MINISTERIUM FÜR STAATSDOMÄNEN, für die Bewirtschaftung des im Staatsbesitz befindlichen Landes und der entsprechenden Bodenschätze, Waldflächen und Fischgründe, die Verwaltung der Staatsbauern und die Entwicklung der Landwirtschaft zuständiges Organ. Das Ministerium für Staatsdomänen wurde am 26. Dezember 1837 gegründet und am 21. März 1894 in Ministerium für Landwirtschaft und Staatsdomänen, am 6. Juni 1905 in Hauptverwaltung für Landnutzung und Landwirtschaft und am 26. Oktober 1915 in Ministerium für Landwirtschaft umbenannt (bis 25. Oktober 1917). Vorläufer des Ministeriums war das innerhalb des Finanzministeriums bestehende Departement für Staatsdomänen.
In den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums fielen besiedelte und unbesiedelte Staatsländereien, staatliches Pachtland und Staatswälder. Das Ministerium für Staatsdomänen übte die Fürsorge über die Staatsbauern, die freien Landwirte und ausländischen Siedler, die nomadischen Völker, die im Gouvernement Astrachan und im Kauakasus ansässigen Kalmücken sowie die in Sibirien lebende indigene Bevölkerung aus, hatte die Aufsicht über alle der Förderung der Landwirtschaft und des Ackerbaus, des Anbaus von Industriepflanzen, des Obst- und Gemüseanbaus, der Weinherstellung, der Seidenraupenzucht, der Vieh- und Schafzucht, der Meeresfischerei und des Jagdgewerbes dienenden Maßnahmen sowie alle mit den genannten Tätigkeitsfeldern in Bezug stehenden Organisationen, Lehranstalten und Musterfarmen.
In der ersten Phase seines Bestehens (1837-67) bestand die Hauptaufgabe des Ministeriums in der Fürsorge für die Staatsbauern und ausländischen Kolonisten. In der zweiten Phase (1867-83) ging es vor allem um die Regelung des Landbesitzes der Staatsbauern. In den letzten Jahrzehnten seines Bestehens konzentrierte sich das Ministerium schließlich auf die Intensivierung der Landwirtschaft in ganz Russland.
In der Zeit seines Bestehens wurde das Ministerium von insgesamt 18 Ministern geführt: Als Erster übte P.D. Kiseljow diesen Posten aus (27.12.1837-11.07.1856). Drei Minister waren deutscher Herkunft: Fürst A.A. Lieven (25.12.1879-25.03.1881), P.Ch. Schwanebach (31.05.1905 – 26.10.1905) und A.A. Rittich (14.11.1916 – 28.02.1917).
Auch unter den in den Departements und Unterabteilungen des Ministeriums für Staatsdomänen tätigen hochrangigen Beamten waren zahlreiche Deutschstämmige: F.F. Adelung, Graf N.A. Adlerberg, K.I. Arnold, F.K. Arnold, Ju.I. Blumenthal, E.F. von Bradke, M.B. Bulmering, P.N. Welbrecht, W.I. Westenrik, N.A. Gabbe, Ju.A. Hagemeister, Je.F. Gann, N.M. Harting, G.P. Helmersen, P.R. Henrichsen, A.N. Gerngroß, G.L. Grashof, Baron G.K. Dallwitz, Baron I.F. Dellingshausen, A.A. Iossa, N.A. Iossa, P.I. Köppen, A.A. Klaus, Baron M.N. Korff, Graf N.M. Lambsdorff, св. кн. A.A. Lieven, E.Je. von Lode, Baron Je.I. Lüdinghausen-Wolff, Baron M.N. Medem, P.A. Miller, K.K. von Pohl, A.I. Rosset, I.A. Thieme, N.A. Völkner, N.P. Vollendorff, A.K. Stackelberg, E.E. Trautvetter, E.I. Schönrock, A.F. Schmalhausen, G.F. Schmalz, P.A. von Schulz, A.I. Eneholm, E.A. Junge.
