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AMERICAN RELIEF ADMINISTRATION (ARA - Amerikanische HilfsverwaltungVerwaltung des Amerikanischen Hilfswerkes), Nichtregierungsorganisation in den USA, die zur Gewährung von Hilfe für die europäischen Länder gegründet wurde, die im 1. Weltkrieg gelitten hatten

Rubrik: Politische Geschichte

AMERICAN RELIEF ADMINISTRATION (A.R.A.), US-amerikanische private Hilfsorganisation, deren Gründungsziel darin bestand, den vom Ersten Weltkrieg in Mitleidenschaft gezogenen europäischen Staaten (Polen, Ungarn, Rumänien, Bulgarien usw.) Lebensmittel- und sonstige Hilfe zu leisten. Die von H. Hoover geleitete Organisation bestand in den Jahren 1919-23. Vor dem Hintergrund der im Jahr 1921 in Russland (und insbesondere im Wolgagebiet) ausgebrochenen Hungersnot unterschrieben der Stellvertretende Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten der RSFSR M. Litwinow und Vertreter der A.R.A. am 21. August 1921 in Riga ein die Verteilung von Hilfsgütern an die in Russland hungernde Bevölkerung regelndes Abkommen, dem zufolge die A.R.A. Komitees gründen durfte, die die Verteilung von Lebensmitteln und Speisung der Hungernden (in Form einer täglichen einmaligen Essensausgabe) organisierten. Die von der A.R.A. in Russland geleistete Arbeit wurde von W. Haskell geleitet. In der RSFSR unterhielt die A.R.A. Vertretungen in Moskau, Saratow und Marxstadt. Die Amerikaner erklärten, unverzüglich die ersten Waggons mit Lebensmitteln schicken zu wollen, wobei H. Hoover monatliche Hilfslieferungen im Wert von 1,2-1,5 Millionen Dollar in Aussicht stellte. Das Versprechen wurde gehalten.

Mitte Oktober 1921 besuchten Vertreter der A.R.A. zusammen mit Repräsentanten des „Internationalen Kinderhilfswerks“ das Autonome Gebiet der Wolgadeutschen. In Marxstadt fanden Verhandlungen statt, in deren Verlauf die praktische Umsetzung der Hungerhilfe erörtert wurde. Die A.R.A. übernahm die Speisung der Kinder in den im Gebiet der Wolgadeutschen gelegenen Bezirken Rownoje und Goly Karamysch. Vertreter der A.R.A. übergaben die Lebensmittel an die in den Dörfern und Städten bestehenden Hilfskomitees und kontrollierten die Speisung der Kinder, die in eigens zu diesem Zweck eröffneten Großküchen umgesetzt werden sollte. In der ersten Zeit sollten 100 solcher Großküchen eingerichtet werden. Alle Vorbereitungsmaßnahmen und insbesondere die Anlieferung der Lebensmittel wurden innerhalb eines Zeitraums von weniger als einem Monat umgesetzt, so dass die regelmäßige Speisung der Kinder in den Großküchen der A.R.A. am 21. November beginnen konnte.

Der unter den Kindern im Gebiet der Wolgadeutschen herrschende Hunger war so groß und schrecklich, dass die Vertreter der internationalen Organisationen, nachdem sie sich ein umfassendes Bild von der Lage vor Ort hatten machen können, die Verpflichtung auf sich nahmen, den Umfang der den Kindern geleisteten Hilfe entgegen den ursprünglichen Vereinbarungen maximal auszuweiten. Ende November wurden in den Großküchen der A.R.A. und des Kinderhilfswerks bereits 53.000 der insgesamt ungefähr 200.000 hungernden Kinder im Alter bis 15 Jahren versorgt. Anfang Dezember leistete die A.R.A. zusätzlich auch den in Krippen, Waisenhäusern oder Kinderkrankenhäusern befindlichen Kindern Hilfe.

