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MÜLLER , Gerhardt Friedrich (Fjodor Iwanowitsch), * 29. Oktober 1705 in Herford (Westfalen), † 11. Oktober 1783 in Moskau

Rubrik: Biographische Beiträge (Personalien) / Vertreter des sozialen Bereichs (Bildung, Medizin)

MÜLLER, Gerhardt Friedrich (Fjodor Iwanowitsch), * 29. Oktober 1705 in Herford (Westfalen), † 11. Oktober 1783 in Moskau. Historiker, Geograph, Forschungsreisender, Journalist und Mitglied der Petersburger Akademie der Wissenschaften.

Müllers Vater Thomas Müller († 1729) war 40 Jahre Rektor des Friedrichs-Gymnasiums in Herford. Seine Mutter Anna Maria war die Tochter des Theologieprofessors, Superintendenten und Beisitzers des Konsistoriums der Stadt Rinteln Gerhardt Bode (Bodinus)

Müller lernte am Herforder Friedrichs-Gymnasium und anschließend an den Universitäten Rinteln (1721-24) und Leipzig (1724-25). Auf Empfehlung seines Lehrers Johann Burchart Mencke ging er 1725 nach Russland, wo er in den Dienst der kurz zuvor gegründeten Petersburger Akademie der Wissenschaften trat und zunächst als Adjunkt am an die Akademie angegliederten Gymnasium Latein, Geschichte und Geographie unterrichtete. 1728 wurde er Gehilfe des Leiters der akademischen Kanzlei. 1730 wurde er auf Fürsprache des Präsidenten der Akademie der Wissenschaften Laurentius Blumentrost in die Akademie der Wissenschaften aufgenommen und zum ordentlichen Professor für Geschichte ernannt. Neben seiner wissenschaftlichen und organisatorischen Tätigkeit an der Akademie der Wissenschaften war Müller von 1728 an auch als Herausgeber der „St. Petersburger Nachrichten“ tätig. Auf ihn geht die Idee zurück, den „St. Petersburger Nachrichten“ die „Monatlichen historischen, genealogischen und geographischen Abhandlungen“ beizulegen, die faktisch das erste in Russland erscheinende gelehrte Journal darstellten. 1730 unternahm er eine Reise ins Ausland, in deren Verlauf er im Auftrag der Petersburger Akademie der Wissenschaften die Gelehrten Gesellschaften Großbritanniens, Deutschlands und Hollands besuchte.

1732 veröffentlichte Müller Vorschläge zur Verbesserung der russischen Geschichtsschreibung [„Eröffnung eines Vorschlages zur Verbesserung der Russischen Historie durch den Druck einer stückweise herauszugebenden Sammlung von allerlei zu den Umständen und Begebenheiten dieses Reichs gehörigen Nachrichten“], in denen er erstmals die Forschungsziele der russischen Geographie und Geschichtswissenschaft für die kommenden dreißig Jahre definierte. 1732 gründete er in St. Petersburg die deutschsprachige monographische „Sammlung Russischer Geschichte“, die in Westeuropa weite Bekanntheit erlangte und dem ausländischen Leser erstmals die Möglichkeit bot, zuverlässige und wissenschaftlich fundierte Informationen über Russland und seine Geschichte zu erhalten. Bis 1765 erschienen insgesamt neun Bände dieser Reihe.

Von August 1733 bis Februar 1743 nahm Müller als Leiter der auf dem Landweg vorrückenden historischen und ethnographischen Arbeitsgruppe an der von Vitus Bering geführten Zweiten Kamtschatka-Expedition zur Erforschung Sibiriens teil. Von der langjährigen Forschungsreise, in deren Verlauf er nach eigenen Berechnungen insgesamt 31.362 Werst zurücklegte, brachte Müller eine enorme Fülle an Material mit, auf dessen Grundlage zahlreiche Arbeiten zu Geschichte, Geographie, Ethnographie, Archäologie, Sprachwissenschaft, Astronomie, Geodäsie und Kartographie entstanden. Im Zuge der Expedition trug Müller nicht nur eine umfassende Sammlung schriftlicher und archäologischer historischer Quellen zusammen, sondern entwickelte auch zahlreiche neue Ansätze der Zusammentragung von Informationen wie z.B. die Befragung der indigenen Bevölkerung (Methode der Oral History), die schriftliche Dokumentation ihrer Sitten und Gebräuche sowie von indigenen Toponymen, die Erstellung von Wörterbüchern der von den sibirischen Völkern gesprochenen Sprachen sowie archäologische Erkundungen und Ausgrabungen. Nach seiner Rückkehr nach St. Petersburg befasste sich Müller mit der Aufarbeitung der im Zuge der Expedition zusammengetragenen Materialien zur Geschichte, Geographie und Ethnographie Sibiriens bzw. der sibirischen Völker. Die Resultate erschienen in deutscher und (auszugsweise) in russischer Sprache.

