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LAUWE (früher auch Laube, Schönfeld), heute Jablonowka, ist ein Dorf im Rayon Rownoje des Vervaltungsebietes Saratow, eine deutsche Kolonie am linken Wolga-Ufer

Rubrik: Geschichte und Geographie der Ansiedlung der Deutschen im Russischen Reich, in der UdSSR und GUS / Geschichte der Ansiedlung
Современное состояние с. Яблоновка (ранее Лауве). Фото Е. Мошкова, 2009 г.
Современное состояние с. Яблоновка (ранее Лауве). Фото Е. Мошкова, 2009 г.
Современное состояние с. Яблоновка (ранее Лауве). Фото Е. Мошкова, 2009 г.
Современное состояние с. Яблоновка (ранее Лауве). Фото Е. Мошкова, 2009 г.

LAUWE (früher auch Laube, Schönfeld), heute Jablonowka, ist ein Dorf im Rayon Rownoje des Vervaltungsebietes Saratow. Das ist eine deutsche Kolonie am linken Wolga-Ufer, an der Mündung des Flusses Tarlyk in die Wolga, 50 Kilometer von der Stadt Engels (früher Pokrowskaja Sloboda) entfernt.

Von 1871 bis Oktober 1918 gehörte das Dorf zur Wolost Stepnoje im Ujesd Nowousensk des Gouvernements Samara. Nach Gründung der wolgadeutschen Arbeitskommune 1918 und bis zum Jahr 1941 war das Dorf Lauwe das Verwaltungszentrum des Lauwe-Dorfrates. Von 1922 bis 1927 gehörte das Dorf zum Kanton Kukkus (Wolsk). Ende 1927 wurde der Kanton Kukkus (Wolsk) infolge einer Verwaltungsreform in der Wolgadeutschenrepublik abgeschafft, indem er dem Kanton Rownoje (Seelmann) angeschlossen wurde. 1935 wurde der Kanton Kukkus wiederhergestellt.  

Die Werberkolonie wurde am 19. August 1767 vom Schweizer Pictet aus Genf und dem Franzosen Le Roy gegründet. Die beiden Unternehmer warben deutsche Bürger zur Aussiedlung nach Russland an. Der Name Lauwe war vom Familiennamen des ersten Vorstehers, dem 34-jährigen Johann Laube, abgeleitet, der mit seiner 23-jährigen Frau Eva-Katharina und zwei Kindern nach Russland gekommen war. Nicht alle Namen der Kolonie-Vorsteher sind bekannt. In den 1820er Jahren war Karl Kreuter der Vorsteher, und in den 183er und 40er Jahren war Karl Markus der Kolonie-Älteste.

Später bekam die Kolonie den Namen Schönfeld. Mit dem Erlass vom 26. Februar 1768 erhielt die Kolonie ihren offiziellen russischen Namen Jablonowka (etwa „Dorf der Apfelbäume“). Die ersten 41 Familien kamen aus Brandenburg, Wittenberg, Darmstadt, Preußen und Sachsen.

Die meisten der ersten 169 Kolonisten waren Lutheraner. Lediglich eine Familie – die von Martin Nikolaus mit seiner Frau und zwei Kindern – war reformierten Bekenntnisses. Bemerkenswert ist, dass die Besiedlungsweise es unmöglich machte, die Kolonien mit Vertretern desselben Bekenntnisses zu besiedeln. So mussten Katholiken oft zusammen mit Protestanten in derselben Kolonie wohnen, wie es in Lauwe der Fall war. In der protestantischen Kolonie wohnte eine katholische Familie: Der 50jährige Ackerbauer Jakob Preis aus Kurmainz (Memlingen) mit seiner Frau und vier Kindern.

Die ersten Kolonisten waren meistens Ackerbauer. Unter den ersten 55 Hauseigentümern gab es sechs Weber, vier Schuster, drei Schmiede, drei Schneider, zwei Jäger, zwei Maurer, zwei Feldscher, einen Ziegler, einen Friseur, einen Spinner, einen Schornsteinfeger, einen Bäcker, einen Tischler, einen Kessler, einen Zimmermann, einen Küfer, einen Müller und sogar einen Schreiber. Jeder Hauseigentümer in Lauwe erhielt von der Fürsorge-Kanzlei in Saratow je 25 Rubel, zwei Pferde und eine Kuh.

