KÄMTZ (Kaemtz) Ludwig Friedrich (LjudwigMartynowitsch) (* 11. Januar 1801 in Treptow; † 8. Dezember 1867 in Sankt Petersburg), deutscher und russischer Meteorologe, Geophysiker und ab dem 5. November 1865 ordentlicher Akademiker der Sankt Petersburger Akademie der Wissenschaften an der Physikalisch-Mathematischen Abteilung (Physik). FernerDirektor der Obersten Physikalischen Sternwarte.
Kämtz war der Sohn eines einfachen Landwirts, geboren in Treptow an der Rega im Regierungsbezirk Stettin. Getauft nach dem lutherischen Ritus, gehörte er keiner Gemeinde an und ging niemals zur Kirche.
Zunächst besuchte K. die örtliche Schule und später das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Treptow sowiedie lateinische Schule im Weihenhaus in Halle. Nahm 1819 sein Studium an der Universität Halle auf, wo er sich anfänglich mit Rechtswissenschaften und Philologie beschäftigte. Entwickelte später aber eine Leidenschaft für Mathematik und hatte vor altgriechische Mathematiker zu studieren. Zu diesem Zweck begann er sich mit Mathematikwissenschaften und Physik auseinanderzusetzen. Mit der mathematischen Analyse wurde er durch J. W. A. Pfaff vertraut gemacht. K. hatte umfangreiche mathematische, naturwissenschaftliche, philologische und historische Kenntnisse.
1822 erhielt er für einen Sammelbericht zu Forschungen über die Integrale von Logarithmen den akademischen Grad eines Doktors der Philosophie. Bekam Ende 1823 die Stelle eines Privatdozenten in Halle und erlangte 1827 den Titel eines außerordentlichen und 1834 den eines ordentlichen Professors an der philosophischen Fakultät derselben Universität. Nach Kämtz‘ Eingeständnis war seine Situation dort, dadurch dass das physikalische Kabinett unter der vollen und alleinigen Leitung des Professors J. S. C. Schweigger stand, sehr unangenehm. Deswegen nahm Kämtz 1841 das Angebot an, in Russland zu arbeiten.
Von 1842 bis 1865 war Kämtz Professor und Ratsmitglied der Dorpatischen Universität. Leitete ab 1858 das Meteorologische Komitee, das an der Russischen Geographischen Gesellschaft (RGG) organisiert worden war. An der Abteilung für physische Geographie der RGG wurde 1859, unter der Redaktion von Kämtz, die weltweit erste meteorologische Zeitschrift „Repertorium für Meteorologie“ publiziert. Unter seiner Leitung wurden zehn Ausgaben herausgebracht, die zu drei Bänden zusammengefasst wurden. Die Artikel in dieser Zeitschrift wurden in der Sprache gedruckt, in der sie verfasst wurden: auf Russisch, Deutsch, Englisch, Französisch usw. Der Inhalt der Zeitschrift war vielfältig. In ihr wurden Ergebnisse und Schlussfolgerungen von Beobachtungen, die im ganzen Reich gemacht wurden, bekannt gegeben. Außerdem wurden hier auch Artikel von ausländischen Wissenschaftlern über allgemeine Fragen der Meteorologie sowie klimatische Darstellungen anderer Länder mit aufgenommen. Die Zeitschrift hatte großen Erfolg, besonders im Ausland. Ein großer Teil des im Repertorium enthaltenen Materials entstammte Kämtz‘ eigener Feder. 1864 wurde die Herausgabe aufgrund finanzieller Schwierigkeiten der RGG eingestellt und erst 1869 wieder aufgenommen.
1865 wurde K. zum ordentlichen Akademiker der Sankt Petersburger Akademie der Wissenschaften gewählt und wurde zur gleichen Zeit Direktor der Obersten Physikalischen Sternwarte (OPS) in Sankt Petersburg.
