BAUERNAUFSTAND 1920–21, durch die extreme Unzufriedenheit der dörflichen Bevölkerung mit der von den Bolschewiki betriebenen Politik des „Kriegskommunismus“ und die im Wolgagebiet herrschende Hungernot ausgelöster Aufstand der im Autonomen Gebiet der Wolgadeutschen lebenden Bauern im Winter 1920/21 und Frühjahr 1921. Unmittelbarer Anlass waren Vorstöße aus dem Bezirk Ust'-Medwedizkaja (Gebiet der Donkosaken) kommender Aufstandsverbände auf das Territorium des Autonomen Gebiets der Wolgadeutschen. Die den Sozial-Revolutionären nahestehenden Führer des bereits Ende 1920 ausgebrochenen sogenannten „Aufstands der hungernden Bauern des Wolgagebiets“ arbeiteten ein „Programm“ der Bauernbewegung aus, das seinen Niederschlag in zahlreichen „Deklarationen“, „Aufrufen“ und „Befehlen“ der „Politischen Abteilung beim Hauptstab der aufständischen hungernden Bauern des Wolgagebiets“ fand. Die Aufständischen richteten sich gegen die von der RKP(b) in den Jahren 1918-20 betriebene Politik des „Kriegskommunismus“, gegen die faktische Errichtung eines Einparteiensystem und gegen die Verfolgung Andersdenkender.
Im Januar 1921 unternahmen die aus Ust'-Medwedizkaja kommenden Aufstandsverbände unter Führung des „Kommandierenden der Aufstandstruppen“ A. Wakulyn einen ersten, vor allem Erkundungszielen dienenden Vorstoß auf das Territorium des Gebiets der Wolgadeutschen, um die unter den Bauern herrschenden Stimmungen auszuloten, Agitation zu betreiben, potentielle Führer der Aufstandsbewegung im Dorf suchen und heimliche Waffenlager anzulegen. Zugleich wurden Requirierungskommandos entwaffnet und auseinandergetrieben. Nach Abschluss aller Vorbereitungsarbeiten kehrten die Aufständischen in die Gegend um Kamyschin zurück.
Hatten die Aufständischen bei ihrem ersten Vorstoß noch versucht, Gewaltakte zu vermeiden, rechneten sie bei ihrer Rückkehr auf das Territorium des Deutschen Gebiets Ende Januar grausam mit Kommunisten und Sowjet- und Gewerkschaftsführern ab. Bei Zusammenstößen mit Einheiten der Roten Armee erlitten Wakulyns Verbände schwere Verluste. Er selbst kam bei den Kämpfen ums Leben.
Anfang März wurden unter dem Kommando M. Pjatakows, eines früheren Rayonskommissars für Nahrungsmittelfragen, heimlich Aufstandskräfte zusammengezogen. Anfang März 1921 nistete sich ein Teil der Aufständischen nach heimlicher Querung der vereisten Wolga in den russischen Dörfern des einige Dutzend Kilometer südlich von Rownoje gelegenen Amtsbezirks Ilowatka ein. Ein anderer Teil wurde auf dem Rownoje gegenüberliegenden rechten Wolgaufer in den russischen Dörfern des Amtsbezirks Solotoje zusammengezogen. Mit Unterstützung der örtlichen Bauern kamen die Aufständischen in der Nacht auf den 17. März nach Rownoje und griffen am Morgen die Stadt an. Das Rownojer Bezirksrevolutionskomitee hatte allen Warnungen vor einem möglichen Angriff zum Trotz keinerlei Maßnahmen zur Verteidigung der Stadt ergriffen und keine Patrouillen organisiert. Das Wachregiment und eine kleine aus Milizionären bestehende Kavallerieeinheit, die die einzigen vor Ort verfügbaren Militärkräfte darstellten, wurden von dem Angriff überrascht und konnten den mehrere Tausend Mann starken Aufstandskräften keinen ernsthaften Widerstand leisten. Die Aufständischen töteten über Hundert Menschen, bei denen es sich größtenteils um Kommunisten, deren Familienangehörige, Sowjet-, Gewerkschafts- und Komsomolkader, Rotarmisten und Milizionäre handelte. An den Racheaktionen beteiligte sich auch ein Teil der ortsansässigen Bevölkerung.
