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WOLKOWA (Petrowa), Tamara Petrowna

Rubrik: Biographische Beiträge (Personalien) / Vertreter des sozialen Bereichs (Bildung, Medizin)

WOLKOWA (Petrowa), Tamara Petrowna, * 1. Januar 1953 in Nowokubanka (Rayon Schortandy, Gebiet Zelinograd, Kasachische SSR). Kasachische Historikerin. Kandidatin der Historischen Wissenschaften.

Wolkowa stammt aus einer Arztfamilie. Ihr Vater Pjotr Petrowitsch Petrow (*1928) war Doktor der Medizinischen Wissenschaften und Professor. Sein Vater, ein Bauer bulgarischer Herkunft, wurde 1938 wegen angeblicher Zugehörigkeit zu einer bulgarischen konterrevolutionären Organisation erschossen. Später nahm P.P. Petrow eine herausgehobene Stellung im kasachischen Gesundheitswesen ein und wurde mit Orden und Regierungsauszeichnungen der UdSSR und der Demokratischen Republik Afghanistan ausgezeichnet. Wolkowas Mutter Nadeschda Grigorjewna Petrowa, geborene Fedorenko (*1927), eine Pharmazeutin, war in leitender Funktion im Apothekenwesen in Kasachstan tätig und wurde ebenfalls mit Regierungsauszeichnungen bedacht. Auch Wolkowas Bruder und Schwester sind Ärzte.

Nach Abschluss der Mittelschule in Alma-Ata nahm T.P. Wolkowa im Jahr 1970 ein Studium an der Historischen Fakultät der Kasachischen Staatlichen S.M. Kirow-Universität in Alma-Ata auf, das sie 1975 mit  der Qualifikation einer Geschichtslehrerin abschloss. Bereits in den höheren Kursen der Universität war Wolkowa unter der Leitung des bekannten Orientalisten W.P. Judin wissenschaftlich tätig, was ihren weiteren Lebensweg prägen und ihre Hinwendung zur historischen Wissenschaft vorherbestimmen sollte. In den Jahren 1975-77 studierte sie in der Voraspirantur am Lehrstuhl für Historiographie und Quellenkunde der Historischen Fakultät der Moskauer Staatlichen Universität und wurde anschließend zum Präsenzstudium zugelassen (Leiter des Lehrstuhls war I.D. Kowaltschenko, der die Anwendung mathematischer Methoden in die Geschichtswissenschaft einführte). 1980 verfasste Wolkowa ihre Promotionsschrift („Durch Expedition in die Steppengebiete zusammengetragene und aufbereitete Materialien zur kirgisischen (kasachischen) Landnutzung: Quellenkundliche Forschung“, wissenschaftlicher Betreuer: A.W. Murawjew), für die sie erstmals in der kasachischen Geschichtswissenschaft auf mathematische Methoden zurückgriff. Die Verteidigung fand 1982 an der Moskauer Staatlichen Universität in der Fachrichtung „Historiographie und Quellenkunde“ statt.

1980 kehrte Wolkowa nach Alma-Ata zurück, wo sie bis 1981 als Assistentin am Lehrstuhl für Geschichte der UdSSR der Historischen Fakultät der Kasachischen Staatlichen S.M. Kirow-Universität tätig war. 1981 wurde sie Wissenschaftliche Hilfskraft und anschließend Forschungsassistentin an der Abteilung für Historiographie des Shoqan Walichanow-Instituts für Geschichte, Archäologie und Ethnographie der Akademie der Wissenschaften der Kasachischen SSR (heute Shoqan Walichanow-Institut für Geschichte und Ethnologie des Bildungs- und Wissenschaftsministeriums der Republik Kasachstan). Bis 1999 arbeitete sie ebendort  zunächst als Wissenschaftliche Mitarbeiterin und anschließend als Höhere Wissenschaftliche Mitarbeiterin. 1999 nahm sie eine Lehrtätigkeit an der neugegründeten Kasachisch-Deutschen Universität auf, deren Gründung dem Ziel diente, ein hochwertiges deutsches Bildungsangebot in Zentralasien zu schaffen. Sie war zunächst Lehrkraft und anschließend Professorin und Dekanin der Fakultät für Sozial- und Politikwissenschaft. 2018 trat sie in den Ruhestand.

