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BIRON, Jewgenij Wladislawowitsch (*6./18. September 1874 in Kalisz, Königreich Polen, Russisches Reich, † 16. August 1919 in Tomsk) – Chemiker, Professor am Technologischen Institut Tomsk (TTI)

Rubrik: Biographische Beiträge (Personalien) / Vertreter des sozialen Bereichs (Bildung, Medizin)

BIRON, Jewgenij Wladislawowitsch (*6./18. September 1874 in Kalisz, Königreich Polen, Russisches Reich, † 16. August 1919 in Tomsk) – Chemiker, Professor am Technologischen Institut Tomsk (TTI).

            Väterlicherseits stammte Biron aus der Familie Karl Birons, des Bruders des Favoriten der Zarin Anna Iwanowna Graf Ernst Johann von Biron. Birons Vater Wladislaw Karlowitsch diente nach Abschluss der Kadettenanstalt im Moskauer Dragonergarderegiment, das 1865 in das Königreich Polen verlegt wurde. Birons Mutter (geb. Richter) war Tochter eines Erziehers der Kadettenanstalt und schloss das Institut für Höhere Töchter in Poltawa ab. 1879 zog die Familie nach St. Petersburg. Seine schulische Bildung erhielt Biron durch Hauslehrer, im Vorbereitungspensionat Akkerman und auf dem 2. St. Petersburger Gymnasium. Von 1886 an lernte Biron an der Rechtsschule. 1893 wechselte er an die Naturwissenschaftliche Abteilung der Physikalisch-Mathematischen Fakultät der Universität St. Petersburg, wo er bei den Professoren L.P. Konowalow, W.E. Tischenko und N.A. Menschutkin lernte. Nach Abschluss seines Studiums im Jahr 1897 blieb Biron zunächst als Junglaborant und von 1898 an als Oberlaborant am Chemischen Labor von Professor L.P. Konowalow. Für seine 1898 in der Zeitschrift der Russischen Chemischen Gesellschaft veröffentlichten Artikel „Über die Bestimmung der Wärmekapazität von Salzlösungen nach der Methode von D.P. Konowalow“ und „Über die Löslichkeit von Bariumsulfat in Schwefelsäure“ wurde Biron der Kleine A.M. Butlerow-Preis verliehen. 1899 wurde er für das Sommersemester ins Ausland geschickt, um physikalische Chemie zu studieren und sich mit dem Chemieunterricht an deutschen Hochschulen bekannt zu machen. An der Universität Göttingen hörte er bei Professor W. Nernst Vorlesungen zur Physikalischen Chemie und zur Elektrochemie und arbeitete im Labor von Professor O. Wallach, unter dessen Leitung er die Arbeit „Thujakatonoxim und Phoshhorpentoxyd” anfertigte. Von 1899 an war Biron Vorlesungsassistent im Kurs für Anorganische Chemie, von 1907 an Privatdozent an der Universität St. Petersburg. Zugleich unterrichtete er von 1908 an Physikalische und Anorganische Chemie an der Physikalisch-Mathematischen Abteilung der Höheren Frauenkurse. 1909 wurde Biron ins Ausland entsandt, um sich mit den neuesten chemischen Laboratorien in Deutschland, Frankreich, in der Schweiz und in England bekannt zu machen. Von 1910 an war Biron außerordentlicher Professor des St. Petersburger Forsttechnischen Instituts, wo er zum Sekretär des Institutsrats gewählt wurde. Zugleich war er weiter als Privatdozent an der Universität St. Petersburg tätig. In den Jahren des Ersten Weltkriegs wurde Biron zu militärchemischen Arbeiten (Erprobung von Stickgasen) herangezogen. In den Jahren 1915–17 war er als Berater der Sonderkommission des Kriegsministeriums und der Zweiten Abteilung des Chemischen Komitees der Hauptverwaltung der Artillerie an der Erprobung chemischer Kampfstoffe beteiligt, in deren Verlauf er zweimal Vergiftungen erlitt (zuletzt im Mai 1917). Im August 1917 kam Biron aus gesundheitlichen Gründen nach Tomsk, wo er von Juni 1918 bis August 1919 als ordentlicher Professor am Lehrstuhl für Anorganische Chemie des Technologischen Instituts Tomsk tätig war.