Zum Zeitpunkt seiner am 1. Januar 1838 erfolgten Gründung bestand das Ministerium aus dem Rat der Kanzlei des Ministers, einem Gelehrtenkomitee und drei Departements. Die Departements und die Kanzlei wurde von Direktoren geführt, denen Vize-Direktoren zur Seite gestellt waren. Der Vorsitzende des Gelehrtenkomitees war zugleich Direktor des Dritten Departements. Die Departements waren in Abteilungen und Büros unterteilt. Die Abteilungen wurden von Abteilungschefs, die Büros von Hofräten (7. Klasse der Rangtabelle) geleitet.
Das Erste Departement, in dem laut dem am 26. Dezember 1837 bestätigten Dienststellenplan 237 der insgesamt 618 im Ministerium tätigen Personen dienten, stellte die größte Unterabteilung des Ministeriums für Staatsdomänen dar (das Zweite Departement hatte 144, das Dritte Departement 140 Mitarbeiter).
In den Zuständigkeitsbereich des Ersten Departements fiel die Aufsicht über die Staatsbesitzungen sowie die Fürsorge über die Staatsbauern und ausländischen Kolonisten in jenen Gouvernements, in denen Pachtabgaben zu leisten waren. Innerhalb des Departements gab es neun Abteilungen, zu denen auch die für die Kolonien zuständige 4. Abteilung gehörte, die wiederum in zwei Büros unterteilt war, die für die wirtschaftlichen Angelegenheiten der ausländischen Kolonisten und jüdischen Landwirte (Erstes Büro) bzw. für die Angelegenheiten der nomadischen und indigenen sibirischen Völker (Zweites Büro) zuständig waren.
In den Zuständigkeitsbereich des Zweiten Departements fiel die Aufsicht über die Staatsbesitzungen und die Fürsorge über die Staatsbauern und ausländischen Kolonisten in den Gouvernements Estland, Livland, Kurland, Mogiljow, Minsk, Wilna, Grodno, Wolhynien, Kiew, Podolsk, und Bjelostok. Für die Angelegenheiten der in den genannten Gouvernements ansässigen Kolonisten war das Zweite Büro der Dritten Abteilung zuständig.
Das Dritte Departement (das am 9. Januar 1845 zum Departement für Landwirtschaft wurde) war für die Verbreitung agrarwissenschaftlicher Kenntnisse zuständig und führte die Korps der Forstleute und Ziviltopographen sowie das Kataster. Innerhalb des Departements bestand ein Büro für technisches Zeichnen, in dem mehrere Landvermesser tätig waren. Dem Departement waren ein Zivilingenieur und ein Architekt unterstellt. In enger Verbindung zu diesem Departement stand das Gelehrtenkomitee des Ministeriums für Staatsdomänen.
Im Verlauf seiner Geschichte wurde das Ministerium mehrfach umstrukturiert. Im Jahr 1843 wurde das Departement für Forstwesen zusammen mit dem Korps der Forstleute aus dem Finanzministerium in das Ministerium für Staatsdomänen überführt. In den Jahren 1874-1905 war auch das zuvor dem Finanzministerium unterstellte Berg-Departement dem Ministerium für Staatsdomänen zugeteilt. Größere Veränderungen vollzogen sich auch in den Jahren 1866, 1894 und 1905.
Die auf die Abschaffung der Leibeigenschaft folgenden Reformen betrafen auch alle anderen Kategorien der Landbevölkerung, so dass die zuständigen Behörden vollständig umstrukturiert werden mussten. Durch persönlichen Erlass des Zaren vom 22. Dezember 1866 wurde die Zahl der im Ministerium tätigen Beamten reduziert und eine Neuordnung der Departements vorgenommen. Das Erste Departement wurde mit Ausnahme der für die Kolonien zuständigen Abteilung aufgelöst, die bis zur endgültigen Klärung aller den künftigen Status der ausländischen Kolonisten betreffenden Fragen zunächst weiterbestehen sollte. Das Zweite Departement wurde in Vorläufige Abteilung für die Regelung des Landbesitzes der Staatsbauern umbenannt und war in den folgenden 15 Jahren für die Regelung der Besitzverhältnisse und der Landnutzung zuständig, bevor es am 21. Februar 1883 schließlich aufgelöst wurde. Das Departement für Landwirtschaft wurde in Departement für Ackerbau und Agrarindustrie und die Kanzlei des Ministers in Departement für Allgemeine Angelegenheiten umbenannt (vom 21. März 1894 erneut Kanzlei des Ministers), in dessen Zuständigkeit auch die für die Kolonien zuständige Abteilung überging.
