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Totleben Eduard Iwanowitsch von (1818–1884). Graf, Pioniergeneral, Generaladjudant, Leiter der Pionierarbeiten im Krim-Krieg, Oberkommandierender der russischen Armee auf dem Balkan während des russisch-türkischen Krieges, Administrator, Initiator der Einführung eines alternativen Wehrdienstes (Wehrersatzdienstes) für die Mennoniten, Mitglied des Staatsrates, Ehrenmitglied der zaristischen AdW

Rubrik: Biographische Beiträge (Personalien) / Vertreter des sozialen Bereichs (Bildung, Medizin)

TOTLEBEN, Eduard Iwanowitsch von (Franz Eduard), * 8. Mai 1818 in Mitau (Gouverment Kurland), † 19. Juni (1. Juli) 1884 in Bad Soden (Provinz Hessen-Nassau, Preußen, Deutschland). Staatsmann, Militärführer und Militäringenieur. Graf (ab 5. Oktober 1879), Ingenieur-General (1869), Generaladjutant (1855).

Totleben entstammte einer alten thüringischen Adelsfamilie, deren Abkommen im 18. Jahrhundert nach Kurland übergesiedelt waren, und war der Sohn des Kaufmanns der 2. Gilde Johann Heinrich von Totleben (1781-1855). Nach Abschluss des Rigaer Privatpensionats von Dr. Hüttel studierte er in den Jahren 1832-36 und 1837-38 an der Haupt-Ingenieurschule [spätere Militärakademie für Ingenieurwesen] in St. Petersburg, die er aus gesundheitlichen Gründen nicht abschließen konnte. Am 1. Januar 1836 trat er im Rang eines Fähnrichs seinen Dienst als Feldingenieur an. Im März des gleichen Jahres kam er zum Rigaer Ingenieurskorps, im April 1839 wurde er als Unterleutnant an das Grenadierbataillon und im Juli 1840 an das Ausbildungsbataillon des Pionierwesens in Zarskoje Selo überstellt. Im Auftrag des Militäringenieurs K.A. Schilder befasste er sich mit dem Bau von Minenstollen und leitete die der Optimierung des Minenkriegs dienende Arbeit in Kiew. In den Jahren 1848-49 nahm er an den Kampfhandlungen im Kaukasus teil, zeichnete sich bei der Belagerung von Gergebil aus und wurde am 25. September 1849 mit einem Goldenen Halbschwert mit der Aufschrift „Für Tapferkeit“ ausgezeichnet. 1850 kam Totleben als Adjutant des Chefs der Ingenieure der Feldarmee K.A. Schilder zum 2. Pionierbataillon (Warschau). 1851 wurde er an den Chef der Ingenieure des Garde- und des Grenadierkorps (St. Petersburg) überstellt.

Während des Krimkriegs (1853-56) nahm er von Januar 1854 an am Donau-Feldzug teil und war unter anderem an der Erstürmung von Calafat und der Belagerung Silistras beteiligt, wo er die Pflichten eines Schanzen-Majors ausübte. Im August wurde er vom Kommandeur der Süd-Armee General Fürst M.D. Golizyn nach Sewastopol entsandt, wo er am 21. September zum Chef des Ingenieurdienstes der Sewastopoler Garnison ernannt wurde und ein System von Feldschanzen, Batteriestellungen und Minenstollen anlegen ließ, das eine entscheidende Rolle für die Verteidigung der Stadt spielen sollte. Unter seiner Leitung wurden die Verteidigungswerke an der nördlichen Befestigungslinie verbreitert und an der südlichen Linie praktisch neu errichtet, so dass letztlich alle Zugänge zur Stadt gesichert und die Handlungsoptionen des Feindes erheblich eingeschränkt werden konnten. In der Schlacht bei Inkerman, bei der die in Sewastopol eingeschlossenen russischen Truppen am 5. November 1854 einen Ausfall versuchten, kommandierte Totleben einen Teil der Infanterie und schlug die Attacke der Engländer zurück. Am 8. Juni 1855 wurde Totleben durch einen Durchschuss am Bein verwundet, weigerte sich aber zunächst seinen Posten zu räumen und ließ sich erst nach einer weiteren Verschlechterung seines Zustands aus Sewastopol evakuieren. Für seine bei der Verteidigung der Stadt gezeigten Verdienste wurde er „zur Vergeltung seiner mustergültigen ingenieurtechnischen Arbeiten bei der Errichtung der Sewastopoler Verteidigungsanlagen“ und „zur Belohnung seiner am 6. Juni bei der Abwehr des feindlichen Sturms gezeigten glänzenden Tapferkeit und seines kaltblütigen Muts“ mit dem Orden des Heiligen Georg Vierter (3. September 1854) bzw. Dritter (15. Juni 1855) Stufe ausgezeichnet. Im Oktober 1854 wurde er zum Flügel-Adjutanten und im April 1855 zum Generalmajor mit Berufung in das Gefolge seiner Majestät befördert. 1855 leitete er die Befestigungsarbeiten in Nikolajew.