            1905 veröffentlichte Biron die Arbeit „Untersuchung von Chlorostannaten der Typen Me½SnCl6  und MIISnCl6“, die er 1907 als Magisterarbeit an der Physikalisch-Mathematischen Fakultät der Universität St. Petersburg verteidigte. Später weitete Biron das Feld seiner wissenschaftlichen Forschungen aus und widmete sich u.a. der Erforschung der Saponifikation und den Bedingungen der Entstehung von Ethylnitrat sowie Zinnchloridmetallen als typischen Molekularverbindungen. Zugleich setzte er seine Komplexsalzen und insbesondere den Cadmiumsalzen der Salzsäure gewidmete Forschungstätigkeit fort. 1910 schlug er eine neue Formel zur Darstellung der Abhängigkeit der Ausdehnung einer Flüssigkeit von der Temperatur vor. 1912 veröffentlichte er die Monographie „Die Kompression bei der Vermischung normaler Flüssigkeiten“, die von ihm 1913 an der Universität St. Petersburg als Doktorarbeit verteidigt und von der Russischen Akademie der Wissenschaften mit dem Kleinen M.W. Lomonossow-Preis ausgezeichnet wurde. 1923 erschien bereits posthum Birons von Prof. O.D. Chwolson bearbeitete und mit einem zusätzlichen Kapitel versehene Überblicksdarstellung „Die Lehre von den Gasen und Flüssigkeiten“. Biron war ein talentierter wissenschaftlicher Experimentator, der der Laborarbeit viel Zeit widmete und mehrere der Messung der Kompressionsfähigkeit von Flüssigkeiten dienende Instrumente entwickelte. Von 1907 an war er Mitglied der Russischen Chemischen Gesellschaft an der Universität St. Petersburg. In den Jahren 1908 und 1911 war Biron an der Organisation der 1. bzw. 2. Mendelejew-Konferenz beteiligt. Zur Zeit seiner Arbeit in Tomsk gehörte Biron in seiner Eigenschaft als Mitglied der Russischen Physikalisch-Chemischen Gesellschaft dem Präsidium der Vereinigung der Chemiker des Technologischen Instituts Tomsk an. Biron war ein hochgebildeter Mensch, der mehrere Sprachen beherrschte, sich für Musik begeisterte und Geige spielte. Er war mit W.P. Dmitrijewa verheiratet und hatte vier Kinder.

 

INHALT

Archive

ГАТО. Ф. 194. Оп. 1. Д. 223.

 

 

Veröffentlichungen

 Исследования хлористаннатов типов Me½SnCl6 и MIISnCl6. СПб, 1905; Совм. с С.П. Мальгевским. Изменение точки превращения глауберовой соли третьим телом // Журнал русского химического общества. 1908. Т. 40; Совм. с Б.П. Афанасьевым. Исследование концентрационных цепей хлористого кадмия // Журнал русского химического общества. 1909. Т. 41; Поправка на тепловой обмен с окружающей средою при маленьком калориметре // Журнал русского химического общества. 1909. Т. 41; Манометр с ртутным сопротивлением // Журнал русского химического общества. 1910. Т. 42; Сжатие при смешении нормальных жидкостей. СПб., 1912; Совм. с О.М. Моргулевой. Сжатие при смешении анормальных жидкостей // Журнал русского химического общества. 1913. Т. 45; Совм. с О.М. Моргулевой. Окраска смесей аниликов с ароматическими нитросоединениями // Журнал русского химического общества. 1914. Т. 46; О необходимости метеорологических учреждений при Институте исследования Сибири // Труды Института исследования Сибири. Томск, 1919; Учение о газах и жидкостях / Под ред. О.Д.Хвольсона. Петроград, 1923.

Literatur

Турбаба Д.П. Памяти профессора Е.В.Бирона // Сибирская жизнь. 1919. 19 авг.; Блох М.А. Химия в СССР за 10 лет (1917–1927). М., 1927; Е.В. Бирон (некролог) // Журнал русского физико-химического общества. 1928. Т. 60. Выпуск 5; Блох М.А. Биографический справочник. Выдающиеся химики и ученые XIX и XX столетий, работавшие в смежных с химией обл. науки. Т. 1. Л., 1929; Томский технологический институт за 25 лет своего существования. 1900–1925. Томск, 1928; Меншуткин Б.Н. Евгений Владимирович Бирон // Журнал русского физико-химического общества. Т. 62. Выпуск 7. 1930; БСЭ. 2-е изд. Т. 5. 1950; Биографический словарь деятелей естествознания и техники. Т. 1. М., 1958; История Томского политехнического института в документах. 1918–1945. Томск, 1987; Томский политехнический университет. 1896–1996: Исторический очерк. Томск, 1996; Становление и развитие научных школ Томского политехнического университета. 1896–1996: Исторический очерк. Томск, 1996; Профессора Томского политехнического университета: Биографический справочник. Т. 1 / Автор и составитель А.В. Гагарин. Томск, 2000.

Autoren: Gribovskij M.V., Nekrylow S. A.

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