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Wolhynier Umsiedlermuseum in Linstow

Rubrik: Kultur, Wissenschaft, Bildung, Medizin

Wolhynier Umsiedlermuseum in Linstow (Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland) ist ein Freilichtmuseum, das sich dem kulturellen und geschichtlichen Erbe der historischen wolhyniendeutschen Siedlungsgebiete widmet, die Geschichte der Wolhyniendeutschen museal aufbereitet und historische Objekte präsentiert. Das Museum entstand im Jahre 1993 und befindet sich in der Nähe des Naturparks Nossentiner/Schwinzer Heide, in einem kleinen Dorf Linstow, wohin in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg 73 Familien aus der polnisch-ukrainisch-russischen Grenzregion Wolhynien angekommen sind. Bis heute bilden die Wolhyniendeutschen den sozialen Kern des Dorfes.

Die Funktion des Museumsgebäudes war bis Ende der 1980er-Jahren gleichermaßen praktisch wie ästhetisch: Das wolhynische Wohnhaus mit Stallteil war nach dem 2. Weltkrieg (1947) in traditioneller Bauweise als erster Umsiedlerhof in Linstow von einer wolhynischen Familie Emma Altmann (aus Neu-Saturzy) und ihren ältesten Söhnen errichtet worden. Bis 1987 wurde es bewohnt, 1990 begann die Gemeinde mit der Rekonstruktion dieses zum Abriss stehenden Hauses. Von 1991 bis 1993 wurde auf Initiative des Bürgermeisters Johannes Herbst restauriert und im Rahmen von Fördermaßnahmen zum Museum umgebaut, das am 6. August 1993 feierlich eröffnet wurde.

2003 wurde auf dem Gelände des Umsiedlermuseums der Bau einer Bildungs- und Museumsscheune durch einen einstimmigen Beschluß der Gemeinde Dobbin-Linstow ermöglicht. Der Bau wurde zu 50% durch das Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen der AGENDA 21 gefördert, den Rest trug die Gemeinde. Mai 2005 konnte das Gebäude seiner Bestimmung übergeben werden. Seit 2005 befinden sich auf dem 3000 qm großen Freigelände neben einem rekonstruierten Umsiedlerhaus, das zurzeit unter Denkmalschutz steht, weitere Wirtschaftsgebäude und landwirtschaftliche Großgeräte. Zu dem Ensemble gehören ein wolhynischer Erdkeller ("Kriechkeit"), ein Ziehbrunnen, ein Backofen, der, wie das Bauernhaus, in traditioneller Bauweise aus Ziegelsteinen und Lehm aufgebaut wurde und ein Grabstein aus Wolhynien. 

Das gesamte Museum hat den Charakter eines dörflichen Heimatmuseums, jedoch liegt hier ein besonderer Schwerpunkt auf der Alltagskultur der Wolhyniendeutschen: die verschiedenen haus- und landwirtschaftliche Geräte, Bücher, Erinnerungsstücke und Dokumente, die seit 1990 gesammelt wurden. Das Museumgebäude zeigt auf den beiden Etagen die seit Jahren erfolgreiche Dauerpräsentation zur Geschichte der Wolhyniendeutschen. Die Sammlung bietet wechselnde Ausstellungen zur Geschichte und Gegenwart in breiter thematischer Vielfalt (wie z.B. über dreißig Tafeln bestehende Ausstellung des Historischen wolhynischen Vereins oder ein Modell einer der ersten Kolonien im Osten). Immer wurden mit den Ausstellungen auch die Grenzbereiche der Geschichte ausgelotet, wurde nach den Beziehungen zur Migration, Siedlung, Lebensweise oder Religion gefragt. Der historische Überblick der Ausstellungen stellt die Bedeutung des Themas der Geschichte der Wolhyniendeutschen heraus, vertiefende Themeninseln zu Ursachen der Migration, Phänomenen der Vertreibung und Diskursen der Geschichte stellen den Bezug zur Gegenwart und der Integration her. Der Schwerpunkt der Ausstellung des Museums liegt auf der Flucht und Vertreibung der Wolhyniendeutschen im Kontext der Geschichte des Ersten und des Zweiten Weltkrieges, Verschleppung und ihrer anschließenden Integration in West- und Ostdeutschland.

Die Anlage wird noch ergänzt durch eine Bildungs- und Museumsscheune. Eine Konzeptstudie zur Nutzung der Bildungsscheune erstellte Prof. Dr. J. Hanisch vom Büro für Wissenschaftsdienstleistungen in Hamburg. Die Bildungsscheune dient als moderne Begegnungsstätte und wird für diverse Veranstaltungen und Bildungsarbeit (Schulprojekte) genutzt. Parallel wird ein abwechslungsreiches Programm an Führungen angeboten, ebenso finden Vorträge, Seminare, Buchlesungen, Filmvorführungen zu aktuellen Fragen der Forschung statt. Mit dem vielfältigen Bildungsangebot bietet das Museum multiperspektivische Vermittlungsformate wie Führungen, Workshops und Fortbildungen, Lehrmaterialien zur Vor- und Nachbereitung sowie inklusive Angebote. Regulär wird Familienmuseumstag organisiert, der durch das Justizministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern, der Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern, der Ehrenamtsstiftung Mecklenburg-Vorpommern, dem Landkreis Rostock und die Bundesinitiative „Demokratie leben“ gefördert wird.

Zu den wichtigsten Aufgaben des Museums gehören: die Sammlung neuer und die Pflege, Restauration und Werterhaltung vorhandener Ausstellungsstücke und Exponate zu Kultur und Geschichte der Wolhyniendeutschen; der Aufbau einer wissenschaftlichen Bibliothek; die kulturpolitische Bildung von Kindern und Jugendlichen, die Aufklärungsarbeit und die Förderung des Tourismus in der Region und die damit verbundene Unterstützung der Regionalentwicklung; die Kulturelle Integration in der Region im Zusammenarbeit mit anderen Museen. Museum wird von der Gesellschaft „Heimatverein Linstow e.V“ getragen.

Literatur

Betker E.: Eine Erinnerungsstätte gegen das Vergessen. Das wolhynische Umsiedler-Museum in Linstow (Mecklenburg) // Jahrbuch Weichsel-Warthe 1995, S. 35–39; Bildungs- und Museumsscheune Linstow // Fach- und Praxisbuch. Demokratiepotenziale im Gemeinwesen. Herausgeber: Stiftung Demokratische Jugend in Kooperation mit dem Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE). S. 72–73; Dokumentation der Heimatsammlungen in Deutschland. Ein Projekt am Seminar für Europäische Ethnologie/Volkskunde der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel in Kooperation mit dem Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, Oldenburg, 2008–2012; Wolhynier Umsiedlermuseum. Offizielle Seite // http://umsiedlermuseum-wolhynien.de/index.html

Autoren: Lizenberger O.A.

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