BRUUN, Philipp Jakob (Filipp Karlowitsch), * 18. August 1804 in Fredrikshamn (Hamina), Finnland, † 3. Juni 1880 in Slawuta (Gouvernement Wolhynien). Historiker und Archäologe.
Bruun entstammte der Familie eines angesehenen Kaufmanns. Nach dem früher Tod seiner Eltern lernte er im Petersburger Pensionat des Pädagogen und Pastors J. Muralt. In den Jahren 1821-25 studierte er an der Philosophischen Fakultät der Universität Dorpat unter anderem bei I.Ja. Parrot, D.M. Perewoschtschikow, Friedrich Eberhardt Rambach und Johann Christian Martin Bartels. Unter seinen Kommilitonen waren unter anderem G.P. Helmersen, E.Ch. Lenz und E.K. Hoffmann. Nach seinem Abschluss als Kandidat der Wissenschaften war er einige Zeit in der Kanzlei des Finanzministeriums tätig, ging aber schon bald ins Ausland, um sich auf eine Tätigkeit in Wissenschaft und Lehre vorzubereiten. Er besuchte Berlin, Leipzig, Erlangen, Heidelberg und Bonn und hörte u.a. Vorlesungen Hegels. 1826 war er in Paris, Marseille, Genua und Mailand und verbrachte etwa ein halbes Jahr in der Schweiz. Auf der Rückreise traf er Goethe in Weimar. 1827 verteidigte er an der Universität Göttingen seine Dissertation zum Doktor der Philosophie und Magister der freien Wissenschaften. Nach seiner Rückkehr nach Russland im Jahr 1829 arbeitete er zunächst im Handelsdepartement und trat noch im gleichen Jahr eine Stelle als Deutschlehrer am Gymnasium in Witebsk an. Ab 1832 war er am Lycée Richelieu in Odessa (wo seit 1831 auch sein Bruder W.K. Bruun am Lehrstuhl für Physik tätig war) zunächst Adjunkt, von 1836 Professor für Allgemeine Geschichte und Statistik und in den Jahren 1832-35 zugleich Bibliotheksleiter. 1836 veröffentlichte er unter dem Titel “Discours sur l'enseignement de la statistique dans les gymnases, prononce a la solennite anniversaire du Lycee Ricelieu le 30 aout 1835” seine erste Arbeit. Parallel arbeitete er im Statistikkomitee des Gouvernements Odessa. In den Jahren 1840-46 veröffentlichte er im „Neurussischen Kalender“ regelmäßig den Außenhandel der Regionen Neurussland und Bessarabien betreffende Beiträge sowie tägliche Nachrichten über den Odessaer Handel in der Zeitung „Odessaer Bote“. Sein 1842 erschienenes „Handbuch der vergleichenden Statistik der europäischen Staaten“ wurde von der Petersburger Akademie der Wissenschaften lobend erwähnt. 1854 quittierte er seinen Dienst, lebte ein Jahr in Kischinjow, kehrte anschließend nach Odessa zurück und unterrichte in den folgenden zehn Jahren als Privatlehrer und an verschiedenen Lehranstalten. Nach der 1865 erfolgten Gründung der Neurussischen Universität in Odessa arbeitete Bruun dort von 1866 an zunächst als Dozent und von 1869 an als Professor. Er hielt Vorlesungen zur Geschichte des Mittelalters, zur Geschichte der geographischen Entdeckungen bis zum Ende des XVIII. Jahrhunderts, zur Geschichte der alten Völker des Orients und später einen Kurs zur ethnographischen Geschichte Südrusslands in vorslawischer Zeit.
Seit den frühen 1840er Jahren nahm Bruun im Auftrag der Odessaer Gesellschaft für Geschichte und Altertümer an Forschungsreisen teil, die unter anderem an die Mündungen von Bug und Dnepr (1862), zu den Ufern des Schwarzen und des Asowschen Meeres und der Flüsse Dnestr, Bug, Dnepr und Don (im Auftrag der Archäologischen Kommission zu Petersburg, 1864–65); nach Olbia (zusammen mit dem Orientalisten, Archäologen und deutschen Generalkonsul in Odessa Doktor O. Blau) und an die Ostküste des Schwarzen Meeres führten. Er beteiligte sich an der Arbeit des 1., 3. und 4. Archäologenkongresses (Moskau 1869; Kiew 1874, Kasan) und unternahm mehrere wissenschaftliche Reisen nach Finnland und Schweden (wo er den Forschungsreisenden N.A.E. Nordenskjöld kennenlernte, 1869) sowie nach Deutschland, wo er Berlin, Leipzig, Dresden, Weimar, Stuttgart, München und Wien besuchte.
