BOSCH, Jewgenija (geborene Maisch), * 11. August 1879 in Otschakow (Gouvernement Cherson), anderen Quellen zufolge im Dorf Adrogoly bei Odessa, † 1925 in Moskau. Mitglied der revolutionären Bewegung und Protagonistin der Errichtung der Sowjetmacht in der Ukraine.
Jewgenija Bosch wurde in die kinderreiche Familie des Kolonisten Gottlieb Maisch geboren, dessen Vorfahren aus Württemberg nach Russland übergesiedelt waren. Ihr Vater war als Mechaniker in den landwirtschaftlichen Großbetrieben der Region Cherson tätig. Später war er als Gutsbesitzer mit Produktion und Verkauf von Getreide befasst. Ihre Mutter Maria (geborene Krusser) war eine bessarabische Adlige.
1901 wurde Bosch Mitglied der Sozialdemokratischen Russischen Arbeiterpartei, deren Kiewer Parteikomitee sie in den Jahren 1911-12 leitete. 1912 wurde sie verhaftet und in den Bezirk Werchnaja Lena (Gouvernement Irkutsk) verbannt, von wo aus sie über Wladiwostok nach Amerika floh (1914). Anschließend lebte sie bis 1917 in der Schweiz, in Schweden und in Norwegen. Nach der Februarrevolution von 1917 kehrte sie zunächst nach Petrograd und von dort aus nach Kiew zurück. Im März 1917 war sie Mitglied des Kiewer Stadtparteikomitees, im April 1917 Vorsitzende des Kiewer Kreisparteikomitees und im Juni 1917 Vorsitzende des Gebietsparteikomitees Südwest der Bolschewiki, in dem die Parteiorganisationen der Gouvernements Kiew, Podolsk, Wolhynien, Tschernigow, Cherson und Jekaterinoslaw zusammengeschlossen waren. Sie war Delegierte der 7. Allrussischen Konferenz (April-Konferenz) und des 6. Parteitags der Russischen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (Bolschewiki) und betrieb revolutionäre Propaganda in den auf dem Gebiet der Ukraine stationierten Armeeeinheiten der Südwest-Front.
Von Dezember 1917 an war sie Mitglied des Hauptkomitees der Sozialdemokratie der Ukraine, Mitglied des Zentralexekutivkomitees der Ukraine und gehörte als Volkssekretärin für Innere Angelegenheiten und kommissarische Regierungschefin der ersten Regierung der Sowjetukraine (Volkssekretariat) an. Im März 1918 trat sie aus Protest gegen die Unterzeichnung des Friedensvertrags von Brest-Litowsk von ihren Posten zurück. Nach der deutschen Besetzung Kiews (1. März 1918) beteiligte sie sich aktiv an der Organisation des Widerstands in der Region. Im Juni-Juli 1918 war sie Agitatorin des Moskauer Komitees der RKP(b) und Delegierte des 1. Parteitags der KP(b)U. Anschließend wurde sie zur Partei- und Sowjetarbeit nach Pensa entsandt, wo sie als Vorsitzende des Gouvernementsparteikomitees der RKP(b) und Mitglied des Gouvernementsexekutivkomitees der Sowjets (Juli-Dezember 1918) tätig war. Im Januar-Februar 1919 leitete sie die Politabteilung des Revolutionären Kriegsrats der Kaspisch-Kaukasischen Front. Im gleichen Monat war sie Delegierte des 8. Parteitags der RKP(b), von Februar bis Juni 1919 Mitglied des Verteidigungsrats der Belorussisch-Litauischen SSR. Während des Vormarsches der Truppen Denikins auf die Ukraine war sie von Juli 1919 an Sonderbevollmächtigte des Rats der Volkskommissare der Ukrainischen SSR für die Organisation der politischen Arbeit in den frontnahen Gebieten. Sie war am Aufbau von Partisaneneinheiten und an der Beschaffung von Lebensmitteln für die zentralen Regionen Russlands beteiligt.
Angesichts der Verschlechterung ihres Gesundheitszustands fuhr sie zur Behandlung nach Moskau. Nach ihrer Genesung arbeitete sie von März 1920 bis Juni 1921 im Zentralkomitee der Gewerkschaft der Land- und Waldarbeiter, im Volkskommissariat für Bildungswesen und im Apparat der Arbeiter- und Bauerninspektion sowie zur Zeit der Hungersnot von 1921-22 im Volkskommissariat für Lebensmittelversorgung. Infolge einer durch die physische und psychische Anspannung der Bürgerkriegszeit hervorgerufenen schweren Erkrankung zog sie sich 1922 von der aktiven Arbeit zurück. 1925 nahm sie sich das Leben. Sie ist auf dem Nowodewitschi-Friedhof begraben.
Jewgenija Bosch ist Autorin der Bücher „Die Nationalregierung und die Sowjetmacht in der Ukraine” (1918) und „Ein Jahr des Kampfes“ (1923, Reprint Kiew, 1990).