 

1774 wurde Lauwe durch die Rebellen des Bauernaufstands unter Führung von Jemeljan Pugatschow attackiert. Dabei wurden Plünderungen, Gewalt und Ermordungen verübt. Die Rebellen von Jemeljan Pugatschow, der einen Bauernkrieg (1773–1775) gegen die Leibeigenschaft führte, waren unter anderem in den Wolga-Steppen aktiv. Die deutschen Kolonien erlitten zwar durch die Plünderungen einen wesentlichen Schaden, ihre Entwicklung kam jedoch nicht zum Stillstand.

Die hinter der Wolga liegenden Siedlungen verfügten über weniger Land als die anderen Regionen des Gouvernements Saratow. Die Landarmut führte dazu, dass die Kolonisten mehrmals versuchten, Tochterkolonien außerhalb ihrer Siedlungen zu gründen und auszuwandern. 1861 verabschiedete die Vormundschaftskanzlei einen Erlass, der eigenmächtige Umsiedlung mit Landstreicherei gleichsetzte und strenge Strafmaßnahmen vorsah. Die Kolonisten waren dadurch aber nicht aufzuhalten. 1866 wurden in Jablonowka Untersuchungen durchgeführt, und die Kolonisten mussten schriftlich bestätigen, Bescheid über das Verbot einer Umsiedlung in den Kaukasus bekommen zu haben. Im Dorf gab es am Ufer der Wolga eine Anlegestelle, die als Handelsort und Zentrum für die Einstellung von Landarbeitern diente. An dieser Anlegestelle dockten regelmäßig Frachtschiffe an.

Die Errichtung der Sowjetmacht hat in das Leben der deutschen Kolonien viele Veränderungen gebracht. Im April 1921 wurden einige Dorfbewohner Repressalien ausgesetzt, weil sie einen antisowjetischen Aufstand organisiert hatten. In den 1920er Jahren gab es in Lauwe eine landwirtschaftliche Kreditgenossenschaft. Im September 1941 sind die Deutschen aus Lauwe deportiert worden. Seit 1942 trägt das Dorf den Namen Jablonowka.

Schule und Ausbildung der Kinder. In Lauwe, genauso wie in allen anderen lutherischen Kolonien, funktionierte seit der Gründung der Kolonie eine Kirchenschule, in der laut dem Gesetz alle Kinder im Alter zwischen sieben und 15 Jahren unterrichtet wurden. Laut statistischen Angaben über den Zustand der Schulen in den deutschen Kolonien, die durch den Propst des linken Wolgaufers Johannes Erbes zusammengetragen wurden, waren im Jahre 1906 von den knapp 2,5 Tausend Dorfbewohnern etwa 281 Kinder im Alter von 7 bis 15 Jahren, die eine Grundschulausbildung zu erhalten hatten. 1906 wurden 119 Jungen und 116 Mädchen in der Kirchenschule unterrichtet. Die Schule wurde aus den Mitteln der Kirchengemeinde finanziert. Die Kirchenschule hatte es schwer mit so einer hohen Anzahl von Schulkindern. Daher gab es in Jablonowka neben der Kirchenschule auch eine Landschule, in der jeden Tag außer am Sonntag unterrichtet wurde. In der Landschule lernten die Kinder laut dem im Archiv erhalten gebliebenen Stundenplan Erdkunde, Geschichte, Rechnen, Rechtschreibung, Diskurs, die deutsche Sprache, Gottesgesetz. Mehrere Stunden pro Woche wurde die russische Sprache unterrichtet. Dabei umfasste der Russischunterricht folgende Teile: ein Tondiktat, ein grammatisches Diktat, das erklärende Lesen und das Nacherzählen.

In Jablonowka gingen nicht alle schulpflichtigen Kinder in die Schule. Laut Angaben von Erbes machten sich 46 siebenjährige Kinder im Jahr 1906 nicht an den Schulunterricht. Die Gesellschaft der Kolonie und die Eltern verwiesen darauf, dass die Kinder erst mit acht Jahren in die Schule gehen würden. In den Jahren der Sowjetmacht wurde im Dorf eine Grundschule mit einer vierjährigen Ausbildungsdauer errichtet. Seit 1967 dauerte die Schulausbildung acht Jahre.

