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SCHWED (Schweden, Schwedskij, Swonarjowka), heute Dorf Leninskoje, Rayon Engels, Gebiet Saratow; deutsche Kolonie im linksufrigen Wolgagebiet

Rubrik: Geschichte und Geographie der Ansiedlung der Deutschen im Russischen Reich, in der UdSSR und GUS / Geschichte der Ansiedlung
Evangelisch-lutherische Kirche in Schwed
Leninskoje. Früheres Geschäftshaus. Heute Bibliothek. Foto Je. Moschkow, 2010
Leninskoje

SCHWED (Schweden, Schwedskij, Swonarjowka), heute Dorf Leninskoje, Rayon Engels, Gebiet Saratow; im linksufrigen Wolgagebiet am linken Ufer des Flusses Bolschoj Karaman, 407 Werst von Samara, 35 Werst von Saratow, 176 Werst von der Bezirksstadt Nowousensk und sechs Werst vom Dorf Krasny Jar, linksseitig der Karamaner Handelsstraße gelegene deutsche Kolonie. Von 1871 bis Oktober 1918 gehörte das Dorf zum Amtsbezirk [Wolost] Krasny Jar (Bezirk [Ujesd] Nowousensk, Gouvernement Samara).

Nach der Gründung der Arbeitskommune der Wolgadeutschen war das Dorf Schwed Verwaltungszentrum des gleichnamigen Dorfsowjets, zu dem 1926 das Dorf Schwed, die Vorwerke Metschetka und Pfaffeninsel sowie Lesnaja Storoschka gehörten. In den Jahren 1922-27 gehörte das Dorf Schwed zum Kanton Krasny Jar (Republik der Wolgadeutschen). Im Zuge der Ende 1927 in der ASSR der Wolgadeutschen vollzogenen Gebiets- und Verwaltungsreform wurde der Kanton Krasny Jar durch die Beschlussfassung des Zentralexekutivkomitees der RSFSR „Über Änderungen der administrativen Aufteilung der ASSR der Wolgadeutschen und die Wiedereinführung der vor 1914 bestehenden Ortsnamen in den deutschen Siedlungen“ aufgelöst und das Dorf Swonarjowka (Schwed) an den Kanton Marxstadt angeschlossen. 1935 wurde der Kanton Krasny wiedererrichtet.

Die deutsche Kolonie Schwed wurde am 27. Juli 1765 als Kronkolonie gegründet. Die ersten in der Kolonie angesiedelten Kolonisten waren 24 aus Sachsen und Preußen sowie Schlesien, Schweden, Dänemark und Polen stammende Familien. Ihren offiziellen russischen Namen Swonarjowka erhielt die Kolonie aufgrund des die Benennung der Kolonien regelnden Erlasses vom 26. Februar 1768. Der Name Schwed geht aller Wahrscheinlichkeit nach nicht auf den Namen eines Vorstehers zurück, sondern dürfte der Tatsache geschuldet sein, dass sechs Gründerfamilien ursprünglich aus Schweden stammten. Erster Vorsteher der Kolonie war Johannes Schulz, ein 38-jähriger aus Schlesien stammender Ackerbauer, der mit seiner 27-jährigen Ehefrau Jelisaweta in die Kolonie gekommen war. Die Namen der Vorsteher der Kolonie sind größtenteils nicht überliefert. Bekannt ist, dass in den 1790er und 1800er Jahren ein gewisser Krämer Vorsteher war.

Die ersten Kolonisten waren mehrheitlich Lutheraner. Da es zum Zeitpunkt der Gründung noch keine eigenen katholischen Kolonien gab, wurden in Schwed wie in vielen anderen mehrheitlich lutherischen Kolonien auch einige Katholiken angesiedelt. Insgesamt waren unter den ersten Kolonisten zwölf Katholiken (die Familien von Andreas Meitner, Jakob Miller, Josef Raschpen, Franz Rosinskij sowie der Witwer Ignatius Witmann) sowie ein einzelner orthodoxer Kolonist (Matthias Ludander, der mit seiner lutherischen Frau und zwei Töchtern aus Stockholm gekommen war).

