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LESERVEREINE DER ZEITUNG "NEUES LEBEN" Kulturvereine der Sowjetdeutschen in der zweiten Hälfte der 80er Jahre bis 1991

Rubrik: Politische Geschichte

LESERVEREINE DER ZEITUNG "NEUES LEBEN" – Kulturvereine der Sowjetdeutschen in der zweiten Hälfte der 80er Jahre bis 1991. Weitere Namen sind Leserclubs, Leserkreise, Leserkomitees der Zeitung „Neues Leben“, die Clubs der Freunde von „Neues Leben“, der abgekürzte Name – Clubs „Neues Leben“. Die wichtigsten Ereignisse im In- und Ausland, die von der Zeitung „Neues Leben“ berichtet wurden, wie auch die Kulturchronik wurden in den Selbstorganisationskreisen der Russlanddeutschen diskutiert. Die Zeitung als zentrales Druckorgan der Sowjetdeutschen, die gezielt mit der nationalen Intelligenz und den Schriftstellern zusammenarbeitete, war die wichtigste Informationsquelle für die Russlanddeutschen in ihrer Muttersprache.

Inoffizielle Interessengruppen, in denen es möglich war, die Zeitung vorzulesen und akute Themen des nationalen Lebens der Menschen zu diskutieren, um die Muttersprache zu sprechen, hatten Ende der 80er Jahre öffentliche Vereine gegründet – Vereine, die an Orten der kompakten Lebens der Russlanddeutschen erschienen. Der erste Verein wurde in Kamyschin, Gebiet Wolgograd, mit Unterstützung von Dr. Victor Herdt, damals Leiter der Literaturabteilung der Zeitung "Neues Leben", unter der Leitung der russlanddeutschen Schriftstellerin Ida Bender und ihrem Vater, Schriftsteller und Dichter Dominik Hollmann gegründet. Während der Zeit des wachsenden nationalen Bewusstseins konzentrierten sich die Vereine auf die Probleme der politischen Rehabilitierung der Sowjetdeutschen und der Wiederherstellung deutscher Autonomie.

Die Vereine diskutierten die Themen Wiederbelebung der Nationalschule, Unterricht in der Muttersprache für Kinder, Bildung von Amateurkunstgruppen und kultureller Entwicklung. Im Jahr 1991 wurden praktisch alle Vereine, die in vielen Städten der Wolga-Region, Sibirien, Ural, Kasachstan tätig waren, in die Vereine "Wiedergeburt" und in Zentren der deutschen Kultur neu organisiert.

Zlatoust, Gebiet Tscheljabinsk. 1989 wurde der Verein für die deutsche Bevölkerung von Zlatoust auf Initiative von M.M. Klein und F.A. Schneider gegründet. Das Korrespondentenbüro der Zeitung "Neues Leben" arbeitete hier mit Erlaubnis und Unterstützung des Metallurgischen Bezirksausschusses der Kommunistischen Partei. Bereits im Dezember 1989 wurde die Tätigkeit des Clubs wegen der geringen Aktivität seiner Mitglieder und wegen ihrer Vorbereitung für die Auswanderung nach Deutschland eingestellt.

Kamyshin, Gebiet Wolgograd. Im Jahre 1978, nach der Rückkehr von D. Hollmanns Familie in ihre Heimat in Kamyschin versammelten sich die Russlanddeutsche regelmäßig in seinem Haus, um Gedichte auf Deutsch zu lesen, Volkslieder zu singen und verschiedene nationale Probleme zu diskutieren. Dr. Victor Herdt, damaliger Leiter der Literaturabteilung der Zeitung „Neues Leben“, der aus Moskau angereist war, um die Zeitung an eines dieser inoffiziellen Treffen zu verteilen, konnte vom lokalen Stadtkomitee der Partei die Genehmigung zur Gründung und offizielle Genehmigung der Aktivitäten des Vereins einholen.

Er entwickelte die Satzung des Vereins und schickte sie von Moskau nach Kamyshin. Ida Bender wurde zur ersten Vorsitzenden des Vereins gewählt. Seit 1987 traf sich der Verein einmal pro Woche im Gebäude des Kulturhauses des Kranbauwerks, wo er die Aufgabe hatte, die Muttersprache und die nationalen Traditionen zu bewahren und zu praktizieren. Im Rahmen des Vereins wurde ein deutschsprachiger Club gegründet, dessen Lehrer D. Hollmann war. Der Verein hielt sich strikt an die Anforderungen einer strengen Berichterstattung und stellte einen Maßnahmenplan für die Parteikomitee der Stadt und die Parteikomitee des Kranbauwerks zur Verfügung. Im Jahr 1991 wurde in Kamyshin auf der Basis des Vereins die Gesellschaft "Widergeburt" gegründet.

Kopeysk, Gebiet Tscheljabinsk. Die Gründungsversammlung des Vereins, an der über 100 Personen teilnahmen, fand am 5. Juni 1989 im Palast der Kultur der Kohleproduzenten statt. Der Verein wurde zum Prototypen des deutschen Kulturzentrums. Die Organisatoren stellten die Aufgaben der gemeinsamen Diskussion von Publikationen in der Zeitung "Neues Leben", der Bildung einer Vereinigung mit deutschem Folklore-Repertoire, der Erforschung der Muttersprache und der Erhaltung der Kultur.