In den ersten Jahrzehnten seines Bestehens betrachtete das Ministerium für Staatsdomänen die Fortentwicklung der Landwirtschaft nicht als unmittelbare Verwaltungsaufgabe und übte nur indirekten Einfluss aus, indem es z.B. agrarwissenschaftliche Kenntnisse verbreitete, nützliche Unternehmen unterstützte, Landwirtschaftsausstellungen und Wettbewerbe organisierte und entsprechende Lehranstalten oder Gesellschaften gründete. So wurden z.B. die in Südrussland ansässigen Kolonisten verpflichtet, Obst- und Weingärten anzulegen und sich der Seidenraupenzucht zu widmen. Die Bewohner der „nördlichen“ Kolonien wiederum wurden zum Anbau von Kartoffeln angehalten.
Das Ministerium für Staatsdomänen unterstützte die von den in Südrussland ansässigen Mennoniten zur Entwicklung bestimmter Wirtschaftszweige ergriffenen Initiativen. So fand z.B. das von J. Cornies angestoßene Projekt, in Neuhalbstadt eine landwirtschaftlich ausgerichtete Handwerkerkolonie zu gründen, zunächst die Unterstützung P.I. Köppens, der in seiner Eigenschaft als Mitglied des Gelehrtenkomitees des Ministeriums für Staatsvermögen 1837 eine Revision der südlichen Kolonien durchführte und die entsprechenden Pläne an das Ministerium weiterleitete, das wiederum 1841 sein Einverständnis erteilte. Cornies eigene Wirtschaft war ein Musterbetrieb, in dem Selektionsarbeit zur Züchtung neuer Viehrassen betrieben und ein mustergültiger Nutzwald angelegt wurde. 1830 gründete er den „Landwirtschaftlichen Verein“, der unter seiner Führung einen erheblichen Beitrag zur Entwicklung der Landwirtschaft in Südrussland leistete.
Eines der Hauptverdienste des Ministeriums für Staatsdomänen bestand in der landwirtschaftlichen Erkundung Russlands. Schon bei der Gründung des Ministeriums gehörte eine Bestandsaufnahme der in der Landwirtschaft geleisteten Arbeit zu dessen Aufgaben. Von den 1840er Jahren an wurden die entsprechenden Daten systematisch zusammengetragen und veröffentlicht. Dabei stützte sich das Ministerium nicht allein auf die Verwaltungsorgane vor Ort, sondern ließ die entsprechenden Informationen auch von den Landwirtschafts-Inspektionen der südlichen Gouvernements sowie eigens entsandten Expeditionen und Beamten zusammentragen. Zur Informationsbeschaffung trugen zudem auch die korrespondierenden Mitglieder des Gelehrten Komitees des Ministeriums für Staatsdomänen bei, bei denen es sich in der Regel um Personen handelte, die sich durch ihre Wirtschafts- und Verwaltungstätigkeit oder ihre Berichte hervorgetan hatten. Besondere Beachtung fanden im Ministerium die von J. Cornies mit Blick auf die an der Molotschna gelegenen Mennonitensiedlungen verfassten Berichte, die in den Jahren 1843-54 im „Journal des Ministeriums für Staatsdomänen“ veröffentlicht wurden. Korrespondierendes Mitglied des Ministeriums für Staatsdomänen wurde später auch Cornies Schwiegersohn F.F. Wiebe.