Unter den ersten 29 Familienoberhäuptern waren 13 Zunfthandwerker (unter dieser Bezeichnung wurden bei der Zusammenstellung der Listen der ersten Siedler die Angehörigen der nicht landwirtschaftlichen Berufe geführt) und ein Soldat.

1769 gab es in der Kolonie zwanzig Wohnhäuser, 18 Scheunen und 14 Pferdeställe. Die Kolonisten hatten 48 Pferde, 73 Kühe und Kälber, elf Schweine, sechs Arbeitsochsen und sechs Schafe. Nach den Daten der Revision von 1834 waren den Kolonisten Landstücke in der Größe von 15 Desjatinen pro Kopf zugeteilt. Nach den Daten der im Jahr 1857 durchgeführten 10. Revision besaßen die zu diesem Zeitpunkt in der Kolonie ansässigen männlichen Kolonisten Landstücke in der Größe von etwa 4,6 Desjatinen pro Kopf.

Unter den von den Bewohnern Schweds ausgeübten Gewerben nahm die Fertigung von Filz- und Strohhüten eine besondere Rolle ein, die sich mit der Zeit zu einem lukrativen Erwerbszweig entwickelte. Ende des 19. Jahrhunderts waren Dutzende Frauen in Heimarbeit mit der Herstellung von Hüten beschäftigt, die sich einer großen Nachfrage erfreuten und in großen Mengen von geschäftstüchtigen Zwischenhändlern aufgekauft und in den großen Städten verkauft wurden. Für die Herstellung dieser Hüte wurden die besten Wollsorten verwendet. Nach Angaben des Zentralen Statistik-Komitees gab es 1859 in der Kolonie 105 Höfe Nach Angaben des Gouvernements-Statistik-Komitees Samara gab es im Jahr 1910 in Swonarjowka (Schwed) 286 Höfe und sechs Windmühlen.

Als in den deutschen Siedlungen im Frühjahr 1921 ein gegen die Sowjetmacht gerichteter Aufstand ausbrach und weite Teile des Autonomen Gebiets der Wolgadeutschen in die Hände der Aufständischen fielen, unterstützten die in Swonarjowka (Schwed) ansässigen Bauern die gegen die Kommunisten gerichteten brutalen Racheakte nicht und versteckten die Mitglieder des Dorfsowjets in den Kellern ihrer Häuser. Einige Tage befand sich das Dorf in den Händen der Aufständischen. Am 28. März wurde Swonarjowka (Schwed) nach kurzem Kampf von roten Einheiten eingenommen, die im Dorf die Sowjetmacht wiedereinsetzten. Nach der Niederschlagung des Aufstands verurteilte das vor Ort tagende Revolutionstribunal Hunderte an der Erhebung Beteiligte zum Tod durch Erschießen und ließ ihren Besitz konfiszieren.

Ende der 1920er Jahre wurde im Dorf die Kolchose „Neue Bahn“ eingerichtet sowie eine landwirtschaftliche Kooperativ-Genossenschaft und eine Landmaschinengenossenschaft gegründet. Es gab einen Genossenschaftsladen und eine mobile Bibliothek. Im September 1941 wurden die Deutschen aus dem Dorf deportiert, das seit 1942 den Namen Leninskoje trägt.

Schule und Erziehungswesen. In der Kirchenschule, die im Dorf praktisch seit Gründung der Kolonie selbst bestand, lernten Kinder im Alter von 7-15 Jahren. Bis zum Bau der ersten Kirche im Jahr 1818 fanden Gottesdienste und Schulunterricht im gleichen Gebäude des Schul- und Bethauses statt. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die kirchliche Gemeindeschule der ministeriellen Verwaltung unterstellt. In den 1860er–70er Jahren war Johann Kufeld, der Vater von Pastor J. Kufeld, in Schwed als Schulmeister tätig. Neben der kirchlichen Gemeindeschule gab es in der Kolonie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Semstwo-Schule, in der die Kinder auch Russisch lernten.

