96. LENINGRADER SCHÜTZENREGIMENT „ASSR DER WOLGADEUTSCHEN“ (157. Schützenregiment „ASSR der Wolgadeutschen“) - Truppeneinheit im Verband der 32. Saratower Schützendivision.
Das 96. Leningrader Schützenregiment wurde aufgrund der die Truppen der 32. Saratower Schützendivision betreffenden Befehle Nr. 178/34 und 103 vom 19. Oktober 1925 gegründet und nahm im November des gleichen Jahres in vollem Umfang seine Aufgaben auf. Erster Kommandeur war Genosse Brynsow, erster Kommissar Genosse Kessler.
Das im Saratower Kasernenkomplex „1. Mai“ stationierte Regiment hob seine Rekruten in den Kantonen Marxstadt, Krasny Jar und Mariental sowie in der Stadt Pokrowsk aus, was zur Folge hatte, dass der Anteil der Deutschen unter den in dem Regiment dienenden Rotarmisten nie über 70% lag, so dass es nicht offiziell als nationaler Truppenverband anerkannt werden konnte. Immerhin konnten die Führung der Autonomen Republik der Wolgadeutschen und die Leitung des Regiments im Jahr 1927 durchsetzen, die Verbindung des Regiments zur ASSR der Wolgadeutschen auch in dessen Namen deutlich zu machen: So wurde das Regiment aufgrund von Befehl Nr. 135 des Revolutionären Kriegsrats der UdSSR in 96. Leningrader Schützenregiment „ASSR der Wolgadeutschen“ umbenannt.
Sieben Jahre lang versuchte die Führung der ASSR der Wolgadeutschen immer wieder, das Rekrutierungsgebiet des Regiments auf alle Kantone der Republik auszudehnen, was dem 96. Schützenregiment den Status eines nationalen Regiments verliehen hätte. Im Februar 1928 stellte das Präsidium des Zentralexekutivkomitees der ASSR der Wolgadeutschen beim Revolutionären Kriegsrat der UdSSR den Antrag, dem 96. Schützenregiment den Status eines nationalen Regiments zu verleihen, der allerdings ebenso wie ein im Juli 1930 unternommener zweiter Versuch nicht von Erfolg gekrönt war. Aber auch wenn das Regiment offiziell keinen nationalen Status hatte, sprachen sowohl die Partei- und Sowjetführung der ASSR der Wolgadeutschen als auch die Leitung des Regiments und der Saratower Division immer wieder von einem „deutschen“ bzw. einem „nationalen“ Regiment.
Die militärische Ausbildung der Rotarmisten folgte dem allgemein üblichen Programm. Im Dienst gab es eine klare Abgrenzung, wann Russisch und wann Deutsch gesprochen wurde: Die militärische Ausbildung, die politische Arbeit sowie der schulische und außerschulische Unterricht erfolgten in deutscher Sprache.
Eine besondere Rolle spielte die regimentseigene Schule, an der die untere Kommandoebene für das deutsche Regiment ausgebildet wurde (von Ende 1926 an „Schule für Kommandeure der Reserve“). Alljährlich verließen Mitte Oktober frisch ausgebildete künftige Kommandeure der unteren Führungsebene die Schule, die auch eine eigene Kaserne und einen eigenen Klub hatte.
Bereits im ersten Jahr nach der Gründung der Schule konnte das Regiment die Kaderlücke bei Offizieren der unteren Kommandoebene schließen, was maßgeblich dazu beitrug, die militärische Kompetenz der deutschen Rotarmisten zu steigern.
Großer Wert wurde bei der Arbeit mit den deutschen Rotarmisten auf die kulturelle und politische Arbeit gelegt. Im Regiment fanden Konzerte und Theateraufführungen in deutscher Sprache statt, es gab Kurse für körperliche Ertüchtigung. Die monatlich mit einer Auflage von 50 Exemplaren erscheinende Regimentszeitung „Der Rotarmist des deutschen Wolgagebiets“ berichtete in deutscher Sprache über das Leben des Regiments und den Alltag der Rotarmisten. Die Kultur- und Politarbeit erfolgte im engen Austausch mit den Partei- und Sowjetorganen der ASSR der Wolgadeutschen, deren Regierung das Regiment auch finanziell massiv unterstützte.
Im Juli 1931 verlieh der Korpskommandeur dem Regiment für herausragende Schießleistungen sowie die vorbildliche Wartung und Beherrschung des Kriegsgeräts den Titel eines führenden Regiments der Division.
Als die 32. Saratower Schützendivision 1931 in den Fernen Osten verlegt wurde, wurde das 96. Schützenregiment aus dem Divisionsverband herausgenommen und nach Engels verlegt, wo es der neu formierten 53. Schützendivision unterstellt wurde. Auf diese Weise erreichte die Partei- und Sowjetführung der ASSR der Wolgadeutschen doch noch ihr Ziel, auf dem Gebiet der Republik ein „deutsches“ Regiment zu unterhalten, zu dem Soldaten aus allen Kantonen der ASSR der Wolgadeutschen eingezogen wurden. Nach seiner Verlegung auf das Gebiet der Republik wurde das Regiment offiziell in 157. Schützenregiment „ASSR der Wolgadeutschen“ der 53. Engelser Schützendivision des 12. Korps der Region Untere Wolga umbenannt. Auf einer gemeinsamen Sitzung des Zentralexekutivkomitees der ASSR der Wolgadeutschen und des Plenums der WKP(b) erklärte der Adjutant des Kommandeurs des 12. Schützenkorps Andrejew am 19. Oktober 1933: „Ihre 53. Engelser Division hat im ersten Jahr ihres Bestehens hervorragende Arbeit geleistet und bessere Ergebnisse erzielt als manche alte Divisionen im Korps. Im Jahr 1933 hat die Division erneut nicht nur hervorragende, sondern sogar mehr als hervorragende Ergebnisse abgeliefert.“
Im Zuge des Anfang der 1930er Jahre einsetzenden Umbaus der Roten Armee zu einer Kaderarmee verloren die territorialen Einheiten zunehmend an Bedeutung. Immer öfter wurden sie sachfremd eingesetzt und waren mehr mit dem „Sozialistischen Aufbau“ beschäftigt als mit ihren eigentlichen militärischen Aufgaben, was sich auch in den Berichten ihrer Kommandeure spiegelte, in denen sie ihre „mehr als hervorragenden“ Ergebnisse schon nicht mehr bei der Ausbildung der Soldaten, sondern in ganz anderen Bereichen erzielten: So wurde vor allem berichtet, wie viele Rotarmisten zu landwirtschaftlichen Arbeiten herangezogen wurden, wie viel Korn geschnitten, gedroschen, verladen und vom Feld geholt wurde, wie viel Stroh geschobert und gebunden wurde oder wie viele Traktoristen für die Regionsgetreidekooperative ausgebildet wurden.
In den insgesamt 13 Jahren ihres Bestehens leisteten in den auf dem Gebiet der ASSR der Wolgadeutschen stationierten Einheiten jedes Jahr etwa 4.500-5.000 junge Männer ihren Wehrdienst ab, was einer Gesamtzahl von 55.000-60.000 Mann entsprach. Im Jahr 1938 wurden die 53. Engelser Schützendivision und das zu dieser gehörige 157. Schützenregiment „ASSR der Wolgadeutschen“ aufgelöst und in das 496. Schützenregiment überführt.