1744 regte Müller die Gründung einer eigenen Historischen Abteilung an der Akademie der Wissenschaften an, die sich gezielt der Geschichte und Geographie des Russischen Reichs widmen sollte. Seines Erachtens sollte diese Einrichtung in einem brandsicheren Steingebäude und unbedingt in Moskau untergebracht werden, da sich dort „alle Informationen besser und schneller erhalten lassen und der Historiograph die dortigen Archive selbst durchsehen kann“. 1748 nahm er die russische Staatsbürgerschaft an und wurde zum russischen Reichshistoriographen ernannt.

1747 wurde Müller zum ersten Rektor der Akademischen Universität in St. Petersburg ernannt und arbeitete deren Reglement aus.

Im Sommer 1748 schlug Müller der Akademie der Wissenschaften vor, ihn nach Moskau zu beordern, wo er zuvor nie gewesen war und sich um die Bewahrung der umfangreichen Handschriften- und Büchersammlung des Staatsmanns und Gelehrten Wassili Tatischew kümmern sowie in den Archiven [insbesondere des Sibirischen Amtes] Quellen sichten wollte, die er für das Verfassen seiner Geschichte Sibiriens benötigte.

1749 sollte Müller im Auftrag der Petersburger Akademie vor der öffentlichen Akademischen Versammlung eine Festrede über den „Ursprung des russischen Volkes“ und die frühe russische Staatlichkeit halten, in der er auf Grundlage der in den Chroniken enthaltenen Zeugnisse die später als „Normannische Theorie“ bekannte These aufstellte, dass die Ursprünge der Rus in den skandinavischen Ländern zu suchen seien. Die Arbeit stieß bei einigen Mitgliedern der Akademie (Stepan Krascheninnikow, Michail Lomonossow, N.I. Popow, Johann Eberhard Fischer, Frédéric Henri Strube de Piermont ) auf scharfe Kritik und wurde nach halbjähriger Erörterung schließlich für die Veröffentlichung verboten. Darüber hinaus hatten die aus dieser Affäre resultierenden Intrigen und innerakademischen Gegensätze für Müller zur Folge, dass er in beispielloser Form vom Akademiemitglied zum Adjunkt degradiert und sein Salär halbiert wurde.

1750 veröffentlichte Müller in russischer Sprache den ersten Band seiner Geschichte Sibiriens [„Beschreibung der Sibirischen Zarenschaft“] - die erste grundlegende Forschungsarbeit der Weltliteratur, die sich auf eine größtmögliche Quellenbasis stützte. Müllers Klassiker war ein Meilenstein der russischen Geschichtswissenschaft, diente späteren Regionalstudien als Muster und hat seinen Wert für die Wissenschaft bis zum heutigen Tag nicht verloren.

Als das frühere Mitglied der Petersburger Akademie der Wissenschaften Joseph-Nicolas Delisle in Frankreich eine Beschreibung sowie Karten der im Zuge der Kamtschatka-Expedition gemachten Entdeckungen veröffentlichte, erhielt Müller den Auftrag, eine Richtigstellung zu verfassen. So erschien 1753 (ohne Nennung des Autors) sein in französischer Sprache verfasster „Brief eines Offiziers der russischen Flotte“, bei dem es sich um die erste veröffentlichte Arbeit eines russischen Wissenschaftlers zu den im Zuge der Kamtschatka-Expedition gemachten geographischen Entdeckungen handelte.