Von den 1840er Jahren an befasste sich Bruun auch mit historischer Geographie, historisch-archäologischen Forschungen sowie der Übersetzung und Kommentierung der Werke historischer Russlandreisender, wobei sein Interesse zunächst vor allem der Analyse von Werken galt, die der Geographie und Geschichte Südrusslands gewidmet waren. Nach F.I. Uspenski war Bruuns historische Forschungsarbeit zunächst durch den Fund der Inschrift von Tyras motiviert (Marmorplatte mit einem 45-zeiligen, auf Herrschaft und Einfluss Roms im Schwarzmeergebiet bezogenen Text auf der Stirnseite), die die Frage aufwarf, welche topographischen und hydrographischen Veränderungen sich im Lauf der Jahrhunderte in der Region vollzogen hatten. Bruun gab kommentierte Aufzeichnungen und Reisenotizen von Reisenden unterschiedlicher Epochen heraus: „Die Reisen des Ghillebert de Lannoy durch Südrussland im Jahr 1421“ (Odessa, 1852), „Die Reise des Johann Schiltberger in Europa, Asien und Afrika in den Jahren 1394 bis 1427“ (Odessa, 1866), „Die Reise eines türkischen Touristen in der Moldau, der Walachei und Bessarabien“ (1870), „Der Reisebericht des Erich Lassota, welcher von Kaiser Rudolf II. 1594 zu den Saporoger Kosaken gesandt wurde“ (St. Petersburg, 1873).
Bruuns besonderes Interesse galt der Krim. In Zusammenarbeit mit dem Regionalkundler G.E. Karaulow gab er die Bücher des Akademiemitglieds P.S. Laplas über dessen in den Jahren 1783 und 1784 erfolgte Krimreise sowie der Geschichte der Griechen, Italiener und Tataren auf der Krim gewidmete regionalkundliche Werke heraus. Große Anerkennung verdiente sich Bruun mit seiner Arbeit „Das Schwarzmeergebiet“ (1879), die bereits früher veröffentlichte und neue der historischen Geographie der Krim und des Schwarzmeergebiets gewidmete Arbeiten zusammenfasste und mit dem Uwarow-Preis ausgezeichnet wurde. Der 2. Band der „Schwarzmeerregion“ erschien bereits nach Bruuns Tod („Aufzeichnungen der Neurussischen Universität“, 1880). Unter Bruuns unveröffentlichten Arbeiten sind die von ihm übersetzten und kommentierten, 1403 in Konstantinopel verfassten Reiseaufzeichnungen des Spanischen Botschafters sowie seine „Mutmaßungen über die Beteiligung der Russen an den Angelegenheiten Bulgariens im XIII. und XIV. Jahrhundert“ zu nennen. Bruun war unter anderem Mitglied der Gelehrten Gesellschaft in Jesi (Italien, 1853) und korrespondierendes Mitglied der Ligurischen Gesellschaft für Heimatgeschichte in Genua (1871).
Bruun war mit Julia Feliksowna, geb. de Ribas verheiratet, einer Nichte von Admiral O.M. de Ribas, dem Gründer der Stadt und des Hafens Odessa. Im Herbst 1876 erkrankte Bruun schwer. Im Mai 1877 fuhr er zur Behandlung nach Slawuta.
Древняя топография некоторых мест Новороссийского края и Бессарабии, Одесса, 1857; тоже, Одесса, 1859; Крымский полуостров около половины XVIII столетия, Одесса, 1867; О поселениях итальянских в Газарии, М., 1869; Черноморские готы и следы их долгого пребывания в Южной России, СПБ, 1874; О разных названиях Керчи и ее окрестностей в древности и в средних веках, Одесса, 1877; Черноморье. Сборник исследований по исторической географии Южной России (1852–77), ч. 1–2, Одесса, 1879–80; Notice historiques et topographiques concernant les colonies italiennes eu Gazarie, «Memoires de Г Academie imp. des science de St. Petersbourg», 1866, T. 10, № 9.
Die Enzyklopädie wurde auf die Initiative der öffentlichen Organisation „Föderale nationale Kulturautonomie der Russlanddeutschen“ (FNKA RD) unter aktiver Beteiligung der Internationalen Assoziation zur Erforschung der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen erstellt. Das Projekt wurde von den Regierungen der Russischen Föderation und der Bundesrepublik Deutschland unterstützt. Während der Projektdurchführung wurden Geldmittel verwendet, welche gemäß den Anordnungen des Präsidenten der Russischen Föderation und auf der Grundlage von durchgeführten Wettbewerben der „Nationalen Wohltätigkeitsstiftung“, den allrussischen öffentlichen Organisationen die „Gesellschaft „Wissen“, die „Russische Union der Rektoren“ u.a., in den Jahren 2015–2017 als Zuschüsse zugewiesen wurden.
1 29.08.2025
Veranstaltungen
In der Region Saratow wurde Projekt für russlanddeutsche Aktivisten abgeschlossenIm August fand ein „Kultur- und Sprachreise mit sportlicher Komponente für russlanddeutsche Aktivisten“ im gastfreundlichen Wolga-Region statt. Das Projekt sammelte Teilnehmer aus dem ganzen Land und gab aktiven Jugendlichen die Möglichkeit, die Geschichte ihres Volkes zu berühren.
