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SCHMIDT Pjotr Petrowitsch (1867–1906). Marineoffizier, Teilnehmer der Revolution von 1905–07

Rubrik: Biographische Beiträge (Personalien) / Vertreter des sozialen Bereichs (Bildung, Medizin)

SCHMIDT, Pjotr Petrowitsch Junior, * 5. Februar 1867 in Odessa, † 6. März 1906 auf der Insel Beresan. Marineoffizier, Teilnehmer der Revolution von 1905–07.

Entstammte dem Adel des Gouvernements Cherson. Orthodox. Sohn von P.P. Schmidt Senior. Nach Abschluss des Berdjansker Gymnasiums besuchte er 1880 die Marinekadettenschule in St. Petersburg. Während seines Studiums stand er verschiedenen Quellen zufolge dem revolutionären Zirkel um N.N. Schelgunow nahe. 1886 kam er als Unterleutnant zur See zur Baltischen Flotte und nahm auf dem Eisbrecher „Jermak“ an der Nordmeerexpedition S.O. Makarows teil. 1889 quittierte er seinen Dienst und arbeitete bei der Azow-Schwarzmeer-Bank in Taganrog. 1892 kehrte er in den Dienst der Baltischen Flotte zurück. 1894 wurde er zur Pazifikflotte nach Wladiwostok versetzt. 1898 wurde er im Rang eines Leutnants in die Reserve entlassen und fuhr als Revisor auf den Hochseeschiffen der „Russischen Freiwilligen Flotte“ und der „Russischen Gesellschaft für Dampfschifffahrt und Handel“, später als Erster Offizier und Kapitän auf dem Dampfschiff „Diana“. Für die Rettung der Besatzung eines italienischen Schiffs wurde Schmidt vom italienischen König mit einer Medaille ausgezeichnet. Nach Ausbruch des Russisch-Japanischen Kriegs von 1904-05 wurde er als Reservist zur Flotte einberufen und im April 1904 zum Ersten Offizier des zum 2. Pazifischen Flottenverband gehörenden Kohletransporters „Irtysch“ ernannt. Im Januar 1905 wurde er in Port Said aus Krankheitsgründen an Land gesetzt. Nach seiner Rückkehr nach Sewastopol wurde er zum Kommandeur des zur Schwarzmeerflotte gehörigen Torpedoboots Nr. 253 ernannt.