Am Abend des 17. März wählten die Bewohner der Stadt auf einer allgemeinen Versammlung einen sogenannten „Fünferrat“ als neues Führungsorgan, auch wenn die reale Macht bei Pjatakow lag, der Rownoje zum Zentrum seines Kampfes gegen die Sowjetmacht machte. Am 18. März erging der Befehl, „im Namen der endgültigen Befreiung der werktätigen Bevölkerung vom Joch der kommunistischen Schinder und Kommissare […] unverzüglich die Siedlungen der Oberen, Mittleren und Unteren Rayone zum Aufstand zu erheben“. (Es folgte eine Aufzählung aller im Bezirk Rownoje gelegenen Dörfer). Am 19. März stürzten aus Staraja Poltawka, Charkowka und anderen russischen Dörfern kommende Aufstandseinheiten mit Unterstützung eines Teils der Kolonisten in Canneau, Morgentau, Straßburg, Frankreich und anderen im Süden des Bezirks Rownoje gelegenen Kolonien die Sowjetmacht. Auch wenn ein Teil der Kolonisten den Aufständischen politisch nahe stand, waren es nicht so sehr deren politische Losungen, die ihnen die Unterstützung sicherten, als vielmehr der Aufruf der Führung der Aufstandsbewegung, die Kornspeicher zu stürmen und das dort lagernde Getreide unter den Bauern zu verteilen Noch am gleichen Tag wurden in den russischen und deutschen Dörfern in aller Eile Kommandos aufgestellt, die die Bahnstation Gmelinskaja einnahmen und die dort aufgeschütteten großen Getreidevorräte in ihre Dörfern abzutransportieren begannen.
Die im Süden des Autonomen Gebiets erzielten Erfolge der Aufständischen waren nicht zuletzt durch den Umstand bedingt, dass sie nur auf geringen militärischen Widerstand trafen, da ihnen nur zahlenmäßig kleine Requirierungskommandos und die lokale Miliz gegenüberstanden. Überhaupt befanden sich abgesehen von dem in Marxstadt und einigen nahegelegenen Ortschaften stationierten 229. Regiment der Truppen der Inneren Sicherheit [WNUS – Truppen des Inneren Dienstes der Republik] und einigen Einheiten der Tscheka [WOChR – Truppen des Inneren Schutzes der Republik] keine regulären Truppen auf dem Territorium des Autonomen Gebiets.
Nach dem Fall von Rownoje leitete das Revolutionskomitee des Gebiets der Wolgadeutschen Notfallmaßnahmen ein, um die Abwehr der in das Gebiet eingedrungenen Aufständischen zu organisieren, und fasste alle auf dem Territorium des Gebiets befindlichen bewaffneten Einheiten unter einem gemeinsamen Kommando zusammen. Zum „Kommandierenden der Truppen des Gebiets der Wolgadeutschen“ wurde der Kommandeur des 229. Regiment der Truppen des Inneren Dienstes (WNUS) I. Poleschajew ernannt. Offenbar ohne genaue Vorstellung vom Ausmaß des beginnenden Aufstands stellte das Revolutionskomitee aus Kräften des 229. Regiments ein gerade einmal 100 Mann starkes Kommando zusammen, das um Marxstädter Kommunisten „verstärkt“ in Richtung Rownoje vorrücken sollte, um sich in Neu-Tarlyk mit den Roten Einheiten des Karamyscher Revolutionskomitees zusammenzuschließen und gemeinsam Rownoje einzunehmen. Das Kommando wurde aufgestellt, konnte aber nicht in die Kampfhandlungen eingreifen, da es in der Nacht auf den 22. März bei einem plötzlichen Angriff einer gut bewaffneten, über 200 Mann starken Kavallerieeinheit der Aufständischen vollständig vernichtet wurde.
