RU

neue
illustrierte elektronische

CARL JOHANN MAY

Rubrik: Biographische Beiträge (Personalien) / Vertreter des sozialen Bereichs (Bildung, Medizin)

CARL JOHANN MAY, geboren am 29. Oktober 1820 in Sankt Petersburg und verstorben am 20. März 1895 ebenda, war ein Mitglied des Staatsrats (1884), ein Pädagoge sowie der Gründer und erste Direktor einer nach ihm benannten Schule. Lutheraner.

Er gehörte zur zweiten Generation von Landsleuten aus Preußen, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts aus Thorn (heute Toruń, Polen) nach Russland migrierten. Sein Vater, Johann Gottlieb May (10. März 1787 ‒ 20. Dezember 1834), war als Bronzegießer in der lutherischen St.-Katharinen-Kirche auf der Wassiljewski-Insel in Sankt Petersburg tätig. Seine Mutter, Maria Jacobina Helenius (25. März 1800 ‒ 16. August 1854), stammte aus einer schwedisch-deutschen Familie. Aus der Ehe von Johann Gottlieb und Maria Jacobina May gingen neben Carl May ein Sohn und drei Töchter hervor.

Die Grundausbildung erhielt Carl May in der französischen Elementarschule von Madame Courvoisier. Im Jahr 1833 setzte er seine schulische Laufbahn an der Deutschen Schule unter der lutherischen St.-Petri-Kirche (Petrischule) fort, die er im Jahr 1838 mit Auszeichnung abschloss. Ab 1840 widmete er sich dem Studium der Geschichte und Philologie an der Philosophischen Fakultät der Kaiserlichen Universität Sankt Petersburg, wo er den Grad eines Kandidaten in der Kategorie der allgemeinen Literatur erwarb.

Nach dem erfolgreichen Abschluss seines Studiums im Jahr 1845 trat er eine Stelle als Hauslehrer in der Familie des ehemaligen Justizministers D. W. Daschkow (1784-1839) an. In dieser Funktion unternahm er mehrere Reisen ins Ausland, die ihn nach Frankreich, Deutschland, Österreich und in die Schweiz führten. Diese Reisen boten ihm die Gelegenheit, sich intensiv mit der Geschichte sowie dem aktuellen Stand der Pädagogik auseinanderzusetzen. Nach seiner Trennung von der Familie Daschkow widmete er sich dem Unterricht an verschiedenen Grundschulen in Sankt Petersburg, darunter die Schwedische Schule, die Stürmerschule für Jungen und die Schule von Frau Rehenberg für Mädchen. Zudem gab er Privatunterricht. Am 7. Dezember 1854 wurde er zum Geographielehrer am Sankt Petersburger Forst- und Vermessungsinstitut berufen, wo er bis 1861 wirkte. In den Jahren 1858 bis 1861 nutzte er seine Urlaubszeiten, um Deutschland, Belgien und die Schweiz zu bereisen und „dortige Schulen zu begutachten“.

Im Jahr 1856 gründete er auf Anregung deutschstämmiger Unternehmer eine private Elementarschule für Jungen (siehe Carl-May-Schule). Diese Institution basierte auf den Prinzipien eines humanen, aufmerksamen und respektvollen Umgangs mit den Schülern – Ansätze, die stark von dem pädagogischen System des deutschen Pädagogen Friedrich Fröbel (1782-1852) inspiriert waren. Die Pädagogen dieser Schule betrachteten jeden Schüler als individuelle Persönlichkeit und strebten danach, dessen beste Eigenschaften zu fördern. Carl May formulierte treffend: „Die Hauptaufgabe eines Mentors besteht darin, einen jungen Menschen auf eine für die Gesellschaft nützliche Arbeit vorzubereiten“.

Dank der sorgfältigen Auswahl der Pädagogen und dem Einsatz innovativer Methoden zur Gestaltung des Bildungsprozesses gelang es Carl May, eine einzigartige Bildungseinrichtung ins Leben zu rufen. Diese Schule bildete zahlreiche Persönlichkeiten aus, die in den Bereichen Staat, Wissenschaft, Militär sowie in der Kunst und Literatur bedeutende Spuren hinterließen.

Im Jahr 1890 trat Carl May von seinem Amt als Schulleiter zurück, blieb jedoch bis 1895 als ehrenvoller Kurator der Schule aktiv. Er engagierte sich leidenschaftlich in der aufkommenden pädagogischen Bewegung Russlands und war Mitbegründer sowie Mitglied der „Pädagogischen Gesellschaft von Sankt Petersburg“. Zudem gehörte er dem Komitee des Rates der Patriotischen Gesellschaft der Frauen von Sankt Petersburg an. Seinen Dienst beendete er im Rang eines Staatsrats im Jahr 1884.

Carl May fand seine letzte Ruhestätte auf dem Lutherischen Friedhof in Smolensk auf der Wassiljewski-Insel. Leider wurde sein Grabmal während der teilweisen Räumung des Friedhofs Ende der 1940er Jahre zerstört. Im Jahr 2010 wurde es jedoch durch das Museum für die Geschichte der Carl-May-Schule, die Gesellschaft der Freunde der Carl-May-Schule und die Stiftung des Akademiemitglieds D. S. Lichatschjow in Form eines Kenotaphs restauriert.

Auszeichnungen. Orden des Heiligen Wladimir der III. (1890) und IV. (1886) Klasse und Bronzemedaille „Zum Gedenken an den Krieg von 1853-1856“ am Bande des Heiligen Andreas (1856).

 

Literatur

Dvadcatipâtiletie suŝestvovaniâ učebnogo zavedeniâ K. I. Maâ v S.-Peterburge. SPB.: Tip. A. Âkobsona, 1882.

Pâtidesâtiletie školy K. I. Maâ. 1856-1906 // Sbornik materialov. SPB.: T-vo R. Golike i A. Vil′borg, 1907.

Blagovo N.V. Škola na Vasil′evskom ostrove. Č.1. SPB.: Anatoliâ, 2013.

Valiev M.T. Famil′naâ istoriâ sem′i Karla Maâ // Karl Ivanovič Maj i ego Peterburgskaâ škola. Sost. N.V. Blagovo. SPB.: Serebrânyj vek, 2020. S. 26-60.

Valiev M.T., Klebanov A. F. „Russkij klub“ Cejdlerov // Nemcy v Sankt-Peterburge. Biografičeskij aspekt. SPB.: MAÈ RAN, 2011. Vyp. 6. S. 190-211.

Vsemirnaâ illûstraciâ: Ežened. Ill. Žurnal. T. 53. SPB.: Izd. Goppe. Nr. 15 (1367). S. 290.

Saitov V.I. Peterburgskij nekropol′. – SPB.: Tip. M.M. Stasûleviča. 1912. S. 7.

Archive

RGIA. F. 272. Op. 1. D. 48; F. 387. Op. 2. D. 21382; F. 733. Op. 11. D. 68; F. 733. Op. 95. D. 118,120,124; F. 733. Op. 164. D. 655; F. 828. Op. 14. D. 73, 80, 114, 128, 258; F. 1284. Op. 60. D. 25.

CGIA SPB. F. 144; F. 992. Op. 2. D. 1285.

Archiwum Państwowe w Toruniu. Metričeskie knigi. 1782– 1815.

 

Autoren: Waliew M. T.

ЗEINE FRAGE STELLEN