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BLUMENTROST, Johann Deodat (Iwan Lawrentjewitsch)

Rubrik: Biographische Beiträge (Personalien) / Vertreter des sozialen Bereichs (Bildung, Medizin)

BLUMENTROST, Johann Deodat (Iwan Lawrentjewitsch), * 5. August 1676 in Moskau, † 11. März 1756 in St. Petersburg. Doktor der Medizin, Leib- und Hofarzt (1722-30) und Leiter der Medizinischen Kanzlei (1721-30). Lutheraner.

Johann Deodat Blumentrost war der Sohn des russischen Hof- und Leibarztes Laurenz Blumentrost (Laurentius Blumentrost der Ältere) aus dessen zweiter Ehe mit der Offizierstochter Cäcilia Beerman.

Im Januar 1698 wurde er auf Staatskosten zum Studium nach Europa entsandt, wo er zunächst zwei Jahre in Königsberg und anschließend anderthalb Jahre in Halle Medizin studierte. Im Jahr 1700 erschien in Königsberg seine in lateinischer Sprache verfasste militärmedizinische Abhandlung „Exercitatio practica sistens medicum castrensem exercitui Moscovitarum praefectum“, die als erstes in Russland gedrucktes Werk gilt, das diverse für die Armee typische Krankheiten, deren Entstehung sowie Maßnahmen zu deren Vorbeugung beschrieb. Die Bedeutung dieser Arbeit lässt sich auch an dem Umstand ablesen, dass sie 1716 für die Ausarbeitung der militärischen Dienstvorschriften herangezogen wurde.

Im Jahr 1701 setzte Blumentrost sein Studium an der Universität Halle fort, wo er 1702 seine von Friedrich Hoffmann betreute Dissertation „De Pulsuum theorea et praxi” („Theorie und Praxis des Pulses“) verteidigte. Nach seiner noch im gleichen Jahr erfolgten Rückkehr nach Russland wurde Blumentrost Hof- und Feldarzt am Zarenhof und begleitete Peter I. auf dessen Feldzügen und Reisen. Später wurde er Leibarzt von Zarin Katharina Aleksejewna und deren Kindern, über deren Befinden er dem Zar und der Zarin in deren Abwesenheit regelmäßig Bericht erstattete. In dieser Funktion war Blumentrost auch für die Behandlung des ältesten Zarensohns Alexei zuständig, den er im Sommer 1714 zur Kur zu den Karlsbader Heilquellen schickte.

Nach dem Tod seines Förderers Robert Erskine übernahm Blumentrost 1718 zunächst kommissarisch und von 1722 an auch offiziell dessen Pflichten als Leiter der Medizinischen Kanzlei und oberster Aufseher über das russische Medizinwesen. Im Jahr 1719 arbeitete er die „Dienstvorschrift für die Hospitäler“ aus, durch die der Sanitätsdienst der Flotte optimiert werden konnte. 1721 arbeitete er Pläne für die Umstrukturierung der Medizinischen Kanzlei und Gründung eines Collegium Medicum aus, die allerdings aufgrund fehlender Mittel nicht umgesetzt werden konnten. In seiner Eigenschaft als Leiter der Medizinischen Kanzlei versuchte Blumentrost, die Oberaufsicht über das der Synode unterstellte Moskauer Hospital zu erlangen, dessen Leiter Nicolaas Bidloo sich dieser Unterordnung allerdings erfolgreich entgegenstellte. Im März 1728 wurde auf Blumentrosts Initiative bei der Moskauer Hofapotheke eine Ambulanz eingerichtet, die als Vorläufer der heutigen Polikliniken gelten kann. Er erfüllte zahlreiche Aufträge Peters I., zu denen auch die veterinärmedizinische Kontrolle der nach Russland eingeführten exotischen Tiere gehörte, und beschäftigte sich mit der Untersuchung kranker und verwundeter Offiziere, Soldaten und Matrosen. Am 10. Februar 1721 wies Peter I. ihn an, bei „Leuten jeglichen Rangs“ Brüche, Verstauchungen oder ähnliche Verletzungen „ohne jede Bezahlung“ zu behandeln. Neben der Zarenfamilie waren bei Blumentrost auch hochrangige Hofleute wie Alexander Menschikow oder Matwei Olsufjew in Behandlung. 1722 begleitete er Peter I. auf dessen Persischem Feldzug.

Nach Aussagen seiner Zeitgenossen war Blumentrost ein „häuslicher“, wirtschaftlich veranlagter, vernünftiger und frommer Mensch. Während seiner gesamten Herrschaftszeit schenkte ihm Peter I. Gunst und Vertrauen und suchte ihn sogar in seinem Haus auf.

Blumentrost war als Leibarzt für Peter I., Katharina I. und Peter II. tätig. Nach dem Tod Peters II. fiel er am Hof in Ungnade und wurde am 14. September 1733 von seinem Posten als Hof- und Leibarzt entfernt, wobei ihm neben angeblicher fachlicher Inkompetenz vor allem finanzielle Unregelmäßigkeiten bei der Medizinischen Kanzlei und im Apothekenwesen zum Vorwurf gemacht wurden. In der Folge wurde ihm weder sein noch ausstehender Lohn noch eine Pension ausgezahlt und sogar ein Teil seines Besitzes einschließlich des Guts Gatschino eingezogen. Auch wenn ihm 1737 doch noch der ihm bei der Entlassung vorenthaltene Lohn in Höhe von 4.842 Rubeln und 75 Kopeken ausgezahlt wurde, verbrachte er den Rest seines Lebens in Armut, zumal er sein Moskauer Haus und seinen Besitz durch einen Brand verlor.

Johann Deodat Blumentrost wurde auf dem Friedhof der Petersburger St. Samsonkirche begraben. Das Grab ist nicht erhalten.

In Moskau besaß Blumentrost zwei auf der Mjasnizkaja-Straße und in der Deutschen Vorstadt gelegene große Gebäudekomplexe. In St. Petersburg lebte er in einem eigenen in der Großen Deutschen Vorstadt gelegenen Haus, das er 1709 von Vizeadmiral Cornelius Cruys erworben hatte. Darüber hinaus hatte er auch ein Haus in Moskau.

Blumentrost war zweimal verheiratet. 1714 heiratete er die Moskauer Kaufmannstochter Agata Westowa (Poppe). Seine zweite Ehefrau war Charlotte-Magdalina Struwe, mit der er eine Tochter (Maria-Jelisaweta) hatte. Sein Stiefsohn Peter Klem war von 1721 an als Arzt bei der Medizinischen Kanzlei tätig.

Literatur

Autoren: Morochin A.

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