Ende 1921 speiste die A.R.A. in den Bezirken Rownoje und Goly Karamysch 60.000 und zum 1. April 1922 (in den kritischsten Tagen der Hungersnot) sogar 105.500 Kinder. Im April begannen die Amerikaner, auch an die im Gebiet der Wolgadeutschen lebende erwachsene Bevölkerung Mais-Rationen auszugeben (im Bezirk Marxstadt 57.000, im Bezirk Rownoje 50.000 und im Bezirk Goly Karamysch 64.000 Hilfsempfänger, insgesamt 181.000 Personen). Im Juni 1922 stellte die A.R.A. zusammen mit dem Kinderhilfswerk die Versorgung von 436.000 Erwachsenen und Kindern sicher (91% aller Hungernden). Darüber hinaus wurden über den von der A.R.A. vor Ort aufgebauten Apparat auch von verschiedenen Religionsgemeinschaften und anderen ausländischen Organisationen (Quäker, Adventisten usw.) gespendete Lebensmittel verteilt. Derartige Lebensmittelspenden machten im Jahr 1922 1.280 Tonnen aus. Auf diese Weise half die A.R.A. in Zusammenarbeit mit dem Kinderhilfswerk der überwiegenden Mehrheit der hungernden Bevölkerung des Gebiets. Die regelmäßige Speisung der Bevölkerung im Gebiet der Wolgadeutschen wurde bis Ende September 1922 fortgesetzt, als der Hunger praktisch überwunden war. Im Verlauf des Septembers wurden die Reste der ins Wolgagebiet gelieferten Lebensmittel an zurückkehrende Flüchtlinge, Kinderheime und Krankenhäuser verteilt, woraufhin die Tätigkeit der A.R.A. im Wolgagebiet eingestellt wurde.

Das Abkommen der A.R.A. mit der Ukraine wurde am 10. Januar 1922 unterzeichnet. Inhaltlich entsprach die Vereinbarung nahezu vollständig der zuvor schon mit der RSFSR getroffenen Übereinkunft und sah eine Tätigkeit der Amerikaner auf dem Gebiet der Gouvernements Donezk, Saporoschje, Jekaterinoslaw, Charkow und Odessa einschließlich der dortigen deutschen Siedlungen vor. Die von der A.R.A. in der Ukraine geleistete Arbeit wurde von Harrington und Grow geleitet. Die A.R.A. unterhielt Vertretungen in Kiew, Charkow, Jekaterinoslaw und Odessa. Die Ausgabe der Lebensmittelhilfen begann in der Ukraine im März 1922 und dauerte bis zum 1. Oktober 1923. Im Verlauf des Jahres 1922 wurden in der Ukraine insgesamt 135.869.880 Rationen und im Frühjahr 1923 26.300.160 Rationen sowie Medikamente im Wert von 4 Millionen Rubel verteilt. Darüber hinaus war die A.R.A. auch in einigen Gebieten des Kaukasus und Sibiriens (Kreis Slawgorod) aktiv. Der Gesamtwert der dem Sowjetstaat zur Bekämpfung des Hungers geleisteten unentgeltlichen Hilfe (Lebensmittel, Kleidung, Medikamente) lag bei 63,1 Millionen Dollar.

Auch wenn sie die Tätigkeit der A.R.A. genehmigte und von dieser Hilfsleistungen annahm, betrachtete die bolschewistische Führung der Sowjetrepubliken und später der UdSSR diese als feindliche „imperialistische“ Organisation, weswegen sie deren Funktionäre unter Beobachtung stellte, deren Aktivitäten streng bevormundete und ihre Bewegungsfreiheit in den Gouvernements einschränkte. Zahlreiche Versuche der A.R.A., die Zusammenarbeit mit der sowjetischen Seite z.B. durch Gründung von Konzessionen auszuweiten, wurden zurückgewiesen. Am 15. Juni 1923 unterschrieb W. Haskell unter dem Druck der Sowjetbehörden das offizielle Protokoll über die Einstellung der von der A.R.A. in der UdSSR geleisteten Arbeit.

Literatur

Герман А. А., Немецкая автономия на Волге. 1918–1941. Ч. 1. Автономная область. 1918–1924, Саратов, 1992; Вине О. В., Помощь иностранных организаций голодающим автономной области немцев Поволжья в 1921–1922 гг., в кн.: Культура русских и немцев в Поволжском регионе, Саратов, 1993; Безносое А. И., К истории голода 1921–1923 гг. в немецких и меннонитских поселениях юга Украины, в кн.: Украинско-немецкие связи в новое и новейшее время, Днепропетровск, 1995, с. 117–127.

Autoren: German A., Ostaševa N.

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