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SCHWARZ Alexandr Nikolajewitsch (1848–1915), klassischer Philologe, Professor an der Universität Moskau, Minister für Volksbildung, ordentlicher Geheimrat

Rubrik: Biographische Beiträge (Personalien) / Vertreter des sozialen Bereichs (Bildung, Medizin)
А.Н. Шварц

SCHWARZ, Alexandr Nikolajewitsch (4.Januar 1848, Tula – 5.Januar 1915, Petrograd), klassischer Philologe, Professor an der Universität Moskau, Minister für Volksbildung, ordentlicher Geheimrat (1910). Er entstammt einer Adelsfamilie und ist orthodoxer Christ. Urenkel des Moskauer Professors Iohann Georg Schwarz (Iwan Georgijewitsch Schwarz). Vater: Major  des Bahningenieure-Korps Nikolai Pawlowitsch Schwarz (1816–1848), Mutter: Sinaida Platonowna Krassowskaja (1826 – 1868?).

Im Mai 1858 wurde er in Petersburg gleich in die zweite Klasse des Pensionats aufgenommen, das dem Engländer Matchin gehörte. 1864 beendete er mit Silbermedaille das 1.Moskauer Gymnasium und im Frühjahr 1868 als Zweitbester die Fakultät für Geschichte und Philologie der Moskauer Universität. Zu seinen Lehrern zählte er F.E.Korsch und W.I.Geriet. Unter seinen Gymnasiumskameraden waren N.N.Schiller und N.P.Bolepow und unter seinen Uni-Kommilitonen F.F.Fortunatow und P.P.Meljgunow. Im September 1868 verteidigte seinen Kandidatendissertation zum Thema „Über den syntaktischen Gebrauch des Genitivs in den alten Sprachen“. 1869–1875 unterrichtete er klassische und neue Sprachen an verschiedenen Bildungsstätten in Moskau: Französisch an der Alexandrow-Militärschule, Latein am Lasarew-Institut für orientalische Sprachen (25.August 1869 – 1.Oktober 1873), Griechisch am privaten Männergymnasium von F.I.Kreimann (1872–1884). Im Oktober-Dezember 1873 legte er Magisterprüfungen ab. Am 31.März 1875 verteidigte er die Magisterdissertation „Die Rede von Hyperides für Evxenipp (Hyperid pro Ewxenipp)“. Die Opponenten waren F.E.Korsch und Ju.K.Felkel, der Disput wurde auf Latein geführt. Am 26.April 1875 wurde er auf einer Sitzung des Universitätsrates zum Assistenzprofessor des Lehrstuhls für griechische Sprache und Literatur der Moskauer Universität gewählt. Im Herbst 1875 begann seine Lehrtätigkeit an der Universität. Gleichzeitig unterrichtete Schwarz bis 1884 weiter am Kreimann-Gymnasium und leitete bis 1891 eins nach dem anderen das 2.Vierklassen-Progymnasium (4.September 1884 – 22.Oktober 1885), das 1.Progymnasium (22.Oktober 1885 – 23.September 1887) und das 5.Gymnasium (23.September 1887 – 5.Juli 1897) in Moskau. In den Jahren 1877–1878 unternimmt er eine Forschungsreise nach England und Deutschland zwecks Studien im Britischen und im Berliner Museum (die Reise begann am 2.September 1877, die Wiedereinreise nach Russland: 17.Januar 1878, die Rückkehr zum Dienstort: 5.Februar 1878). Ab 1.November  1884 г. wechselte er wegen Einführung einer neuen Universitätssatzung und Abschaffung der Assistenzprofessorstellen zum Lehrstuhl für Theorie und Geschichte der Künste: als außerordentlicher Professor blieb er dort bis zum 11.Dezember 1887 und kehrte Ende 1887 kehrte wieder zum Lehrstuhl für klassische Philologie der Moskauer Universität. Beim Lehrstuhl für Künste machte sich Schwarz mit Tatkraft daran, das Uni-Kabinett für schöne Künste und Antiquitäten in Ordnung zu bringen. Vom 12.April 1885 bis 26.Oktober 1887 war er amtierender Sekretär der Fakultät für Geschichte und Philologie. Am 9.Dezember 1891 verteidigte er an der Universität Noworossijsk die Dissertation „Über den Staat von Athen“ zur Erlangung des Doktorgrades (Dr.Dr.) der griechischen Literatur (seine Opponenten waren F.E.Korsch und E.R.Stern). Ab 1.Januar 1892 wurde er als Ordinarius und ab 1900 als verdienter Professor des Lehrstuhls für klassische Philologie der Moskauer Universität bestätigt. Seit 5.Juni 1897 Ernennung zum Direktor des Konstantin-Vermessungsinstituts (mit Beibehaltung des Amtes eines Professors der Moskauer Universität; er verblieb im Amt bis zum 5.Juli 1897).

