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MENNO-KUBAN-SIEDLUNG , 1863 von aus der Kolonie Gnadental (Mennonitenbezirk Molotscha, Gouvernement Taurien) stammenden Neumennoniten im Kosaken-Bezirk Batalpaschinsk (Gebiet Kuban) gegründete Siedlung

Rubrik: Geschichte und Geographie der Ansiedlung der Deutschen im Russischen Reich, in der UdSSR und GUS / Geschichte der Ansiedlung

MENNO-KUBAN-SIEDLUNG, 1863 von aus der Kolonie Gnadental (Mennonitenbezirk Molotscha, Gouvernement Taurien) stammenden Neumennoniten im Kosaken-Bezirk Batalpaschinsk (Gebiet Kuban) gegründete Siedlung.

Nachdem sie sich bereits 1861 „probeweise“ niedergelassen hatten, gründeten die Übersiedler 1863 die beiden Kolonien Alexanderdar und Wohldemfürst, die ihren Namen zu Ehren des Zaren Alexander II. bzw. des Großfürsten Michail Nikolajewitsch erhielten. Von dem deutschen Namen Wohldemfürst leitete sich auch der russische Name Welikoknjascheskoje ab. Unter den Kolonisten selbst waren zudem die Namen Oberdorf (Wohldemfürst) und Unterdorf (Alexanderdar) gebräuchlich.

Die beiden Kolonien befanden sich in unmittelbarer Nähe zueinander und bildeten eine Verwaltungseinheit. Sie hatten eine gemeinsame Versammlung (die in einem in Wohldemfürst errichteten Gebäude zusammenkam), wählten einen gemeinsamen Oberschulzen, einen gemeinsamen Gemeindeältesten sowie 2-3 Helfer.

Die Bebauung erfolgte auf beiden Seiten einer bis zu 40 Meter breiten Straße. Die mehr oder weniger baugleichen einstöckigen Steinhäuser waren mit Ziegeln gedeckt und hatten in der Regel vier Zimmer (entsprachen aber nicht in allen Fällen dem klassischen mennonitischen Grundriss).

Die Kolonisten waren vor allem im Ackerbau, in der Milchwirtschaft, in der Pferdezucht, im Wein- und Obstanbau sowie im Handel tätig. Eine Landzuteilung von 65 Desjatinen galt als volle, eine Landzuteilung von 32,5 Desjatinen als halbe Wirtschaft. Jeder Kolonist erhielt in unmittelbarer Hofnähe vier Desjatinen Land (zur Nutzung als Obst- oder Gemüsegarten) sowie anteilig vierzehn Desjatinen gemeinsames Weideland, so dass 47 (im Fall einer vollen Wirtschaft) bzw. 13,5 (im Fall einer halben Wirtschaft) Desjatinen Ackerland blieben. Die Landstücke lagen verstreut, Umverteilungen wurden nicht durchgeführt. Jeder Landwirt hatte das Recht, sein Land zu veräußern, sofern es sich bei den Käufern bzw. Pächtern um Glaubensbrüder handelte.

Angebaut wurden vor allem Weizen, Gerste, Hafer, Mais, Winterroggen, Senf, Rizinus, Raps, Sonnenblumen und Schneckenklee. Die Äcker wurden im Fruchtwechselsystem mit „glatter“ Pflügung und regelmäßiger Düngung bewirtschaftet. Jede Wirtschaft verfügte über 2-3 Pflüge (von denen einer mehrscharig war) sowie Eggen, Häufler, Schnittmaschinen und Garbenbinder. Der durchschnittliche Ernteertrag lag bei 100 Pud Weizen, 60 Pud Gerste, 150 Pud Hafer und 150 Pud Mais pro Desjatine.