Im November 1855 wurde Totleben zum Adjutanten des Generalinspekteurs für die Ingenieurtruppen ernannt und leitete die dem Ausbau der Befestigungsanlagen von Kronstadt geltenden Arbeiten. Anschließend wurde er in den Jahren 1856-58 nach Deutschland und Frankreich kommandiert, wo er sich mit dem Festungsbau und der Organisation der Ingenieursarbeit bekannt machte. Vom 31. Oktober 1859 an war er Direktor des Ingenieur-Departements des Kriegsministeriums und gleichzeitig vom 12. Februar 1861 bis zum 2. März 1863 Chef des Stabs des Generalinspekteurs der Ingenieurtruppen. Am 28. Dezember 1862 wurde das Ingenieur-Departement zur Hauptverwaltung des Ingenieurwesens umstrukturiert, der Totleben vom 26. Januar 1863 bis zum 9. Juli 1877 vorstand, während er zugleich Stellvertretender Generalinspekteur für die Ingenieurtruppen und Vorsitzender des Ingenieurkomitees war und als Adjutant des Generalinspekteurs Großfürst Nikolai d.Ä. faktisch die Führung über die gesamten Ingenieurtruppen ausübte. Totleben ergriff eine Reihe von Maßnahmen, um die Grenzbefestigungen u.a. in Sveaborg, Dünaburg und Wyborg kampftauglich zu machen und die russischen Staatsgrenzen ingenieurtechnisch zu sichern. Als Mitglied der Sondersitzung zur Reorganisierung der Armee (1873) erarbeitete er einen Plan zur Steigerung der Verteidigungsfähigkeit des Landes, der eine Verstärkung der Festungen Nowogeorgijewsk, Iwangorod, Warschau, Grodno, Kowno und Bendery sowie der um Wilnius gelegenen Stellungen sowie den Bau von Befestigungsanlagen bei Brest, Osowiec, Dubno, Proskurow, Otschakow und Jampol vorsah. Im September 1876 wurde ihm zudem der Auftrag erteilt, die an der Schwarzmeerküste gelegenen Festungen verteidigungsfähig zu machen.

Nach Ausbruch des Russisch-Türkischen Kriegs wurde er am 2. September 1877 zum Adjutanten des Chefs der Westtruppe ernannt und übernahm die Leitung der Belagerungsarbeiten vor Plewna, bei dessen am 28. November erfolgter Einnahme er eine entscheidende Rolle spielte. Am 29. November 1877 wurde er „für kluge Anordnungen bei der Blockade von Plewna, die von der Gefangennahme der türkischen Armee Osman-Paschas gekrönt waren“, mit dem Orden des Heiligen Georg 2. Stufe ausgezeichnet. Von Dezember 1877 bis Februar 1878 kommandierte er die Osttruppe und wurde im April 1878 zum Oberkommandierenden der aktiven Armee auf dem Balkan ernannt. Da die Kriegshandlungen zu diesem Zeitpunkt faktisch schon eingestellt waren, bestand Totlebens Hauptaufgabe darin, Druck auf die türkische Front auszuüben, um die Regierung des Osmanischen Reichs in den Friedensverhandlungen gefügig zu machen. Zu dieser Zeit erwarb sich Totleben Bekanntheit in ganz Europa und galt als einer der besten Militäringenieure seiner Zeit.

