BRAUNER, Alexander Akexandrewitsch, * 13. Januar 1857 in Simferopol, † 5. Mai 1941 in Odessa. Biologe, Zoologe, Biogeograph. Doktor der Zoologischen Wissenschaften (1922).
Brauner war der Sohn eines Oberstleutnants der russischen Armee. Nach Abschluss des Privatgymnasiums von Stawilla und Starodubzew (1876) sowie der Naturwissenschaftlichen Abteilung der Physikalisch-Mathematischen Fakultät der Neurussischen Universität in Odessa (1881) war er zunächst im Statistik-Komitee des Gouvernements Bessarabien in Kischinjow angestellt und leitete anschließend (1882-88) die Statistik-Abteilung der Semstwo-Verwaltung des Bezirks Cherson. Seine erste Publikation war Fragen der gemeinschaftlichen Landnutzung gewidmet (1881). Brauner war einer der ersten, die sich in Südrussland ernsthaft mit Fragen des Tier- und Naturschutzes befassten. Er veröffentlichte einige ornithologische Facharbeiten und regte an, sich bei der Sammlung des ornithologischen Datenmaterials auf ein Netz von Beobachtern zu stützen, die nach einem eigens von ihm ausgearbeiteten Programm arbeiten sollten. In den Jahren 1888-1902 gehörte er dem Vorstand der Bauern-Agrar-Bank in Warschau an. Von 1893 bzw. 1894 an leitete er die Zweigstellen der Bauern-Agrar-Bank im Gouvernement Taurien (Simferopol) und im Gouvernement Cherson. Nach deren Zusammenschluss mit der Odessaer Bank wurde er 1901 Vorsitzender der in Odessa ansässigen Semstwo-Bank des Gouvernements Cherson.
1918 war Brauner maßgeblich am Aufbau des Odessaer Instituts für Agrarwissenschaft beteiligt. Im gleichen Jahr war er zunächst Vorsitzender und dann Mitglied der Institutsleitung. Später war er Professor am Lehrstuhl für Nutztierhaltung und Agrarzoologie (bis 1930) sowie Leiter des Lehrstuhls bzw. Dekan der Abteilung für Tierzucht. Auf seine Initiative wurden die Fakultät für Tierhaltung und Tierzucht sowie einige weitere Einrichtungen gegründet. In den Jahren 1920-23 war er Vorsitzender der Kommission für Tierhaltung und Tierzucht des Gouvernements Odessa, in den Jahren 1923-25 wissenschaftlicher Leiter des Tierparks des Naturschutzgebiets Neu-Askanien (Askania-Nowa). 1925 legte er seine Tätigkeit im Naturschutzgebiet aus Protest gegen Pläne nieder, dieses in eine gewöhnliche Zucht-Sowchose umzuwandeln. In den Jahren 1925-27 arbeitete er als Experte für Tierzucht an der Odessaer Agrar-Versuchsstation und führte für den Staatlichen Zuchtverband das Zuchtbuch für das Rote Steppenrind ein. In den Jahren 1928-29 war er maßgeblich an der Planung des Odessaer Zoos beteiligt, dessen Eröffnung sich allerdings noch einige Jahre hinziehen sollte. In den Jahren 1930-31 arbeitete er in der Abteilung für Agrarwissenschaft des Instituts für Volksbildung. 1933 kehrte er nach Neu-Askanien zurück, wo er zunächst in beratender Funktion und später als Stellvertretender Wissenschaftlicher Leiter (1935-36) und Stellvertretender Leiter des Tierparks (1936) tätig war und die der Kreuzung von Wisents und Bisons gewidmete Arbeit leitete. 1937 kehrte Brauner nach Odessa zurück. 1938 war er in beratender Funktion für den Lehrstuhl für Tierzucht des Odessaer Instituts für Agrarwissenschaft und das Odessaer Heimatkundemuseum tätig. Von 1939 an war er Berater des Zoologischen Museums und Professor am Lehrstuhl für Zoologie der Wirbellosen der Universität Odessa.