Im März 1754 wurde Müller zum Konferenzsekretär der Petersburger Akademie der Wissenschaften ernannt (bis 1765). In dieser Funktion organisierte er die regelmäßigen Sitzungen der Konferenz, leitete das Archiv, kümmerte sich um die Veröffentlichungsarbeit und die internationalen Verbindungen und organisierte internationale akademische Ausschreibungen. Von 1761 an leitete er den Lehrbetrieb und die Druckerei des Marinekadettenkorps in St. Petersburg. Von 1755 an gab er in St. Petersburg die „Monatlichen Abhandlungen zu Nutzen und Zerstreuung“ heraus, die das erste populärwissenschaftliche und literarische Journal in Russland werden sollten. In seinem programmatischen Vorwort der ersten Ausgabe des Journals erklärte es Müller zu seinem Ziel, bei möglichst allen das Vergnügen zu wecken, das die Kenntnis der Wissenschaft bereite. Die meisten in dem Journal veröffentlichten historischen und geographischen Beiträge verfasste Müller selbst. Besonders bedeutsam waren die Abhandlungen „Erfahrung der neueren Geschichte Russlands“ über die Zeit der Wirren (deren Fortsetzung von der Zensur verboten wurde) und „Kurze Nachricht über die Ursprünge Nowgorods und die Herkunft des russischen Volkes“ (erste monographische Forschungsarbeit zur Geschichte der Nowgoroder Wetsche-Republik), eine Arbeit über altrussische Chroniken sowie eine ganze Serie von Beiträgen zur Geschichte, Ethnographie und Geographie Sibiriens und zur Geschichte der russischen Kartographie.

Neben seinen eigenen Arbeiten veröffentlichte Müller in den „Monatlichen Abhandlungen“ Texte der meisten zeitgenössischen Literaten sowie der Mitglieder und ersten russischen korrespondierenden Mitglieder der Akademie der Wissenschaften. Erstmals in russischer Sprache wurden an dieser Stelle auch die wichtigsten Werke antiker Autoren sowie Arbeiten zeitgenössischer Philosophen, Wissenschaftler und Aufklärer abgedruckt. Die „Monatlichen Abhandlungen“ hatten einen gewaltigen Einfluss auf die Aufklärung und Bildung in Russland, auf die Entwicklung der russischen Literatur und Wissenschaft sowie auf die Entstehung des Journalismus. 1764 stellte die Zeitschrift ihr Erscheinen im Zusammenhang mit Müllers Umzug nach Moskau ein. Nach Aussage des Historikers und Theologen Jewgeni Bolchowitinow (Metropolit Jewgeni) las ganz Russland „mit Begier und Vergnügen diese erste russische Monatsschrift...“. 1766 schrieb Müller selbst nicht ohne Gram: „Wie habe ich mich gequält, zehn Jahre lang ein russisches Journal herauszugeben. Zweifelsohne liegt hier der Grund, dass sich niemand fand, der es fortsetzen würde“. Zugleich bemerkte er allerdings in seiner Autobiographie: „Vielleicht sind von all meinen Schriften diese am nützlichsten für die russische Gesellschaft“.

Müller war Lehrer und Mentor zahlreicher russischer Wissenschaftler und Staatsmänner. So übte er großen Einfluss auf den ersten russischen Adjunkt der Akademie der Wissenschaften und Kurator der Moskauer Universität Wassili Adodurow, den Professor Stepan Krascheninnikow, den Historiker Fürst Michail Schtscherbatow, den Schriftsteller und Historiker Alexander Sumarokow, den Archäographen und Aufklärer Nikolai Nowikow und den Orenburger Gelehrten Pjotr Rytschkow aus, der auf seine Initiative das erste korrespondierende Mitglied der Petersburger Akademie der Wissenschaften wurde.

Nach dem Staatsstreich von 1762, der Katharina II auf den Thron brachte, verbesserte sich Müllers Lage dank seiner persönlichen Bekanntschaft mit der neuen Zarin. Nichtsdestotrotz entschied er sich angesichts der aufreibenden Streitigkeiten und Intrigen innerhalb der Akademie sowie aus persönlichen Gründen, St. Petersburg den Rücken zu kehren.