Nach den von Pastor J. Erbes, dem Probst des linksufrigen Wolgagebiets, zum Stand des deutschen Schulwesen zusammengetragenen Daten waren im Jahr 1906 441 der insgesamt 3.584 Einwohner Kinder im Alter von 7-15 Jahren, die zum Besuch einer Elementarschule verpflichtet waren. Allerdings besuchten in Schwed nicht alle Kinder im schulpflichtigen Alter auch wirklich eine Schule. Zum Zeitpunkt der Überprüfung blieben 125 Kinder im entsprechenden Alter dem Unterricht fern, deren Eltern arm waren und erklärten, ihre Kinder ein Jahr später mit Erreichen des 8. Lebensjahrs in die Schule geben zu wollen. Viele Kinder mussten ihren Eltern täglich in Handwerk oder Gewerbe helfen. Im Jahr 1906 besuchten 107 Jungen und 9 Mädchen die Semstwo-Schule, in der zwei Lehrer tätig waren. In der Kirchenschule lernten 46 Jungen und 154 Mädchen bei zwei Lehrern. Beide Schulen wurden aus Mitteln der Kirchengemeinde unterhalten. In sowjetischer Zeit gab es im Dorf eine Grundschule.

Religionszugehörigkeit der Bevölkerung und Kirche

Die Kolonisten waren evangelisch-lutherischer Konfession. Die Kolonie Schwed gehörte wie auch die Kolonien Rosenheim (Podstepnoje), Enders (Ust-Karaman) und Stahl (Swonarjow Kut) zum 1767 gegründeten Pfarrsprengel Rosenheim (Podstepnoje), zu dem ursprünglich auch die lutherischen Gemeinden Krasny Jar, Fischer (Teljausa), Schulz (Lugowaja Grjasnucha) und Reinwald (Starizkoje) gehörten. Die Pastoren waren zudem auch gezwungen, die in den von Rosenheim weit entfernten Gemeinden Schäfer (Lipowka), Reingardt (Ossinowka) und Urbach (Lipow Kut) lebenden Lutheraner zu betreuen, bis diese schließlich im Jahr 1820 zum selbständigen Pfarrsprengel Reingardt (Ossinowka) zusammengelegt bzw. im Fall der Gemeinde Fischer an den Pfarrsprengel Süd-Katharinenstadt angeschlossen wurden. Die Kolonie Krasny Jar bildete von 1880 an einen eigenen Pfarrsprengel. Aber selbst nach der Abtrennung der genannten deutschen Dörfer lebten im Pfarrsprengel immer noch sehr viele Gemeindemitglieder (nach Stand zum Jahr 1904 12.500). Allein im Jahr 1906 gab es im Pfarrsprengel 174 Konfirmationen.

In den ersten Jahrzehnten nach der Gründung der Kolonie fanden die Gottesdienste im Schul- und Bethaus statt. Im Jahr 1818 wurde in Schwed eine erste Holzkirche gebaut, die den Status einer Filialkirche hatte. Mit der Zeit wurde die alte Kirche zu klein für die stetig wachsende Kirchengemeinde, so dass 1872 eine neue Holzkirche gebaut wurde, die 600 Gläubigen Platz bot. Die Kirche wurde nach den Plänen des Gouvernementsarchitekten F. Lagus im sogenannten „Bürokraten-“ bzw. „Kontorstil“ erbaut und wies typische Elemente des Klassizismus auf: ein zweistöckiges langgezogenes Kirchengebäude, ein mit Säulen geschmücktes Vestibül und einen mehrstufigen Glockenturm. Dieser für die zu dieser Zeit in den deutschen Wolgasiedlungen errichteten Kirchen typische sogenannte „Kontorstil“ verdankte seinen ironischen Namen der Tatsache, dass das Fürsorgekontor entsprechende Bauprojekte mit aller Kraft förderte. Repräsentativen Charakter verlieh der Kirche der der Fassade zentral vorgelagerte, von einem Dreiecksgiebel gekrönte Säulenvorbau. Der vierstufige Turm wies drei oben abgerundete Fenster sowie eine von einem Kreuz gekrönte Kuppel auf. Den Seiteneingängen waren von massiven Dreiecksgiebeln gekrönte Säulen vorgelagert. Im Innenraum wies die Kirche geräumige Balkone auf. Neben der Kirche standen ein freistehender hölzerner Glockenstuhl und das Bethaus. In der Kirche gab es eine Orgel der bekannten deutschen Firma „Sauer“ aus Frankfurt an der Oder («Orgelbau W. Sauer»), die 1872 gebaut und nach Russland gebracht worden war.

