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Hilfskomitee der Evangelisch-lutherischen Kirche aus Bessarabien

Rubrik: Soziale Gruppen

Hilfskomitee der Evangelisch-lutherischen Kirche aus Bessarabien e.V. war von 1946 bis 2005 ein Ausschuss, der von am Ende und nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland gekommenen Bessarabiendeutschen gegründet wurde und mit der Durchführung und Leitung eines Hilfsanliegens sowie auch mit dem Ziel der Bewahrung des religiösen und kulturellen Erbes der Bessarabiendeutschen betraut war.

Die Flüchtlinge und Vertriebenen aus Bessarabien schlossen sich zunächst in Form einer kirchlichen Gruppe zusammen und gründeten 1945 einen Vorläufer des Hilfskomitees „Hilfswerk für evangelische Umsiedler aus Bessarabien und der Dobrudscha“ (auch als „Hilfswerk für Schwabenumsiedler“ oder „Hilfswerk Rüb“ bekannt). Hilfswerk wurde von einem Ingenieur aus Sarata (Bessarabien) Karl Rüb (1896–1970) in Stuttgart gegründet, hatte bis 50 Mitarbeitern, bekam die Unterstützung von der Evangelischen Landeskirche Württemberg und integrierte sich 1946 in das neu gegründete Hilfskomitee.

Bei der Gründung des Hilfskomitees spielte eine bedeutende Rolle der Oberpastor der Bessarabiendeutschen (seit 1936) Еmmanuel Baumann (1900–1974), der nach der Umsiedlung seine Landsleute seelsorgerisch und diakonisch betreute und als Pfarrer in Hemmingen (Württemberg) diente. Am 17. Juni 1946 wurde Baumann von dem Leiter des Hilfswerks der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Eugen Gerstenmaier (1906–1986) mit der Gründung des Hilfskomitees beauftragt. In diesem Jahr erkannte der Rat der EKD das Hilfskomitee als Vertretung der ehemaligen deutschen Kirche in Bessarabien, wie auch weiteren Hilfskomitees der ehemaligen deutschen Ostkirchen Europas, an. Bis zur Gründung der Landsmannschaft der Bessarabiendeutschen im Jahre 1949 war das Hilfskomitee die einzige bessarabiendeutsche Organisation. Am 21. September 1950 schloss sich das Hilfskomitee zu der Dachorganisation „Konvent der zerstreuten ehemaligen Heimatkirchen“ („Konvent der zerstreuten evangelischen Ostkirchen“, seit 2003 „Konvent der ehemaligen evangelischen Ostkirchen“) zusammen.

Der erste Vorsitzende des Hilfskomitees (1946–1977) war Pastor Emmanuel Baumann, der 1950 auch zum Landesflüchtlingspfarrer der hannoverschen Landeskirche berufen wurde und für die kirchliche Eingliederung aller Flüchtlinge in die Landeskirche zuständig war. Von 1977 bis 2005 wurde als nächster Bundesvorsitzende des Komitees sein Sohn, evangelischer Geistlicher, Referent des Landesbischofs der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers (1971–1976), Leiter des Diakonischen Werkes in Wolfsburg (1976–1997) Arnulf Baumann (geb. 1932) tätig.

Der erste Sitz des Komitees war der Wohnsitz von Pastor Baumann in Hemmingen, danach wurde der Sitz nach Stuttgart verlegt. Seit 1949 befand sich der Sitz in der Hannoverschen Gartenkirche St. Marien, später im Haus des Deutschen Ostens und ab 1997 in dem Stadtbezirk Hannover-Kirchrode. Die anfängliche Tätigkeit des Hilfskomitees richtete in erster Linie die Beratung, die Hilfevermittlung, die Familienzusammenführung sowie die Dienste zur Vermisstensuche ein. Von Anfang waren die wichtigsten Aufgaben des Hilfskomitees: die materielle Unterstützung der bessarabiendeutschen Vertriebenen zu leisten, die seelsorgerische Betreuung durch kirchliche Veranstaltungen, Heimatgottesdienste und Kirchentage zu organisieren, die humanitären Projekte durch die Diakonie durchzuführen, die geistliche und heimatkundliche Begleitung der Gläubigen durch die Pressetätigkeit (Herausgabe von Heimatliteratur, Zeitungen und anderer Periodika) zu bilden. Seit 1949 wurden das zweiwöchentlich erscheinende Publikationsorgan „Mitteilungsblatt“ und „Bessarabischer Heimatkalender“ (1949–1987) herausgegeben.

Hilfskomitee war der Gründer und der Träger des Alten- und Pflegeheims „Alexanderasyl“ (der Vorläufer wurde 1864 in Sarata als Barmherzigkeitsanstalt gegründet, 1953 von Pastor und späteren Herausgeber des „Heimatbuches der Bessarabiendeutschen“ Albert Kern (1899–1985) im Großerlacher Ortsteil Neufürstenhütte neuorganisiert; von 1979 bis 2008 trug Alexanderasyl den Namen Alexander-Stift; seit 2005 selbstständig). Seit der Fusion am 20. Mai 2005 gehört das Hilfskomitee zusammen mi der Landsmannschaft der Bessarabiendeutschen und dem Heimatmuseum der Bessarabiendeutschen zum neu gegründeten Bessarabiendeutschen Verein.

Literatur

Baumann A. Oberpastor Immanuel Baumann (1900–1974) // Jahrbuch der Deutschen aus Bessarabien. Hannover, 2000; Baumann A. Sechzig Jahre Hilfskomitee // Mitteilungsblatt des Hilfskomitees der ev.-luth. Kirche und der Landsmannschaft der Deutschen aus Bessarabien. 6. Juli 2006; Die Protokolle des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland. Bd. 1–8. Arbeiten zur kirchlichen Zeitgeschichte, Reihe A: Quellen. Göttingen, 1995–2012; Kern A. (Hrsg.). Das Alexander-Asyl in Sarata // Heimatbuch der Bessarabiendeutschen. Hilfskomitee der Evangelisch-Lutherischen Kirche aus Bessarabien. Hannover, 1964. S. 29–32; Pilvousek J., Preuß E. (Hg.). Aufnahme, Integration, Beheimatung. Flüchtlinge, Vertriebene und die „Ankunftsgesellschaft“. Studien zur kirchlichen Zeitgeschichte. Studies in Contemporary Church History 3. Berlin, Münster, 2009; Rudolph H. Evangelische Kirche und Vertriebene 1945 bis 1972. Bd. 1: Kirchen ohne Land. Die Aufnahme von Pfarrern und Gemeindegliedern aus dem Osten im westlichen Nachkriegsdeutschland: Nothilfe, Seelsorge, kirchliche Eingliederung. Arbeiten zur kirchlichen Zeitgeschichte, Reihe B: Darstellungen 11. Göttingen, 1984; Rudolph H. Evangelische Kirche und Vertriebene 1945 bis 1972. Bd. 2: Kirche in der neuen Heimat. Arbeiten zur kirchlichen Zeitgeschichte, Reihe B: Darstellungen 12. Göttingen, 1985; Schott Chr.-E. (Hg.). In Grenzen leben – Grenzen überwinden. Zur Kirchengeschichte des 20. Jahrhunderts in Ost-Mittel-Europa. Beiträge zu Theologie, Kirche und Gesellschaft im 20. Jahrhundert. 16. Münster, 2008.

Autoren: Lizenberger O.A.

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