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JOHANSEN German Eduardowitsch (1866–1930), Zoologe, Professor der Staatlichen Universität Tomsk

Rubrik: Biographische Beiträge (Personalien) / Vertreter des sozialen Bereichs (Bildung, Medizin)

JOHANSEN, German Eduardowitsch [15. (27.) Oktober 1866, Omsk – 22. Februar 1930, Tomsk], Zoologe, Professor der Staatlichen Universität Tomsk.

Die Familie Johansen stammt aus Schweden und Deutschland, ihre Vertreter zogen Anfang des 19. Jh. ins Baltikum. Der Vater, Eduard Heinrich Friedrichowitsch Johansen (18311912), war nach dem Abschluss der theologischen Fakultät der Universität Dorpat (1858) Pastor der evangelisch-lutherischen Kirche in St. Petersburg und Moskau. Seit 1860 war er Pastor der evangelisch-lutherischen Kirche von Omsk. Die Mutter, Fanni Charlotte Margaretta von Busch (18421885), von adeliger Abstammung, war Tochter eines Staatsrates. 1868 zog er zusammen mit seinen Eltern nach Twer. Nach dem Abschluss eines Gymnasiums in Twer wurde er an der naturwissenschaftlichen Abteilung der physikalisch-mathematischen Fakultät der Universität Dorpat immatrikuliert. Sein Aufsatz „Über embrionale Entwicklung vom Facettenauge beim Nesselfalter (Vanessa urticae L.)“ wurde mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Nach dem Abschluss der Universität mit dem Grad eines Doktors der Zoologie (1889) arbeitete Johansen eine Zeitlang im Gouvernement Smolensk, kehrte jedoch bald wieder an die Universität Dorpat zurück und bestand im Frühjahr 1891 ein Meisterexamen. Im Mai–September 1891 und im Jahr 1892 war er als Prosektor in der privaten biologischen Station von N. A. Abrikossow in Tarasowka bei Moskau tätig. Am 1. August 1893 bekam er die Stelle als Deutschlehrer und später als Lehrer der Naturgeschichte und Physik an der Realschule Alexejewskj in Tomsk. Seit Anfang 1894 arbeitete Johansen auf Eigeninitiative in seiner freien Zeit im zoologischen Museum der Universität und befasste sich mit der Aufbereitung seiner Sammlungen und der Museumsexposition. Im April 1899 wurde Johansen als außerplanmäßiger Assistent am Lehrstuhl für Zoologie ohne Gehaltszahlung eingestellt. Im August 1907 verließ Johansen die Realschule und wechselte ins zoologische Museum der Universität, wo er die Stellung eines Konservators erhielt. Im August 1913 wurde er nach der Ableistung der für den Ruhestand obligatorischen 20jährigen Dienstzeit auf Vorschlag des Betreuers des Bildungsbezirks Westsibirien für weitere 5 Jahre in seinem Amt belassen. Seit dem 1. Januar 1915 war er Oberassistent am Lehrstuhl für Zoologie der Technischen Universität Irkutsk. 1918 erhielt Johansen nach zwei Probevorlesungen den Grad eines Privatdozenten am Lehrstuhl für Zoologie der physikalisch-mathematischen Fakultät der Staatlichen Universität Tomsk, war 19011919 als Lektor für Deutsch an der Technologie-Hochschule Tomsk tätig. 1911–1920 unterrichtete er vergleichende Anatomie und Zoologie der Wirbeltiere bei Sibirischen Oberen Frauenkursen, leitete 19181920 das Kabinett für vergleichende Anatomie und Zoologie der Wirbeltiere der Universität Tomsk. Er nahm am Kongress für die Einrichtung eines Instituts für Sibirienforschung in Tomsk (1919) und wurde zum Mitglied des Instituts für Zoologie-Abteilung gewählt. Am 11. April 1921 wurde er auf einer Sitzung der physikalisch-mathematischen Fakultät zum Professor für vergleichende Anatomie und Zoologie der Wirbeltiere der Universität Tomsk gewählt. Johansen leistete einen bedeutenden Beitrag zum Werden und der Entwicklung des zoologischen Museums der Universität Tomsk. Am 9. Februar 1924 wurde er zum Leiter des zoologischen Museums der