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LUSTIG Wilhelm Osipowitsch (1843–1915). Jurist, Anwalt, Gerichtsredner

Rubrik: Biographische Beiträge (Personalien) / Vertreter des sozialen Bereichs (Bildung, Medizin)

LUSTIG, Wilhelm Ossipowitsch, * 1843, † 5. April 1915 in Petersburg. Jurist, Rechtsanwalt und Gerichtsredner.

Lustigs Bruder Ferdinand Ossipowitsch war Mitglied der sozialrevolutionären Geheimgesellschaft „Narodnaja Wolja“ [„Volkswille“ bzw. „Volksfreiheit“]. Lustig selbst studierte an der Petersburger Universität, wo er wegen Beteiligung an den Studentenunruhen vom 12. Oktober 1861 verhaftet und bis zum 6. Dezember in der Peter-Paul-Festung festgehalten wurde. Von Juli 1862 an lebte er unter Polizeiaufsicht in Nischni Nowgorod. 1865 schloss er als Externer die Universität Charkow ab. Von 1867 an lebte er dauerhaft in Petersburg, wo er vom 19. Mai 1871 an Bezirksanwalt an der Gerichtskammer war und vor allem Zivilverfahren führte. 1871 vertrat er F.M. Dostojewski in Erbstreitigkeiten, 1913 trat er am Ehrengericht als Schlichter zwischen Akademiemitglied Iwan Pawlow und Professor P.I. Kowalewski auf. Häufig trat er auch in politischen Prozessen als Anwalt auf, so etwa im „Fall der 50“ (1877), im „Fall der 193“ (1877-78), im „Fall der 21“ (1887) und im „Fall Balmaschew“ (1902). 1896 stellte er beim Polizeidepartement das Gesuch, W.I. Lenin gegen Bürgschaft aus der Haft zu entlassen. In den Jahren 1881-83, 1885-86 und 1889-97 war er insgesamt elf Jahre lang (länger als jeder andere) Vorsitzender der allseits respektierten Petersburger Anwaltskammer. Von 1913 an war er Stellvertretender Vorsitzender der Redaktionskommission der vierbändigen „Geschichte der russischen Anwaltschaft“. 1905 trat er der Partei der Oktobristen bei, war aber nicht aktiv in der Partei engagiert.

Literatur

Карабчевский Н.П., В.О. Люстих, «Право», 1915, № 17; Спасович В.Д., Застольные речи (1873–1901), Лейпциг, 1903; Винавер М.М., Недавнее (Воспоминания и характеристики), 2 изд., Париж, 1926; Утевский Б.С., Воспоминания юриста, М., 1989; Троицкий Н.А. Адвокатура в России и политические процессы 1866–1904 гг. Тула, 2000.

Autoren: Troickij N.

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