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WEIMAR Orest Eduardowitsch (1843–1885). Arzt, Vertreter des öffentlichen Lebens, Revolutionär

Rubrik: Biographische Beiträge (Personalien) / Vertreter des sozialen Bereichs (Bildung, Medizin)

WEIMAR, Orest Eduardowitsch, * 27. Dezember 1843 in St. Petersburg, † 31. Oktober 1885 in Transbaikalien. Arzt, Person des öffentlichen Lebens, Revolutionär, Doktor der Medizin, Hofrat.

Sohn einer preußischen Kaufmannsfamilie. Absolvent der Medizinisch-Chirurgischen Akademie in St. Petersburg. Gründer und Direktor einer orthopädischen Privatklinik, der als Arzt in den aristokratischen Kreisen der Hauptstadt hohes Ansehen genoss. Während des Russisch-Osmanischen Kriegs von 1877–78 leitete er das militärische Feldhospital Maria Fjodorownas, wurde dreimal mit Orden ausgezeichnet und erhielt von der Zarengemahlin ein Porträt mit Brillanten, woher sein Beiname „Doktor der Zarengemahlin“ herrührt. Weimar sympathisierte mit den liberal-demokratischen Kreisen der Hauptstadt und war unter anderem mit dem Schriftsteller G.I. Uspenski sowie den Revolutionären P.A. Kropotkin, G.A. Lopatin und M.A. Natanson befreundet. Auch wenn er formal keiner revolutionären Organisation angehörte (die Version, Weimar sei 1876 Mitglied von „Land und Freiheit“ gewesen, wird von zahlreichen Historikern in Zweifel gezogen), leistete er diesen regelmäßig finanzielle Hilfe. So hielt ihn die Petersburger Gruppe der „Großen Propagandagesellschaft“ (Tschaikowski-Zirkel) in den Jahren 1871–74 für ihren engsten Unterstützer. 1876 erwarb er für die Revolutionäre das Rennpferd Warwara, das sowohl beim Attentat auf den Chef der Gendarmerie N.W. Mesenzow als auch bei den Fluchten von P.A. Kropotkin, W.S. Iwanowski und A.K. Presnjakow aus dem Gefängnis zum Einsatz kam. An der Organisation der Flucht Kropotkins war Weimar auch persönlich beteiligt. 1878 versteckten sich sowohl W.I. Sassulitsch (nach dem von ihr verübten Attentat auf den Petersburger Stadtchef Trepow) als auch der Redakteur des Zentralorgans von „Land und Freiheit“ D.A. Klementz in Weimars Wohnung vor der Polizei.

1879 erwarb Weimar für „Land und Freiheit“ den Revolver, aus dem A.K. Solowjow am 2. April des gleichen Jahres auf Alexander II. schoss, weswegen er in der Nacht auf den 3. April 1879 als mutmaßlicher Tatbeteiligter verhaftet wurde. Er war in der Peter-und-Paul-Festung und ab dem 4. Mai 1880 aus Krankheitsgründen im Petersburger Untersuchungsgefängnis in Haft. Am 6. Mai 1880 wurde er zusammen mit zehn Mitgliedern von „Land und Freiheit“ vor Gericht gestellt. In den Augen der Öffentlichkeit stellte Weimar die zentrale Figur des Prozesses dar, weswegen F.M. Dostojewski sogar vom „Fall Weimar“ sprach. Am 14. Mai 1880 wurde Weimar zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Angesichts seiner Verdienste im Russisch-Osmanischen Krieg senkte der Zar das Strafmaß auf 10 Jahre ab.

Am 23. August 1881 kam Weimar zur Zwangsarbeit an den Fluss Kara in Transbaikalien, nachdem er zuvor das Angebot der Zarengemahlin Maria Fjodorowna ausgeschlagen hatte, ein Gnadengesuch zu stellen. Am 12. März 1885 wurde er aus dem Gefängnis entlassen und unter das sogenannte „freie Kommando“ gestellt, bei dem er in einer eigenen Wohnung leben konnte. Wenig später starb er an Tuberkulose.

Literatur

Autoren: Troickij N.

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