Zur Zeit ihrer Tätigkeit am Institut für Geschichte und Ethnologie befasste sich Wolkowa mit der russischen Siedlungspolitik des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, der Bauernmigration und der Genese der polyethnischen und polykonfessionellen Gesellschaft in Kasachstan. Im Zuge ihrer Archivarbeit hatte sie immer wieder mit Dokumenten zur Übersiedlung der deutschen Bauern in das Generalgouvernement Steppe und nach Turkestan zu tun, wodurch ihr Interesse für die Geschichte der Russlanddeutschen geweckt wurde. In den 1990er Jahren war sie am geschichtswissenschaftlichen Teil des den Dörfern und ländlichen Ortschaften der Sowjetunion bzw. Kasachstans gewidmeten Projekts des berühmten Soziologen Theodor Schanin beteiligt. Im Zuge ihrer Archivarbeit erschloss sie zahlreiche Dokumente zu den Ende der 1920er Jahre unternommenen Versuchen der Deutschen, aus dem sowjetischen Kasachstan zu emigrieren, auf deren Grundlage sie ihre erste der deutschen Thematik gewidmete Arbeit „Die Beziehungen zwischen der in Kasachstan ansässigen deutschen Bevölkerung und den Organen der Staatsmacht. Ende der 1920er – Anfang der 1930er Jahre“ (1996) verfasste, zu der sie wiederum durch die 1996 in Alma-Ata veranstaltete  Internationale Wissenschaftskonferenz „Die Geschichte der Deutschen in Zentralasien“ angeregt wurde. Von diesem Zeitpunkt an war Wolkowa unabhängig von der jeweiligen Ausrichtung ihrer Hauptarbeit immer wieder mit der Erforschung der Geschichte der in Kasachstan ansässigen Deutschen befasst, wobei ihr die Konferenzen der Internationalen Assoziation zur Erforschung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen immer wieder entscheidende Anstöße gaben.

Thematisch decken ihre den Deutschen gewidmeten Artikel das gesamte 20. Jahrhundert sowie die Gegenwart ab: die in der deutschen Bauernschaft zu verzeichnenden konfessionellen Transformationen, die von den staatlichen Behörden gegenüber den Deutschen verfolgte Politik, die gesellschaftlichen und politischen Aktivitäten der deutschen Bevölkerung selbst, die Deportation und ihre Folgen, Biographien einzelner deportierter Personen, die Geschichte der Selbstorganisation der kasachischen Deutschen, Faktoren der Entstehung einer ethnischen Identität unter den in Kasachstan ansässigen Deutschen usw. Wolkowa ist Mitautorin des Buches „Geschichte und Kultur der Deutschen Kasachstans“, das die erste Gesamtdarstellung der Geschichte und Gegenwart der in Kasachstan ansässigen Deutschen vom 19. Jahrhundert bis heute darstellt. Sie hielt zahlreiche Vorträge auf internationalen wissenschaftlichen und wissenschaftspraktischen Konferenzen in Kasachstan, Russland, Deutschland und Italien. Ihre Arbeiten wurden in Kasachstan, Russland, Deutschland und Italien veröffentlicht.

Wolkowa ist an zahlreichen Projekten der Organisation „Wiedergeburt“ beteiligt. In den Jahren 2018-19 war sie wissenschaftliche Leiterin des Projekts „Virtuelles Museum der Deutschen Kasachstans“. In den Jahren 2019-20 arbeitete sie ein für Studenten der deutschen Sprache und Philologie bestimmtes, der Geschichte und Kultur der Deutschstämmigen in Kasachstan gewidmetes Kursprogramm aus. Im Rahmen der von der Organisation „Wiedergeburt“ angebotenen Kurse „Schule des fakultativen Zusatzunterrichts“ unterrichtet sie Geschichte der Deutschen in Russland und Kasachstan. Wolkowa war an der Vorbereitung und Durchführung mehrerer der Geschichte und Kultur der Deutschen Kasachstans gewidmeter Konferenzen beteiligt und ist Mitglied der Internationalen Assoziation zur Erforschung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen (seit September 1998), deren Vorstand sie angehört, sowie der Wissenschaftlichen Kommission für die Deutschen in Russland und in der GUS (Deutschland) (seit 2019).

1980 heiratete sie Nikolai Grigorjewitsch Wolkow. Tochter: Tatjana Nikolajewna Korostelewa (Wolkowa) (*1982). Sohn: Igor Nikolajewitsch Wolkow (1987-2016).

Bibliographie

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Literatur

Волкова Тамара Петровна // Международная ассоциация исследователей истории и культуры российских немцев. 1995–2010: Справочник / Сост. И.В. Черказьянова, Т.Б. Смирнова. М.: МСНК-пресс, 2010. C. 62–63.

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