der Wolga-Akademie für Öffentliche Verwaltung und in den Jahren 2001-04 Doktorandin an der Staatlichen N.G. Tschernyschewski-Universität Saratow, wo sie im Mai 2005 ihre dem Thema „Die Römisch-katholische und Evangelisch-lutherische Kirche in Russland: eine vergleichende Analyse der Wechselbeziehungen zu Staat und Gesellschaft“ (18. bis Anfang des 20. Jahrhunderts)“ gewidmete Habilitationsschrift verteidigte. Wissenschaftlicher Betreuer war Prof. Dr. I.R. Plewe.

In den Jahren 2008-17 war Litzenberger Verwaltungschefin für Wissenschaft und Forschung sowie internationale Beziehungen, Leiterin des Lehrstuhls für Geschichte und Ethnokonfessionelle Beziehungen und Prorektorin für internationale Beziehungen des P.A. Stolypin-Verwaltungsinstituts des Wolgagebiets der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und Öffentliche Verwaltung beim Präsidenten der Russischen Föderation (Saratow). 2009 wurde sie Professorin am Lehrstuhl für Geschichte und Ethnokonfessionelle Beziehungen. Sie ist Mitglied von Dissertationsräten und wissenschaftliche Betreuerin von Dissertationen in den Fächern Politologie und Soziologie. In den Jahren 2013-16 war sie Mitglied des Expertenrats der Höchsten Attestierungskommission des Bildungs- und Wissenschaftsministeriums der Russischen Föderation im Fach Geschichte.

Im September 2017 zog Litzenberger mit ihrer Familie nach Deutschland. Seit 2019 ist sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Bayerischen Kulturzentrums der Deutschen aus Russland in Nürnberg. Sie konzipierte die Wanderausstellungen „Das Religionsleben der Russlanddeutschen: Lutheraner“ und „Das Religionsleben der Russlanddeutschen: Katholiken“ (2020, in deutscher Sprache).

Litzenberger ist bzw. war ständiges Mitglied der Internationalen Assoziation zur Erforschung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen (seit September 1995), Mitglied (seit 2003) und Vorsitzende (2009-17) des Sachverständigenrats für religiöse Fragen bei der Regierung des Gebiets Saratow, Mitglied des Rats für den Austausch mit nationalen und religiösen Vereinigungen beim Gouverneur des Gebiets Saratow (2014-17), Expertin des Netzwerk für ethnisches Monitoring und Frühwarnung (Network for Ethnic Monitoring and Early Warning of Conflict, EAWARN, 2004–2017), Konsultantin der „Integrity Action“ (Großbritannien, 2004-16), Mitglied des Göttinger Forschungszentrums des Instituts für Deutschland- und Osteuropastudien (Göttinger Arbeitskreises e.V., seit 2012) und Mitglied des Kuratoriums der „Stiftung zum Wiederaufbau des Musterbeispiels der deutschen Kirchenarchitektur Zürich-Sorkino“ (2013-15).

Auszeichnungen: Ehrenabzeichen der Russischen Akademie für Öffentliche Verwaltung „für herausragende wissenschaftliche Leistungen“ (2005), Ehrenmedaille des Föderalen Statistik-Dienstes „Für Verdienste bei der Durchführung der Allrussischen Volkszählung 2010“ (2012), „P.A. Stolypin-Medaille“ (2012). 2006 wurde sie auf die Ehrentafel der Mitarbeiter des Bildungswesens des Gebiets Saratow gesetzt.

Litzenberger war an der Arbeit von über 50 internationalen wissenschaftlich-praktischen Konferenzen in Russland, Deutschland, in den USA, in der Ukraine, in Israel, in der Schweiz, in Kasachstan und in Ägypten beteiligt. Sie war Drehbuchautorin und wissenschaftliche Beraterin mehrerer der Geschichte der Wolgadeutschen gewidmeter Dokumentarfilme sowie eines Kinderfilms (“Das Gespenst aus Zürich“, Regie: E. Gabidullin, 2017), hat über 300 wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht, die in Russland, Deutschland, in den USA, in Italien, Finnland, Moldawien und anderen Ländern erschienen, und ist Verfasserin von über 100 Einträgen in den vielbändigen Lexika „Orthodoxe Enzyklopädie“, „Katholische Enzyklopädie“ und „Enzyklopädie. Die Deutschen Russlands“. Zu den von   Litzenberger verfassten Monographien sind zwölf Rezensionen in angesehenen russischen Publikationen und im Ausland (Deutschland, Schweiz, Slowenien) erschienen.

Litzenberger ist mit Jewgeni Jurjewitsch Moschkow verheiratet (seit 1990) und hat drei Kinder: Philipp (*1999), Elisabeth (*2005) und Ernest (*2015).

Literatur

Международная ассоциация исследователей истории и культуры российских немцев. 1995–2010: Справочник / Сост. И.В. Черказьянова, Т.Б. Смирнова. М.: МСНК-пресс, 2010. C. 129–13

ЗEINE FRAGE STELLEN