JOHANSEN, Hans Christianowitsch [20. November (2. Dezember) 1897, Riga – 18. Dezember 1973, Kopenhagen], Zoologe, Professor der Staatlichen Universität Tomsk.
War dänischer Abstammung. Sein Vater war Agraringenieur und befasste sich mit Meliorationsarbeiten. Seine Mutter Ingeborg (geb. Laudrup) versorgte den Haushalt. Johansen besuchte ein privates estländisches Gymnasium für adelige Jungen (ritterliche Domschule) in Reval (seit 1917 Tallin). 1916 wurde er an der medizinischen Fakultät der Universität Tomsk immatrikuliert. Nach der Eröffnung an der Universität der mathematisch-physikalischen Fakultät (1917) wechselte er in ihre naturwissenschaftliche Abteilung über, wo er unter der Betreuung von G. E. Johansen das Zoologie-Studium fortsetzte. Wegen materieller Schwierigkeiten musste er sein Studium unterbrechen und begab sich nach Berg-Altai, wo er seinen Unterhalt in den Wirtschaften der einheimischen Bewohner verdiente, als Lehrer im Dorf Iljinskoje der Wolost (Amtsbezirk) Peski des Ujesds Gorno-Altajskij (Karokorum) tätig war, als Sekretär des Dorfsowjets Rossoschi diente und Buchführer einer Konsumgenossenschaft im Dorf Kamenskoje war. Dabei stellte er seine Zoologie-Studien nicht ein, untersuchte die lokale Fauna, sammelte Vogelhäute. Er arbeitete als Zoologe in der Abteilung Naturwissenschaft im Volksmuseum Bijsk. Im November 1920 wurde er von der Ujesd-Abteilung für Volksbildung Bijsk nach Tomsk zwecks Fortsetzung seines Studiums entsandt. Im Frühjahr 1921 wurde Johansen im Zusammenhang mit der Heimführung ausländischer Staatsbürger aus der Universität ausgeschlossen. Im Herbst des gleichen Jahres wanderte er nach Deutschland aus und ließ sich an der Abteilung für Geographie und Zoologie der philosophischen Fakultät der Universität München einschreiben. Nach deren Abschluss (1924) verteidigte er seine Monographie „Baikalsee: Physikalisch- und biogeographische Übersicht“ als Dissertation um die Erlangung eines Doktorgrades in der Philosophie. Im gleichen Jahr kehrte er in die UdSSR als ausländischer Spezialist zurück. Auf Einladung von Professor G. E. Johansen kam er nach Tomsk und erhielt einen Assistentenposten am Lehrstuhl für vergleichende Anatomie und Zoologie der Wirbeltiere. 1926 unternahm er eine Expedition in die Region Ussurijsk zwecks Untersuchung der lokalen Fauna. 1927 untersuchte er die Fischfanggebiete der Region Narym und setzte gleichzeitig seine Forschung der Vögel fort. Er war stellvertretender Vorsitzender der Sibirischen Ornithologie-Gesellschaft, Mitbegründer und einer der Redakteure der Sibirischen Ornithologie-Ausgabe „Uragus“. Im Frühjahr 1928 erhielt er eine Einladung aus Wladiwostok, in Staatlicher Aktiengesellschaft von Kamtschatka das Amt eines Beraters über Polarfuchs- und Seerobbenfanggebiete der Kommandeur-Inseln zu übernehmen. Er ließ sich auf der Bering-Insel nieder und leitete dort 1928–1931 den wissenschaftlichen Bereich. Er befasste sich mit der Untersuchung und Beschreibung der lokalen Pflanzen- und Tierwelt, in erster Linie der Vögel. Von ihm wurde eine Sammlung aus 212 Vögeln zusammengebracht und eine gründliche Arbeit „Vögel der Kommandeur-Inseln“ verfasst. Nach dem Tod von Prof. G. E. Johansen wurde ihm die Leitung des Lehrstuhls an der Universität angeboten. Vom Herbst 1931 war er Professor, amtierender Leiter des Lehrstuhls für Zoologie der Wirbeltiere an der Staatlichen Universität Tomsk. Er leitete das Zoologie-Museum. Im Herbst 1937 wurde er als dänischer Staatsbürger vor die Alternative gestellt, die UdSSR binnen 10 Tagen zu verlassen oder die UdSSR-Staatsbürgerschaft anzunehmen. Er entschied sich für die Abreise, lebte eine Zeitlang in Tallin und war arbeitslos, hielt als Gastlektor Vorlesungen in Helsinki, Königsberg (heute Kaliningrad) und Riga. In Riga war er seit 1938 Zoologie-Professor am Herder-Institut. Als Estland 1940 als ein Bestandteil in die UdSSR einging, siedelte er nach Königsberg um und unterschrieb einen 4-Jahres-Vertrag mit dem Institut für orientalische Forschung. Im Mai 1944 zog er nach Kopenhagen. Er arbeitete in der Abteilung für Ornithologie des Zoologie-Museums von Kopenhagen. 1949 unternahm er zusammen mit norwegischen Ornithologen eine Expedition nach Spitzbergen. Im Januar 1956 besuchte Johansen die UdSSR und nahm an der Arbeit der 1. Unionskonferenz für Ornithologie in Moskau teil. Anfang der 1960er Jahre verließ er das Zoologie-Museum, gab jedoch seine Forschungsreisen nicht auf. In den 1960er–1970er Jahren bereiste er für Forschungszwecke Südamerika, Ostafrika, Südasien und Mexiko. Von ihm wurden ca. 70 wissenschaftliche Beiträge in der Ornithologie in russischer, deutscher, englischer und dänischer Sprache veröffentlicht. Seine größte Arbeit ist „Fauna der Vögel Westsibiriens“ (deutschsprachig). Darin gingen die Zeichnungen des berühmten sibirischen Ornithologen P. M. Salesskij ein. Sie wurde in Berlin in 22 Nummern des „Journal für Ornithologie“ (1943, 1944, 1953–1961) gedruckt und erschien mit der Widmung an G. E. Johansen. Johansen beschrieb 10 Unterarten der Vögel Westsibiriens und gab eine eingehende Charakteristik seiner Vogelwelt, indem er sämtliche zu damaliger Zeit in wissenschaftlicher Literatur enthaltenen Angaben nutzte. Dieses einzigartige Werk wird von Fachspezialisten noch mehrere Jahre genutzt.
Птицы Командорских островов // Труды Томского государственного университета. – 1934. Т. 86; Фауна гнездующихся птиц Салаирского кряжа // Труды Биологического научно-исследовательского института ТГУ. – 1935. Т. 1.
ГАТО. Ф. Р–815. Оп. 1. Д. 433; Оп. 3. Д. 817; Оп. 12. Д. 135; Оп. 18. Д. 138; Архив зоологического музея ТГУ. Личный фонд С.С. Москвитина.
Наука и научные работники СССР: Справочник. – Л., 1928. Ч. 6. Научные работники СССР без Москвы и Ленинграда; Г.Х. Иогансен: Некролог (на датском языке) // Dansk. orn. Foren. Tidsskr. – 1974. H. 68; Крылов Г.В., Завалишин В.В., Козакова Н.Ф. Исследователи природы Западной Сибири. Новосибирск, 1988; Профессора Томского университета. Биографический словарь / С.Ф. Фоминых, С.А. Некрылов, Л.Л. Берцун, А.В. Литвинов. – Томск: Изд-во Том. ун-та, 1998. Т. 2.