Konfessionelle Bindung der Einwohner und Kirche. Die meisten Einwohner von Lauwe bekannten sich zum evangelisch-lutherischen Glauben. Einige Kolonisten waren reformierten Bekenntnisses. Katholiken waren in der Minderheit und wurden von Patern des Kirchspiels Preis betreut. Bis 1821 gehörte die Kolonie zum Kirchspiel Warenburg (Priwalnoje). Ab 1821 war die Gemeinde von Lauwe Teil des lutherisch-reformierten Kirchspiels Kukkus (Wolskaja). Dazu gehörten neben Lauwe noch vier Gemeinden – Kukkus (Wolskaja), Stahl (Stepnoje), Jost (Popowkina) und Banherdt (Saumorje). Die Kirchgänger der Gemeinde Kukkus (Wolskaja), die als Zentrum des Kirchspiels galt, waren reformierten Bekenntnisses.

In den ersten Jahren nach der Gründung der Kolonie wurde dort ein provisorisches Gebetshaus gebaut. Erst 50 Jahre später konnten die Kirchengänger genug Geld sammeln, um eine permanente Kirche bauen zu lassen. Die erste Holzkirche in Lauwe wurde 1829 gebaut. Bereits damals war sie ziemlich groß und konnte gleichzeitig 550 Personen aufnehmen. Die Kirche galt als Filialkirche. Sie wurde von den örtlichen Baumeistern gebaut, ohne speziellen Bauentwurf und ohne Kostenvoranschlag.

1893 wurde im Dorf eine neue Kirche gebaut. Der Bauentwurf und die Baukosten wurden mit den staatlichen Behörden vereinbart. Der Baustil der neuen Kirche entsprach den regionalen Stiltendenzen und der professionellen architektonischen Planung. Die Kirche wurde im für die deutschen Kolonien des Wolgagebietes traditionellen „Kontorstil“ gebaut. Die Halle hatte zwei Ränge. Über dem Haupteingang, dem Altar gegenüber, war das Orgelbett. In den Galerien des zweiten Ranges, die sich auf massive Holzsäulen stützten, gab es Sitzbänke für die Kirchengänger. Neben der Kirche gab es eine Küsterei mit einem Flügel, einen Glockenturm und eine Leichenhalle. In Lauwe gab es auch ein lutherisches Gebetshaus sowie Gebetshäuser für Katholiken und Baptisten.

Bevölkerungszahl. 1767 wohnten in Lauwe 169 ausländische Kolonisten, 1773 lag diese Zahl bei 150. Im Jahr 1788 waren es 165, im Jahr 1798 – 244, im Jahr 1816 – 540, im Jahr 1834 – 600, im Jahr 1850 – 927, im Jahr 1859 – 1103 und im Jahr 1889 – 1548 Einwohner. Laut Angaben der Allgemeinen Bevölkerungszählung des Russischen Reiches von 1897 wohnten in Lauwe 1695 Menschen, 1654 davon Deutsche. Nach dem Stand von 1904 zählte das Dorf 2412 Einwohner, im Jahr 1910 waren es 2588. Laut Angaben der Gesamtrussischen Bevölkerungszählung von 1920 wohnten in Lauwe 1968 Menschen. Im Jahr 1921 wurden im Dorf 87 Menschen geboren, 94 Menschen starben. Laut Angaben der Statistischen Gebietsverwaltung des Autonomen Gebietes der Wolgadeutschen zählte Lauwe nach dem Stand vom 1. Januar 1922 1730 Einwohner. Laut der Bevölkerungszählung von 1926 betrug die gesamte Bevölkerungszahl 1639 Menschen, davon 1607 Deutsche. Im Jahre 1931 wohnten im Dorf 1850 Menschen, davon 1818 Deutsche.

Aus der Geschichte der Kirchengemeinde und des Kirchspiels. 1883 wurde in Lauwe der lutherische Pastor Johannes Grasmück geboren. Er wirkte von 1912 bis 1913 in Grimm, und von 1913 bis 1932 in Brunnental. 1932 wurde er verhaftet und blieb bis 1936 im Exil. Die letzten Pastoren des Kirchspiels Kukkus, die in Lauwe wirkten, wurden Repressalien ausgesetzt. Johannes Erbes (1968–1932), der die Kirchengemeinden seit 1902 betreute, wurde im Jahre 1930 unter dem Vorwurf einer antisowjetischen Tätigkeit und Spionage verhaftet und starb in einem Straflager bei Semipalatinsk. Ebenda starb Otto Heinrich Harff (1872 – nach 1932), der 1931 verhaftet, einer konterrevolutionären Tätigkeit beschuldigt und in ein Straflager geschickt wurde.