Erster Pastor der für Schwed zuständigen Pfarrgemeinde Rosenheim war der aus Mecklenburg stammende Ludwig Helm, der in Rostock Theologie studiert hatte und 1736 ordiniert worden war. Nachdem er sich 1766 in Lübeck den ersten Kolonisten angeschlossen hatte, diente er der Gemeinde von 1767–85. Gelegentlich kam es zu Konflikten zwischen Gemeindemitgliedern und Geistlichkeit. So wandte sich Pastor Helm z.B. im Jahr 1776 mit einer gegen die Dorfbewohner gerichteten Beschwerde an das Fürsorgekontor, die nach seinen Worten die „geistlichen Einrichtungen geringschätzten“, sich nicht um die Instandhaltung der Kirchenbauten kümmerten und keine Reparaturarbeiten vornahmen. Das Kontor ordnete an, die Kolonisten zum Besuch der Gottesdienste zu „zwingen“.

Angesichts ihres Einflusses nicht nur auf die geistliche Entwicklung, sondern auch auf die gesamte innere Organisation der Kolonie prägte die lutherische Kirche praktisch alle Lebensbereiche der Gemeinde. Gemäß der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bestätigten „Instruktion der kolonistischen Geistlichkeit“, mit deren Inhalt sich alle Geistlichen bei Dienstantritt bekannt machen mussten, waren diese nicht nur dazu verpflichtet, z.B. die Kirchenbücher zu führen, sondern mussten auch in der Landwirtschaft tätig sein und Seidenraupenzucht betreiben.

Unter Leitung der Geistlichen begannen die Bewohner der Kolonie, die für die Seidenraupenzucht genutzten Maulbeerbäume anzupflanzen. Pastor Jäger wurde vom Fürsorgekontor für den „Aufbau der Seidenraupenzucht“ ausgezeichnet. Ungeachtet der schwierigen klimatischen Bedingungen gab es nach Angaben des Kontors für Ausländische Siedler in allen deutschen Kolonien des Wolgagebiets insgesamt 90 Maulbeerplantagen. Die Rohseide wurde auf dem Markt in Nischni Nowgorod verkauft. Nichtsdestotrotz erwies sich die Seidenraupenzucht mittelfristig als nicht lohnenswert.

In Schwed wurde in der Familie des Schulmeisters der spätere evangelisch-lutherische Pastor Johann Salomon Kufeld (1868–1920) geboren, der an der Universität Dorpat studierte, am 30. April 1895 ordiniert wurde und in den Jahren 1897–1908 in der an der Wolga gelegenen Pfarrgemeinde Reingardt (Ossinowka) sowie in den ukrainischen Gemeinden Radomysl (1908–11) und Nikolajew-Cherson (1911–20) diente.

Alles andere als leicht erging es den letzten Pastoren der Gemeinde. Alexander Rothermel (1880–1963) musste untertauchen und emigrierte 1922 nach Deutschland. Später schloss sich die verwaiste Gemeinde Schwed wie auch 14 weitere im Wolgagebiet gelegene lutherische Gemeinden der von der offiziellen Kirche abgespaltenen Freien Evangelisch-lutherischen Kongegrationskirche an, die mit der Sowjetmacht kollaborierte und in den Jahren 1927–35 bestand (eine vergleichbare Erneuerungsbewegung gab es auch in der Russisch-Orthodoxen Kirche). Die Gründung der Freien Kirche wurde auf der von dem früheren Küster Jakob Fritzler am 19.-21. Juli 1927 im Dorf Fischer (heute Krasnaja Poljana, damals Kanton Marxstadt, ASSR der Wolgadeutschen) einberufenen 1. Generalsynode der „Lebendigen Kirche“ verkündet.