Nizhny Tagil. Eine besondere Rolle bei der Gründung des Vereins in Nizhny Tagil spielten der Leiter des Korrespondentenbüros "Neues Leben" in Nizhny Tagil, Mitglied im Journalistenverband der UdSSR, Dr. phil. I.I. Kronewald und zukünftiger Vorsitzender der Gesellschaft "Widergeburt" I. Braun. Als aktiver Teilnehmer der Bewegung für die Wiederherstellung der Rechte der Sowjetdeutschen schlug Kronewald vor, regionale Niederlassungen der Vereine "Neues Leben" in den Kulturpalästen der sibirischen Städte Barnaul, Novosibirsk, Orenburg, Omsk etc. zu organisieren. Der Verein in Nizhny Tagil hatte mehrere Tätigkeitsbereiche: Sprache, Ethnokultur und lokale Geschichte. Der Verein traf sich mit Schriftstellern, hielt Vorträge auf Deutsch, organisierte Amateurvereinigungen mit Repertoire in den Sprachen Deutsch und Russisch. 1989 wurde der Verein auf Initiative von Kronewald in eine Abteilung der Regionalgesellschaft mit dem Namen "Wiedergeburt" umgewandelt.

Tscheljabinsk. Der Leiter des Vereins war freiberuflicher Korrespondent der Zeitung A.I. Hetz. Die Initiatoren der Erschaffung des Vereins in der zweiten Hälfte der 80er Jahre waren G. Witlief, G. Hoffmann, A. Leonhardt, A. Müller, W. Münster, G. Fakankina, F. Schneider. Der Verein informierte die Deutschen der Region Tscheljabinsk über die Probleme der Rehabilitierung der Deutschen, organisierte Veranstaltungen zur Wiederbelebung der deutschen Volksmusikkunst, des Volkshandwerks und der Traditionen, der Lektüre klassischer und moderner Literatur und der Entwicklung der deutschen Umgangssprache. Im April 1989 fand im Kulturpalast des Bauwerkes "Vostokmetallurgmontazh-1" eine konstituierende Konferenz zum Thema Gründung eines deutschen Kulturzentrums auf Basis des Vereins statt, das am 30. Juli 1989 registriert wurde.

Engels, Gebiet Saratow. Die gemeinsame Tätigkeit von A.G. Karl, A.A. Dinges, E.Y. Lutzov, J.A. Baum und anderen führte zur Gründung des Vereins "Neues Leben" in Engels. Das offizielle Gründungsdatum ist der 5. März 1989. Der erste und einzige Vorsitzende war Artur Genrichovitsch Karl. Die ersten Treffen des Vereins fanden im Kulturhaus "Baumeister" der Stadt statt, wo versammelten mehr als 300 sowjetische Deutsche aus allen Bezirken der Region Saratow.

Zunächst stellte sich der Verein die Aufgabe, Fragen der Wiederherstellung der Rechte der Sowjetdeutschen, einschließlich der vollständigen Rehabilitierung, sowie der Wiederherstellung der deutschen Nationalbezirke in den Regionen ihres Kompaktlebens zu lösen. Die Gründung des Vereins fiel mit dem Wachstum antiautonomistischer Stimmungen und dem Höhepunkt der Spannungen in der Stadt und Region zusammen.

Nach der offiziellen Registrierung konzentrierte sich der Verein daher auf Vorträge, Berichte über die Geschichte und Gegenwart der Russlanddeutschen, Organisation der Reisen des deutschen Dramatheaters, Folklore-Ensembles, gemeinsame Feste, Kommunikation in der Landessprache und Treffen mit Gästen aus verschiedenen Regionen Russlands. Im Mai 1990 wurde auf der Grundlage des Vereins die regionale Gesellschaft der Sowjetdeutschen "Wiedergeburt" in Engels gegründet. Seit 1991 ist der Verein durch die Gründung und offizielle Registrierung des Zentrums für deutsche Kultur in Engels unter der Leitung von A.G. Karl endgültig erloschen.

Literatur

Lit.: Bender I. Saga o nemcax moix rossijskix. Oerlinghausen, 2013; Bauer V.A., Ilarionova T.S. Rossijskie nemcy: pravo na nadezhdu. K istorii nacionalnogo dvizheniya naroda (1955–1993). M., 1995; Ilarionova T.S. Pechat rossijskix nemcev (opyt istoricheskogo analiza). M., 1992. Ilarionova T.S. «Nojes Leben» i ee rol v formirovanii nacionalnogo samosoznaniya rossijskix nemcev // Nemeckoe naselenie v poststalinskom SSSR, v stranax SNG i Baltii (1956–2000 gg.): Mat-ly IX mezhdunar. nauch. konf. Moskva, 4-7 noyabrya 2002 g. M., 2003; Kisser T.S. Ivan Kronevald i nacionalnoe dvizhenie sovetskix nemcev // Vestnik permskogo universiteta. Seriya: istoriya. 2016. № 4 (35). s. 95-103; Kisser T.S. Nemcy Urala: transformaciya etnicheskoj identichnosti (seredina XX – nachalo XXI v.). Diss. ... k.i.n. SPb., 2019.

Autoren: Lizenberger O.A.

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