Nachdem sie das in Neu-Tarlyk aufgestellte Kommando zerschlagen hatten, rückten die von Pjatakow geführten Aufständischen nach Norden in Richtung Marxstadt vor, wurden auf ihrem Vormarsch aber unerwartet von den Bewohnern des Dorfes Alexanderhöh gestoppt, die die Aufständischen nicht ins Dorf ließen und ihnen auch den Weg über die über den Fluss Nacha führende Brücke verwehrten. Erst am 31. März konnten die Aufständischen das Dorf einnehmen. Die Nachricht, dass es den Aufständischen gelungen war, das Rotarmisten-Kommando in Neu-Tarlyk zu schlagen, wirkte wie ein Brandbeschleuniger für den großen Bauernaufstand im Bezirk Marxstadt, dessen Epizentrum im Großdorf Mariental lag, wo es bereits am Abend des 22. März zu gären begonnen hatte, bevor am 23. März schließlich der offene Aufstand ausbrach. In den folgenden Tagen griff der Aufstand auf die Dörfer Podstepnoje, Krutojarowka, Raskaty, Susly, Stariza, Lugowaja Grjasnucha, Lipow Kut, Lipowka und einige weitere über. Das Szenario des Aufstands war überall das gleiche: Nach Ankunft der Abgesandten Pjatakows und kurzer Agitation bewaffneten sich die der bolschewistischen Macht gegenüber unversöhnlich gestimmten Bauern mit allem, was sie finden konnten (Flinten, Äxte, Forken usw.), verwüsteten den örtlichen Sowjet, metzelten die Widerstand leistenden Vertreter der Staatsmacht nieder und gründeten in Form sogenannter „revolutionärer Troikas“ ihre eigene Macht, deren erste Handlung darin bestand, die Getreideaufschüttungspunkte und Kornspeicher zu stürmen und das dort lagernde Getreide unter den Bauern zu verteilen.
Angesichts der Tatsache, dass es aufgrund der begrenzten eigenen militärischen Kräfte nahezu aussichtslos war, die Kontrolle über das gesamte Territorium des Gebiets der Wolgadeutschen zu halten, konzentrierte das Revolutionskomitee des Gebiets alle vorhandenen Kräfte in Marxstadt und organisierte dort die Verteidigung der Stadt, zumal auf dem Marxstadt gegenüberliegenden rechten Wolgaufer im Gouvernement Saratow recht starke Aufstandsverbände Popows aktiv waren. In den nahegelegenen Dörfern und an den Zufahrtswegen nach Marxstadt wurden Posten und Beobachtungspunkte errichtet, in der Umgebung der Stadt wurde unablässig patrouilliert. In Richtung der rebellierenden Dörfer wurden ständig Ausfälle unternommen, wodurch sich ein Übergreifen der Aufstände auf die in der Nähe von Marxstadt gelegenen Dörfer (Philippsfeld, Niedermonjou, Teljause, Enders, Paulskoe usw.) verhindern ließ. Zugleich wurde den Aufständischen der Weg in die nördlich von Marxstadt am Wolgaufer gelegenen Dörfer (von Obermonjou bis Glarus und Schaffhausen) abgeschnitten, wo die Lage ebenfalls äußerst angespannt war und es zu vereinzelten Aufständen hungernder Bauern kam.
Im auf dem rechten Ufer der Wolga gelegenen Bezirk Golyj Karamysch waren praktisch alle Dörfer in den Händen der Aufständischen. Das Bezirkszentrum selbst wurde belagert, aber die in der Stadt Golyj Karamysch stationierte Garnison (über 700 Mann, darunter fast 200 Kavalleristen) konnte alle Attacken auf die Stadt zurückschlagen und unternahm selbst zahlreiche Ausfälle, bei denen ein eigens aufgestelltes, von K. Farenbruch geführtes mobiles Kommando den Aufständischen in den nahegelegenen Dörfern empfindliche Verluste beibrachte.