Das Ministerium publizierte oder finanzierte eine Reihe von Periodika wie z.B. die „Landwirtschafts-Zeitung“ und das „Journal des Ministeriums für Staatsdomänen“, die nützliche Kenntnisse über die Landwirtschaft verbreiten sollten. Die „Landwirtschafts-Zeitung“, deren erste Ausgabe bereits 1834 noch als Publikation des Finanzministeriums erschienen war, wurde 1853 auf kommerzieller Basis von A.P. Sablozki-Desjatowski übernommen, dem später unter anderem S.P. Schtschepkin und F.A. Batalin als Herausgeber folgten. Das „Journal des Ministeriums für Staatsdomänen“, das in den Jahren 1841-64 monatlich in St. Petersburg erschien, wurde u.a. von den Chefredakteuren A.P. Sablozki-Desjatowski (ab 1841), K.S. Weselowski (1857), W.P. Besobrasow (1858) und F.A. Batalin (1860-64) geleitet. Von 1865 an erschien auch das Journal „Forst- und Waldwirtschaft“.
Über die dem Ministerium unterstellten Fürsorgeorgane für ausländische Kolonisten erhielten die Kolonien Zugang zu agrarwirtschaftlicher Fachliteratur, mit deren Hilfe sich die Landwirtschaft effizienter führen ließ. Regelmäßig weiterverschickt wurden auch die bei den Ämtern eingehenden Instruktionen. In den Jahren 1846-62 gab das Fürsorgekomitee in Odessa das für die deutschen Siedler bestimmte, landwirtschaftlich orientierte „Unterhaltungsblatt für deutsche Ansiedler in (Süd-)Russland“ heraus, das vor allem von den Kolonisten selbst bereitgestellte offizielle Informationen enthielt.
Verwaltung der ausländischen Kolonien
Zum Zeitpunkt ihrer Ansiedlung in Russland waren die ausländischen Kolonisten zunächst der 1763 gegründeten Vormundschaftskanzlei für Ausländer (deren Status dem der Staatskollegien entsprach) und dem als Außenstelle der Kanzlei gegründeten Saratower Fürsorgekontor für Ausländer (1766) unterstellt. Nach der im Jahr 1782 erfolgten Auflösung dieser beiden Instanzen unterstand die Verwaltung der Kolonien zwischenzeitlich den auch für die Staatsbauern zuständigen Stellen. Am 4. März 1797 wurde als höchstes für die ausländischen Kolonien zuständiges Führungsorgan die Expedition für Staatswirtschaft, Ausländerfürsorge und dörfliche Hofwirtschaft gegründet, die zunächst dem Regierenden Senat unterstellt war und anschließend zunächst (als Teil des Departements für Innere Angelegenheiten) an das Innenministerium (1802) und dann an das Ministerium für Staatsdomänen (1838) überging.
Für die unmittelbare Führung der Kolonien waren von 1797 an die jeweiligen Hauptverwaltungen vor Ort zuständig: für die bei Saratow und Samara gelegenen Kolonien war dies das Saratower Fürsorgekontor für Ausländer (1766 gegründet, 1782 aufgelöst, am 30. Juni 1797 wiedererrichtet und 1833 in Saratower Kontor für ausländische Siedler umbenannt), für die „nördlichen“ (Petersburger) Kolonien der unmittelbar der Expedition für Staatswirtschaft unterstellte Sonderaufseher der Petersburger Kolonien (ab Juni 1797; nach der am 4. April 1860 erfolgten Abschaffung dieses Postens wurden die entsprechenden Aufgaben der St. Petersburger Kammer für Staatsdomänen übertragen), für die in Südrussland gelegenen Kolonien (Gouvernements Cherson, Jekaterinoslaw, Taurien und Gebiet Bessarabien) das am 22. März 1818 gegründete Fürsorgekomitee für ausländische Ansiedler in Südrussland, das von 1818 an in Jekaterinoslaw, von 1820 an in Kischinjow und von 1833 an in Odessa angesiedelt war. Das Tätigkeitsfeld des Saratower Kontors wurde durch eine im Jahr 1800 erlassene und in den Jahren 1801 und 1803 ergänzte Instruktion definiert. Die Verwaltung der in den Gouvernements Woronesch, Tschernigow, Poltawa und Livland gelegenen Kolonien lag bis 1838 bei den Chefs der Gouvernements und anschließend bei den entsprechenden Kammern für Staatsdomänen.
