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Ström Alfred (?–1944). Literaturwissenschaftler, Sprachkundiger, Folkloreforscher, Lehrbuchautor, Pädagoge

Rubrik: Biographische Beiträge (Personalien) / Vertreter des sozialen Bereichs (Bildung, Medizin)

STRÖHM (Ström), Alfred Nikolajewitsch, * 1898 in St. Petersburg, † 1944 im Dorf Mordino (ASSR Komi). Germanist, Dialektologe, Volkskundler und Pädagoge.

Ströhm entstammte einer deutschbaltischen Familie. Nach Abschluss seines Studiums an der Universität Leningrad studierte er in der Aspirantur bei W.M. Schirmunski (Siehe: „Archiv des deutschen Volkslieds in Leningrad“).

Ströhm war der erste, der sich auf Anraten Schirmunskis mit der Erforschung der in der Umgebung von Petrograd/Leningrad gesprochenen deutschen Dialekte befasste. Bereits 1921 unternahm er zusammen mit Schirmunski eine erste Fahrt in die an der Newa gelegenen ältesten deutschen Siedlungen. Von 1924 an war Ströhm an der Arbeit des von Schirmunski am Institut für Vergleichende Literatur- und Sprachwissenschaft des Osten und Westens organisierten Seminars für die Erforschung der deutschen Siedlungen der Sowjetunion beteiligt. Auf Grundlage seiner insgesamt drei Jahre währenden Forschungstätigkeit veröffentlichte Ströhm 1926 mit Unterstützung Schirmunskis in der deutschen Zeitschrift „Teuthonista“ seine Arbeit „Die deutschen Dialekte an der Newa“, die A.I. Domaschnew in einem Ströhm gewidmeten Artikel als erstes und praktisch einziges dokumentarisches Zeugnis der von den an der Newa ansässigen Deutschen gesprochenen Dialekte bezeichnet.

Von 1926 an war Ströhm aktives Mitglied der von Schirmunski organisierten Folklore- und Dialekt-Expeditionen in die deutschen Kolonien der UdSSR. Besonders intensiv arbeitete Ströhm in der Südukraine, an der Molotschna, in den mennonitischen Kolonien und im Rayon Mariupol. 1928 unternahm er zusammen mit Schirmunski eine Fahrt in die im Kaukasus gelegenen deutschen Kolonien.

Die von Ströhm zusammengetragenen deutschen Volkslieder werden in der Handschriftenabteilung des Instituts für Russische Literatur der Russischen Akademie der Wissenschaften (Puschkin-Haus) und in der St. Petersburger Außenstelle des Archivs der Russischen Akademie der Wissenschaften verwahrt.

1927 zog Alfred Ströhm auf Rat Schirmunskis in die Ukraine, wo er zunächst an der Deutschen Pädagogischen Oberschule in Chortiza unterrichtete und im Folgejahr nach Odessa ging, wo auf Initiative Schirmunskis ebenfalls ein Zentrum für deutsche Dialektforschung entstand. In Odessa arbeitete Ströhm zunächst als Dozent und zwei Jahre später als Professor am Deutschen Sektor des Instituts für Volksbildung. Er unterrichtete Geschichte der deutschen Literatur und Sprache und schrieb eine Reihe von Lehrbüchern und methodischen Handbüchern zur deutschen Sprache. 1929 erschien in Charkow sein Buch „Das Unterrichten der deutschen Sprache im dialektalen Umfeld“. Darüber hinaus war er auch weiterhin mit der Erforschung der deutschen Dialekte befasst und beteiligte sich aktiv an der Arbeit der deutschen Sektion der Odessaer Kommission für Heimatkunde an der Ukrainischen Akademie der Wissenschaften.

