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KREISKOMMISSAR , in den Jahren 1768-82 bestehendes öffentliches Amt, in dessen Zuständigkeit die unmittelbare Aufsicht über die im Gouvernement Saratow gelegenen deutschen Kolonisten lag

Rubrik: Politische Geschichte

KREISKOMMISSAR, in den Jahren 1768-82 bestehendes öffentliches Amt, in dessen Zuständigkeit die unmittelbare Aufsicht über die im Gouvernement Saratow gelegenen deutschen Kolonisten lag.

Die Berufung und Entlassung der Kreiskommissare erfolgte durch die Fürsorgekanzlei für Ausländer in St. Petersburg, die ihre Kandidaten an das Saratower Kontor überstellte. Ursprünglich waren von der Fürsorgekanzlei sechs und später zwölf Kreiskommissare vorgesehen, auch wenn es in der Praxis nie mehr als elf waren. Die Kreiskommissare waren dem Saratower Kontor der Fürsorgekanzlei für Ausländer unterstellt und stellten das Verbindungsglied zwischen dem Kontor und den gewählten Vertretern der Kolonien (Vorsteher und Beisitzer) dar.

Auf den Posten des Kreiskommissars wurden „gut beleumundete, fleißige und fürsorgliche“ Personen berufen, die sich in der Landwirtschaft auskannten und über Fremdsprachenkenntnisse verfügten. Zu ihren Pflichten gehörte die Vergabe von Geld- und Sachdarlehen an die Kolonisten sowie die Aufsicht über den rechtzeitigen Ankauf von Getreide, Vieh und landwirtschaftlichem Inventar, den Erwerb von Baumaterial und den Unterhalt der Magazine (viele Kreiskommissare waren zugleich auch für die Getreidemagazine zuständig). Die Kreiskommissare waren für die Kontrolle der von den Kolonisten geleisteten landwirtschaftlichen Arbeit zuständig und führten Buch über das frühjährliche und herbstliche Pflügen, die Aussaat sowie die eingebrachte Ernte. Zusammen mit den Vorstehern fuhren sie die Äcker der Kolonisten ab und überwachten Pflege und Unterhalt von Gewässern und Quellen sowie den Zustand der Kolonistenwirtschaften.

Die Kreiskommissare bestätigten die zwischen Gemeindemitgliedern und Geistlichen geschlossenen Verträge, sammelten das für den Unterhalt der Geistlichkeit und die Instandhaltung der Kirchengebäude bestimmte Geld ein und bestätigten Handelsgeschäfte unter den Kolonisten und zwischen den Kolonien. Der Kreiskommissar führte den Vorsitz über das Kreisgericht und erteilte die für das vorübergehende Verlassen der Kolonie benötigten Genehmigungen, durfte allerdings im Fall der Aufdeckung von Rechtsbrüchen ohne vorherige Absprache mit dem Saratower Kontor keine Strafen verhängen.

Zu den Pflichten der Kreiskommissare gehörte die Aufsicht über die Tätigkeit der Beisitzer und Vorsteher, die ihr Amt nur nach vorheriger Billigung durch den Kreiskommissar antreten durften.

Die Kreiskommissare erstellten monatlich Berichte über die in den von ihnen betreuten Kolonien herrschende Lage, die eine wichtige Quelle für die Erforschung der wirtschaftlichen Belange der im Wolgagebiet gelegenen deutschen Kolonien darstellen.

In der Praxis bereitete es dem Saratower Kontor große Probleme, geeignete Kandidaten zu finden, die den an die Kreiskommissare gestellten Anforderungen entsprachen, so dass ein einzelner Kreiskommissar zuweilen gleich zwei oder sogar drei Kreise gleichzeitig betreute. Die Kreiskommissare wechselten zudem oft von einem Kreis in den anderen, so dass in einigen Kreisen im Zeitraum von 1774 bis 1781 aus unterschiedlichen Gründen 4-7 verschiedene Kreiskommissare tätig waren. Angesichts des Mangels an geeigneten Kandidaten erlaubte die Fürsorgekanzlei für Ausländer, mit dem Anwerber Caneau de Beauregard gekommene Offiziere als Kreiskommissare zu berufen (so wurden im Jahr 1769 Otto Friedrich von Monjou, Leutnant Reifschneider, die Hauptleute Dietmar und Wilhelm sowie Unterleutnant Schenne, der Anwerber und Offizier Le Roy sowie der polnische Oberst Gogel und Leutnant Weiz zu Kreiskommissaren befördert). 1781 berief das Saratower Kontor unter Überschreitung der eigenen Kompetenzen eigenmächtig einige Offiziere auf den Posten des Kreiskommissars und zwang die Fürsorgekanzlei für Ausländer, die vorgeschlagenen Kandidaten zu bestätigen. In einigen Fällen wurden Mitarbeiter des Saratower Kontors (Kuriere, Archivare usw.) zu Kreiskommissaren. Ende 1774 fasste die Kanzlei den Beschluss, den Kreiskommissaren auf Kolonistenland gelegene Landstücke in der Größe von 60 Desjatinen zuzuweisen, auf Staatskosten Häuser zu bauen und ihnen ein jährliches Salär in Höhe von 150 Rubeln zu zahlen, das vom Saratower Kontor noch aufgestockt werden konnte (faktisch betrug das durchschnittliche Jahressalär eines Kreiskommissars 200-250 Rubel).

Im Jahr 1782 wurde das Amt des Kreiskommissars zusammen mit der Fürsorgekanzlei für Ausländer und dem Saratower Kontor abgeschafft. 1833 wurde das Amt eines Aufsehers über die Kolonien geschaffen, dessen Kompetenzen und Aufgaben an das Amt des Kreiskommissars angelehnt waren.

Autoren: Pleve I.

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