RU

neue
illustrierte elektronische

Malmgren Artur Leopold (1860–1947). Pastor und Generalsuperintendent in Sankt Petersburg, Bischof der evangelisch-lutherischen Kirche Russlands

Rubrik: Biographische Beiträge (Personalien) / Vertreter des sozialen Bereichs (Bildung, Medizin)

MALMGREN, Arthur Leopold, * 18. Oktober 1860 in Reval, † 3. Februar 1947 in Leipzig (Deutschland). Deutsch-baltischer Theologe, Doktor der Theologie und Bischof der Evangelisch-lutherischen Kirche in Russland (1924).

Malmgren entstammte einer Kaufmannsfamilie. Nach seinem Wehrdienst in der russischen Armee war er als Hauslehrer tätig. In den Jahren 1883-88 studierte er Theologie an der Universität Dorpat. Anschließend war er zunächst Pastor-Adjunkt im Gouvernement Livland und wurde am 1. Oktober 1889 in Fellin (Gouvernement Livland) ordiniert. In den Jahren 1889-99 war er als Pastor sowie als Religionslehrer am Landesgymnasium Fellin sowie in den höheren Mädchenklassen tätig. Von 1889 an war er Diakon am Dom in Reval, musste die Stadt wegen eines Konflikts mit den Behörden, die ihn der Lobpreisung des deutschen Kaisers bezichtigten, aber schon wenig später verlassen. In den Jahren 1891-1930 war er Pastor der St. Annen-Kirche in St. Petersburg und zugleich Religionslehrer an der St.-Annen-Kirchenschule sowie in den Jahren 1891-92 Prediger am Smolny-Witwenhaus.

In den Jahren 1916-20 war Malmgren Generalsuperintendent des St. Petersburger Konsistorialbezirks. Von 1919 an war gezwungen, das Konsistorium alleine zu leiten, da sämtliche Mitarbeiter emigriert waren. Anfang 1920 erkannten die evangelisch-lutherischen Gemeinden des St. Petersburger Konsistorialbezirks auf Drängen Malmgrens die Geltung des neuen Kirchenstatuts an („Temporäre Bestimmungen über die Selbstverwaltung der evangelisch-lutherischen Gemeinden in Russland“), das einen landesweiten Zusammenschluss aller evangelisch-lutherischen und reformierten Gemeinden vorsah. Im Herbst des gleichen Jahres wurde Malmgren zum Vorsitzenden des Oberkirchenrats in Petrograd gewählt. Zur Zeit der Hungersnot der 1920er Jahre beteiligte er sich an den Hilfsaktionen der American Relief Administration (A.R.A). In den Jahren 1921-24 war er Mitglied der Bischofskonferenz der Evangelisch-Lutherischen Kirche. Malmgren war Mitbegründer und Leiter der Evangelisch-lutherischen Petrograder Predigerkurse (1922) und wurde 1923 nach dem Tod von Bischof Konrad Freifeldt zum amtierenden Vorsitzenden der Bischofskonferenz ernannt. Es kam zu einem Konflikt zwischen Malmgren und dem Vorsitzenden des Moskauer Konsistorialbezirks Bischof Theophil Mayer, der die Führung der gesamten Kirche für sich beanspruchte, während Malmgren den sogenannten „Petersburger Synodenkonvent“ einrichtete, dem alle Synodalräte der Evangelisch-lutherischen Kirche unterstellt werden sollten. Ein Kompromiss wurde auf der Generalsynode der Evangelisch-lutherischen Kirche der UdSSR gefunden (21.-26. Juli 1924, Moskau), die ein neues Kirchenstatut verabschiedete, dem zufolge die Oberhäupter beider Konsistorien den Bischofstitel tragen und die Kirche gleichberechtigt führen sollten. Malmgren erhielt das Recht, die Evangelisch-lutherische Kirche im Ausland zu repräsentieren und die Tätigkeit der vier in unmittelbarer Nähe Leningrads gelegenen Synodalräte zu kontrollieren. Im gleichen Jahr besuchte Malmgren Deutschland, wo er mit Vertretern des Lutherischen Weltkonvents und des Gustav-Adolf-Werks über die Eröffnung eines Predigerseminars in der UdSSR verhandelte. In den Jahren 1925-34 leitete Malmgren das aus den Leningrader Theologischen Kursen hervorgegangene Predigerseminar, an dem er Religionsgeschichte und systematische Theologie lehrte. Ende 1932 übernahm Malmgren, der zu diesem Zeitpunkt infolge der gegen das Seminar eingeleiteten Repressionen die einzige verbliebene Lehrkraft war, sämtliche im Lehrplan vorgesehenen Kurse. 1927 wurde Malmgren die Ehrendoktorwürde der Theologie der Universität Leipzig verliehen. In den Jahren 1928 und 1931 verhandelte er in Deutschland mit dem Gustav-Adolf-Werk über die Frage der Bereitstellung materieller Hilfe für die Evangelisch-lutherische Kirche in der Sowjetunion.