Mit dem Ziel, die Anhänger der Neuen Kirche in den Schoß der offiziellen Kirche zurückzuführen, fasste die Führung der Evangelisch-lutherischen Kirche der UdSSR 1929 den Beschluss, Pastor Jakob Scharf in die Gemeinde zu entsenden, der 1928 das Predigerseminar in Leningrad abgeschlossen hatte. Aber die Machtorgane waren bestrebt, jegliches religiöses Leben im Dorf zu unterbinden. 1931 informierte die regionale Kommission für die Prüfung religiöser Angelegenheiten das Präsidium des Zentralexekutivkomitees der ASSR der Wolgadeutschen in einem geheimen Bericht, dass es in Schwed noch 1.952 Gläubige gebe, von denen 21 den Status von „Lischenzy“ hätten, ihnen also das Wahlrecht und andere bürgerliche Rechte aberkannt waren.

Zur Zeit der forcierten antireligiösen Offensive wurde in den 1930er Jahren in den Gemeinden jegliche religiöse Unterweisung der Kinder verboten. Als sich die Kirchengemeinde Schwed im Mai 1932 mit der Bitte an das Sekretariat des Zentralexekutivkomitees der ASSR der Wolgadeutschen wandte, den Kindern in der Zeit vom 6.–18. Juni 1932 Konfirmandenunterricht erteilen und sie am 19. Juni 1932 konfirmieren zu dürfen, wurde das Material an die GPU übergeben, die ihrerseits Listen aller konfirmierten Kinder anforderte. 1934 begründete das Zentralexekutivkomitee eine entsprechende Absage mit den bevorstehenden Ernteanstrengungen.

Angesichts des ständigen Verfolgungsdrucks und drohender Verhaftung sah sich Pastor Jakob Scharf 1933 gezwungen, sein geistliches Amt niederzulegen, so dass die unter strenger Kontrolle von Seiten der Sowjetorgane stehende Gemeinde erneut ohne Pastor blieb. Am 1. Juni 1934 informierte die Kommission für Kultfragen beim Zentralexekutivkomitee der ASSR der Wolgadeutschen das Präsidium der ASSR, dass die Kirche in Schwed von den Gläubigen noch genutzt werde, während die Kirchen in vielen anderen lutherischen Gemeinden bereits geschlossen seien. Vor Ort waren die lokalen Stellen bestrebt, die Bethäuser so schnell wie möglich zu schließen, um sich nicht dem Verdacht auszusetzen, der Religion gegenüber zu loyal eingestellt zu sein. Am 2. März 1935 beschloss die Kommission für Kultfragen beim Zentralexekutivkomitee der ASSR der Wolgadeutschen, die Kirche in Schwed mit der Begründung zu schließen, dass sich 624 der insgesamt 815 Gemeindemitglieder für eine Schließung der Kirche ausgesprochen hätten.

Liste der Pastoren

Pastoren der Pfarrgemeinde Rosenheim (Podstepnoje), die in Schwed Gottesdienst hielten: Ludwig Helm (1767–85), Daniel Willi (1777–86), Laurentius Ahlbaum (1786–88). Klaus Peter Lundberg (1788–92), Christian Friedrich Jäger (1792–1815), Franz Hölz (1816–20), Johann Heinrich Buck (1820–31), Alexander Karl August Allendorf (1831–66), Friedrich Wilhelm Meyer (1867–79), Karl Julius Hölz (1881–94), Karl Emil Theodor David (1894–1901), Johann Georg Rieger (?). Emil Friedrich Busch (1901–11), Alexander Rothermel (1912–22). Jakob Scharf (1929–1933).