1764 arbeitete Müller im Auftrag der Zarin das „Projekt der Gründung von Schulen in Russland“ aus, das umfangreiche Reformen des Schulwesens vorsah, durch die die Bildung unabhängig von der Standeszugehörigkeit werden sollte. Am 1. Januar 1765 ernannte Katharina II. Müller auf Initiative Iwan Bezkois im Rang eines Kollegienrats und unter Beibehaltung seiner Stellung als Historiograph an der Akademie der Wissenschaften zum Direktor des in Moskau gegründeten Findelhauses „unglücklich geborener Kinder“. Müller nahm die Berufung nach Moskau in der Hoffnung an, in den dortigen Archiven zur russischen Geschichte forschen zu können. So wurde Müller, der im März 1765 endgültig nach Moskau übersiedelte, das erste Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften, das in der zweiten Hauptstadt lebte und arbeitete.

Im Rahmen seiner Arbeit am Findelhaus verfasste Müller Instruktionen zu Unterhalt und Betreuung der Kinder sowie zu den Aufgaben des Aufsichtspersonals, des Ökonomen und des Schatzmeisters und schrieb die Geschichte der ersten Jahre des Bestehens des Moskauer Findelhauses. Im März 1766 wurde Müller Mitglied des Kollegiums für auswärtige Angelegenheiten und 1773 schließlich Direktor des Archivs im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten in Moskau, wo er sich wieder uneingeschränkt seiner Berufung als Historiker und Archivar widmen konnte, das erste historische Archiv aufbaute, das die wichtigsten Quellen verwahrte, und zum Begründer der ersten russischen Archivar-Schule wurde.

Während ihres Aufenthalts in Moskau empfing Katharina II. den Gelehrten im Winter 1767 sieben Mal und wies an, ihm 6.000 Rubel zum Kauf eines Steinhauses in Moskau auszuzahlen. Müllers Moskauer Haus befand sich hinter der Jausa „auf der großen Straße, die zur Taganka führt, bei der Kirche des Ehrwürdigen Symeon Stylites, da wo früher die Apotheke war“. Im Februar 1767 wurde Müller als ältestes Mitglied der Akademie zum ersten Deputierten der Gesetzgebungskommission aus den Reihen der Mitglieder der Akademie ernannt. Im Rahmen dieser Tätigkeit arbeitete Müller Vorschläge für die Organisation des Bildungswesens in Russland aus, die auch die Gründung eines für diesen Bereich zuständigen gesamtstaatlichen Organs vorsahen.

In seiner Moskauer Zeit widmete sich Müller intensiv der Herausgabe historischer Quellen und wissenschaftlicher Werke anderer Autoren. So gab er unter anderem Tatischtschews „Geschichte des Russischen Reiches“, die „Sammlung der Predigten...“ des Aufklärers der Petrinischen Zeit Bischof Gawriil (Gawriil Fjodorowitsch Buschinski), Anton Friedrich Büschings „Geographie“, Alexei Mankijews „Kern der Russischen Geschichte“, das „Gesetzbuch Iwans IV,“ Hölterhofs „Etymologisches Wörterbuch“, die „Briefe Peters des Großen an den Grafen Boris Petrowitsch Scheremetew“ sowie die sogenannten Stufenbücher (genealogische Mitteilungen über den Zaren-Stammbaum) heraus. Abgesehen davon stellte Müller Nikolai Nowikow (für dessen „Alte russische Bibliothek“), Michail Schtscherbatow, Alexander Sumarokow und anderen großzügig Material für deren Arbeiten zur Verfügung.

Im ersten geographischen Lexikon Russlands, das er zusammen mit Fjodor Polunin erstellte, veröffentlichte Müller 1773 die ersten wissenschaftlichen Beschreibungen Moskaus und Petersburgs, die allen späteren enzyklopädischen Beschreibungen der beiden Hauptstädte anderer Autoren zugrunde lagen. Das über 1.500 Einträge enthaltende Lexikon häufte eine gewaltige Menge Fakten zusammen, die neben Müller selbst auch Tatischtschew, Büsching, Rytschkow und andere beitrugen. Ein Großteil des die sibirischen Führungsschichten betreffenden Materials hatte exklusiven Charakter und basierte auf Müller eigenen Recherchen.

