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UNRUH Benjamin Genrichowitsch (1881–1959), Mennonit, Persönlichkeit des öffentlichen Lebens

Rubrik: Biographische Beiträge (Personalien) / Vertreter des sozialen Bereichs (Bildung, Medizin)

UNRUH Benjamin Genrichowitsch (* 17. September 1881 in Philippsthal (Temir-Bulat), Krim; † 12. Mai 1959 in Mannheim, BRD), Mennonit, Persönlichkeit des öffentlichen Lebens.

Stammte aus der Familie einesKirchenältesten von einer mennonitischen Brüdergemeinde. Nach Abschluss der Grundschule im Jahr 1895 studierte er an der zentralen Berufsschule der Kolonie Orlow (Molotschnaja) und an der zentralen Berufsschule in Halbstadt. Im Jahr 1900 legte er das Lehramt-Examen am Simferopoler Gymnasium ab. Reiste danach nach Basel (Schweiz), wo er sich am theologischen Seminar des reformatorischen Pastors W. Arnold und an der dortigen Universität einschrieb. 1907 erlangte U. den Grad eines Lizentiaten der Theologie (auf dem Gebiet der Kirchengeschichte und der Dogmatik) und kehrte in seine Heimat zurück. In Charkow absolvierte er 1909 das Examen für die Unterrichtsberechtigung in deutscher Sprache und Literatur. Unterrichtete Deutsch und Religion an zwei höheren Berufsschulen des Molotschansker Lehrerverbandes und an theologischen Studiengängen für jüngere mennonitische Geistliche. In der mennonitischen Presse veröffentlichte U. Artikel zu Fragen des Geschichtsunterrichts und der Religionspädagogik an Schulen. Verfasste das „Lehrbuch für Religionsunterricht“ (1911). Während des Ersten Weltkrieges war U. mehrere Male in Moskau und Petrograd und versuchte die Interessen derjenigen Mennoniten zu verteidigen, die im Zuge von antideutschen Kampagnen Schaden erlitten hatten. Nahm nach der Februarrevolution 1917 an der Arbeit des Gründungskongresses der „Union russischer Bürger deutscher Nationalität“ teil und plädierte dabei für den Beitritt der Mennoniten zu dieser Organisation. Setzte sich während des Russischen Bürgerkrieges 1917–1922 als einer der Hauptinitiatoren für die Aufstellung von Selbstverteidigungseinheiten in der Kolonie Molotschnaja ein. Versuchte außerdem eine Vereinigung mennonitischer Gemeinden zu gründen. 1919 wurde U. zum Leiter des Mennonitischen Zentralkomitees Südrusslands gewählt. Erverließ Russland1920 als Mitglied (Sekretär) einer Spezialkommission, die dazu geschaffen wurde, die Emigrationsmöglichkeiten russischer Mennoniten in die USA oder die Länder Westeuropas zu prüfen. 1922  beschloss Unruh, nicht nach Russland zurückzukehren und ließ sich mit seiner Familie in Karlsruhe nieder. Dabei unterrichtete er zunächst Russisch an einer technischen Hochschule. Er arbeitete daran, die internationale Zusammenarbeit der Mennoniten weiter zu entwickeln und zu festigen und war Vorsitzender des 1. mennonitischen Weltkongresses in Basel (1925). Beteiligte sich in den 1920er und 1930er Jahren an der Sammlung von Hilfsgeldern für Mennoniten, die in der UdSSR lebten (das Deutsche Rote Kreuz zeichnete U. für seine Verdienste mit dem Kreuz der 1. Klasse aus). Verfasste zahlreiche Artikel in mennonitischen Zeitschriften Europas und Amerikas. Die Artikel befassten sich mit Theologie, der Geschichte der Mennoniten, der Russischen Revolution sowie mit verschiedenen Aspekten der Innenpolitik der UdSSR. Die theologische Fakultät der Universität Heidelberg verlieh Unruh den Ehrendoktortitel. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er einer der Organisatoren der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, ab 1957 war er deren Ehrenmitglied.

U. war mit Frieda (geborene Heege), der Tochter eines mennonitischen Ältesten, verheiratet.

INHALT

Die niederländisch-niederdeutschen Hintergründe der mennonitischen Ostwanderungen im 16., 18. und Jahrhundert. Karlsruhe, 1955.

Literatur

Schleuning J. Prof. Benjamin Unruh // Heimatbuch der Deutschen aus Russland. Stuttgart, 1960; Unruh Heinrich B. Fügungen und Führungen. Benjamin Heinrich Unruh. 1881–1959. Ein Leben im Geiste christlicher Humanität und im Dienste der Nächstenliebe. Detmold, 2009.

Autoren: Smirnowa T.B.

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