Entwicklung der Einwohnerzahlen

1767 lebten in Schwed 78 ausländische Kolonisten, 1773 waren es 72, 1788 - 110, 1798 - 156, 1816 - 304, 1834 - 589, 1850 – 1.011, 1859 – 1.286, 1883 – 1.634, 1889 – 1.646 Einwohner. Ende der 1870er Jahre wanderten einige Familien nach Amerika aus, allein in den Jahren 1877/78 verließen 61 Personen das Dorf in Richtung Amerika. Nach den Daten der Volkszählung von 1897 hatte Schwed 2.004 Einwohner, von denen 1.982 Deutsche waren. Im Jahr 1904 lebten im Dorf 3.343 und 1910 3.412 Personen. Nach den Daten der Allrussischen Volkszählung von 1920 hatte das Dorf 2.098 Einwohner, von denen ausnahmslos alle Deutsche waren. 1921 gab es im Dorf 111 Geburten und 265 Sterbefälle. Nach den Daten des Gebietsamts für Statistik des Gebiets der Wolgadeutschen hatte Schwed nach Stand zum 1. Januar 1922 1.677 Einwohner. 1923 war die Bevölkerung auf 1.623 Einwohner gesunken. Nach den Daten der Allrussischen Volkszählung von 1926 gab es im Dorf 312 Haushalte (davon 311 deutsche) mit einer Gesamteinwohnerzahl von 1.759 Personen (837 Männer und 922 Frauen), unter denen 1.754 Deutsche waren (834 Männer und 920 Frauen). 1931 hatte Schwed 2.112 Einwohner, von denen 2.082 Deutsche waren, 1939 – 2.550 Einwohner.

Das Dorf heute

Heute Dorf Leninskoje, Rayon Engels, Gebiet Saratow. Das heutige Dorf Leninskoje nimmt nur noch ein Drittel der früheren Fläche des vorrevolutionären Schwed ein. Mit jedem Jahr bleiben weniger Objekte des deutschen architektonischen Erbes erhalten. Im Dorf gibt es einige alte Bauten – ein Backstein- und mehrere Holzhäuser, von denen viele für die deutsche Architektur typische Walmdächer aufweisen. Walmdächer, bei denen das Dach aus jeweils zwei trapezförmigen und dreieckigen Dachflächen konstruiert wird, waren eine traditionell vor allem in Süddeutschland verbreitete Bauform, die unter den deutschen Kolonisten als günstig galt, da man das Baumaterial für den Giebel sparen konnte.

Die Dachgauben ihrer Wohnhäuser nutzten die Kolonisten zur Belüftung und Belichtung ihrer Häuser sowie als architektonisches Schmuckelement.

Die alten deutschen Wohnhäuser werden auch heute noch genutzt. Das Kirchengebäude ist nicht erhalten. Auf dem zentralen Dorfplatz, an dem früher die Kirche stand, ist heute eine Freifläche. 2009 hatte die Mittelschule des Dorfes Leninskoje 226 Schüler und 28 Lehrer.

Literatur

Герман А.А., Иларионова Т.С., Плеве И.Р. История немцев России. Учебное пособие. – М., 2005; Князева Е.Е., Соловьева Ф. Лютеранские церкви и приходы ХVIII–ХХ вв. Исторический справочник. – СПб., 2001. – Часть I; Лиценбергер О.А. Евангелическо-лютеранская церковь и Советское государство (1917–1938). – М., 1999; Amburger E. Die Pastoren der evangelischen Kirchen Russlands vom Ende des 16. Jahrhunderts bis 1937. Ein biographisches Lexikon. – Martin-Luther-Verlag, 1988; Einwanderung in das Wolgagebiet: 1764–1767 / Hrsg.: Alfred Eisfeld. Bearb.: Igor Pleve. Bd. 4. Kolonien Reinhardt – Warenburg. – Göttingen: Göttingenger Arbeitskreis, 2008; Schnurr J. Das protestantische Gotteshaus // Die Kirchen und das religiöse Leben der Russlanddeutschen. – Ev. Teil. – Bearbeitung J. Schnurr. – Stuttgart, 1978; Terjochin S. Deutsche Architektur an der Wolga. – Berlin/Bonn, 1993.

Archive

Archive: ГАСО. Ф. 180. Оп. 1. Д. 4097, 11624; Ф. 637. Оп. 2. Д. 675, 680, 3039; ГИАНП. Ф. 282. Оп. 1. Д. 1–4; Ф. 849. Оп. 1. Д. 834. Л. 81; Д. 890. Л. 36; Д. 941. Л. 21; Д. 1002. Л. 11; Д. 1138. Л. 138; Ф. 1831. Оп. 1. Д. 94. Л. 212–213; Д. 299. Л. 25; Оп. 2. Д. 4.

Autoren: Lizenberger O.A.

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