Die erste Periode von Kämtz‘ Tätigkeit kann man als „hallisch“ bezeichnen (1822-1841). In dieser Zeit begann seine Lehrtätigkeit mit „einigen der frühesten,in Deutschland verfassten,Vorlesungen über die Forschungen von Fresnel“. Er veröffentlichte eine ganze Reihe von Artikeln über die Erforschung von Elektrizitäts- und Lichtphänomenen, die erste Arbeit im Jahr 1823. Beschäftigte sich danach mit physikalischer Geographie und unternahm, zusammen mit F. Hoffmann, die Herausgabe einer großen geographischen Abhandlung. Die Herausgabe kam nicht zustande, aber Kämtz‘ beharrliche Mühen waren nicht vergebens.
Zwischen 1825 und 1831 schrieb er eine Reihe von monografischen Untersuchungen über die Veränderungen der Zustände von Barometern, über den Einfluss des Mondes auf das Barometer, über die Bestimmung der mittleren Tagestemperatur, über die Ursachen für die niedrigste Temperatur vor Sonnenaufgang, über die Jahresschwankungen der Temperatur, über das Nordlicht u. a. Die wissenschaftlichen Arbeiten dieser Periode behandeln Fragen über die Verteilung des Luftdrucks im Zusammenhang mit der Windrichtung in anderen Gebieten, über die höheren Schichten der Atmosphäre und über die Elemente des Erdmagnetismus. Besonders interessant sind seine Untersuchungen über die Feuchtigkeit und die Tagesschwankungen des Luftdrucks sowie über die Wärmetransparenz der Luft. In der Jahresschrift, welche unter der Redaktion von J. S. C. Schweigger herausgegeben wurde, veröffentlichte K. mehrere Artikel über Meteorologie und einige Übersetzungen von Artikeln über Physik. Von 1828 bis 1841 war Kämtz einer der Redakteure der „Allgemeinen Literaturzeitung“ und redigierte den dritten Teil des enzyklopädischen Wörterbuches von Ersch und Gruber, wobei er sich auf das Gebiet der Physik und verwandter Wissenschaftszweige beschränkte. In diesen Publikationen – und ab 1839 auch inSchumachers Jahresschrift – veröffentlichte er umfangreiche Artikel mit physikalischem und meteorologischem Inhalt. Kämtz‘ Ausarbeitungen im Bereich der Unterrichtsliteratur stellten sich als erfolgreich heraus – sein „Lehrbuch der Experimentalphysik“ wurde als Leitwerk an den preußischen Schulen übernommen.
In den Jahren 1831, 1832 und 1836 kam Kämtz‘ Hauptwerk „Lehrbuch der Meteorologie“ heraus, das als Klassiker auf dem Gebiet dieser Wissenschaft galt. Dieses stellte nicht nur die Zusammenfassung dessen dar, was K. vorher in Bezug auf Meteorologie erarbeitet hatte, sondern beinhaltete auch eine Reihe eigenständiger Untersuchungen in allen Teilen dieser Wissenschaft, welche nach einem gesamtheitlichen Plan durchgeführt wurden. Nach Meinung des Hauptsekretärs der Akademie der Wissenschaften, K. S. Wesselowskij, bescherte das Lehrbuch der Meteorologie Kämtz „nicht nur Ruhm, sondern bestimmte auch eine Epoche, welche die moderne Meteorologie als ihren Anfang ansehen kann“. Wesselowskij wies auf die erstaunliche Belesenheit und den Fleiß des Autors hin. Besonders hob er eine Anzahl scharfsinniger und interessanter eigenständiger Berechnungen und großartiger Beobachtungen sowie Experimente hervor. Er vermerkte die Klarheit der Darstellung, die Harmonie des Gesamtsystems und die Fülle der eigenen Forschungen von Kämtz, welche verschiedene Teilbereiche der Meteorologie bereichert haben.
Die von Kämtz selbst herausgebrachte verkürzte Darstellung seines Buches „Vorlesungen über Meteorologie“ (1840) wurde sehr bald durch M. Spasskij ins Russische („Tschtenie o Meteorologii“) sowie ins Fränzösische, Englische und Italienische übersetzt. K. bewertete seine Arbeit hingegen kritisch: „Wenn ich mich heute noch einmal mit dieser Arbeit beschäftigen müsste, würde ich nicht nur einige meiner Schlussfolgerungen, sondern auch grundsätzlich den überaus unvollkommenen Aufbau des ganzen Buches ändern“.