Ende März kontrollierten die aufständischen Bauern weite Teile des Territoriums des Autonomen Gebiets der Wolgadeutschen. Allerdings sollte sich schon bald zeigen, dass zwischen den örtlichen Bauern und den Truppen Popows erhebliche Gegensätze bestanden. In den allermeisten Fällen billigten die deutschen Bauern die gegen Kommunisten und deren Familien, Mitglieder der Requirierungskommandos und das Sowjetaktiv gerichteten grausamen Racheakte nicht. So versteckten die Bewohner von Swonarjowka z.B. Kommunisten und die Dorfversammlung von Otrogowka nahm die Mitglieder des Dorfsowjets (einschließlich des Vorsitzenden) unter ihren Schutz, um sie vor Racheakten zu bewahren. Für große Empörung sorgte bei den örtlichen Bauern zudem die Tatsache, dass die Truppen Pjatakows in einigen Fällen (unter anderem in Rownoje und Canneau) das in den geplünderten Kornspeichern lagernde Getreide aus dem Gebiet der Wolgadeutschen ausführten. Darüber hinaus kam es immer häufiger vor, dass die Bauern offen ausgeraubt oder Opfer gewöhnlicher Straftaten wurden.
Statt wie erhofft nach dem siegreichen Aufstand Getreide zu bekommen und sich in Frieden wieder an die landwirtschaftliche Arbeit machen zu können, um die frühjährliche Aussaat vorzubereiten, sahen sich die Bauern in eine neuerliche Spirale der Gewalt gezogen und wurden zum Opfer eines Spiels der politischen Kräfte, was bei den Bauern Enttäuschung und Reue wachsen ließ. Endgültig kippte die Stimmung, als die Bauern erfuhren, dass die Abgabepflicht durch eine Lebensmittelsteuer ersetzt und einige Sondermaßnahmen des „Kriegskommunismus“ abgeschafft werden sollten. Am 22. März wurde das Gebietsparteikomitee der RKP(b) in einem von Lenin, Zjurypa, Osinskij und Molotow gezeichneten Telegramm angewiesen, alle Verbote von Kauf, Verkauf und Transport von Saatgetreide innerhalb einer Frist von einem Monat aufzuheben, woraufhin das Gebietsrevolutionskomitee am 24. März den Befehl ausgab, den „bedürftigen Bauern des Gebiets das volle Recht auf freien Ankauf und Transport von Saatgetreide vor Ort“ zu gewähren. Gleichzeitig verkündete das Revolutionskomitee in einem an die Bauern des Autonomen Gebiets gerichteten Aufruf die Abschaffung der Ablieferungspflicht, deren Ersetzung durch eine Lebensmittelsteuer sowie weitere auf die erfolgreiche Durchführung der frühjährlichen Saatkampagne zielende Maßnahmen der Sowjetregierung und rief die Bauernschaft auf, die Sowjetmacht und ihre neuen Maßnahmen zu unterstützen und mit dem „Bandenwesen“ zu brechen. Der Aufruf trug dazu bei, die Aufstandsbewegung im Gebiet abebben zu lassen.
Parallel zu den politischen wurden in Marxstadt auch militärische Maßnahmen zur Niederschlagung des Aufstands ergriffen. So wurde aus mehreren gut bewaffneten, in Marxstadt, Niedermonjou und Krasnyj Jar stationierten Einheiten eine Kampfgruppe aufgestellt, deren „Kommando“ dem früheren Kommandeur des 1. Katharinenstädter Kommunistischen Deutschen Regiments G. Fuchs übertragen wurde. Die gegen die Aufständischen gerichtete Offensive begann am Abend des 26. März mit einem ersten Angriff auf Swonarjow Kut, der vor allem klären sollte, wie stark die Kräfte der sich in dem Dorf verschanzenden Aufständischen waren. Am 27. März bereiteten sich beide Seiten auf den bevorstehenden neuerlichen Kampf vor. Der in Mariental befindliche „Stab der Ostfront der aufständischen hungernden Bauern“ verkündete die Mobilisierung aller in den aufständischen Dörfern ansässigen Männer im Alter von 18-45 Jahren und drohte zugleich allen, die sich dem Befehl verweigerten, „Strafen bis hin zur Erschießung“ an.