Müller hatte entscheidenden Einfluss darauf, dass sich auch andere Forscher wie Sumarokow, M.I. Iljinski, Michail Schtscherbatow, F.A. Ochtenski, Lew Maximowitsch, Afanassi Schtschekatow und Alexei Malinowski für die alte Hauptstadt zu interessieren begannen. Nowikow, der Müller persönlich gut kannte, schrieb Anfang der 1770er Jahre: „Dieser gelehrte Mann verdient für seine vielen und nützlichen Arbeiten großes Lob“.

Bedeutsam war Müllers Rolle für die Entwicklung der Moskauer Universität: Er war unmittelbar an der Berufung vieler Lehrkräfte und Professoren beteiligt, stand sowohl mit ihnen als auch mit der Universitätsverwaltung in ständigem Austausch, machte eigene die Verwaltung und die Finanzen der Universität oder auch das Universitätsgymnasium betreffende Vorschläge, war Mitglied der Freien Russischen Versammlung und trug eine Sammlung aller von der Universität herausgegebenen Druckerzeugnisse (Programme, Kataloge, Ankündigungen von Festveranstaltungen und Vorlesungen) sowie der von den Universitätsprofessoren gehaltenen Reden zusammen.

Der englische Historiker und Reiseschriftsteller William Coxe schrieb nach seinem Besuch in Moskau im Jahr 1779: „Müller spricht und schreibt frei auf Deutsch, Russisch, Französisch und Latein und liest frei auf Englisch, Holländisch, Schwedisch, Dänisch und Griechisch. Er hat bis heute ein bemerkenswertes Gedächtnis und seine Vertrautheit selbst mit den kleinsten Details der russischen Geschichte ist wirklich erstaunlich... Ich hatte das Vergnügen, einige Stunden in seiner Bibliothek verbringen zu können, in der nahezu alle Schriften über Russland vorhanden sind, die in den europäischen Sprachen jemals erschienen sind. Die Zahl der englischen Autoren, die über dieses Land geschrieben haben, ist viel größer als ich dachte. Seine Sammlung der Staatsakte und Handschriften ist von unschätzbarem Wert und wird in größter Ordnung gehalten“.

1775 erhielt Müller aus Anlass des 50. Jahrestags der Gründung der Petersburger Akademie der Wissenschaften den Auftrag, deren Geschichte zu schreiben. Diese Arbeit beschäftigte ihn bis an sein Lebensende und erschien im Jahr 1890 in Teilen auf Deutsch. Auf Russisch blieb sie unveröffentlicht.

In den Jahren 1778 und 1779 unternahm Müller die erste wissenschaftliche Expedition der Geschichte in die Moskauer Provinz, die ihn nach Kolomna, Dedinowo, Sergijew Posad, Alexandrow, Pereslawl-Salesski, Moschaisk, Swenigorod, Dmitrow, Klin und in einige weitere Städte sowie zu zahlreichen Klöstern, Dörfern und Landgütern führte. Von dieser Reise brachte Müller zahlreiche Aufsätze und Beschreibungen der bei Moskau gelegenen Städte und Klöster mit (in vollem Umfang erstmals 1996 veröffentlicht).

Seine letzten Lebensjahre widmete Müller der Vollendung einiger seiner wichtigsten Anliegen: der Ordnung der von ihm über viele Jahrzehnte zusammengetragenen Manuskripte und Bücher, der Regelung seines Nachlasses und der lange aufgeschobenen wissenschaftlichen Arbeit im Moskauer Archiv des Kollegiums für Äußere Angelegenheiten. 1779 ordnete Katharina II. durch persönlichen Erlass an, ihm den Adjunkt der Petersburger Akademie der Wissenschaften I.G. Stritter zur Seite zu stellen - „zur Hilfe in Alter und gesundheitlicher Schwäche und zum besseren Erfolg in den ihm übertragenen Angelegenheiten“.