Im Januar-Februar 1930 wurde Malmgren zusammen mit den Studenten des Predigerseminars zwischenzeitlich aus Leningrad ausgewiesen. 1932 wurde er (unter der Anschuldigung, gestohlenes Brennholz aufgekauft zu haben) zusammen mit weiteren lutherischen Geistlichen vor Gericht gestellt. Aufgrund des Gerichtsurteils wurden 20 Personen erschossen und 42 Personen, unter denen auch Malmgrens Schwiegersohn Pastor G. Berendt war, verbannt. Dank der Intervention des deutschen Konsulats in Leningrad und des deutschen Außenministeriums entging Malmgren einer Verurteilung. 1933 leitete er die letzte Generalsynode der Evangelisch-lutherischen Kirche in der UdSSR. Nach dem Tod von Bischof Mayer (1934) übernahm Malmgren die Leitung beider Konsistorialbezirke. 1933 wurde er beschuldigt, gegen das Passregime verstoßen zu haben, konnte dank einer neuerlichen Intervention des Konsulats aber auch dieses Mal einer Verurteilung entgehen. Im gleichen Jahren richteten einige lutherische Pastoren vor dem Hintergrund eines Konfliktes zwischen Malmgren und Pastor P. Reichert eine Beschwerde an das Gustav Adolf-Werk, in der sie Malmgren Verfehlungen bei der Leitung des Predigerseminars sowie Kontakte zur OGPU vorwarfen. Im Januar 1936 wurde Malmgren von der OGPU verhaftet und zu seinen Verbindungen ins Ausland befragt. Im Sommer des gleichen Jahres emigrierte er nach Deutschland, wo er zunächst in Mainz und später in Leipzig lebte.

Malmgren verfasste zahlreiche Aufsätze zur Lage der Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Sowjetunion.

1888 heiratete er die Arzttochter Adele Jürgenson († 1923), mit der er vier Kinder hatte. Seine beiden Söhne starben 1909 im Alter von 13 und 14 Jahren bei einer Choleraepidemie. Seine Töchter Hedwig und Adele heirateten die Pastoren G. Berendts und E. Hahnefeld.

Veröffentlichungen


Die evangelisch-lutherische Kirche in Russland, «Die evangelische Diaspora, insbesondere des Auslandsdeutschtums», Jg. 6, 1926; Das evangelisch-lutherische Predigerseminar in Leningrad, «Unsere Kirche», 1927, № 4; Die wissenschaftliche Schulung von Glaubenszeugen im Leningrader Predigerseminar, in: Evangelische Diaspora und Gustav-Adolf-Verein, Leipzig, 1930, S. 249–260; Mein Leben und Wirken, «Die evangelische Diaspora, insbesondere des Auslandsdeutschtums», 1940.

Literatur

Лиценбергер О.А., Евангелическо-лютеранская церковь и Советское государство (1917–1938), Саратов, 1997; Amburger E., Geschichte des Protestantismus in Russland, Stuttgart, 1961; Gennrich P.-W., Arthur Malmgren. Ein Glaubenszeuge der kämpfenden Kirche in der Diaspora, «Die evangelische Diaspora», 1971; Kahle W., Geschichte der evangelisch-lutherischen Gemeinden in der Sowjetunion. 1917–1938, Leiden, 1974; Maurer H., Die evangelisch-lutherische Kirche in der Sowjetunion 1917–1937, in: Kirche im Osten, Bd. 2, Stuttgart, 1959. * DBL.

Autoren: Lizenberger O.A.

ЗEINE FRAGE STELLEN