Universität Tomsk gewählt. Während der Zeit unter seiner Führung stieg auch die Zahl der Exponate beträchtlich. Johansen war ein vielseitiger Forscher, der sich für viele Bereiche der Zoologie, nämlich für Entomologie, Herpetologie, Ichthyologie etc. interessierte. Jedoch bildete die Ornithologie den Schwerpunkt seiner Forschung. Zu diesem Zweck wurde von ihm eine ganze Reihe von Forschungsreisen in verschiedene Teile Westsibiriens und des Altai unternommen. Der von ihm gesammelte Stoff wurde nach sorgfältiger Untersuchung ins zoologische Museum der Universität übergeben. Von ihm wurden die Unterarten der Vögel wie Beutelmeise, Birkhahn, Eule, Grauammer, Orient-Turteltaube, Trauerschnäpper, Sperber- und Gartengrasmücke, Steinschmätzer, Braunkehlchen und Steindrossel beschrieben. Als erster stellte Johansen in der Literatur die Brutreviere des Stachelschwanzseglers, der Flussseeschwalbe, des Grünen Laubsängers, Gartenspötters, Drosselrohrsängers und anderer Vögel in Westsibirien fest. 1912 begann Johansen als erster in Sibirien mit der Beringung der Vögel mit deutschen Ringen, durch deren Einsatz die Winterungsorte der Vögel aus Tomsk ermittelt werden konnten. Obwohl das wissenschaftliche Interesse von Johansen schwerpunktmäßig auf den ornithologischen Bereich konzentriert war, gab er auch seine entomologischen Forschungen nicht auf. 1924 wurde er als erster auf massenweises Aufkommen in der Umgebung von Tomsk eines gefährlichen Waldschädlings, der Falter des sibirischen Spinners, aufmerksam. Ferner war Johansen bei der Untersuchung der Fauna der Insekten bei der Einführung des Insektenfangs auf elektrisches Licht bahnbrechend. Er machte als erster eine Mitteilung über die Entdeckung der Nordhirsche in den Ursprüngen der Flüsse Om, Kargat, Schegarka und Baksa. Jedoch erlangte Johansen die größte Bekanntheit als Phänologe. Seine phänologischen Beobachtungen nahm er sofort nach seinem Umzug nach Tomsk auf. Der wichtigste Ort dafür war die Gegend mit Landhäusern, ein kleines Städtchen am linken Ufer der Tom in einem Nadelwald neben dem See Nestojannyj. Phänologische Beobachtungen wurden im Laufe von 30 Jahren regelmäßig durchgeführt, wodurch ihr besonderer wissenschaftlicher Wert begründet wird. Seit den ersten Tagen seines Aufenthalts in Sibirien begann Johansen mit der Führung eines Tagebuches phänologischer Beobachtungen der Tomsker Natur. Die Auszüge aus diesem Tagebuch wurden seit April 1911 als Kleinnotizen in Tomsker Zeitungen „Sibirskoje Slowo“ und „Utro Sibiri“ veröffentlicht. Johansen war Mitglied der Derpter Naturforschergesellschaft (1888), Moskauer Gesellschaft der Freunde der Naturkunde, Anthropologie und Ethnographie (1892), Tomsker landwirtschaftlichen Gesellschaft (1894), Gesellschaft der Naturforscher und Ärzte bei der Universität Tomsk (1894). 1918 wurde er zum Ehrenmitglied des 1. Sibirischen Ornithologie-Zirkels „S. A. Buturlin“ (später: Tomsker Ornithologie-Gesellschaft „S. A. Buturlin“, Sibirische regionale Ornithologie-Gesellschaft) gewählt. War Mitglied der Gesellschaft für Sibirienforschung und Produktivkräften Sibiriens. Ferner war Johansen Mitglied des Internationalen Präparatorenverbandes (1900), der Deutschen Ornithologie-Gesellschaft (19091914), korrespondierendes Mitglied des Ungarischen Ornithologie-Instituts, Redakteur der Sibirischen Sowjetischen Enzyklopädie für den Abschnitt „Tierwelt“. Aus der Feder von Johansen kamen ca. 140 Druckarbeiten über die Fauna und Phänologie Sibiriens. Dabei wurden von ihm ca. 65 Beiträge über sibirische Fauna und sonstige Fragen in deutscher Sprache veröffentlicht. Der Name von Johansen erhielten einige neue Tierformen.

