NETER (NOETHER), Fritz (Friedrich) Alexander Ernst Maximilianowitsch (Maxowitsch) (7. Oktober 1884 Erlangen, Deutschland – 11. September 1941, Gefängnis von Orjol), Mathematiker, Professor der Staatlichen Universität Tomsk.
Entstammt der Familie von Max Noether (1844–1921), seit 1888 eines assoziierten ordentlichen Professors für Mathematik der Universität in Erlangen (Bayern), der gemeinsam mit J. А. Alphand (1882) die allgemeine Theorie der algebraischen räumlichen Kurven entwickelte. Seine Mutter Ida (geb. Kaufmann) stammte aus reicher jüdischer Familie. Seine Schwester Amalie Emmy (1882–1935) wurde renommierte deutsche Mathematikerin, Autorin eines nach ihr benannten grundlegenden Theorems in theoretischer Physik, Mitbegründerin der modernen abstrakten Algebra. 1903 bestand Noether die Aufnahmeprüfungen und wurde nach der Ableistung des Militärdienstes an der Universität immatrikuliert. Nach der Aufnahme des Studiums im Wintersemester des Studienjahres 1904/05 studierte er im Laufe von 9 Semestern Mathematik und die ihr artverwandten Fächer zuerst in Erlangen und dann in München. Im März 1909 promovierte er mit seiner Dissertation „Über rollende Bewegungen einer Kugel auf Rotationsflächen“. Danach war er als Assistent von Кarl Heun an der Technischen Hochschule Karlsruhe tätig. Seit dem Sommer 1911 war er Privatdozent für theoretische Mechanik und Mathematik. Während des Ersten Weltkrieges kämpfte er an der deutsch-französischen Front und wurde nach einer Verwundung angewiesen, sich mit Ballistik zu befassen. Gegen Kriegsende nahm er seine pädagogische Tätigkeit in Karlsruhe wieder auf, wo er zum Adjunkt-Professor befördert wurde. 1922 übernahm er den Posten eines Professors für theoretische Physik und angewandte Mathematik an der Universität Breslau (Wrozlaw, Polen) und arbeitete dort bis 1934, als er sein Amt aus „Rassengründen“ verlassen musste. Noether nahm die Einladung über den Umzug in die UdSSR an, um dort seine wissenschaftliche und pädagogische Tätigkeit fortzusetzen. Seit dem 1. September 1934 war er Mitarbeiter des Forschungsinstituts für Mathematik und Mechanik an der Universität Tomsk und Professor des Lehrstuhls für Mathematik der mathematisch-physikalischen Fakultät. Auf Beschuss der Staatlichen Kommission für die Zuerkennung akademischer Grade vom 1. Februar 1936 wurde ihm der wissenschaftliche Grad eines Doktors der mathematisch-physikalischen Wissenschaften ohne Promotion zuerkannt. In Tomsk wurden zwei seine Beiträge veröffentlicht: Der eine hatte zum Thema die Bessel- und Hermite-Funktionen und die zweite betraf asymptotische Formeln und geometrische Optik. Am 22. September 1937 wurde Noether verhaftet, am 23. Oktober 1938 in auswärtiger Gerichtsverhandlung des Militärkollegs des Obersten Gerichts der UdSSR unter Ausschluss der Öffentlichkeit wegen der Verbrechen des Art. 58–6, 7, 8, 11 des Strafgesetzbuches der RSFSR angeklagt und zu 25 Jahren Gefängnis mit Vermögensbeschlagnahme verurteilt. Seine Strafe büßte er in den Gefängnissen Sol-Iletzkij, Wladimirskij, Butyrskij und Orlowskij ab. Am 8. September 1941 wurde er vom Militärkolleg des Obersten Gerichts der UdSSR in einer Gerichtsverhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit ohne jegliche Voruntersuchung und ohne Anklage zur Todesstrafe verurteilt und im Gefängnis von Orjol kurz vor der Besetzung der Stadt durch deutsche Truppen erschossen. Der Fall Noether wurde aufgrund eines Protests des Staatsanwalts der UdSSR mangels Tatbestands (1989) eingestellt. Die Kinder Noethers verließen die UdSSR. Bis dahin studierten seine Söhne Hermann (1912–1990) und Gottfried (1915–1991) in den Jahren 1934–1937 an der Staatlichen Universität Tomsk (mit der Spezialisierung jeweils in der Chemie und Mathematik). Nach der Verhaftung des Vaters zogen sie nach Schweden und dann in die USA. Später etablierte sich Gottfried als begabter amerikanischer Mathematiker, wurde Mitglied der Amerikanischen Akademie der Künste und Wissenschaften, Professor einer Reihe amerikanischer Universitäten.
О рекуррентных формулах функций Бесселя и Эрмита // Известия НИИММ. – Томск, 1935. Т. 1. Вып. 2; Асимптотические формулы и геометрическая оптика // Известия НИИММ. – Томск, 1937.
ГАТО. Ф. Р–815. Оп. 12. Д. 1796; Архив Музея истории ТГУ (переписка с Готфридом Нетером).
Математическая энциклопедия. – 1982. Т. 3; Круликовский Н.Н. История развития математики в Томске. – Томск, 1967; Репрессии 1930–1940-х гг. в Томском крае. – Томск, 1991; Научно-исследовательский институт прикладной математики и механики. 1968–1993: Из истории института. – Томск, 1993; Письма Альберта Эйнштейна Сталину и советским дипломатам в защиту Ф. Хоутерманса, А. Вайссберга и Ф. Нетера. 1938 // Звезда. – 1994. № 12; Профессора Томского университета: Биографический словарь / С.Ф. Фоминых, С.А. Некрылов, Л.Л. Берцун, А.В. Литвинов. – Томск, 1998. Том 2.