In der Zeit nach den Reformen wurde das Fürsorgekomitee für ausländische Ansiedler in Südrussland von Alexander Ossipowitsch von Hamm (1858-66), Fjodor Stanislawowitsch Lysander (1866-67) und Wladimir Iwanowitsch von Oettinger (1867-77) geführt. An der Spitze des Saratower Kontors standen in diesem Zeitraum Leonti Jakowlewitsch Flesier (1858-63), Fjodor Stanislawowitsch Lysander (1863-66), Wladimir Iwanowitsch von Oettinger (1866-67), Semjon Nikolajewitsch Schafranow (1867-69) und Georgi Alexandrowitsch von der Osten-Saken (1870-77).
In die Zuständigkeit dieser regionalen Ämter fiel die Verwaltungsaufsicht, die Landpolizei sowie die gesamte Gerichtsbarkeit mit Ausnahme des Strafrechts. Nach der 1832 erfolgten Bestätigung des Statuts der Evangelisch-lutherischen Kirche waren das Saratower Kontor und das südrussische Fürsorgekomitee zudem für alle den Kirchenbesitz in den Kolonien betreffenden Fragen zuständig. Weitere Aufgaben waren die Vermessung des für aus dem Ausland kommende Neusiedler bestimmten Landes und deren nach konfessionellen Kriterien erfolgende Verteilung auf die einzelnen Kreise, die jeweils einen Umfang von etwa 60-70 Werst aufwiesen. In den Jahren 1818 bzw. 1924 wurden im südrussischen Fürsorgekomitee und im Saratower Fürsorgekontor die Posten von Kolonial-Aufsehern geschaffen, die selbst in den Kolonien lebten und die Umsetzung der Anordnungen der höherstehenden Instanzen sowie die Aufrechterhaltung der Ordnung vor Ort kontrollierten.
Im Zuge der Angleichung des Kolonistenstatus an den der übrigen Bauern wurde 1871 unter der Oberaufsicht des Ministeriums in den Kolonien eine Verwaltungs- und Landreform durchgeführt, in deren Folge die Sonderverwaltung der Kolonien und alle Kolonistenprivilegien abgeschafft wurden. Die Kolonisten wurden in Siedler-Eigentümer umbenannt, ihre gesamte Aktenführung und Korrespondenz musste in russischer Sprache erfolgen. 1881 gingen die Dorf- und Zentralschulen aus der Zuständigkeit des Ministeriums für Staatsdomänen an das Ministerium für Volksbildung über.
Angesichts der massiven Beschneidung ihrer Kompetenzen wurden die zuvor für die Verwaltung der Kolonien zuständigen regionalen Instanzen von Januar 1872 an deutlich verkleinert. So waren das südrussische Fürsorgekomitee und das Saratower Forsorgekontor von diesem Zeitpunkt an nur noch für die Aufsicht über die Kirchen, die Beteiligung an der Besetzung vakanter Stellen in den evangelisch-lutherischen Kirchengemeinden, die Aufsicht über die Schulen und über das sogenannte „Übersiedlerkapital“ (Einnahmen aus der Verpachtung ursprünglich vom Staat erhaltenen Landes) sowie die Übergabe der Geschäfte an die zuständigen Stellen zuständig. Zu diesem Zeitpunkt waren beim Fürsorgekomitee noch 44.723 und beim Saratower Fürsorgekontor noch über 10.000 unbearbeitete Fälle anhängig.