Zu Beginn der Revolution von 1905-07 organisierte Schmidt in Sewastopol den „Bund der Offiziere und Volksfreunde“. Im August 1905 beteiligte er sich an der Gründung der „Odessaer Gesellschaft zur gegenseitigen Unterstützung der Seeleute der Handelsflotte“. Er war parteipolitisch ungebunden und bezeichnete sich selbst als „parteilosen Sozialisten“. Er verurteilte die Sozial-Demokraten für deren mangelnde Beachtung der Interessen der Bauern und die Sozial-Revolutionäre für deren terroristische Aktionen und sprach sich für eine nach allgemeiner und gleicher Wahl gewählte Verfassungsgebende Versammlung aus. Am 18. Oktober 1905 forderte er in Sewastopol auf einer der Herausgabe des Manifests vom 17. Oktober 1905 gewidmeten Versammlung die Freilassung aller politischen Gefangenen. Auf einer am 19. Oktober stattfindenden Versammlung rief er dazu auf, „keinen Fußbreit der erkämpften Menschenrechte zurückzugehen“. Zusammen mit 28 weiteren Abgesandten wurde er ausgewählt, um mit den Behörden Verhandlungen über die Freilassung der Verhafteten und die Aufhebung des Kriegsrechts in der Stadt zu führen. Am 20. Oktober 1905 wurde er wegen seiner Teilnahme an den politischen Demonstrationen verhaftet und auf dem Panzerkreuzer „Drei Hierarchen“ isoliert. Seine Auftritte auf den Versammlungen hatten Schmidt unter den Matrosen und Arbeitern Sewastopols populär gemacht, so dass er am 26. Oktober in Abwesenheit zum Deputierten des Sewastopoler Arbeiterrats auf Lebenszeit gewählt wurde. Auf Druck der Matrosen und Arbeiter wurde er am 3. November 1905 aus der Haft entlassen und am 7. November im Rang eines Kapitäns 2. Ranges aus dem Dienst entfernt. Nach Ausbruch des Sewastopoler bewaffneten Aufstands (11.–15. November 1905) trug ihm eine Abordnung der Matrosen das Kommando über die revolutionären Schiffe an. Am 14. November 1905 kam Schmidt auf den Kreuzer „Otschakow“, auf dem eine Rote Fahne und der Wimpel des Flottenkommandeurs gehisst wurden. In einem an Zar Nikolai II. adressierten Telegramm forderte Schmidt die Einberufung einer Verfassungsgebenden Versammlung. Auf dem Torpedoboot „Swirepi“ umfuhr er den Flottenverband und versuchte erfolglos, andere Schiffe zum Aufstand zu bewegen. Ein Ultimatum der Behörden sich zu ergeben ließ er verstreichen. Am 15. November wurde er nach Beschuss des Kreuzers „Otschakow“ durch regierungstreue Truppen verhaftet. Im Februar 1906 wurde Schmidt in der Stadt Otschakow vor Gericht gestellt (an seiner Verteidigung waren die angesehenen Anwälte A.S. Sarudny, F. Wrubljowski und A. Alexandrow beteiligt). Zar Nikolai II. befahl, das Verfahren gegen Schmidt von den anderen Fällen getrennt zu verhandeln und ein möglichst schnelles Urteil zu fällen. Die Vermutung, Schmidt könne aufgrund einer psychischen Erkrankung auf mildernde Umstände hoffen, wies der Zar entschieden zurück. Am 18. Februar 1906 wurde Schmidt zum Tod verurteilt und zusammen mit drei an dem Aufstand beteiligten Matrosen erschossen. Nach der Februarrevolution von 1917 wurde seine sterblichen Überreste nach Sewastopol umgebettet 1962 und 1980 wurden in Otschakow bzw. Berdjansk P.P.-Schmidt-Museen eröffnet. 1972 wurde auf der Insel Beresan ein Denkmal für Schmidt errichtet (eine Betonplatte in Form eines Segels).

P.P. Schmidt war mit Dominika Gawrilowna Pawlowa verheiratet. Ihr gemeinsamer Sohn Jewgeni Petrowitsch Schmidt (* 28. Februar 1889 in Kiew, † 23. Dezember in Paris) war Ingenieur. Nach der Scheidung der Eltern lebte er bei seinem Vater, mit dem er auch in den Tagen des Sewastopoler Aufstands von 1905 zusammen auf dem Kreuzer „Otschakow“ war. Er wurde verhaftet und später entlassen. Mit Beginn des 1. Weltkriegs verließ er das Technologische Institut Petrograd nach dem 4. Studienjahr, ging an die Unteroffiziersschule der Ingenieurtruppen und kämpfte an der Front. Nach der Februarrevolution von 1917 nannte er sich zur Erinnerung an seinen Vater Schmidt-Otschakowski. Nach der Oktoberrevolution schloss er sich der Weißen Bewegung an und trat als Freiwilliger der Denikin-Armee bei. 1920 wurde er von der Krim nach Gallipoli evakuiert und von dort im Oktober 1921 auf Kosten des Kommandos nach Prag gebracht, wo er sein Studium abschloss. 1930 ging er nach Frankreich.

Literatur

Севастопольское вооруженное восстание в ноябре 1905 года: Документы и материалы.  М, 1957; Попов М. Я. Лейтенант Шмидт // Украiнський iсторичний журнал. 1967. № 2; Самолис Г. В. Лейтенант Шмидт. М., 1983; Кардашев Ю. П. Буревестники.  М., 1987. *СИЭ, БСЭ-3.

Autoren: Šlâhov A.

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