Von 1841 an lebte und arbeitete Kämtz in Russland. 1841 wurde er Kandidat für den Lehrstuhl für Physik an der Dorpatischen Universität. Als A. Gebel, stellvertretenderDekan der Physikalisch-Mathematischen Fakultät,Kämtz vorstellte, wies der Erstere auf die für einen Professor der Physik besonders wertvollen Eigenschaften von Kämtz hin, wie zum Beispiel die außerordentliche Klarheit der Darstellung, den weitenWissenshorizont, die Stichhaltigkeit, das Gelingen im Experimentieren, die umfassende Lehrpraxis und schließlich die Fähigkeit, Zuhörer, die in großer Zahl zu ihm strömten, zu begeistern. K. wurde sowohl von der Fakultät als auch vom Universitätsrat einstimmig gewählt und ab dem 30. Dezember 1841 in der Position eines ordentlichen Professors der theoretischen und praktischen Physik an der Dorpatischen Universität bestätigt. Offiziell trat er diese Stelle aber erst am 31. August 1842 an. Damit begann die „dorpatische“ Periode seines Lebens und seiner Tätigkeit. K. war bemüht die neuen Pflichten gegenüber seiner neuen Heimat gewissenhaft zu erfüllen und beschäftigte sich, abgesehen von den Hauptaufgaben seiner Position, mit der detaillierten Erforschung der physikalischen Geographie, Meteorologie und des Erdmagnetismus im Russischen Reich. Das Ergebnis dieser Tätigkeiten war eine lange Liste von Arbeiten und Untersuchungen und ein sehr reichhaltiges Material an Beobachtungen, von dem nur ein kleiner Teil gedruckt wurde. In einigen Semestern hielt Kämtz zwei Stunden in der Woche Vorlesungen speziell über die physikalische Geographie Russlands und wählte dafür seine Materialien sorgfältig aus. Für diesen Zweck machte er sich mit der russischen Sprache vertraut und stellte ein ganzes Band an Notizen zu diesem Fach zusammen. In wissenschaftlicher Hinsicht präsentierte K. teils fertige, umfangreiche und ernsthafte wissenschaftliche Arbeiten, teils beließ er sie in handschriftlicher Form. Eine dieser Arbeiten behandeltedie tägliche Temperatur von Sankt Petersburg, die er aus einer 51-jährigen Reihe von Beobachtungen abgeleitet hatte. Ebenfalls von Interesse ist seine Abhandlung „Die Verteilung der Winde an den nördlichen Küsten der alten Welt“, in der er zum ersten Mal die Existenz von Monsunen an den nördlichen Küsten des europäischen Russlands und Sibiriens nachwies. Unter den Handschriften finden sich drei Werke, denen sich Kämtz mit besonderer Hingabewidmete. Zum einen ist dies die „Geschichte der Physik“ in vier Bänden, dann die „Allgemeine physikalische Geographie“ in mehreren Bänden und die „Physikalische Geographie des Russischen Reiches“ in einem Band. 1848 schrieb er einen interessanten Artikel „Über die Erfolge der Erdkunde in der ersten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts“.
K. führte in Dorpat ein bescheidenes und zurückgezogenes Leben. Er erschien selten im Kreis der Professoren, sonderte sich aber auch nicht von ihnen ab. Seine gesamte Zeit, in der er nicht mit den Verpflichtungen seiner Position an der Universität beschäftigt war, widmete er wissenschaftlichen Arbeiten und regelmäßigen instrumentellen Beobachtungen. Dadurch, dass er eine Begräbniskasse (Kasse für Waisen und Witwen) einrichtete, die entsprechende Satzung herausarbeitete und die gesamte Zeit überBuchhalter, Kassierer und Verwalter derselben war, verdiente er sich hier eine dankbare Erinnerung nicht nur vonseiten der Studenten, sondern auch vonseiten seiner Mitbürger.