Am. 30. Dezember 1935 wurde Ströhm im Zusammenhang mit einem von der OGPU fabrizierten Fall einer angeblich von den Lehrkräften der Deutschen Abteilung des Odessaer Pädagogischen Instituts geführten „deutsch-faschistischen konterrevolutionären Organisation“ verhaftet und am 26. Februar 1936 vom Kollegium der GPU der Ukrainischen SSR zu fünf Jahren Freiheitsentzug verurteilt, weil er angeblich eine konterrevolutionäre Organisation geführt hatte, deren Ziel in der „Loslösung der deutschen Bevölkerung von der Sowjetisierung, der Durchführung von Schädlings- und Sabotageakten und der Vorbereitung eines bewaffneten Aufstands gegen die Sowjetmacht“ bestanden hatte (Artikel 54-6 des Strafgesetzbuchs der Ukrainischen SSR). Seine Strafe verbüßte er zunächst im Arbeitsbesserungslager Workuta (1.12.1936 – 15.02.1939) und wurde anschließend in die ASSR Komi verbannt, wohin ihm auch seine Ehefrau Alma Jakowlewna, die Schwester von W.Ja. Propp, folgte.

Am 25. Dezember 1968 wurde Ströhm vom Odessaer Gebietsgericht posthum rehabilitiert. Im Zuge des Verfahrens setzte sich auch W.M. Schirmunski für ihn ein, der ihm in einem an die Staatsanwaltschaft des Gebiets Odessa gerichteten Schreiben „herausragende wissenschaftliche Fähigkeiten im Bereich der Linguistik“ und eine „unermüdliche Energie“ attestierte und darauf hinwies, dass die von Ströhm aufgrund seiner Expeditionsarbeit verfassten Berichte von den Mitgliedern der Akademie der Wissenschaften L.W. Schtscherby und W.F. Schischmarew hoch bewertet worden seien.

INHALT

Deutsche Mundarten an der Newa I. Die Mundarten der drei ältesten Mutterkolonien im Newa-Gebiete // Teuthonista, Jg. 3, Bonn 1926/27. S. 39–62; Ziele der Heimatkunde in den deutschen Kolonien // Zur neuen Schule, H. 7/8. Moskau, 1926. S. 42–44; Deutschunterricht in mundartlicher Umgebung: Ein Handbuch für Dorfschullehrer und Studierende. Zentral-Völkerverlag. Charkow, 1928; Die Muttersprache im unteren Konzentrum der deutschen Arbeitsschulen. Methodischer Brief. Zentralverlag. Charkow, 1929; Die Entwicklung des deutschen Volksliedes in der Ukraine // Nachrichten der Odessaer Kommission für Landeskunde an der Ukrainischen Akademie der Wissenschaften, Nr. 4–5, Deutsche Sektion, Heft 1. Odessa 1929, S. 22–44.

Literatur

Плесская Э. (Одесса). Штрем, Альфред Николаевич; Книга памяти Республики Коми; Домашнев А.И. А. Штрём и исследование диалектов немецких поселенцев на Неве // Немцы в России: Люди и судьбы. СПб.: Дмитрий Буланин, 1998. С. 108–113; Смирницкая С.В. Исследователь немецких колонистов Альфред Штрём // Немцы в Санкт-Петербурге (XVIII–XX века). Вып. 1. СПб., 2003.С. 174–176; Летопись диссертаций по истории и культуре российских немцев (1960-е – 2009 гг.): Справочник / Сост., ред., авт. вступ, ст. И.В. Черказьянова. — СПб.: Нестор-История, 2009; Светозарова Н. Д. Творческое наследие В. М. Жирмунского и его учеников в архивах Петербурга (фольклорно-диалектологические материалы) // Миллеровские чтения: К 285-летию Архива Российской академии наук: Сборник научных статей по материалам Международной научной конференции 23–25 апреля 2013 г., Санкт-Петербург / отв. ред. И.В. Тункина. СПб: Нестор-история, 2013. С. 475–481 (серия: Ad Fontes. Материалы и исследования по истории науки. Вып. 4).

Autoren: Svetozarova N.D.

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