Am 17. Januar 1877 wurde der die weitere Neuordnung des Ministeriums betreffende „untertänigste Bericht des Ministers für Staatsdomänen“ vom 8. Januar 1877 bestätigt, dem zufolge zunächst die innerhalb des Departements für Allgemeine Angelegenheiten für die Kolonien zuständige Abteilung und am 1. Mai 1877 auch die Fürsorgeämter vor Ort (südrussisches Fürsorgekomitee und Saratower Fürsorgekontor) abgeschafft wurden. Die Verwaltung der Kolonien wurde am 1. Februar 1877 zusammen mit allen noch anhängigen Fällen an die Zweite Abteilung der Vorläufigen Abteilung für die Regelung des Landbesitzes der Staatsbauern und nach deren im Jahr 1881 erfolgten Auflösung erneut an das Departement für Allgemeine Angelegenheiten des Ministeriums für Staatsdomänen übergeben.
Mit der am 26. April 1883 erfolgten Neuordnung der Region Kaukasus ging die Zuständigkeit für die in den Gouvernements Tiflis und Jelisawetpol gelegenen ausländischen Kolonien an das Ministerium für Staatsdomänen über.
Reform von 1894
Durch die sich gegen Ende der 1880er Jahre zuspitzende Agrarkrise und insbesondere die in den Jahren 1891/92 ausgebrochene Hungernot traten die Probleme der russischen Landwirtschaft offen zu Tage, was es wiederum nötig erscheinen ließ, gezielt Bauern auf den jenseits des Ural gelegenen Staatsländereien anzusiedeln. Angesichts der Tatsache, dass die Ministerien für Staatsdomänen und Innere Angelegenheiten in der Krise ihre Unfähigkeit bewiesen hatten, die Notlage effektiv zu überwinden, schien es geboten, das Ministerium für Staatsdomänen von Grund auf zu reformieren.
Am 21. März 1894 wurde das Ministerium für Staatsdomänen zum Ministerium für Landwirtschaft und Staatsdomänen umstrukturiert, als dessen zentrale Aufgaben die Optimierung von Ackerbau und Viehzucht, die Entwicklung des mit der Landwirtschaft verbundenen Handwerks, die Förderung des Handels mit Agrarprodukten sowie die Aufsicht über landwirtschaftliche Lehranstalten, Versuchsstationen und Versuchsfarmen definiert wurden, während die Verwaltung der Staatsbesitzungen in den Hintergrund trat. Zu den konkreten Aufgaben gehörten u.a. die gezielte Ansiedlung von Bauern in bestimmten Regionen sowie die Zuständigkeit für die indigene Bevölkerung Sibiriens, für die in der Region Kaukasus ansässigen Kolonisten und für jüdische Landwirte. Infolge dieser Neuausrichtung wurden insbesondere die unmittelbar für die Landwirtschaft zuständigen Teile des Ministeriums vollständig umstrukturiert.
Im Zuge der Neustrukturierung des Ministeriums wurden ein Rat für Fragen der Landwirtschaft, ein Departement für staatlichen Landbesitz sowie Abteilungen für Agrarökonomie und Agrarstatistik und für Bodenoptimierung eingerichtet, wobei das Departement vor allem für Fragen der Ansiedlung von Bauern in Sibirien und im Kaukasus zuständig war. Im Januar 1902 wurde zudem eine ressortübergreifende Sonderkonferenz für die Bedürfnisse der Agrarindustrie gegründet, die maßgebliche Vorarbeiten für die Ausarbeitung einer neuen Agrarpolitik und neuer Agrargesetze sowie der Stolypinschen Agrarreformen leistete. Durch die Reform von 1894 kam der Prozess des Umbaus des Ministeriums für Staatsdomänen in ein ausschließlich für Fragen der Landwirtschaft zuständiges Ressort zum Abschluss.
Nach 1894 konnte das Ministerium eine Reihe wichtiger Aufgaben lösen und insbesondere im Bereich des Aufbaus agrarwissenschaftlicher Bildungsanstalten einen Durchbruch erzielen. So entstand ein weitverzweigtes Netz von Landwirtschaftsschulen, zu denen auch die 1907 eröffnete Schule in Eigenfeld (Gouvernement Taurien) gehörte.