Kämtz lebte sich in Dorpat ein. Das erstmalige Angebot, die Stelle eines ordentlichen Akademikers und Direktors derOPS zu übernehmen, lehnte er ab und empfahl an seiner Stelle den Direktor der Sternwarte Bern H. J. Wild.
1865 wurde Kämtz zum Direktor der Obersten Physikalischen Sternwarte ernannt und zog nach Sankt Petersburg. Die Petersburger Periode seines Schaffens war die kürzeste. K. wurde Nachfolger von A. Kupfer, der in Russland das weltweit erste ständig aktive geophysikalische Netz von magnetischen und meteorologischen Beobachtungen geschaffen hatte, das von der OPS geleitet wurde. Für die Erforschung des Wetters, des Klimas und für die Lösung anderer anwendungsbezogener Aufgaben war eine Ausweitung dieses Netzes vonnöten.Kämtz war jedoch der Meinung, dass bevor die weitere Entwicklung des meteorologischen Netzes vorgenommen werden konnte, es notwendig sei, das vorhandene Material zu bearbeiten und danach die vorhandenen Stationen auf einen angemessenen Stand zu bringen, da diese schlecht ausgerüstet seien und die Methodik und die Qualität der Beobachtungen zu wünschen ließen. Nachdem er die Arbeit an seinen Aufgaben aufgenommen hatte, ging K. persönlich an die Berechnung einiger meteorologischer Daten, die unverzichtbar für das zukünftige System der telegraphischen Wettermeldungen waren. Er wandte viel Zeit für die Instandsetzung der Instrumentensammlung und der Bibliothek auf – Aufgaben, die noch von Kupfer bei der Übergabe der Sternwarte unter die Aufsicht der Akademie der Wissenschaften begonnen wurden. Im März 1866 wurde die OPS zu einem Bestandteil der Akademie der Wissenschaften und das Aufgabenfeld ihres Direktors, unter dessen Aufsicht sich auch das Magnetische Observatorium des Bergbau-Instituts und das Pekinger Magnetisch-Meteorologische Observatorium befanden, weiteten sich aus. Des Weiteren wurden ihm die 1865 gegründeten Stationen des Ministeriums für Volksbildung ebenfalls anvertraut. Unter seiner Beteiligung wurde das magnetisch-meteorologische Tifliser Observatorium in das Physikalische Observatorium umbenannt. Die Mittel und das Personal desselben wurden beträchtlich vergrößert und die Verbindung zu der OPS und der Akademie der Wissenschaften wurde ausgebaut. K. beschäftigte sich außerdem mit der Vorbereitung des OPS auf die Zusammenarbeit mit dem städtischen telegraphischen Netz für die Aufnahme und Weiterleitung von telegraphischen Wettermeldungen. Doch als die Sturmmeldungen in England eingestellt wurden, verringerte sich das Interesse des Marineministeriums an diesem Unterfangen. So hielt Kämtz es für voreilig, ein solches System ohne ein richtiges Netz von Wetterstationen einzuführen. Der Wetterdienst, der noch von Kupfer vorbereitet worden war, nahm ab dem 1. (13.) Januar 1872 seine Arbeit auf und wurde von M. A. Rykatschjow geleitet.
Es wird angenommen, dass K.in derkurzen Zeit seiner Leitungstätigkeit an der OPS wenig bezüglich der Organisation dieser Einrichtung erreichen konnte. Unter seiner Leitung wurde M. A. Rykatschjow zum Assistenten des Direktors der Sternwarte ernannt. An der Sternwarte arbeiteten W. P. Köppen und A. I. Wojejkow.