1931 machte das zentrale Exekutivkomitee des Autonomen Gebietes der Wolgadeutschen bekannt, dass die Kirche im Dorf Lauwe in ein Volkshaus umgebaut wurde. Von den 30 lutherischen Kirchen des Kantons Seelmann wurde nur die Kirche in Lauwe umgebaut, die anderen wurden als Lesehäuser, Volkshäuser oder Schulen eingesetzt. Nach der Schließung der Kirche war den Kirchengängern erlaubt, Gottesdienste in einem hölzernen Gebetshaus abzuhalten.

Am 15. September 1934 benachrichtigte die Kommission für Kultfragen das Präsidium des Zentralen Exekutivkomitees des Autonomiegebiets der Wolgadeutschen über das immer noch funktionierende hölzerne Gebetshaus mit zwei 25 Pud schweren Glocken in Lauwe. Die Kommission schlug daher vor, das Gebäude umzurüsten und die Glocken abzubauen. Bereits einige Monate später wurde das Gebetshaus auf Anordnung des Zentralen Exekutivkomitees des Autonomiegebietes der Wolgadeutschen geschlossen und in ein Volkshaus umgerüstet. Die Gemeinde hörte damit auf, offiziell zu existieren.

Liste der Pastoren des Kirchspiels Warenburg (Prowalnaja), die in der Gemeinde Lauwe wirkten. 1770–1777 – Pohlmann. 1777–1785 hatte das Kirchspiel keinen Pastor. 1785–1788 – Friedrich Konrad Strenge(l,r). 1788–1797 – hatte das Kirchspiel keinen Pastor. 1797–1821 – Bernhard Wilhelm Litfas. Pastoren des Kirchspiels Kukkus, die in der Gemeinde Lauwe wirkten. 1820–1835 – Johann Martin Otto. 1836–1840 – Vikar Peter August Pundani. 1840–1852 – Ernst Wilhelm David. 1854–1900 – Johannes Wilheln Michail Allendorf. 1902–1930 – Johannes Erbes. 1929–1930 – Otto Heinrich Harff.

Das Dorf heute. Heutzutage gehört das Dorf Jablonowka zum Rayon Rownoje des Gebiets Saratow. Das heutige Dorf steht in Bezug auf die Größe und die Einwohnerzahl dem vorrevolutionären Dorf Lauwe deutlich nach. Nach dem Stand von 2010 gab es in der allgemeinbildenden Schule des Dorfes Jablonowka 57 Schüler und 11 Lehrer.

Vom alten Kirchengebäude ist nur das Fundament übriggeblieben. Nach dem Abriss der Kirche wurde auf dem Fundament ein Dorfklub gebaut, der bis heute erhalten geblieben ist und sich im Zentrum des Dorfes, in der Straße Potschtowaja, befindet. Neben dem Klub befinden sich das hölzerne Gebäude einer Küsterei mit einem Flügel und andere Häuser aus dem späten 19. und dem frühen 20. Jahrhundert, die zu den Kolonisten gehörten. Einige Häuser sind in einem guten Zustand erhalten geblieben und werden auch heute noch von den Ortsbewohnern benutzt. Die deutschen Holzhäuser wurden teilweise umgebaut. Einige Häuser sind wegen der niedrigen Bevölkerungszahl verwahrlost und gelten als Nichtwohngebäude. 

INHALT

ГАСО. Ф. 180. Оп. 1. Д. 25218, 25239; Оп. 4. Д. 35. ГИАНП. Ф. 215. Оп. 1. Д. 1–3; Ф. 849. Оп. 1. Д. 890. Л. 77; Д 1137. Л. 135; Д. 1150; Ф. 1831. Оп. 1. Д. 289. Л. 34.

Literatur

Дитц Я. История поволжских немцев-колонистов. - М., 1997; Князева Е.Е., Соловьева Ф. Лютеранские церкви и приходы ХVIII – ХХ вв. Исторический справочник. – СПб., 2001. Часть I; Немецкие населенные пункты в Российской Империи: География и население. Справочник / Сост. В.Ф. Дизендорф. М., 2002; Amburger E. Die Pastoren der evangelischen Kirchen Russlands vom Ende des 16. Jahrhunderts bis 1937. Ein biographisches Lexikon. Martin-Luther-Verlag, 1988; Einwanderung in das Wolgagebiet: 1764–1767 / Hrsg.: Alfred Eisfeld. Bearb.: Igor Pleve. Bd. 3. Kolonien Laub – Preuss. Göttingen: Göttingenger Arbeitskreis, 2005.

Autoren: Lizenberger O.A.

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