In seiner ersten Ehe war er mit Adele Stecher (?1908) verheiratet, mit der er 3 Söhne (Horst, Wolfgang und Leo) hatte. Wolfgang (18961919) besuchte die Petrograder Hochschule für Forstwesen, kämpfte im Ersten Weltkrieg und wurde 1918 nach seiner Entlassung aus der Armee als Gasthörer an der Abteilung Naturwissenschaft der physikalisch-mathematischen Fakultät der Universität Tomsk immatrikuliert, zeigte große Begabung im Bereich der Ornithologie. Er wurde zur Armee des Admirals Koltschak eingezogen und ist bei Perm gefallen. Seinen Vornamen erhielt eine für Sibirien neue Finkform „Fuingilla coelebs Wolfgangi“. Aus der zweiten Ehe mit Adelina Kasparowna Heer (18741952) hatte Johansen den Sohn Bodo (19111996), der Professor der Staatlichen Universität Tomsk wurde.

Johansen wurde ausgezeichnet mit dem Hl. Anna-Orden des 3. Grades (1904), Hl. Stanislaw-Orden des 3. Grades (1900), der Medaille zu Ehren der Regierungszeit des Kaisers Alexander III. und Medaille anlässlich der 300jährigen Regierungszeit des Hauses Romanow. Hatte (bis 1917) den Rang eines Staatsrates. (1905).

INHALT

Arbeiten

Оологическая и нидологическая коллекция зоологического музея Императорского Томского университета // Известия Томского университета. – 1907. Кн. 28; Материалы для орнитофауны степей Томского края // Известия Томского университета. – 1908. Кн. 30; Птицы Семиречья и Туркестана, собранные экспедицией проф. В.В. Сапожникова в 1902 г. // Известия Томского университета. – 1909. Кн. 32; Томская природа в 1912 году. – Томск, 1914; Из жизни томской природы в 1913 г. // Труды Томского общества изучения Сибири. – Томск, 1915. Т. 3. Вып. 1; Из жизни томской природы: Фенологические заметки за 1914 и 1915 гг. // Известия Института исследования Сибири. – Томск, 1920. Т. 2; Новые и редкие для Томска чешуекрылые // Известия Томского университета. – 1925. Т. 75; Новые материалы по птицам Минусинского края и Урянхайской земли // Ежегодник государственного музея имени Н.М. Мартьянова в г. Минусинске. – 1929. Т. 6. Вып. 1.

Archive

ГАТО. Ф. 102. Оп. 1. Д. 871; Ф. Р–815. Оп. 1. Д. 116; Архив Музея истории ТГУ. Воспоминания проф. В.Н. Скалона; Личный фонд Б.Г. Иоганзена.

Literatur

Советская сибирская энциклопедия. Т. 2; Томский технологический институт за 25 лет своего существования: Юбилейный сборник. – Томск, 1928. Ч. 2; Рузский М.Д. Проф. Г.Э. Иоганзен (1866–1930): Некролог // Известия Томского университета. – 1931. Т. 83; Лаптев И.П. Жизнь и деятельность Г.Э. Иоганзена: К 100-летию со дня рождения // Вопросы зоологии: Материалы к III совещанию зоологов Сибири. – Томск, 1966; Гынгазов А.М., Крыжановская В.В. Г.Э. Иоганзен как орнитолог // Вопросы зоологии: Материалы к III совещанию зоологов Сибири. – Томск, 1966; Поспелова В.М. Г.Э. Иоганзен как энтомолог // Вопросы зоологии: Материалы к III совещанию зоологов Сибири. – Томск, 1966; Тюльпанов М.А. Г.Э. Иоганзен как фенолог // Вопросы зоологии: Материалы к III совещанию зоологов Сибири. – Томск, 1966; Профессора Томского университета. Биографический словарь / С.Ф. Фоминых, С.А. Некрылов, Л.Л. Берцун, А.В. Литвинов. – Томск: Изд-во Том. ун-та, 1998. Т. 2.

Autoren: Nekrylow S. A.

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