Nach Meinung von K. S. Wesselowskij war Kämtz im Verlauf der zweijährigen Leitung der Sternwarte ein „unermüdlicher Schaffender mit der Feder in der Hand“. Über viele Jahre hinweg war K. es gewohnt, Vorlesungen zu halten oder in seinem Arbeitszimmer zu arbeiten. Aufgrund seines Alters und fester Gewohnheiten „verbrachte er ganze Tage damit, meteorologische Beobachtungen zu berechnen, was er besonders gerne tat, während er sich nicht dazu durchringen konnte zu handeln, um die solch notwendige Belebung der Tätigkeit der Sternwarte und die Aufwertung der Sternwarte zum Rang eines Zentrums in die Wege zu leiten, woraus sich dann ein konsistentes System von Institutionen für eine klimatologische Erforschung Russlands entwickeln würde. Vielleicht hat sich hier die Altersmüdigkeit und der Mangel an Energie für eine Initiierung eines neuen und komplizierten Unterfangen bemerkbar gemacht“.
Kämtzist viel gereist. In seiner Zeit in Dorpat unternahm er fast jedes Jahr zur Sommerzeit seine physikalisch-geographischen, insbesondere magnetischen, Forschungsfahrten.
Die Überfahrt von Stettin nach Cammin auf einem kleinen Schiff im Jahr 1825 war Kämtz‘ erste Reise. Zwei Reisen in die Schweiz in den Jahren 1832 und 1833 weckten sein Interesse für die Phänomene der oberen Schichten der Atmosphäre. 1847 unternahm er eine Reise nach Finnland zur Bestimmung der Elemente des Erdmagnetismus. 1849 begab er sich mit demselben Ziel über Finnland nach Norwegen und von dort aus auf dem Meeresweg über Archangelsk nach Sankt Petersburg. Von 1855 und bis fast zu seinem Lebensende unternahm er jährlich Reisen zu wissenschaftlichen Zwecken – vor allem in die Alpen für die Erforschung der Gletscher und ihrerEntstehung. Ziel seiner Expeditionen auf die Insel Ösel (1848), nach Helsingfors(1853), nach Libau(1854), in die Schweiz (1855), danach im Sommer 1867 in die westlichen Gouvernements Russlands sowie nach Australien, Italien, Deutschland und Frankreich waren magnetische und meteorologische Beobachtungen. Das von ihm gesammelte reichhaltige Material wurde nur zum Teil ausgewertet. Die Beobachtungen führte er bis zum 22. November 1867 fort.
Nach seiner Rückkehr nach Sankt Petersburg nutzte Kämtz die wenigen hellen Stunden des Tages für seine magnetischen Beobachtungen und verbrachte den restlichen, größeren Teil des Tages an seinen Berechnungen, wobei er zehn bis vierzehn Stunden am Tag arbeitete. Auf Rykatschjow machte er einen „unvergesslichen Eindruck durch seinen gutmütigen Humor und durch seine stets positive Gemütsverfassung, dabei war er ein geistreicher und lebhafter Gesprächspartner. Er teilte seine Erkenntnisse mit sichtlicher Freude mit allen, die sich an ihn wandten oder den Wunsch hatten, sich an der Sternwarte zu betätigen, insbesondere mit jungen Menschen, die ein Interesse für die Wissenschaft entdeckten“. Er bedauerte seinen Umzug nach Sankt Petersburg sehr, da er dort vom öffentlichen Leben abgeschnitten war. Er war es gewohnt, nachdem er den ganzen Tag an seiner Arbeit im Büro verbracht hatte, sich bei einem Krug Bier zu entspannen. Die Petersburger Akademiker respektierten ihn und schätzten seinen Freimut und seinen offenen und noblen Charakter, teilten jedoch nicht seinen etwas rustikalen Geschmack.