A.N.Schwarz war Mitglied mehrerer Kommissionen zur Neueinrichtung der Mittelschule. Im Sommer 1894 befand er sich zusammen mit dem Kurator des Moskauer Lehrbezirks P.A.Kapnist auf einer Auslandsreise zum Kennenlernen der Erfahrungen Deutschlands und Frankreichs bei der Organisation der Mittelschulbildung. Im Mai-Juni 1900 vertrat er Russland auf der Weltausstellung in Paris (Referat Volksbildung).

Seit 1900 über er verschiedene Lehr- und Verwaltungsämter aus: Kurator der Lehrbezirke Riga (14.Februar 1900 – 30.Mai 1902), Warschau (30.Mai 1902 – 6.September 1905), Moskau (6.September – 16.November 1905). Im Herbst 1905 hatte er versucht, die Revolutionskrawalle an den mittleren Bildungseinrichtungen des Moskauer Bezirks zu verhindern (Rundschreiben vom 19.Oktober 1905). Seit November 1905 war es Senator mit  Präsenzgebot am Geroldiedepartement und ab 6.Dezember 1907 Mitglied des Staatsrats. Vom 1.Januar 1908 bis 25.September 1910 Minister für Volksbildung. Auf dem Ministerposten konzentrierte er sich darauf, alle Aspekte der Mittel- und Hochschulbildung wieder zu ordnen, weil sie durch die Revolutionsereignisse ins Wanken gerieten. Er setzte sich für die Entpolitisierung aller Bildungsstätten ein. Unter Schwarz wurde eine neue Universitätssatzung, ein Gesetzentwurf zur Verbesserung der materiellen Lage von Lehrern  an mittleren Männer- und Frauen-Priesterseminaren sowie eine neue Satzung für Gymnasien erarbeitet. Außerdem wurde die Satzung für die Frauenpriesterseminare überarbeitet und ein Entwurf für die Vierklassen-Elementarschulen vorbereitet, in dessen Mittelpunkt das Problem der allgemeinen Schulpflicht stand. Er war Befürworter klassischer Schulbildung, akzeptierte jedoch auch ein Gymnasium ohne alte Sprache. Mit dem Rundschreiben vom 16.Mai 1908 wurden bei der Immatrikulierung an den Universitäten die Vergünstigungen für die Seminaristen abgeschafft; die Frauen durften nicht mehr als fremde Gasthörer eingeschrieben werden (letzteres wurde am  29.Oktober 1908 aufgehoben). Er betrachtete die Universitäten als Zentren für die Forschungsvorbereitung, glaubte nicht an deren Erziehungsfunktion und meinte, dass ein Uni-Abschluss keine Dienstprivilegien verschaffen darf.

Autor von Schriften zur griechischen Philologie, altgriechischen Kunst, zur Kunst griechischer Kolonien in Russland sowie zur Archäologie (insgesamt über 50 Bücher, Artikel und Rezensionen). Seine Erstveröffentlichung war eine kommentierte Ausgabe der in Olúnthios gehaltener Reden von Demosthenes (1873). Die Memoiren wurden 1911 verfasst, die Nachbearbeitung erfolgte 1912, veröffentlicht wurden sie 1994.

Ordentliches Mitglied folgender Gesellschaften: Moskauer Archäologische Gesellschaft (1887), Kaiserliche Russische Archäologische Gesellschaft (1895), Moskauer Psychologische Gesellschaft, Moskauer Pädagogische Gesellschaft, Odessaer Bibliographische Gesellschaft. Ehrenmitglied: Moskauer Gesellschaft für Geschichte und Antiquitäten bei der Moskauer Universität, das Moskauer und das Petersburger Archäologie-Institut, Sankt-Petersburger Gesellschaft für klassische Philologie und Pädagogik, Odessaer Gesellschaft für Geschichte und Antiquitäten, die Gesellschaft der Ex-Schüler des F.Kreimann-Gymnasiums. Ausgezeichnet mit den Orden: des Weißen Adlers (1909), der Hl. Anna 1.Grades (1903), des Hl.Stanislaw des 1.Grades (1896), des Hl.Wladimir 3.Grades (1891), Kommandorenkreuz des französischen Ordens der Ehrenlegion (1901).

