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KORBA [geb. Meinhard, in zweiter Ehe Pribyljowa] Anna Pawlowna (1849–1939, Leningrad). Revolutionärin, Volkstümlerin, Mitglied des Exekutivkomitees der Partei "Volkswille" (1880)

Rubrik: Biographische Beiträge (Personalien) / Vertreter des sozialen Bereichs (Bildung, Medizin)

KORBA, Anna Pawlowna (geb. Meinhard, in zweiter Ehe Pribyljowa), * 1849 in Twer, † 1939 in Leningrad. Revolutionärin und Volkstümlerin (Narodniki), Mitglied des Exekutivkomitees der Partei „Narodnaja Wolja“ („Volksfreiheit“) (1880).

Korbas von der Insel Rügen stammender Großvater war Cellist in St. Petersburg, ihr Vater ebendort Verkehrsingenieur. Nachdem sie ihre schulische Bildung durch häuslichen Unterricht erhalten hatte, besuchte von 1869 an die Höheren Frauenkurse in St. Petersburg, um sich auf das Studium vorzubereiten, und legte an der Universität eine Prüfung zur Hauslehrerin ab. Von diesem Zeitpunkt an war sie nach eigener Aussage „überzeugte Sozialistin“. In den Jahren 1869-71 gehörte sie zum Frauenzirkel um S.L. Perowskaja, der neben dem Zirkel M.A. Natansons die Keimzelle der Großen Propagandagesellschaft (sogenannter Tschaikowski-Zirkel, 1871–74) bildete. 1872–75 kehrte sie der Politik für einige Jahre den Rücken und war vor allem mit familiären Angelegenheiten und dem Selbststudium befasst. 1876 wurde zu zum Mitglied des Minsker Komitees des Roten Kreuzes gewählt und diente während des Russisch-Osmanischen Kriegs in einem Militärhospital an der Donau als Krankenschwester. Im Frühjahr 1879 schloss sie sich innerhalb der Organisation „Land und Freiheit“ der Fraktion der „Politiker“ an, einer Vorläuferorganisation von „Narodnaja Wolja“. Im August des gleichen Jahres wurde sie zunächst zur Agentin und im Januar 1880 zum Mitglied des Exekutivkomitees von „Narodnaja Wolja“ gewählt

Innerhalb der Organisation „Narodnaja Wolja“ war Korba für zahlreiche Aufgaben zuständig: Unterhalt von drei konspirativen Wohnungen des Exekutivkomitees, Beteiligung an der Führung der zentralen Studentenorganisation, Arbeit im Passbüro und im Sprengstofflabor, Aufrechterhaltung des Kontakts zu N.W. Kletotschnikow, der als Agent des Exekutivkomitees in den Jahren 1879–81 in der 3. Abteilung und im Polizeidepartement tätig war, Vorbereitung der in den Jahren 1880-81 auf Alexander II. verübten Attentate, aber vor allem die Zusammenarbeit mit der Redaktion des Zentralorgans der Partei „Narodnaja Wolja“. Korba sammelte Material für die Zeitung, führte eine „Chronik der Verfolgungen“ und schrieb Artikel und Proklamationen („Innere Umschau“ auf einem Flugblatt vom 20. August 1880, „Anzeichen des Hungers“ in Ausgabe Nr. 4 der Zeitung vom 5. Dezember 1880). Nachdem der Agent des Exekutivkomitees L.N. Gartman im Februar 1880 in Paris verhaftet worden war, übersetzte sie einen Aufruf des Exekutivkomitees an das französische Volk ins Französische. 1881 wurde sie Mitglied der Redaktion von „Narodnaja Wolja“ (zusammen mit L.A. Tichomirow und W.S. Lebedew). Im Sommer 1881 wurde sie in das militärische Zentrum der Partei aufgenommen. Im Herbst des gleichen Jahres warb sie in Tiflis Offiziere für deren militärische Organisation.

Im Juni 1882 wurde Korba verhaftet und im „Fall der 17“ vor Gericht gestellt. Sie konnte den Brief „Zwangsarbeit und Folter in Petersburg im Jahr 1883“ aus der Haft schmuggeln, der später mehrfach in der Untergrundpresse veröffentlicht wurde. Im „Prozess der 17“ wurde sie zahlreicher Staatsverbrechen einschließlich einer „Reihe von Attentaten auf das Leben seiner Majestät“ Alexander II. angeklagt. Vor Gericht hielt sie eine programmatische Rede. Im April 1883 wurde sie zu 20 Jahren Zwangsarbeit verurteilt, wobei das Strafmaß später durch das Krönungsmanifest Alexanders III. auf 13 Jahre herabgesetzt wurde. Von März 1884 an war sie am Fluss Kara (Transbaikalien) inhaftiert. Im September 1890 wurde sie unter das sogenannte „freie Kommando“ gestellt, bei dem die Verbannten statt im Gefängnis in einer Wohnung leben durften. Im September 1892 wurde sie zur Siedlung nach Tschita ausgewiesen. Im Februar 1905 endete Korbas Verbannungszeit in Sibirien. Im Oktober des gleichen Jahres wurde sie amnestiert und durfte sich in Moskau niederlassen. 1909 wurde sie erneut verhaftet und für 5 Jahre nach Minussinsk verbannt. Nach 1917 war sie nicht mehr politisch aktiv, lebte in Leningrad und arbeitete an ihren Erinnerungen. Von 1921 an war sie Mitglied der Allunions-Gesellschaft der früheren politischen Gefangenen und Verbannten.

In erster Ehe (1869–79) war sie mit dem Ingenieur und Schweizer Staatsangehörigen W.F. Korba verheiratet, in zweiter Ehe (ab 1890) mit dem Mitglied von „Narodnaja Wolja“ A.W. Pribyljow (1857–1936), der im „Fall der 17“ zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt wurde.

Korbas Memoiren sind eine wertvolle Quelle zur Geschichte der russischen Befreiungsbewegung.

Veröffentlichungen

А.Д. Михайлов, М.-Л., 1925 (совм. с В.Н. Фигнер); «Народная воля». Воспоминания о 1870–1880-х гг., М., 1926; Автобиография, в кн.: Деятели СССР и революционного движения России. ЭС Гранат, М., 1989.

Literatur

Кузьмин Дм. [Колосов Е.Е.], Народовольческая журналистика, М., 1930 (ук.); Фигнер В.Н., Запечатленный труд. Воспоминания в 2 т., М., 1964, т. 1 (ук.); Волк С.С., «Народная воля» (1879–1882), М.-Л., 1966 (ук.); Троицкий H.A., «Народная воля» перед царским судом (1880–1894), 2 изд., Саратов, 1983 (ук.).

Autoren: Troickij N.

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