Bis 1917 galt Brauners wissenschaftliches Interesse vor allem der Erforschung der Fauna der in Südrussland und Bessarabien vorkommenden Wirbeltiere. Er systematisierte die Aufzeichnung der von Zugvögeln in der Schwarzmeerregion und auf dem Gebiet der Ukraine genutzten Flugrouten und arbeitete ein detailliertes Schema der biogeographischen Gliederung der Südukraine und Bessarabiens aus, das später von zahlreichen Wissenschaftlern genutzt wurde. Darüber hinaus war er auch mit entomologischen und ichthyologischen Forschungsfragen befasst. Einige seiner Arbeiten waren Fragen der Fischzucht und des Fischfangs sowie Methoden des Vogelfangs gewidmet. Nach 1917 konzentrierte sich Brauner auf Agrarbiologie und Züchtungsforschung und verfasste zahlreiche der Stammesgeschichte [Philogenese] verschiedener Haus- und Nutztierrassen gewidmete Arbeiten. Das von Brauner zusammengetragene Material legte zusammen mit den Arbeiten Nikolai Wawilows die Grundlage für die Theorie der geographischen Genzentren der Domestikation und Rassenbildung. Als erster russischer Wissenschaftler interessierte sich Brauner für die interdisziplinären Zusammenhänge zwischen Archäologie und Agrarbiologie. Große Aufmerksamkeit widmete er Fragen des Naturschutzes sowie der Einrichtung von Naturschutzgebieten und Nationalparks. 1927 arbeitete er einen Plan für die Ausweisung von Naturschutzgebieten in der Ukraine aus, der in weiten Teilen umgesetzt wurde. Brauner sprach sich dafür aus, den Naturschutz gesetzlich vorzuschreiben und als Fach in den Mittel- und Hochschulen einzuführen. In den Jahren 1913-17 veröffentlichte er in der Zeitschrift “Schulexkursionen und Schulmuseum” etwa 30 der Zoologie gewidmete Artikel, die auch im Schulunterricht eingesetzt wurden. Er trug für verschiedene Museen umfangreiche faunistische Sammlungen zusammen und beschrieb einige Sammlungen der naturhistorischen Semstwo-Museen.
Brauners Arbeiten wurden in den „Aufzeichnungen der Landwirtschaftlichen Gesellschaft Südrusslands”, in den “Aufzeichnungen der Neurussischen Gesellschaft der Naturforscher“, in den “Arbeiten der Bessarabischen Gesellschaft der Naturforscher und Freunde der Naturwissenschaft“, in den “Aufzeichnungen der Gesellschaft der Naturforscher und Freunde der Naturwissenschaft der Krim“ sowie in den Journalen „Bessarabische Landwirtschaft“ und “Die Steppenwirtschaft” veröffentlicht. Brauner war Mitglied der Russischen Entomologischen und der Russischen Paläontologischen Gesellschaft sowie der Südrussischen Landwirtschaftlichen Gesellschaft, der Gesellschaften der Naturforscher und Naturfreunde Bessarabiens, der Krim, Orlowos und Moskaus sowie des Krim-Kaukasischen Bergklubs.
Nach Brauner sind 15 Arten und Unterarten von Tieren und eine Unterart von Pflanzen benannt. Im Zoologischen Museum der Universität Odessa wird das Leben und Wirken Brauners als Teil der ständigen Ausstellung gewürdigt. Darüber hinaus ist der Förderverein des Museum nach Brauner benannt.
Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit betätigte sich Brauner auch als Literat. Seine Erzählungen wurden im Chersoner literarischen Almanach “Steppe” veröffentlicht. Im Laufe vieler Jahre war er aktives Mitglied der „Hromada“, einer halblegalen Geheimgesellschaft der ukrainischen Intelligenz.
Труды истории естествознания и техники, т. 32, в. 7, М., 1960.