Am 7. April 1879 wurde Totleben vorübergehend zum Generalgouverneur von Odessa und Kommandeur der Truppen des Odessaer Militärbezirks ernannt und konnte die in der ihm anvertrauten Region ausgebrochenen Unruhen durch Ergreifung entschiedener Maßnahmen in kürzester Zeit beenden. Vom Exekutivkomitee der Partei „Narodnaja Wolja“ wurde er daraufhin zum Tod verurteilt, überlebte aber zwei gescheiterte Attentatsversuche. Am 18. Mai 1880 wurde Totleben zum Generalgouverneur von Wilnius, Kowno und Grodno und Kommandeur der Truppen des Militärbezirks Wilnius ernannt und war von 1879 an zugleich Mitglied des Staatsrats. 1882 begab er sich aus gesundheitlichen Gründen ins Ausland und legte seine Amtsgeschäfte praktisch nieder, auch wenn er sein Amt formal bis zum Tod behielt.

Totleben war mit allen russischen Orden bis einschließlich des Ordens des Heiligen Andreas des Erstberufenen (1878; Diamantzeichen – 1883) ausgezeichnet. Im Einzelnen wurden ihm der Orden des Hl. Wladimir 1. Stufe (1874), der Orden des Hl. Alexander Newski (1868; Diamantzeichen - 1871), der Weißadlerorden (1865), der Orden der Hl. Anna 1. Stufe (1858) sowie der Orden des Hl. Stanislaw 1. Stufe (1856) verliehen.

Zunächst wurde Totleben in der auf seinem Gut Kedany (Gouvernement Kowno) gelegenen Grabkapelle beigesetzt, später aber auf den Bruderschafts-Friedhof in Sewastopol umgebettet (5. Oktober 1884).

1852 heiratete Totleben Wiktorina (Elisabeth Wiktorina Luisa) Leontjewna (* 29.11.1833, † 9.05.1907), Kavaliersdame des Ordens der Heiligen Katharina des kleinen Kreuzes (1904) und Tochter des Generalkonsuls von Hessen-Darmstadt in St. Petersburg Baron Ludwig von Hauff. Aus der Ehe gingen drei Söhne und zehn Töchter hervor.

Veröffentlichungen

Описание обороны г. Севастополя / под. ред. Э.И. Тотлебена. Ч. 1–2. СПб., 1863–1872; Объяснительная записка к проектам вооружения сухопутных крепостей. СПб., 1879; Указания для атаки и для обороны позиций. СПб., 1882; Записка о вооружении укреплений г. Николаева и вообще укрепленных позиций, предназначенных выдержать осаду. СПб., 1885.

 

Literatur

Генерал-адъютант Э.И. Тотлебен и падение Плевны // Герои и деятели Русско-турецкой войны 1877–1878. СПб., 1878; Кухар-Онышко Н.А. Военный инженер Э.И. Тотлебен. Николаев, 2010; Материалы для истории Крымской войны и обороны Севастополя / под. ред. Н. Дубровина. Вып. 15. СПб., 1871–1874; Резвина Ю.Е., Панухин П.В. Тотлебен. К 200-летию со дня рождения. Т. 1–2. М., 2018; Шильдер Н.К. Граф Эдуард Иванович Тотлебен. Его жизнь и деятельность. Т. 1–2. СПб., 1885–1886; Brialmont A.Н. Le général comte Totleben, sa vie et ses travaux. Bruxelles, 1884; Rieger. Todleben und seines Wirkens Bedeutung für die Kriegskunst der Zukunft // Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens. Wien, 1885; Krahmer G. General-Adjutant Graf Todleben. Berlin, 1888.

Autoren: Salesskij K.

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