Am frühen Morgen des 28. März attackierte eine unter dem Kommando von A. Solnzew stehende Einheit der Roten Armee Swonarjow Kut und Swonarjowka und nahm diese nach kurzem, aber heftigem Kampf ein. Sofort begann von Lugowaja Grjasnucha aus eine Gegenattacke der Aufständischen, an der bis zu 300 Infanteristen und 150 Reiter beteiligt waren. Trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit (die Aufständischen hatten fast doppelt so viele Kämpfer) konnte Solnzews Kommando dank besserer Bewaffnung und geschickter Manöver die Attacke der Aufständischen abwehren und seinerseits am Abend fast kampflos Lugowaja Grjasnucha einnehmen. Am folgenden Tag eroberte ein Sonderkommando des Gebietsparteikomitees der RKP(b) unter dem Kommando W. Reschetows Stariza.
Am gleichen Tag erhielt der Marientaler Stab der Aufständischen von Pjatakow den Befehl, schnellstmöglich zwei bewaffnete Kavallerieeinheiten aufzustellen und zu ihm nach Rownoje zu schicken. Aber dieser Befehl ließ sich schon nicht mehr erfüllen. Am 30. und 31. März versuchte die militärische Führung der Aufständischen die Verteidigung der in ihren Händen verbliebenen Dörfer zu organisieren.
Bauern jeglichen Alters (einschließlich von Heranwachsenden) wurden gewaltsam mobilisiert und unter Androhung von Erschießungen gezwungen, Schützengräben auszuheben und Verteidigungsstellungen um die Dörfer zu halten. Da viele dieser Bauern praktisch ohne Waffen in den Kampf geschickt wurden, erlitten die Aufständischen im Kampf gegen die gut bewaffneten Einheiten der sowjetischen Truppen (die über Maschinengewehre und sogar Artillerie verfügten) gewaltige Verluste. Am Morgen des 1. April nahmen Kräfte des 229. Regiments Osinowka im Sturm und setzten ihre Offensive ohne zu stoppen in Richtung Lipowka fort, das sich kampflos ergab. Das Dorf Raskaty wurde im Kampf genommen. Gegen Abend erreichten die Kräfte der Roten Armee Krutojarowka und kesselten es ein. Eine handstreichartige Einnahme gelang allerdings nicht, da dieses letzte Dorf auf dem Weg nach Mariental gut befestigt und auf den Angriff vorbereitet war. Um das Dorf herum hatten die Aufständischen Schützengräben ausgehoben und aus Fuhrwerken, Pflügen, Eggen und Sandsäcken Barrikaden errichtet. Der Sturm von Krutojarowka begann am 2. April tagsüber. Der erbitterte Kampf dauerte anderthalb Stunden. Über 200 Aufständische wurden getötet. Noch am gleichen Tag (keine zwei Stunden später) mussten die Kräfte, die Krutojarowka eingenommen hatten, die Attacke einer aus Mariental kommenden aufständischen Reiterstaffel abwehren. An den Kämpfen in und um Krutojarowka waren auf Seiten der Roten 315 Infanteristen und 98 Kavalleristen beteiligt, die über zwei Maschinengewehre und ein Drei-Zoll-Geschütz verfügten. Eben diese Kräfte attackierten am Folgetag (3. April) auch den letzten verbliebenen Stützpunkt der Aufständischen in Mariental. Das erbitterte Gefecht dauerte über drei Stunden. Wie es in dem Kampfbericht hieß, waren „alle Straßen verbarrikadiert. Hinter den Barrikaden waren ein oder zwei mit Gewehren und sechs bis zehn mit Forken bewaffnete Leute. Bei den Kämpfen wurden nach vorläufigen Berechnungen 550 Menschen getötet... Auf unserer Seite gab es keine Verluste. 400 Personen wurden verhaftet.“ Mit der Einnahme von Mariental war der Bauernaufstand im Bezirk Marxstadt vollständig niedergeschlagen. Am 31. März setzten die rotgardistischen Kräfte ihre gegen die Aufständischen gerichtete Offensive im Bezirk Rownoje fort. Im Einzelnen begann das 241. Regiment der Truppen des Inneren Schutzes der Republik (WOChR) von der Station Gmelinskaja aus von einem gepanzerten Zug gedeckt den Vormarsch auf der Linie Charkowka – Canneau – Staraja Poltawka, während zugleich Kräfte der Roten Armee von Pokrowsk aus in den Bezirk Rownoje einmarschierten, auf ihrem Vormarsch am linken Ufer der Wolga in südlicher Richtung nacheinander die Dörfer Brabander, Deller, Bangert, Stahl, Kukkus, Lauwe, Jost, Laub, Dinkel und Straub und am Abend des 5. April schließlich Warenburg einnahmen, das ein wichtiger Stützpunkt der Aufständischen war. Am. 6.–7. April nahmen Offiziersschüler der Saratower Infanteriekurse einige entlang der Eisenbahnlinie Pokrowsk – Urbach gelegene Dörfer ein. Am 8. April wurde gegen die Aufständischen im Bezirk Rownoje eine dritte Front eröffnet, als ein weiteres großes Kommando der Roten Armee von Krasnyj Kut aus vorrückte und noch am gleichen Tag das Großdorf Hussenbach eroberte und etwa 200 Aufständische in Gefangenschaft nahm.