Zu den grundlegenden Charaktereigenschaften von Kämtz gehörten, nach der Aussage von A. Gebel, strenge Ehrlichkeit und eine kompromisslose Wahrheitsliebe. Redlichkeit und ein außerordentliches Gerechtigkeitsgefühl bestimmten all sein Handeln. Er forderte Gerechtigkeit und Freiheit, wie in Bezug auf die Gesellschaft, so auch auf die Wissenschaft und auf die politischen und religiösen Überzeugungen. Er war ein Gegner der Popularisierung der Wissenschaft und tolerierte keinen wissenschaftlichen Dilettantismus. Diejenigen, die sich in der Naturkunde nicht auf Mathematik, Physik oder Chemie stützten, zählte Kämtz zum wissenschaftlichen Pöbel. Sein Fleiß war erstaunlich, davon zeugt auch das von ihm hinterlassene Erbe. Kämtz‘ Arbeiten umfassen verschiedene Zweige der Physik und der Naturwissenschaften. Sie befassen sich mit der Theorie der elektromagnetischen Kräfte, der Elektrizität, der Polarisation des Schalls, der Theorie des Lichts, leuchtenden Meteoren u.a. Die Liste seiner Werke beinhaltet 85 Titel, davon 66 zu Meteorologie, 9 zum Erdmagnetismus und 10 zu Physik. Seine erste Arbeit, die „Dissertatio de legibusrepulsionumelectricarummathematicis“ (Halae), wurde 1823 veröffentlicht, seine letzte, „Jährlicher Gang der Temperatur in St. Petersburg“, v.j.Rernet (Wild, Repert. Meteorol., 1), im Jahr 1870, bereits postmortum.
Auf Wunsch von Kämtz‘Frau und seiner Tochter prüfte A. Gebel alle Handschriften, dieimunversiegelten Teil der OPS geblieben waren, und war erstaunt über die riesige Menge an hinterlassenem Material. Alle seine Handschriften vermachte K. in mündlicher Form der Berliner Akademie der Wissenschaften.
Noch in Dorpat hatte es Kämtz geliebt, täglich etwa zwei Stunden lang spazieren zu gehen, wobei er, auf seine gute Gesundheit vertrauend, sehr leicht angezogen war. Bei heftigem Windhatte er sich mehrmalsstark erkältet und nach einem solchen Spaziergang in Sankt Petersburg starb er am 8. November 1867 infolge einer schweren Erkältung. Er wurde auf dem Smolensker Lutherischen Friedhof in Sankt Petersburg beerdigt (das Grab ist nicht erhalten geblieben).
Kämtz gilt verdienterweise als Vater der Meteorologie und als Vater der russischen Meteorologie im Besonderen. A. Gebel sagte einmal, dass die Worte Aragos: „Genie ist Fleiß“ durchaus auf Kämtz anwendbar sind.
„In Person von Kupfer, von Bär und Kämtz haben wir drei Meteorologen, auf welche die westeuropäischen Staaten neidisch sein dürfen“, schrieb Humboldt in seinem Brief an G. L. Cancrin am 1. November 1842. „Durch sein zweijähriges Direktorat an der Sternwarte hat er zwar seinen wissenschaftlichen Ruhm nicht vermehrt, hat aber der Wissenschaft einen großen Dienst erwiesen, indem er Wild die Türen der Sternwarte geöffnet hat“ (Rykatschjow).
Кемтц Л.Ф. Наблюдения над магнитным наклонением, произведенные по усовершенствованному способу во время путешествия в Италию Л.Ф. Кемцем, по оставшимся рукописям пополнил и изготовил к печати М. Рыкачев. – [Санкт-Петербург], [1870]. 201–252 с. (Отт. из: Метеорол. сборник. 1870. Тетр. 2). Kämtz L. F. Der jährliche Gang der Temperatur in St. Petersburg / Nach den hinterlassenen Manuscripten des Herrn Dr. L. F. v. Kämtz; Zusgest. von J. Pernet // Repertorium für Meteorologie. 1870. Bd. 1. H. [2]. S. 97–148; Kämtz L. F. Inclinations-Messungen nach verbes serter Methode auf einer Beise nach Italien / Von Dr. L. E. von Kämtz; Nach den hinterlassenen und für den Druck redigirt von M. Rikatscheff // Repertorium für Meteorologie. 1870. Bd. 1 H. [2]. S. 201–252; Repertorium für Meteorologie, herausgegeben von der Kais. geographischen Gesellschaft redigirt von Ludw. Fr. Kämtz / Ludw. Fr. Kämtz; Kais. geographischen Gesellschaft. – Dorpat, 1859–1864.
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