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FAST , Hermann, *14. April 1860 in der Kolonie Gnadenfeld

Rubrik: Biographische Beiträge (Personalien) / Vertreter des sozialen Bereichs (Bildung, Medizin)

FAST, Hermann, *14. April 1860 in der Kolonie Gnadenfeld (Bezirk Berdjansk, Gouvernement Taurien), † 22. März 1935 in Perdue (Provinz Saskatchewan, Kanada). Missionar, Lehrer, Herausgeber und Übersetzer.

Hermann Fast war das dreizehnte von vierzehn Kindern des aus Preußen nach Russland gekommenen mennonitischen Siedlers Isaak Peter Fast. Er besuchte die Schule des christlichen Schulvereins in Orlowo [Vereinsschule] und später die Zentralschule in der Kolonie Gnadenfeld. In den Jahren 1878-79 war er als Lehrer in Rudnerwiese und anschließend an der lutherischen Schule in Berdjansk tätig. Im Verlauf der folgenden drei Jahre lernte er an der Bibelschule in St. Chrischona bei Basel (Schweiz), wo er zum evangelischen Missionar ausgebildet wurde.

Nach seiner Rückkehr nach Russland 1883 unterrichtete Fast zwei Jahre an der Musterschule in Halbstadt (Molotschansk). 1885 zog er nach Feodosino (Krim), wo er in der lutherischen Kirche predigte und Russisch lernte.

In den Jahren 1886-94 war Fast auf Einladung von dessen Großmutter Gräfin E.I. Schuwalowa als Hauslehrer des jungen Grafen Wassili Petrowitsch Orlow-Denissow (1876–1916) tätig, wofür er nach St. Petersburg ziehen musste. Von 1890 arbeitete er als Missionar und wurde zu einem der führenden Köpfe der evangelischen Bewegung in Russland. Sein engster Mitstreiter bei der Missionstätigkeit war der spätere Führer der Evangeliumschristen Iwan Stepanowitsch Prochanow, der in den Jahren 1888-93 am St. Petersburger Technologischen Institut studierte.

In St. Petersburg baute Fast als Missionar des Russischen Baptistenbunds die örtliche baptistische Gemeinde auf, deren Versammlungen zu diesem Zeitpunkt illegal waren und unter Wahrung der Konspiration in kleinen Räumen stattfanden. Von 1890 an gab Fast in St. Petersburg die Zeitschrift „Beseda“ [„Gespräch“] heraus, für die er in den ersten drei Jahren auch als Chefredakteur tätig war. Die Zeitschrift verfolgte das Ziel, die Gläubigen aller evangelischen Richtungen zu vereinen, und wurde den Abonnenten per Post in verschiedene Regionen des Russischen Reichs zugeschickt.

Dank seiner guten Vernetzung stellte Fast den Kontakt zwischen den Petersburger Gläubigen und zahlreichen evangelischen Gläubigen und Organisationen sowohl in Russland als auch im europäischen Ausland her und leistete einen erheblichen Beitrag zu deren Annäherung.

Fasts Petersburger Jahre fielen in eine Zeit, in der die evangelischen Gläubigen unter massivem Verfolgungsdruck standen und in vielen Fällen nach Transkaukasien verbannt wurden, wo sie ohne Existenzgrundlage blieben. Vor diesem Hintergrund nutzte Fast seine Kontakte in höheren Kreisen (Gräfin Schuwalowa, Fürstin Scherbatowa, Baron Nikola u.a.), um Hilfe zu organisieren. Darüber hinaus beteiligte er sich auch persönlich an der geistlichen und materiellen Unterstützung der Verbannten und machte ihre prekäre Lage im Ausland publik. Für besonders große Aufmerksamkeit sorgte eine Reise, die er im Winter 1892/93 zusammen mit den beiden englischen (bzw. australischen) Quäkern John Bellow und Joseph Neive nach Transkaukasien unternahm.

Über diese Aktivitäten hinaus leitete Fast in St. Petersburg ein 1889 mit privaten Spendengeldern eröffnetes Waisenhaus, das im Jahr 1893 43 Kinder beherbergte, unter denen auch „Kinder von Glaubensbrüdern [waren], die in der Verbannung für den Glauben an den Herrn gestorben waren“. Generell stand das Haus allen hilfsbedürftigen Kindern offen.