Der vier Desjatinen große Obstgarten, in dem gewöhnlich Äpfel, Birnen, Pflaumen, Süß- und Sauerkirschen sowie Aprikosen wuchsen, brachte in Jahren guter Ernte Einnahmen von 1.700-2.000 Rubeln. In einigen Wirtschaften wurden bis zu 40 Sorten Wein angebaut (größtenteils Varianten von Muskateller). Der fünfzehn Desjatinen große gemeinschaftliche Weingarten erbrachte Jahreseinnahmen von 1.700 Rubeln, die zum Teil zur Begleichung der Abgaben verwendet wurden.

Die Kolonisten betrieben Pferdezucht und hatten 6-7 Pferde pro Hof, die bei allen landwirtschaftlichen Arbeiten eingesetzt wurden. Die Hengste wurden auf Kosten der Gemeinschaft erworben. Kühe wurden nur für die Milchproduktion gehalten. Jede volle Wirtschaft hatte sechs Kühe.

1885 wurde in der Menno-Kuban-Siedlung eine gemeinschaftliche Käserei errichtet, deren Inbetriebnahme durch eigens aus der Schweiz eingeladene Spezialisten erfolgte. Auf der Kaukasischen Industrie- und Landwirtschaftsmesse wurde der Betrieb 1889 für den dort produzierten Käse mit einer Silbernen Medaille ausgezeichnet. Im gleichen Jahr wurde eine Konsumgenossenschaft gegründet, die neben der Käserei auch über einen Laden und einen Weinkeller verfügte.

Um die Jahrhundertwende gab es in Wohldemfürst zwei Sägewerke, eine Gießerei, eine Ziegelei sowie eine Ölmühle (Raps-, Sonnenblumen- und Mohnöl), vier Mühlen (zwei durch Verbrennungsmotoren angetriebene Mühlen sowie jeweils eine Dampf- und eine Wassermühle), drei Landmaschinendepots (deren Besitzer I. Pankratz und J. Herzen waren), ein Kutschenlager, ein Terpentin-, Pech- und Kalklager, sechs Schmieden, neun Tischlereien, eine Schlosserei und fünf Schusterwerkstätten.

Über 80% der Bewohner konnten lesen und schreiben (der Schulbesuch war für Kinder im Alter von 7-14 Jahren verpflichtend), aber nur wenige Leute verfügten über eine mittlere oder höhere Bildung. 1908 wurde in Wohldemfürst ein neues Schulgebäude errichtet. Bis in die 1920er Jahre gab es in Wohldemfürst eine Dreiklassen- und in Alexanderdar eine Zweiklassenschule. Ende der 1920er Jahre wurde eine Siebenklassen- und Ende der 1930er Jahre eine Zehnklassenschule eröffnet. Bis 1937 blieb die Unterrichtssprache Deutsch. Die Mittel für den Unterhalt der Schule mussten die Kolonisten selbst aufbringen.

Neben den Neumennoniten ließen sich in den Kolonien auch Lutheraner, Altmennoniten, Templer und Adventisten nieder.

Nach 1917 gehörten Wohldemfürst und Alexanderdar infolge von Gebiets- und Verwaltungsreformen zum Rayon Newinnomyssk (Kreis Armawir, Region Nordkaukasus). Ende der 1920er Jahre wurden die beiden Dörfer zur Kolchose Leninfeld zusammengelegt. Am 23. Januar 1935 wurde das Dorf Welikoknjascheskoje zum Hauptort des neu eingerichteten Liebknecht-Rayons.

Im Oktober 1941 wurde die im Rayon ansässige deutsche Bevölkerung deportiert. Alexanderdar hörte als eigenständige Siedlung auf zu bestehen. In Welikoknjascheskoje wurden Evakuierte aus den frontnahen Regionen sowie Bewohner des Nachbarorts Olgino und anderer nahegelegener Dörfer angesiedelt.

Literatur

Заалов М., Меннониты и их колонии на Кавказе, в кн.: Сборник материалов для описания местностей и племен Кавказа, в. 23, Тифлис, 1897.

Archive

ЦДНИ СК, ф. 1, оп. 1; ф. 35, оп. 11, 12а.

Autoren: Plochotnjuk T. (Stawropol)

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