Die Schwestern: Natalja Nikolajewna und Sinaida Nikolajewna Schwarz.

War verheiratet (seit 1872) mit der Obersttochter Maria Dmitrijewna Korsakowa (24.Mai 1848 – nach 1915). Die Töchter: Anna (28.April 1873–?), Olga (15.November 1877– nach 1915), Natalja (22.September 1880 – nach 1915; verheiratet mit L.Gurski), Nina (188? – 1901, Riga), Anastassija (?– nach 1917). In einer Quelle wird erwähnt, das Schwarz in einer Nacht  zwei Söhne verloren hätte, die an Scharlach gestorben waren; danach war er ergraut und wurde von allen „der weiße Schwarz“ genannt.

Das Familienlandgut im Dorf Tschorny Werch des Belewski Ujesd des Gouvernements Tula (250 Dessätinen) wurde im Januar 1907 an eine Agrarbank (“Krestjanski Posemelny Bank“) verkauft. In Petersburg wohnte er auf dem Kamenoostrowski-Prospekt, Haus 12. A.N.Schwarz starb in Petrograd, gemäß seinem Testament fand die Trauerfeier im St.Iohann- Frauenkloster am Kai des Karpowka-Flusses am 9. Januar statt; bestattet auf dem Friedhof des Donskoi-Klosters in Moskau.

INHALT

Arbeiten

Олинфийские речи Демосфена. – М., 1873; О композиции скульптурных украшений Парфенона. – [М., 1874]; Речь Гиперида за Евксениппа. – М., 1875; Краткое описание древнегреческих глиняных сосудов, принадлежащих имп. Московскому университету. – М., 1890; Athenaion politeia. О государстве Афинском, сочинение неизвестного автора V века до Р.Х. Критическое исследование. – М., 1891; Йегер О. Гуманистическая гимназия и петиция о полном переустройстве немецких школ / Пер. с нем., предисл. А.Н. Шварца. – М., 1890; Отчет о командировке на Всемирную выставку в мае и июне 1900 года // ЖМНП. 1900, ноябрь. Отд. 4; Моя переписка со Столыпиным. Мои воспоминания о Государе. – М., 1994 (Серия «Мемуары русской профессуры»).

Archive

РГИА. Ф. 1672 (личный фонд А.Н. Шварца); Ф. 733. Оп. 122. Д. 1619; Ф. 733. Оп. 123. Д. 37; НИОР РГБ. Ф. 338 (А.Н. Шварц).

Literatur

Афанасьев Н.И. Современники. Альбом биографий. Т. 1. СПб., 1909; Варнеке Б.В. Памяти А.Н. Шварца. – Одесса, 1915; Грушка А.А. Тридцатилетие ученой и педагогической деятельности А.Н. Шварца // Филологическое обозрение. Т. 19. № 2. 1900; Керов Н.[З.] Памяти проф. А.Н. Шварца // Педагогический вестник Московского учебного округа. 1915. № 3; С.К. [Некролог]// Московские ведомости. 1915. 8 янв.; Н.А. [Некролог] // Новое время. 1915. 7 янв.; Соболевский С. А.Н. Шварц [некролог] // Гермес. 1915. № 4; Соболевский С.И. Александр Николаевич Шварц // ЖМНП. 1916. Ч. 60–62, янв. – март; Соболевский С.И. А.Н. Шварц. Пг., 1916. [Извл. из ЖМНП за 1916 г.]; Черказьянова И.В. Александр Николаевич Шварц: окружение, восприятие, оценки // Харкiвський iсториографiчний збiрник. Вып. 7. – Харьков, 2004; Черказьянова И.В. Александр Николаевич Шварц: от профессора к чиновнику // ИИЕТ им. С.И. Вавилова. Годичная науч. конф. 2004 г. – М., 2004; Шилов Д.Н. Государственные деятели Российской империи: Главы высших и центральных учреждений. 1802–1917. СПб., 2001.

Autoren: Tscherkasjanowa I. W.

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