Am 22. März 1894 fand in Fasts  Petersburger Wohnung eine Hausdurchsuchung statt, bei der sein privates Archiv (Buchführung, Korrespondenz und andere Dokumente) sowie Vervielfältigungsapparate beschlagnahmt wurden. Da er seine Tätigkeit in der Hauptstadt in der gewohnten Form nicht mehr fortsetzen konnte, zog Fast im Mai 1894 mit seiner Familie und einigen Glaubensgefährten auf die Krim, wo die Gruppe ein bei Simferopel gelegenes Landstück erwarb und eine auf evangelischen Prinzipien basierende landwirtschaftliche Kommune aufbaute.

Da er auch hier unter Überwachung stand, wanderte Fast 1897 mit Frau und Kindern nach Rumänien aus, wo er in einer Privatschule bei Constantza unterrichtete und als Geistlicher in der baptistischen deutschen Kirche in Dobrudscha tätig war. Im Juli 1901 wanderte Fast mit seiner Familie nach Kanada aus und ließ sich in dem von Duchoborzen gegründeten Dorf Petrowka nieder.

Fast war Repräsentant der „British and Foreign Bible Society“, Mitglied der brüdermennonitischen Gemeinde Waldheim (Saskatchewan) sowie Korrespondent und Übersetzer der russischsprachigen Zeitschriften „Sejatel Istiny“ [„Sämann der Wahrheit“] und „Jewangelskaja Wera“ [„Glaube des Evangeliums“] und nahm an den nordamerikanischen Kongressen und Konferenzen des Kanadischen Bunds der Evangeliumschristen und der Russischen Mennonitischen Bruderschaft teil.

Zu seiner Zeit als baptistischer Geistlicher machte Fast einige Schwachstellen des Baptismus aus, zu denen er Formalismus, Oberflächlichkeit, sektiererische Überheblichkeit und Abschottung innerhalb der evangelikalen Bewegung zählte. Seinen Einfluss unter den russischen Baptisten nutzte Fast, um deren konfessionelle Enge abzumildern und evangelikale, freikirchliche Ansichten durchzusetzen. In Kanada war er Mitglied der Kirche der Brüdermennoniten und arbeitete zugleich eng mit den russischsprachigen evangeliumschristlichen Gemeinden zusammen. Dabei pflegte er immer den Austausch mit allen, deren Ansichten nicht ganz den seinen entsprechen - Tolstojaner, Duchoborzen, Juden oder Molokane. „Völlige konfessionelle Freiheit für jeden Glauben – danach sollten wir streben“, lautete dabei sein Motto.

Am 22. Juni 1887 heiratete Fast Jelisaweta, geborene Gorinowitsch, mit der er fünf Kinder hatte: Nikolai, Maria, Olga, Ernest und Konstanzija. Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau (1916) heiratete er im Dezember 1923 in Blaine Lake (Saskatchewan) Sinaida Alimowa.

Literatur

Валькевич В.А. Записка о пропаганде протестантских сект в России и, в особенности, на Кавказе, Тифлис, 1900, т.1, с.158–174; Проханов И.С. Г.И. Фаст: посмертное слово // «Евангельская вера», № 7–9, 1935, с.27; Краткие сведения о покойном бр. Г.И. Фасте // «Евангельская вера», 1937, № 1–3, с.15; Степанов В.А. Светлая душа (Герман Фаст: жизнь и вклад в евангельское движение в России (1860–1935)) // Евангельская газета «Мирт», №2(93), 2016, с.26–33– http://gazeta.mirt.ru/stat-i/cerkov/post–1924/;17.09.2016; Bachman, Don, Submission to GRANDMA Project by Don Bachman. 24 Feb 2004; Kahle, Wilhelm. Evangelische Christen in Russland und der Sowjetunion, Wuppertal, Oncken-Verlag, 1978; Fast, Hermann//The Global Anabaptist Mennonite Encyclopedia Online, 1996–2016; Wardin, A. W. On the Edge, Eugene, Oregon, 2013, p. 243, 262, 266–268, 301–302.

Autoren: Stepanov V.

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