Angesichts der bevorstehenden Niederlage räumte M. Pjatakow noch am 5. April mit seinem Stab Rownoje und zog sich in südlicher Richtung in die russischen Dörfer zurück. Zugleich begannen die Aufständischen Kundschafterberichten der Roten Armee zufolge den ungeordneten Rückzug auf das rechte Wolgaufer in den Bezirk Golyj-Karamysch. Am 9. April rückten die rotarmistischen Kräfte von verschiedenen Seiten gegen Rownoje vor, überwanden den schwächer werdenden Widerstand der Aufständischen und standen zum Abend unmittelbar vor der Stadt, die in der Nacht auf den 10. April schließlich eingenommen wurde.
Nach der erfolgreichen Niederschlagung des Aufstands auf dem rechten Wolgaufer konnte das Gebiets-Revolutionskomitee alle ihm zur Verfügung stehenden Kräfte auf der Bergseite konzentrieren und den Behörden des Bezirks Golyj Karamysch bei der Niederschlagung der Aufstandsbewegung Hilfe leisten. Weitere Unterstützung erhielt das örtliche Revolutionskomitee in Golyj Karamysch auch von Seiten des Saratower Gouvernements-Revolutionskomitees, das eine von G. Skorochodow kommandierte große Kampfeinheit schickte. Innerhalb einer Woche durchbrachen die Einheiten G. Skorochodows, K. Farenbruchs und A. Lichatschows die Blockade um Golyj Karamysch, säuberten in verschiedenen Richtungen operierend alle Dörfer des Bezirks von Aufständischen und errichteten dort, ohne auf nennenswerten Widerstand zu treffen, wieder die Sowjetmacht. Am 16. April berichtete das Bezirks-Revolutionskomitee nach Marxstadt, dass der „gesamte Bezirk von Banden gesäubert“ sei. So war die Aufstandsbewegung der Bauern Mitte April im gesamten Gebiet niedergeschlagen.
Unmittelbar nach der Niederschlagung des Bauernaufstands begannen in den aufständischen Dörfern die auswärtigen Verhandlungen des Revolutionstribunals, das gegen die an dem Aufstand Beteiligten harte Strafen verhängte. Allein in den aufständischen Dörfern des Bezirks Marxstadt verurteilte das Tribunal 286 Personen zum Tod durch Erschießen. Hunderte Aufstandsbeteiligte wurden zu Haft in dem in der Nähe von Marxstadt gelegenen Konzentrationslager verurteilt. Der Besitz der Erschossenen und Verurteilten wurde konfisziert. Außerdem wurden gegen die an dem Aufstand beteiligten Dörfer durch Beschlussfassung des Bezirks-Revolutionskomitees Strafen verschiedener Art verhängt. So wurde z.B. gegen 20 im Bezirk Golyj Karamysch gelegene Dörfer eine „Fleisch-Strafe“ in Höhe von 5.000 Pud verhängt, die nach dem „Grad der Schuld jeden Dorfes“ unter diesen aufgeteilt wurde.
Герман A.A., Немецкая автономия на Волге. 1918–1941. Часть 1. Автономная область. 1918–1924, Саратов, 1992.