Im gleichen Jahr wurde ebenfalls durch persönlichen Erlass der Zarin im Moskauer Archiv des Kollegiums für Äußere Angelegenheiten die Grundlage für eines der größten wissenschaftlichen Projekte gelegt – die Erforschung und Edition aller zwischen Russland und anderen Staaten geschlossenen Verträge. Zur Umsetzung dieses Projekts ordnete die Zarin im Januar 1783 an: „Für den Druck der Sammlung der alten und neuen zwischen Russland und anderen Mächten geschlossenen Traktate und weiterer die russische Geschichte betreffender öffentlicher Akte gebieten wir, beim Moskauer Archiv des Kollegiums für Auswärtige Angelegenheiten eine eigene Druckerei einzurichten, deren Führung wir dem an diesem Archiv tätigen Staatsrat Müller übertragen“. Wenige Monate vor seinem Tod führte Müller detailliert auf, was alles für die neue Druckerei in Moskau benötigt wurde.

Nach langen Verhandlungen ordnete Katharina II. 1780 an, Müllers Bibliothek und Dokumentensammlung für das Moskauer Archiv anzukaufen. In seinem Dankesschreiben hob Müller hervor, die Zarin habe sich durch die Gründung einer Bibliothek, deren Hauptgegenstand Russland und die dieses umgebenden europäischen und asiatischen Staaten seien, ewigen Ruhm erworben. Sein Archiv und seine Sammlung (die berühmten „Mappen Müllers“) werden heute im Russischen Staatlichen Archiv Alter Akten verwahrt.

Seinen Blick in die Zukunft gerichtet wandte sich Müller einen Monat vor seinem Tod am 11. September 1783 mit einem dienstlichen Schreiben an den Reichsvizekanzler Graf Iwan Andrejewitsch Ostermann, in dem er die Geschichte des Archivs über den gesamten Zeitraum seines Bestehens ausführlich beschrieb und ein Programm vorschlug, mit dem er den Fortbestand dieser wissenschaftlichen Einrichtung zu sichern gedachte: Nach seinem Tod sollten seine Pflichten und seine Entlohnung zu gleichen Teilen zwischen seinen wissenschaftlichen Zöglingen M.N. Sokolowski, N.N. Bantysch-Kamenski und Stritter aufgeteilt werden.

Am 22. September 1783 verlieh Zarin Katharina II. auf Vorschlag des Kollegiums für Äußere Angelegenheiten Gerhard Friedrich Müller den ein Jahr zuvor gestifteten Orden des Heiligen Wladimir.

Müller war Ehrenmitglied der Akademien und Gelehrten Gesellschaften Großbritanniens, Deutschlands, Hollands, Frankreichs und der Schweiz. Er ist auf dem Wwedenski-Friedhof begraben.

Veröffentlichungen


Известие о дворянах российских, СПБ, 1790; История Сибири, т. 1–2, М., 1937–41 (т. 1, М., 1999); Сибирь XVIII в. в путевых описаниях Г.Ф. Миллера, Новосибирск, 1996; Описание Сибирского царства, кн. I, М., 1998 (репринт).

Literatur

Г.Ф. Миллер и А.Ф. Бюшинг, Томск, 1988; Элерт А.Х., Экспедиционные материалы Г.Ф. Миллера как источник по истории Сибири, Новосибирск, 1990; Аутовые источники по истории России и Сибири XVI–XVIII вв. в фондах Г.Ф. Миллера, Описи копийных книг, т. 1–2, Новосибирск, 1993–95; Академик Г.Ф. Миллер – первый исследователь Москвы и Московской провинции, М., 1996; Илизаров С.С., Академик С.-Петербургской академии наук Г.Ф. Миллер, первый исследователь Москвы, в кн.: Немцы Москвы: исторический вклад в культуру столицы, М., 1997; Г.Ф. Миллер – академик, исследователь, педагог, в кн.: Немцы в России. Петербургские немцы, СПБ, 1999 (статьи Ю.Х. Копелевич, А.Х. Элерта, Н.И. Невской, Г.И. Смагиной, Е.А. Савельевой; работа Миллера «Из истории первых лет Петербургской Академии наук», пер. и коммент. Г.В. Снежинской) * Брокгауз и Ефрон; БСЭ-3; Новый энциклопедический словарь; ОИ; РБС; Москва. Энциклопедия, М., 1997.

Autoren: Ilisarow S.

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