1 28.08.2025
Nachrichten aus den Regionen
Ethnokulturelle Sprachtreffen in Omsk: Ein Abenteuer in die Welt der Russlanddeutschen durch das „Ethnoland“Im August entwickelte sich Omsk zu einer richtigen Oase des kulturellen Erbes für russlanddeutsche Kinder. 15-21 August fanden hier regionale ethnokulturelle Sprachtreffen unter dem allgemeinen Thema „Ethnoland» statt, die vom Kultur- und Geschäftszentrum „Deutsch-russisches Haus in Omsk“ organisiert wurden.
1 28.08.2025
Ansprache der IVDK-Vorsitzenden Jelisaweta Graf zum Gedenk- und Trauertag der RusslanddeutschenDer 28. August ist eines der tragischsten Daten in der Geschichte der Deutschen Russlands.
1 26.08.2025
Veranstaltungen
„Weihnachten bleibt immer ein Feiertag“ im DRHMAm 28. August findet im Deutsch-Russischen Haus in Moskau die szenische Lesung „Weihnachten bleibt immer ein Feiertag“ statt. Sie ist dem für das Schicksal der Deutschen in Russland tragischen Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR № 21/160 „Über die Umsiedlung der Deutschen, die in den Wolga-Rayons leben“ gewidmet.
1 21.08.2025
Veranstaltungen
Fullhouse bei Wanderausstellung: „Deutsche in der russischen Geschichte“ und mehrAm 14. August eröffnete das Regionalmuseum für Geschichte und Heimatkunde des Deutschen Nationalrayons Asowo des Gebiets Omsk die Wanderausstellung „Die Deutschen in der russischen Geschichte“. Diese Ausstellung ist ein weiterer wichtiger Beitrag zur Bewahrung der Geschichte der Russlanddeutschen. Die Geschichte kann man dort bis zum 30. September 2025 berühren. Asowo
1 21.08.2025
Veranstaltungen
Der Startschuss für die Veranstaltungen in Marx ist gegeben!Die Feier zum 260. Jahrestag der Stadt Marx begann erfolgreich mit einem festlichen Fußball-Freundschaftsspiel des Teams «RUSDEUTSCH» und der Stadtmannschaft von Marx.
1 20.08.2025
Forschungswerkstatt für Jugendliche in Kotlas eröffnetIn Kotlas wurde die Forschungswerkstatt für Jugendliche zur Bewahrung des kulturellen und historischen Erbes der Russlanddeutschen eröffnet. Jugendleiter und Aktivisten aus Moskau, St. Petersburg, Petrosawodsk, Iwanowo und Sergijew Possad kamen nach Kotlas, um Materialien über die Russlanddeutschen-Arbeitsarmisten, die die Brücke über die nördliche Dwina gebaut haben, zu sammeln und zu bewahren.
1 20.08.2025
Wettbewerbe, Ausschreibungen
Die Gewinner des Wettbewerbs „Russlands herausragende Deutsche 2025“!Wer sind sie, die Besten der Besten 2025? Zum 15. Mal findet der gesamtrussische Wettbewerb „Russlands herausragende Deutsche“ statt, der darauf abzielt, Russlanddeutsche zu fördern, die in ihrer beruflichen Tätigkeit allgemein anerkannte Ergebnisse erzielt haben. Auf der offiziellen Website des Wettbewerbs wurde 3514 Mal abgestimmt.
1 18.08.2025
Erbe in Farben: Geschichte bewahrenBaronsk, Jekaterinenstadt, Katharinenstadt, Jekaterinograd, Marxstadt, Marx… Im Verlaufe ihrer 260jährigen Geschichte wechselte diese am linken Ufer der Wolga 60 km nordöstlich von Saratow liegende Stadt nicht wenige Namen. Gegründet in der 1. Hälfte des 18. Jh. von deutschen Übersiedlern, die dem Einladungsmanifest von Katharina II folgten, erhielt sie ihren ersten Namen zu Ehren der russischen Kaiserin.
1 14.08.2025
Wettbewerbe, Ausschreibungen
„Russlands herausragende Deutsche“: Effektive Leiter Olessja Semjonowa und Wladimir ChomutskijDer Gesamtrussische Wettbewerb „Russlands herausragende Deutsche“ entdeckt weiterhin Talente, deren Leistungen das kulturelle Erbe der Russlanddeutschen inspirieren und stärken. In der Kategorie „Effektive/r Leiter/in“ sind Olessja Semjonowa (Fell) und Wladimir Chomutskij nominiert – Führungskräfte, deren Engagement, Professionalität und Verbundenheit mit deutschen Wurzeln sie zu Vorbildern für viele gemacht haben. Olessja, die Gründerin des Hightech-Unternehmens „Frezolit“, und Wladimir, der Leiter eines erfolgreichen Bauernhofs, zeigen, wie Beharrlichkeit und Innovation Branchen verändern und andere inspirieren können.