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Böttiger (Boettiger), Karl August, *Oberwiesenthal (Sachsen) 16.12.1799, + Vologda 3.1.1848

Rubrik: Biographische Beiträge (Personalien) / Vertreter des sozialen Bereichs (Bildung, Medizin)

Böttiger (Boettiger), Karl August, *Oberwiesenthal (Sachsen) 16.12.1799, + Vologda 3.1.1848. Nach seinem Studium in Leipzig arbeitete B. als Konsulent am Justizkollegium in St. Petersburg (1804-06), als Direktionsgehilfe am Kommerzinstitut (1808), wurde als Adjunkt-Professur nach Char´kov berufen (1810). Im folgenden Jahr wurde B. Pastor der Kolonisten-Gemeinde Odessa, die er jedoch nach drei Jahren wieder verließ, weil die Regierung ihre Zusagen von 600 R. Gehalt und 123 D. Land, das nämlich an den Großliebentaler Pastor fiel, nicht eingehalten hatte. In den nächsten Jahren arbeitete er als Hauslehrer in Moskau, und zwar bei Graf Panin und bei Herzog Alexander von Württemberg. Im April 1818 kehrte Böttiger nach Odessa zurück und wurde zum Superintendenten der evangelischen Kirche in Südrußland und zum Mitglied des kurz zuvor geschaffenen Fürsorgekomitees (Pope itel´nyj komitet o kolonistach ju nogo kraja Rossii) ernannt. Nach dem Vorbild der Wolgakolonien sollte damals nämlich auch in Südrußland ein Konsistorialbezirk gebildet werden, doch Böttigers Gesetzentwurf von 1822 wurde nicht bestätigt, weil das geplante Reichsgesetz über die evangelische Kirche nicht zustande kam. Um dem Mangel an guten deutschen Lehrern abzuhelfen, schlug Böttiger 1819 dem Kultusdepartment vor, eine Waisen‑ und Armenerziehungsanstalt zu errichten, und zwar nach dem Vorbild der berühmten Erziehungsanstalt Fellenbergs in Hofwyl bei Bern (Schweiz). Sie sollte 12.000 D. Land bei Ovidiopol' und einen Kredit von 50.000 R. mit zwanzigjähriger Laufzeit erhalten. In ihren Musterwirtschaften und Werkstätten könnten anfangs 50 Waisen und schließlich 300 Jungen in Landwirtschaft und Handwerk unterrichtet werden. Darauf sollte eine Ausbildung in theoretischen Kenntnissen der Landwirtschaft, der Gesetzgebung und in der russischen Sprache für die geeigneten Schüler aufbauen. Die fähigsten sollten den Kolonien als Schullehrer dienen. Später könne man sogar ein Priesterseminar errichten. Das Ministerium lehnte diesen Plan jedoch ab. Die lutherische Gemeinde der Stadt litt unter dem Gegensatz zwischen dem Propst B. und seinem Adjunkt Karl Friedrich Wilhelm Fletnitzer, der die Kirchenschule aufbaute. 1831 warfen einige Gemeindemitglieder B. "unsittlichen Lebenswandel" vor. Als eine Untersuchungskommission zu dem Schluß kam, daß B. die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen nicht hatte entkräften können, wurde der Propst seines Amtes enthoben und durch Pastor Granbaum als Vicar‑Superintendent ersetzt. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte er, von ehemaligen Gemeindemitglieder unterstützt, in Vologda.

Literatur

Amburger E.: Die Pastoren der evangelischen Kirchen Rußlands. Erlangen 1998; Brandes D.: Von den Zaren adoptiert. München 1993.

Autoren: Brandes Detlef

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