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Langans Martin Rudolfowitsch (1852–1883). Revolutionärer Volkstümler, starb in der Peter-und-Paul-Festung

Rubrik: Biographische Beiträge (Personalien) / Vertreter des sozialen Bereichs (Bildung, Medizin)

LANGHANS, Martin-Wilhelm (Martin Rudolfowitsch), * 10. Oktober 1852 in Cherson, † 11. September 1883 in St. Petersburg. Revolutionär, Narodnik [Volksfreund], Mitglied der revolutionären Gruppe „Narodnaja Wolja“ [„Volkswille“].

Langhans war der Sohn des aus Königsberg stammenden, evangelisch-lutherischen preußischen Staatsbürgers und Lehrers Rudolf Langhans. Nach Abschluss des Chersoner Gymnasiums nahm er 1870 ein Studium am Petersburger Technologischen Institut auf, das er allerdings bereits 1871 aufgrund von Krankheit und finanziellen Problemen abbrach. Er kehrte nach Cherson zurück und gab Privatstunden. 1872 zog er nach Odessa, wo er an der lutherischen Schule unterrichtete und Privatstunden gab. Noch während seiner Schulzeit am Gymnasium besuchte Langhans einen Schüler- und Studentenzirkel, der sich dem Selbststudium widmete. Nach seiner Rückkehr aus Petersburg wurde er Mitglied des Chersoner Narodniki-Zirkels, verteilte von der Zensur genehmigte „Volksbücher“ und organisierte Jugendversammlungen. 1873 war er Mitglied des Odessaer Tschaikowski-Zirkels, der den „Gang ins Volk“ organisierte. Als überzeugter Propagandist der von den Narodniki vertretenen Ideen betrieb Langhans Aufklärungsarbeit in fünf Arbeiter-Genossenschaftsbetrieben (200 Personen) und versorgte die örtlichen Narodniki mit illegaler Literatur. Im Winter 1873/74 unternahm er als einer der ersten Sozial-Revolutionäre in der Ukraine im Dorf Sapadnyje Kairy (Gouvernement Taurien) den „Gang ins Volk“. 1874 zog er mit N.P. Makkawejew durch das Gouvernement Cherson, um sich mit dem Leben der Bauern bekanntzumachen. Zusammen mit Leonid Ditscheskulo und N.P. Makkawejew gründete er im Dorf Popelnastoje (Bezirk Werchnedneprowsk, Gouvernement Jekaterinoslaw) eine Böttcherei. Im gleichen Jahr wurde er zusammen mit anderen Narodniki verhaftet. Während des Untersuchungsverfahrens bekannte er sich nicht schuldig, revolutionäre Propaganda betrieben zu haben. Aufgrund des Urteils im „Prozess der 193“ (1877/78) wurde er unter Aufsicht der Polizei gestellt. Zu dieser Zeit freundete er sich mit Alexander und Sofia Russow an, die auf ihrem bei der Staniza Dotsch (Bezirk Borsna, Gouvernement Tschernigow) gelegenen Landgut versuchten, einen dauerhaften [„sesshaften“] Gang ins Volk zu machen. 1879 wurde Langhans erneut verhaftet und nach sieben Monaten Haft als preußischer Staatsangehöriger ohne Recht auf Rückkehr des Landes verwiesen, woraufhin er nach Rumänien ging. 1880 erhielt er von dem in der Schweiz lebenden Mitglied der „Narodnaja Wolja“ N.A. Morosow das Angebot, seine Erinnerungen an die Zeit des „massenhaften Gangs ins Volk“ für das Buch „Die Geschichte der sozialistischen Bewegung in Russland in den Jahren 1873-75“ niederzuschreiben, und schickte diesem seine Aufzeichnungen. Im gleichen Jahr kehrte er nach Russland zurück, wo er dem Exekutivkomitee von „Narodnaja Wolja“ angehörte, unmittelbar an den Vorbereitungen des Attentats auf Zar Alexander II. beteiligt war, als „Hausherr“ der konspirativen Wohnung des Komitees fungierte und in ständigem Kontakt mit dem Kiewer Untergrund stand. 1881 wurde er nach der Ermordung Alexanders II. in Kiew verhaftet. 1882 stand er im „Prozess der 20“ vor dem Sondertribunal des Regierenden Senats. Zar Alexander III. begnadigte Langhans, verbannte ihn aber zu „ewiger“ Zwangsarbeit. Langhans starb in der Alexei-Ravelin der Peter- und Paul-Festung. Er ist Autor von „Erinnerungen“, die in der Zeitschrift „Archive der Ukraine“ (1969, Nr. 5) veröffentlicht wurden.

Literatur

Процесс 193-х, М., 1906; Процесс 20-ти народовольцев в 1882 году, Ростов-на-Дону, 1906; Русова С., Мартын Ланганс. Из воспоминаний, «Былое», 1906, № 5; Жебунев Л., Памяти A.A. Русова, «Украинская жизнь», 1915, № 10, Волк С.С., Народная воля, 1879–1882, М., 1966; Троицкий Н.А., Царизм под судом прогрессивной общественности. 1866–1895 гг., М., 1979; Светленко С.И., Немцы в народническом движении Украины 1870–1880-х гг., в сб.: Вопросы германской истории. Немцы в Украине. Материалы украинско-германской конференции, Днепропетровск, 26–29 сентября 1995 г., Днепропетровск, 1996.

Archive

ГАРФ, ф. 112, оп. 1, д. 380, л. 22, 23, 27, 31; д. 786, л. 3; д. 803, л. 82.

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