Durch die Revolution von 1905 sah sich die Regierung gezwungen, der Agrarpolitik noch größere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Das Ministerium wurde erneut umbenannt und hieß nun Hauptverwaltung für Landbewirtschaftung und Landwirtschaft. Im Herbst 1905 übernahm es die zuvor beim Innenministerium angesiedelte Zuständigkeit für die Oberaufsicht über die Umsiedlungen. Gleichzeitig wurde ein Komitee für Landfragen gegründet, das für die Landzuteilungen an die Bauern zuständig sein sollte. Die folgende Stolypinsche Agrarreform hatte unmittelbaren Einfluss auf das Schicksal der an der Wolga und in der Schwarzmeerregion ansässigen landlosen und landarmen deutschen Siedler, die in großer Zahl nach Sibirien und in den Altai übersiedelten, wo bei Omsk und in der Gegend von Slawgorod neue kompakte deutsche Siedlungsgebiete entstanden.
Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs kam der Prozess des Umbaus der Landwirtschaft nahezu vollständig zum Erliegen. Die Ansiedlungsmaßnahmen wurden eingestellt, die landwirtschaftlich genutzten Flächen wurden kleiner. Unter den Bedingungen des Krieges war das Ministerium für Landwirtschaft (wie es vom 26. Oktober 1915 an hieß) in immer größerem Maße nur noch damit befasst, die Lebensmittelversorgung der kämpfenden Truppe sicherzustellen. So bestand in den Jahren 1914-17 eine eigene Abteilung für die Versorgung der kämpfenden Truppe mit Proviant und Fourage.
Abgesehen davon war das Ministerium auch an der Ausarbeitung der sogenannten „Liquidationsgesetze“ beteiligt. Der letzte Landwirtschaftsminister Alexander Alexandrowitsch Rittich, der einen großen Anteil an der Ausarbeitung der Stolypinschen Agrarreform gehabt hatte, wurde am 15. Oktober 1914 als Vertreter der Hauptverwaltung für Landbewirtschaftung und Landwirtschaft in die ressortübergreifende Konferenz beim Justizministerium berufen, die Maßnahmen zur Reduzierung des deutschen Landbesitzes ausarbeiten sollte.
Die ausbleibende Lösung der Landfrage im Russischen Reich stellte eine der Ursachen der Oktoberrevolution dar.
РГИА. Ф. 381. Оп. 13. Д. 7813; Ф. 385. Оп. 11. Д. 7050.
Общее обозрение состояния государственных имуществ по губерниям и областям. СПб., 1842; Обзор действий Департамента сельского хозяйства и очерк состояния главных отраслей сельской промышленности в России в течение 10 лет, с 1844 по 1854 год. СПб., 1855; Смета канцелярии и департаментов Министерства государственных имуществ на 1865 г. СПб., 1864; Отчет о деятельности Министерства государственных имуществ с 1862 г. по 1872 г., представленный государю императору генерал-адъютантом Зелененным. СПб., 1872; Список чинам Министерства государственных имуществ на: 1843–1876 гг. СПб., 1843–1876; Обзор управления государственными имуществами за последние 25 лет, с 19 февраля 1855 по 19 февраля 1880 года. СПб., 1880; Очерк 50-летней деятельности. 1837–1887. СПб., 1887; Историческое обозрение 50-летней деятельности Министерства государственных имуществ. 1837–1887. Ч. 1–5. СПб., 1888; Обзор деятельности Министерства государственных имуществ (ныне Министерство земледелия и государственных имуществ) в царствование императора Александра III 1881–1894 гг. СПб., 1901; Архив Министерства земледелия и государственных имуществ: исторический очерк, устройство и состав дел / Сост. П.А. Шафранов. СПб., 1904; Высшие органы государственной власти и управления России. IX–XX вв.: Справочник. СПб., 2000; Управленческая элита Российской империи. История министерств. 1802–1917. СПб., 2008.
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